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24.04.2015 | Social Media | Schwerpunkt | Online-Artikel

"Social Media wirft schwierige und neue Rechtsfragen auf"

4 Min. Lesedauer

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Soziale Medien sind ein wichtiger Kanal in Marketing und PR. Doch rechtlich herrscht große Unsicherheit. Wo Fallstricke lauern, erläutert Springer-Autor Ralf Müller-Terpitz im Interview.

Springer für Professionals: Was ist bei der gewerblichen Nutzung von Social Media zu beachten?

Ralf Müller-Terpitz: Einerseits sind Social Media als Online-Anwendungen schlicht eine neue technische Form zur Erbringung von Dienstleistungen und zum Abschluss von Verträgen bzw. zur Kommunikation. Deshalb gelten alle rechtlichen Verpflichtungen der „realen, analogen Welt“ – wie zum Beispiel das Strafrecht und das Bürgerliche Gesetzbuch mit seinem Vertrags- und Arbeitsrecht oder dem Minderjährigenschutz – auch hier. Dies kann jedoch auch Schwierigkeiten aufwerfen, etwa wie mit dem Account eines Nutzers nach dessen Tod umgegangen werden soll. Die Lösungen des tradierten Rechts der realen Welt müssen dabei angemessen in das digitale Umfeld transponiert werden.

Andererseits gibt es auch ein spezifisches IT-Recht für Telemedien. Das Telemediengesetz etwa modifiziert teilweise die Haftung für Rechtsverstöße. Ferner sind spezielle Datenschutz- und Transparenzvorschriften für Telemedien zu beachten.

Ein weiteres Problem ist die Frage, welche Rechtsordnung überhaupt Anwendung findet. Diese Frage stellt sich bei Social Media häufig, weil hier durch Outsourcing, Cloud Computing und Serverstandorte zumeist Ländergrenzen überschritten werden.

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Welche arbeitsrechtlichen Aspekte sind der Social-Media-Nutzung wichtig? Kann man Mitarbeitern beispielsweise die Nutzung von Social-Media-Profilen „verordnen“?

Die Vermengung beruflicher mit privater Nutzung kann vielfältige Probleme aufwerfen. Aus Sicht des Arbeitgebers ist dies vor allem die Frage, in welchem Umfang er die private Nutzung von Social Media während der Arbeitszeit dulden muss und wie mit negativen Äußerungen des Arbeitnehmers über den Arbeitgeber bzw. das Unternehmen über Social Media umzugehen ist. Aus Sicht des Arbeitnehmers stellt sich die Frage, ob er Zugriffe des Arbeitgebers auf sein Profil dulden muss.

Ob gar eine Verpflichtung zur Erstellung eines Profils im eigenen Namen auferlegt werden kann, wird bisher nur in der Literatur diskutiert und dürfte wohl nur für spezielle Berufe wie Personalrecruiter oder im Kommunikations- und PR-Bereich infrage kommen. Auch hier muss aber die spezielle Plattform betrachtet werden, etwa ob diese nicht auch eine Anmeldung des Unternehmens selbst zulässt.

Viel Unsicherheit besteht auch bezüglich der Impressumspflicht und der Platzierung des Impressums. Wie ist da die aktuelle Rechtslage?

Was das Impressum betrifft, werfen Social Media zunächst die Frage auf, wer zu einem Impressum verpflichtet ist. Die Pflicht richtet sich an „Anbieter“ von „üblicherweise gegen Entgelt angebotenen“ Telemedien. Das kann aber neben dem Seitenbetreiber auch der Inhaber eines Accounts sein, denn dieser erstellt selbst Inhalte. Zuletzt wurde diese Verpflichtung etwa für einen XING-Account für berufliche Zwecke diskutiert.

Was die Platzierung des Impressums betrifft, gelten im Grundsatz die inzwischen hergebrachten Regeln. Allerdings sind Social Media einer dynamischen Entwicklung unterworfen und bieten immer neue technische Anwendungen. So kann die Erfüllung der Impressumspflicht bei Smartphone-Apps schwierig sein. Solche Fälle können nicht einfach mit der alten „Zwei-Klick-Regel“ gelöst werden.

In welche rechtlichen Fallen tappen Unternehmen in diesem Bereich nach Ihren Erfahrungen besonders häufig?

Ein häufiges Problem dürfte neben der Frage, welches Recht anwendbar ist, zunächst die Vielzahl an Regelungen sein, die es zu beachten gilt. Denn neben die klassischen Regelungen zum Beispiel des Vertragsrechts treten zahlreiche Spezialvorschriften, die das allgemeine Recht modifizieren. Hinzu kommt dann die mitunter schwierige Frage, ob und inwieweit die nationale Rechtsordnung überhaupt gilt.

Ein spezielles Problem der Social Media ist zudem die Frage, wer im Einzelfall „Anbieter“ eines Telemediums ist. Denn Social Media zeichnen sich dadurch aus, dass es neben dem Seitenbetreiber eine Vielzahl an Nutzern gibt, die eigene Profile erstellen und gestalten können. Damit werden sie selbst zu Inhaltserstellern und können dann auch im Rechtssinne Anbieter mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten sein. Das wird zum Beispiel im Datenschutzrecht relevant, aber auch hinsichtlich der Haftungsmodifikationen des Telemediengesetzes oder wenn es um die Frage der Impressumspflicht geht. Auch bei der Haftung für Persönlichkeitsrechtsverletzungen kann das Nebeneinander von Seitenbetreiber und Inhalte erstellendem Nutzer Schwierigkeiten bereiten.

Im Rundfunkrecht wirft das Charakteristikum der Social Media – nämlich dass der Nutzer selbst auch den Inhalt mitgestaltet – ebenfalls Rechtsproblem auf, etwa wenn es um die Frage geht, ob Social-Media-Angebote als „Rundfunk“ einzustufen sind bzw. ob Individual- oder (professionelle) Massenkommunikation mit ihren haftungsverschärfenden Anforderungen vorliegt. Die Interaktivität macht also den besonderen Reiz der sozialen Medien aus. Mein Fazit: Social Media wirft schwierige und neue Rechtsfragen auf.

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