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19.12.2018 | Social Media Marketing | Interview | Online-Artikel

"Natürlich ist es einfacher, ohne einen digitalen Schlips zu sprechen"

verfasst von: Angelika Breinich-Schilly, Eva-Susanne Krah

5 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Nina Peis

ist Digital Strategy Director bei der Agentur Huth + Wenzel in Frankfurt am Main.

Kreditinstitute und Finanzdienstleister haben unterschiedliche Strategien, mit denen sie in den sozialen Medien und digital agieren. Digitalexpertin Nina Peis erklärt im Interview mit Springer Professional die Erfolgskonzepte.

Springer Professional: Frau Peis, welchen Stellenwert hat Social Media für Banken und Finanzdienstleister innerhalb der Marketingstrategien generell?

Nina Peis: Wie für die meisten Branchen mit hohen Service- und Beratungsanforderungen hat Social Media für Banken und Finanzdienstleister einen wichtigen Stellenwert innerhalb der Marketingstrategie. Innerhalb der Branche existieren dabei aber große Unterschiede. Insbesondere für Digital- und Smartphone-Banken mit einer tendenziell jüngeren Zielgruppe ist Social Media mit Sicherheit ein sehr viel selbstverständlicherer Teil der Gesamtstrategie als es bei klassischen Beraterbanken der Fall ist. Für Marken mit digitaler DNA ist es daher leichter, gute Unterhaltung mit kompetenter Online-Beratung zu vereinen.

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Social Media als Instrument der Kundenkommunikation

Vergleichende Studie von Unternehmen in China, Deutschland und den USA

Anja Corduan untersucht, inwieweit die in der Wissenschaft argumentierten Kommunikationsansätze für Social Media pauschale Gültigkeit beanspruchen können und ob diese kulturellen Besonderheiten unterworfen sind. Anhand von zehn Fallstudien internationaler Großunternehmen wie adidas oder Samsung wird die Kommunikation der Firmen auf Weibo und Facebook im Detail untersucht.

Ein aktuelles Social Media Ranking zu Banken und Finanzdienstleistern zeigt, dass keine der großen Geldinstitute wie etwa die Sparkassen, die Commerzbank oder die Deutsche Bank in der Kundennutzung auf den vorderen Plätzen liegen. Das schaffen eher Direktbanken wie ING, Easycredit oder Finanzdienstleister wie Volkswagen Financial Services. Haben diese Unternehmen eine andere Herangehensweise als klassische Geldhäuser? Worin liegt ihr Erfolg begründet?

Die großen Geldinstitute kommen aus einer Zeit vor Social Media. Jahrelang waren Seriosität, Leistung und Professionalität oberste Prämisse und sind es auch heute noch. Der Nutzen für den Kunden lag lange Zeit vor allem in der professionellen und sehr persönlichen Beratung durch den Bankberater in der Filiale. Marken wie die Deutsche Bank stehen für Leistung und Erfolg. Damit ist es für sie viel schwerer, in einem eher ungezwungenen und lockeren Umfeld wie den sozialen Medien markengerecht und trotzdem authentisch zu beraten, geschweige denn zu unterhalten.

Ganz anders ist es bei den Direktbanken, deren komplettes Service-Angebot von Anfang an rein digital war. Immer auch professionell, aber mit einem anderem Auftreten. Social Media gilt bei diesen Banken seit jeher ein wichtiger Service-Kanal, da die gesamte Beratung online stattfindet. Insofern ist die Erwartungshaltung, aber auch die Umgangsform anders als bei den Filialbanken. Die gesamte Tonalität dieser Direktbanken ähnelt von Beginn an der einer typischen Social-Media-Tonalität. Aber nicht nur im Social Web haben sie die Bankenbranche aufgebrochen und den oft sehr steifen Umgangston per se entstaubt. Ihr Anliegen war von Anfang an, möglichst "unbanky" zu sein. Neben einfachen und schnellen Produkten und Services liegt ihr Erfolg auch darin begründet, dass sie kompetente Online-Beratung mit einer lockeren und guten Unterhaltungsform in allen Kanälen vereinen.

Sie führen an, dass Banken in den Sozialen Medien ihren Kunden sowohl gute Unterhaltung als auch kompetente Online-Beratung bieten können. Wie lässt sich beides im Netz sinnvoll miteinander verzahnen? Haben Sie ein Beispiel?

Direktbanken haben eine andere Unternehmens- und Mitarbeiter-Struktur. Innovationsgetriebene, junge Menschen prägen hier die Teams und agieren in den sozialen Medien eigenverantwortlich. Service-Anfragen über das Social Web landen zum Beispiel bei der ING direkt im geschulten und qualifizierten Service-Center, dem Herzstück der Beratungskompetenz. Auf diese Weise ist die Beratungsleistung im Social Web genauso qualifiziert wie ein Anruf in der Service-Hotline.

Parallel dazu sorgen junge Social Media-Experten im Marketing-Team für erstklassige Unterhaltung. Die agilen Strukturen dieser Unternehmen lassen eine Verzahnung der Abteilungen viel leichter zu als in einem klassisch strukturierten und oftmals noch sehr hierarchisch aufgebauten Finanzinstitut. Die Teams der Direktbanken wissen, dass man im Social Web schnell sein muss, wenn ein Trend aufkommt. Da bleibt keine Zeit für eine Abstimmung mit der Vorstandsebene, um einen unterhaltsamen Post in Echtzeit auf Facebook zu veröffentlichen. Deswegen sind sie auch in den Rankings erfolgreicher. Und natürlich ist es einfacher, ohne einen digitalen Schlips zu sprechen, wenn man auch real gar keinen Schlips trägt.

Auf Kampagnen-Ebene gibt es aber inzwischen auch zahlreiche Beispiele der klassischen Finanzinstitute, die toll gelöst sind. Die super erfolgreiche und unterhaltsame Jung von Matt-Kampagne zur Sparkassen-App "Kwitt" beispielsweise ist mit Sicherheit ein Best Practice dafür, wie ein Facebook-Chat-Bot eine Banking-App vermarkten kann.

Welche Banken meistern aus Ihrer Sicht in den sozialen Medien den Spagat zwischen Unterhaltung und Kundenschnittstelle des Vertriebs schon gut? Etwa wie die ASB Bank, die eine Chat-Anwendung als Facebook-App mit virtuellen Kundenberatern anbietet...

Neben den Direktbanken oder Smartphone-Banken wie N26 meistert unter den klassischen Instituten die Sparkasse das insgesamt schon sehr gut. Mit ihrer Markenpositionierung, "den Menschen das Leben einfacher machen", hat das Finanzinstitut eine gute Ausgangslage für Social-Media-Maßnahmen, die es auch immer wieder realisiert. Inwiefern die Chat-Anwendungen der ASB-Bank erfolgreich genutzt werden, ist von außen natürlich schwer zu beurteilen. Der Ansatz ist mit Sicherheit aber der richtige.

Was sind aus Ihrer Sicht die schlimmsten Fallstricke, die Finanzunternehmen in diesem Marketingsegment drohen? 

Schwierig wird es, wenn Finanzdienstleister versuchen, lustig und unterhaltsam zu sein, aber dabei nicht authentisch bleiben. Wenn der Ton nicht mehr zur Marke passt, wird es oft merkwürdig, ja fast schon peinlich. Eine sehr konservative Bank wird mit diesen Herausforderungen zu kämpfen haben.

Ein anderer Fallstrick droht, wenn Kreditinstitute die Social-Media-Betreuung komplett an Agenturen geben und damit ihrer Beratungsqualität nicht gerecht werden. Es ist aber wichtig, das Wissen und Bewusstsein für Beratung in Social Media im gesamten Unternehmen zu verankern. Keine leichte Aufgabe, zumal Fintechs und Start-Ups den Markt überschwemmen. Viele Banken im Ausland sind da schon viel weiter als die Anbieter auf dem deutschen Markt. Und diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen. Auch ältere Zielgruppen kommen über den digitalen Wertpapier-Handel und zahlreiche Robo Advisor mehr und mehr in den Gebrauch digitaler Angebote, so dass auch bei dieser Zielgruppe die Erwartungshaltung steigt.

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