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Erschienen in:

01.04.2025 | Strategie Zur Zeit gratis

Soziale Roboter erfolgreich einsetzen

verfasst von: Esther Herfurth, Prof. Dr. Andreas Gourmelon

Erschienen in: Innovative Verwaltung | Ausgabe 4/2025

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Sie bieten neue Möglichkeiten, mit Bürgerinnen und Bürgern zu interagieren und den Anforderungen einer diversen Gesellschaft gerecht zu werden: soziale Roboter. Wie ihre Einführung in der Verwaltungspraxis gelingen kann, hat die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen, kurz HSPV NRW, untersucht.
Die Personalnot des öffentlichen Sektors und die gestiegenen gesellschaftlichen Ansprüche an Serviceleistungen erfordern innovative Lösungen von Verwaltungen. Zweifelsohne spielt dabei Künstliche Intelligenz (KI) eine wichtige Rolle und sollte bei Modernisierungsmaßnahmen der Verwaltung berücksichtigt werden. Durch ihre technische Befähigung zu sozialem „Verhalten“ und die Möglichkeit zur menschlich wirkenden Interaktion bergen insbesondere soziale Roboter großes Potenzial für Verwaltungen, um Personalengpässe mildern und den Anforderungen einer diversen Gesellschaft gerecht werden zu können (siehe Kasten Seite 26). So können soziale Roboter beispielsweise am Empfang von Bürgerbüros oder in Kulturbetrieben wie Museen, Bibliotheken und im Theater eingesetzt werden, um die Besuchenden in beliebiger Sprache freundlich-humorvoll zu begrüßen und grundlegende Informationen zu geben, Eintrittskarten zu scannen oder bei der Orientierung durch Wegführung zu helfen.
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich das Forschungsprojekt „RuhrBots“ - gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Förderkennzeichen 16SV8966) - mit der Frage nach einem bedarfsgerechten Einsatz sozialer Roboter in Kommunalverwaltungen. Als Partnerinstitution des Verbunds untersucht die HSPV NRW den Robotereinsatz dabei aus Perspektive des damit einhergehenden organisationalen Wandels. Dafür wurde zunächst ergründet, auf wie viel Akzeptanz soziale Roboter bei Beschäftigten stoßen und wie ihr Einsatz in Kommunalverwaltungen von relevanten Stakeholdergruppen beurteilt wird (siehe hierzu Herfurth/Gourmelon 2023 und 2024).
Diese Erkenntnisse dienen als Grundlage für das übergeordnete Forschungsziel der HSPV NRW, praxisnahe Handlungsempfehlungen für den erfolgreichen Einsatz sozialer Roboter und für den damit einhergehenden organisationalen Wandel zu erarbeiten. Dafür wurden im Sommer 2024 drei Workshops mit 30 erfahrenen Führungskräften, Expertinnen und Experten für Digitalisierung und Change Management sowie weiteren Verwaltungsbeschäftigten durchgeführt. Die Teilnehmenden kamen aus verschiedenen Kommunal- und Landesverwaltungen in NRW und Sachsen. Sie sind in Funktionen wie Abteilungsleitung, Teamleitung, Fachbereichsleitung und Projektmanagement tätig und mit Themenbereichen wie IT-Organisationsberatung, interne Dienste, Bürgerbüro und Wahlen, Smart-City-Initiativen, Personalentwicklung sowie Organisations- und Prozessberatung befasst. Während der Workshops wurde nach einer kurzen thematischen Einführung und Darstellung der bisherigen Forschungserkenntnisse in Kleingruppen mit den Teilnehmenden darüber diskutiert, was beim Einsatz sozialer Roboter in Verwaltungen berücksichtigt werden muss und was besser vermieden werden sollte.

Rahmen und Anforderungen erarbeitet

„Tipps aus der Praxis für die Praxis“ sind das Ergebnis dieser Forschungsarbeit der HSPV NRW (siehe Herfurth, Gourmelon et al., 2024). So konnten aus den Diskussionsergebnissen insgesamt 23 Handlungsempfehlungen ausgearbeitet werden. Sie umfassen sowohl allgemeinere Rahmenbedingungen, die für den Einsatz von Robotern gewährleistet sein sollten, als auch spezielle Anforderungen, zum Beispiel an das Verhalten der Beschäftigten und Führungskräfte. Nachfolgend ein ausgewählter Einblick in die Handlungsempfehlungen.
Mut zur Veränderung: „Einfach mal machen!“: Angesichts der Herausforderungen im öffentlichen Sektor bieten soziale Roboter großes Potenzial für innovative Lösungen und vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Gleichwohl Deutschland mit der Nutzung dieser Technik im öffentlichen Raum vergleichsweise unerfahren ist, sollte nicht gezögert werden und der Einsatz sozialer Roboter stattdessen als vielversprechende Möglichkeit mit großem Innovationspotenzial aktiv gefördert werden. Es ist wichtig, Mut aufzubringen, erste Schritte zu wagen und „einfach mal zu machen“.
Sinnvolle Anwendungsfelder erkennen: Um soziale Roboter erfolgreich einsetzen zu können, müssen sinnvolle Anwendungsfelder identifiziert und konkrete Funktionen sowie Aufgaben definiert werden. Dabei ist es wichtig, die „sozialen“ Fähigkeiten der Roboter zu berücksichtigen, deren Mehrwert je nach spezifischem Einsatzbereich und thematischem Kontext innerhalb der Verwaltungen variieren kann.
Informieren und Transparenz schaffen: Damit sinnvolle Einsatzszenarien für soziale Roboter festgelegt werden können, müssen alle Beteiligten über die geplanten Veränderungen informiert werden. Insbesondere die Beschäftigten gilt es, umfassend und frühzeitig zu unterrichten, besser noch sollten sie frühzeitig in die Überlegungen einbezogen werden. Ihre Akzeptanz ist für den Erfolg des Vorhabens von entscheidender Bedeutung. Um Akzeptanz zu schaffen, sind Transparenz und eine offene Kommunikation unerlässlich. Auch die Öffentlichkeit ist frühzeitig und regelmäßig über Veränderungen durch den Robotereinsatz zu informieren.
Partizipation und Beteiligung am Lernprozess: Von entscheidender Bedeutung ist, den Robotereinsatz als Lernprozess für die Organisation zu begreifen und vor diesem Hintergrund entsprechende Maßnahmen in die Wege zu leiten. Dies erfordert niedrigschwellige Partizipations- und Beteiligungsmöglichkeiten für Beschäftigte. Es wird empfohlen, den Beschäftigten frühzeitig Möglichkeiten dafür zu bieten, in einer sicheren Lernumgebung Erfahrungen mit einem Roboter zu sammeln und den Umgang zu üben, zum Beispiel in Workshops beziehungsweise Testphasen.
Erfolgskriterien festlegen und Vision entwickeln: Wird die Robotereinführung als gemeinsamer Lernprozess begriffen, können Erfolgskriterien festgelegt und eine realistische, richtungsweisende Vision für den Wandel entwickelt werden. Wichtig ist, diese Vision ausreichend zu kommunizieren, damit sie ihre Wirkkraft entfalten kann. Die Kriterien und Ziele gilt es, so zu formulieren, dass kurzfristige Erfolge realisiert werden können. Dies schafft Glaubwürdigkeit, Motivation und höhere Veränderungsbereitschaft. „Quick Wins“ sind wichtig, um das Vertrauen der Beschäftigten zu gewinnen. Sie sollten konsolidiert und als Grundlage verwendet werden, um weitere Veränderungen einzuleiten.
Change Management bei starker Führung: Hohes Engagement und Innovationsfreude seitens der Führungskräfte sind unerlässlich. Überzeugte Führungskräfte sind Voraussetzung dafür, dass die Beschäftigten an die gemeinsame Vision des Robotereinsatzes glauben und sich freiwillig dafür engagieren. Eine gut durchdachte Planung und Organisation des Wandelprozesses stellen sicher, dass die Maßnahmen die erwarteten Wirkungen erzielen. Führungskräfte sollten nicht nur den Wandel fordern, sondern auch aktiv vorleben. Dies schafft Vertrauen und Motivation bei den Beschäftigten und erleichtert die Umsetzung der Veränderungen.
Datenschutzbeauftragte, Personalrat, Gleichstellungsbeauftragte und Vertrauenspersonen für Menschen mit Behinderung: Bei umfassenden Veränderungen wie dem Einsatz sozialer Roboter ist die Zusammenarbeit mit Datenschutzbeauftragten, Personalräten, Gleichstellungsbeauftragten und Vertrauenspersonen für Menschen mit Behinderung erforderlich. Diesen Stakeholdergruppen werden nach den Personalvertretungs- sowie Landesgleichstellungsgesetzen und dem Sozialgesetzbuch IX umfassende Informations-, Unterrichtungs-, Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte zugesprochen (siehe Herfurth, Gourmelon et al., 2024).
Zuverlässigkeit der Technik: Auch die technische Zuverlässigkeit des Roboters ist für die Akzeptanz der Beschäftigten von entscheidender Bedeutung. Dafür sollte zunächst sichergestellt werden, dass die technische Infrastruktur der Organisation den Anforderungen des Roboterbetriebs gerecht wird. Dazu gehört beispielsweise die Verfügbarkeit eines stabilen WLANs. Damit der Roboter seine Aufgaben erledigen und zum Beispiel Auskünfte über den Service der Einrichtung geben kann, müssen entsprechende Datensätze in das System eingepflegt werden. Wichtig ist hierbei, Medienbrüche zu vermeiden, um effiziente Verarbeitungsprozesse zu gewährleisten.

Das sind die Don´ts beim Robotereinsatz

Neben den Empfehlungen, was getan werden sollte, gibt es auch Don'ts. Das sollte unter anderem besser unterbleiben:
Robotereinsatz per Anweisung: Den Empfehlungen entsprechend sollte eine Robotereinführung auf Anordnung und ohne Einbeziehung der Beschäftigten („par ordre du mufti“) unterlassen werden. Damit werden nicht nur Ablehnung und Unzufriedenheit befeuert, sondern auch Widerstände seitens der Beschäftigten provoziert - und Widerstände sind bekanntermaßen eine der häufigsten Ursachen für das Scheitern von Wandlungsprozessen.
„Hauptsache soziale Roboter“: Die Entscheidung für den Robotereinsatz sollte nicht nur aus Imagegründen getroffen werden, nach dem Motto „Hauptsache Roboter“. Stattdessen sollte gut abgewogen werden, welchen Mehrwert die Roboter im Vergleich zu anderen KI-Technologien wie Avatare und KI-Sprachassistenzsysteme bieten. Warum werden die „sozialen Fähigkeiten“ des Roboters benötigt? Was soll damit erreicht werden? Diese Fragen müssen im Voraus geklärt sein, um den sozialen Aspekt gezielt und effektiv zu nutzen. Zudem sollte gut darauf geachtet werden, dass der Einsatz eines sozialen Roboters von den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Beschäftigten nicht nur als Spielerei aufgefasst wird.

Fazit

Insgesamt gilt: Soziale Roboter bieten Kommunalverwaltungen neue Möglichkeiten, mit den Bürgerinnen und Bürgern zu interagieren. Ihr Potenzial kommt besonders bei Bürger- und Kundengruppen, die sich durch Diversität auszeichnen, voll zur Geltung. Beschäftigte stehen dem Einsatz von sozialen Robotern überwiegend positiv gegenüber. Trotzdem ist der Einsatz sozialer Roboter sorgfältig zu planen und vorzubereiten. Die von der HSPV NRW erarbeiteten Handlungsempfehlungen können Führungskräfte hierbei unterstützen.

Literatur

Bendel, O. (2020): Soziale Roboter. Technikwissenschaftliche, wirtschaftswissenschaftliche, philosophische, psychologische und soziologische Grundlagen.
Herfurth, E./Gourmelon, A./Els, S./Hoffmann, B. (2024): Der Einsatz sozialer Roboter in öffentlichen Verwaltungen: Wie stehen Personalräte, Datenschutzbeauftragte, Gleichstellungsbeauftragte und andere Stakeholder hierzu?, https://​sn.​pub/​e05p2h.
Herfurth, E./Gourmelon, A. (2023a): Akzeptanz sozialer Roboter als Kollegen: Eine Befragung von Beschäftigten in Bibliotheken, DÖD - Der Öffentliche Dienst, (76) 10.
Herfurth, E./Gourmelon, A. (2023b): Soziale Roboter treffen auf Bibliotheken: Einblicke in die Einstellungen der Beschäftigten, BuB Forum Bibliothek und Information, (75) 11, https://​sn.​pub/​nf22xv.
Horwath, I. (2022): Algorithmen, KI und soziale Diskriminierung, in: Schnegg, K. et al. (Hrsg.): Inter- und multidisziplinäre Perspektiven der Geschlechterforschung, Innsbrucker Gender Lectures IV.
Rentsch, S. (2023): „Computer sagt nein“ - Gesellschaftliche Teilhabe und strukturelle Diskriminierung im Zeitalter Künstlicher Intelligenz, in: Wagener, A./Stark, C. (Hrsg.): Die Digitalisierung des Politischen. Theoretische und praktische Herausforderungen für die Demokratie.
Schulze, H. et al. (2021): Soziale Roboter, Empathie und Emotionen. Eine Untersuchung aus interdisziplinärer Perspektive, TA-SWISS Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung, https://​sn.​pub/​m12i4p.

Kompakt

  • Soziale Roboter können helfen, die Personalengpässe in der Verwaltung zu mildern und die Anforderungen einer modernen und diversen Gesellschaft zu erfüllen.
  • Im Rahmen des geförderten Forschungsprojekts „RuhrBots“ hat die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen in Workshops praxisnahe Handlungsempfehlungen für den Einsatz erarbeitet.
  • Im Mittelpunkt stehen unter anderem Mut zur Veränderung, Zuverlässigkeit der Technik und vor allem Information sowie Beteiligung der Beschäftigten an der Einführung sozialer Roboter in der Organisation.

Definition: Soziale Roboter

Soziale Roboter werden als sensomotorische Maschinen definiert, die für den Umgang mit Menschen entwickelt wurden. In der Interaktion zeichnen sich soziale Roboter zum Beispiel dadurch aus, dass sie das Verhalten des menschlichen Gegenübers imitieren und dabei unter anderem mit Gestik und Mimik kommunizieren. Zudem befähigt sie der Einsatz von KI inzwischen, Emotionen zu erkennen und darauf entsprechend zu reagieren (Bendel, 2021; Schulze et al., 2021).

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Metadaten
Titel
Soziale Roboter erfolgreich einsetzen
verfasst von
Esther Herfurth
Prof. Dr. Andreas Gourmelon
Publikationsdatum
01.04.2025
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Innovative Verwaltung / Ausgabe 4/2025
Print ISSN: 1618-9876
Elektronische ISSN: 2192-9068
DOI
https://doi.org/10.1007/s35114-025-2188-7