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23.09.2015 | Social Media | Interview | Online-Artikel

"Reputationsmanagement muss langfristig geplant werden"

verfasst von: Anja Schüür-Langkau

5:30 Min. Lesedauer

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Der Ruf und das Ansehen eines Unternehmens entscheiden maßgeblich über den Markterfolg. Was Firmen bei einem professionellen Reputationsmanagement beachten müssen, erläutert Springer-Autorin Anabel Ternès im Interview.

Springer für Professionals: Was kann eine hohe Reputation zum Erfolg eines Unternehmens beitragen?

Anabel Ternès: Gerade durch die Informationsmöglichkeiten des Internets entscheidet das Ansehen eines Unternehmens erheblich darüber, wie ein Unternehmen von außen wahrgenommen wird. Studien zeigen, dass strategisches Reputationsmanagement die Wettbewerbsfähigkeit und den Markterfolg eines Unternehmens häufig entscheidend beeinflusst. Und dass nicht nur in Krisensituationen oder wenn ein Unternehmen in einen Markt neu eintritt. Gute Reputation gilt Experten als wichtiges Argument, um durch ein gutes Ansehen hohe Preise verlangen, Kunden binden und Beschaffungskosten senken zu können.


Ein guter Ruf kann für Unternehmen aber nicht nur absatztechnisch zum entscheidenden Erfolgsfaktor werden: In Zeiten des Fachkräftemangels wird es immer wichtiger, sich im Kampf um die besten Köpfe als attraktiver Arbeitgeber zu platzieren. Unternehmen mit einem nachhaltig guten Ruf haben es leichter, bestens qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden.

Was müssen Unternehmen beachten, wenn sie ein systematisches und nachhaltiges Reputationsmanagement aufbauen wollen?

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Reputationsmanagement sollte immer auch Chefsache sein. Es bedarf einer operativen und strategischen Verankerung im Unternehmen. Dazu sollte man das Thema langfristig, strukturiert und mit genügend Ressourcen angehen, der Ablauf des Reputationsmarketings sollte ein Kreislauf sein, ein andauernder Prozess: den Ist-Zustand evaluieren, ein Kernteam bilden, das Strategien entwickelt, daraus Konzepte und Prozesse ableiten, Mitarbeiter für das Thema sensibilisieren und miteinbeziehen etc.

Aber nicht nur die Mitarbeiter: Bei einem erfolgreichen Reputationsmanagement werden alle relevanten Stakeholder berücksichtigt. Die Handlung und Kommunikation eines Unternehmens sollten immer aufeinander abgestimmt sein, sodass Reputationsmanagement durch integrierte Kommunikation ein Teil der Unternehmenskommunikation und -kultur wird. So, wie Reputationsmanagement nach innen gelebt wird, sollte es nach außen auch wahrgenommen werden transparent, authentisch und konsistent zu den angestrebten Zielen.

Welche Rolle spielen soziale Netzwerke für das Reputationsmanagement?

Social Media ist absolut ernst zu nehmen. Binnen Sekunden verbreiten sich schlechte Nachrichten und Bewertungen über soziale Netzwerke und Internetforen – ob sie nun der Wahrheit entsprechen oder nicht. Eine negative Information kann schnell ein unkontrollierbares Eigenleben entwickeln – mit unabsehbaren Folgen. Mittels Blogs, interaktiven Unternehmensseiten oder Fanpages auf Facebook und Co. ist es aber auch möglich, Meinungen aktiv zu beeinflussen und Vertrauen zu schaffen.

Online-Bewertungsportalen sollte besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Laut einer Studie von IBM richten sich danach 50 Prozent der Befragten zwischen 16 und 64 Jahren. Hinzu kommt: Der Kunde von heute hat sich vom Konsumenten hin zum Prosumer entwickelt, der bewertet und damit oft maßgeblich über den Erfolg oder Misserfolg eines Produktes und einer Marke entscheidet. 70 Prozent der Internetnutzer vertrauen nach aktuellen Umfragen dem Urteil unbekannter User, während 75 Prozent den Werbebotschaften von Unternehmen selbst keinen Glauben mehr schenken.

Welche Fehler gilt es unbedingt zu vermeiden?

Reputationsmanagement darf nie kurzfristig, klein und partiell gedacht werden. Eine umfassende, integrierte, strukturierte und langfristige Planung muss die Basis sein. Es ist sinnvoll, eine Art Krisenplan ausgearbeitet zu haben. Denn wenn es notwendig ist, muss schnell und gezielt reagiert werden können. Das ist aktuell bei vielen Unternehmen nicht der Fall. Darüberhinaus muss feststehen, wer für was zuständig ist. Klare Aufgabenverteilungen erleichtern die strategische Kommunikation.

Auch sollte darauf geachtet werden, dass alle relevanten Stakeholder miteinbezogen werden. Das Marketing bzw. Management sollte auf Fakten basiert sein und so auch kommuniziert werden. Nicht nur eindeutige Aussagen sind wichtig, sondern vor allem authentische. Falsche oder widersprüchliche Aussagen können einen guten Ruf schnell zerstören.

Welche Unternehmen sind aus Ihrer Sicht Vorreiter beim Reputationsmanagement?

Für gutes Reputationsmanagement gibt es zahlreiche Vorbilder. Unter den Vorreitern gibt es sowohl kleine, mittlere wie auch große Unternehmen. Gutes Reputationsmanagement wird oft allerdings erst dann wahrgenommen, wenn es sich um Krisenmanagement handelt. So wurde der WWF 2011 von Protesten geradezu überrollt, als er die Publikation des Schwarzbuches gerichtlich verbieten lassen wollte, das kritisch über die Tierschutzorganisation berichtete. Auf sozialen Netzwerken wurden gemutmaßt, der WWF hätte Fehler begangen und würde nun etwas vertuschen wollen. Erst nachdem eine korrigierte Version des Schwarzbuches auf den Markt kam und der WWF kundennah und offen die Hintergründe im Internet aufklärte, legte sich die Aufregung und es kamen positive Stimmen, die den Umgang mit dieser sensiblen Thematik lobten.

Ein weiteres Beispiel ist der ADAC, der vor nicht allzu langer Zeit mit vielen negativen Schlagzeilen von sich reden machte. Der Verband hat es mittlerweile geschafft, wieder als professionelle und glaubwürdige Institution wahrgenommen zu werden. Das Selbstverständnis und die Leitlinien des ADAC wurden überarbeitet. Kernbereiche der Umstrukturierungen nach den Skandalen waren auch die Bereiche Mitgliedereinbindung, Strukturen und Rechtsformen, Prozesse und Compliance, Unternehmenskultur und Zusammenarbeit. Zudem wurde ein externer Beirat eingerichtet, dem u. a. auch die Vorsitzende von Transparency International angehört. Darüber wurde informativ auf verschiedenen Internetplattformen berichtet.

Auch der Spenden-Skandal bei Greenpeace, bei dem die Umweltorganisation 2014 mehrere Millionen Euro an Spendengeldern verspekulierte, konnte mit gutem Reputationsmanagement gewinnen. Ein Sprecher bestätigte den Vorfall direkt und entschuldigte sich bei den Mitgliedern. Der betreffende Angestellte sei entlassen worden, habe aber Greenpeace nicht schädigen wollen. Ein internes Kontrollsystem habe nicht funktioniert. Positiv wurde im Internet aufgenommen, dass Greenpeace schnell reagierte, transparent berichtete, die „Schuld“ am Vorfall nicht auf einen Mitarbeiter ablud, sich entschuldigte und um Verständnis bat.

Gibt es branchenspezifische Besonderheiten, die beachtet werden müssen?

Natürlich gibt es grundlegende Dinge, die für alle Branchen gelten, wie die Tatsache, dass Reputationsmanagement immer nachhaltig und langfristig gedacht sein sollte. Jede Branche hat aber auch ihre eigenen Besonderheiten. Nicht zuletzt sind es die unterschiedlichen Stakeholder, Produkte und Medien, die eine unterschiedliche Herangehensweise für die Kommunikation nach innen und außen verlangen. Ziel aller Anstrengungen muss es sein, vertrauensvolle und belastbare Beziehungen zu allen wichtigen Stakeholdern aufzubauen. So ergeben sich wertvolle Bindungspotenziale für Kunden und Unternehmen.

Zur Person
Prof. Dr. Anabel Ternès ist Geschäftsführerin des Instituts für Nachhaltiges Management und Program Director für Kommunikationsmanagement, E-Business und Social Media Management an der SRH Hochschule Berlin. In der Buchreihe "Reputationsmanagement" zeigt sie gemeinsam mit ihrem Mitherausgeber Christopher Runge an verschiedenen Branchen, darunter Manager und Führungskräfte, Banken, Versicherungen, Politik, Online-Handel und Medical Care, dass es sich auszahlt, in eine hohe Reputation zu investieren.
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