Die Anforderungen an die Schneidstoffe von Zerspanungswerkzeugen sind hoch und komplex. Verschleißfest sollen sie sein, um eine hohe Standzeit des Werkzeugs zu garantieren. Aber neben der Härte zählen gegebenenfalls auch Eigenschaften wie Zähigkeit und Beständigkeit bei hohen Temperaturen oder Resistenz in chemisch aggressiver Umgebung, führt Springer-Autor Jochen Dietrich in "Praxis der Zerspantechnik" an. Sein Fazit: "Diese vielfältigen Anforderungen sind nicht durch einen einzigen Schneidstoff erfüllbar, d. h. einen idealen Schneidstoff, der alle auch gegenläufige Anforderungen entspricht, gibt es noch nicht." (Seite 45). Dietrich diskutiert im Weiteren die Spezifika unterschiedlicher Schneidwerkstoffe: Werkzeugstähle, Schnellarbeitsstähle, Hartmetalle, Schneidkeramik, Schneiddiamant und Kubisches Bornitrid.
Für die Ausstattung von Fräswerkzeugen gibt es allerdings einen eindeutigen Favoriten, und zwar die Ausführung in Vollhartmetall (VHM). Laut einer Mitteilung des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart setzen etwa 80 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen auf VHM-Fräswerkzeuge. Das hohe Marktpotenzial hat die Wissenschaftler der Fraunhofer-Projektgruppe Regenerative Produktion in Bayreuth dazu angespornt, dieses Werkzeug weiter zu verbessern.
Innovative Schneidengeometrie
Zunächst haben die Experten analysiert, welche Kräfte bei alltäglichen Fräsaufgaben auf das Werkzeug einwirken. In Simulationen und experimentellen Untersuchungen wurde daraufhin eine optimale Schneidengeometrie erarbeitet. "Die Analysen haben ergeben, dass eine dreidimensionale Geometrie mit differenziellem Drallwinkel und speziell konditionierten Schneidkanten die Effizienz deutlich steigert", berichtet Projektleiter Hans-Henrik Westermann. Anschließende Tests im Labor und Praxis-Test haben den Erfolg bestätigt: Ein VHM-Schaftfräser mit der innovativen Schneidengeometrie kommt im Vergleich zu herkömmlichen Varianten mit 17 Prozent weniger Energie aus. Die Schnittgeschwindigkeit konnten die IPA-Wissenschaftler im Mittel um 10 Prozent, die Vorschubgeschwindigkeit sogar um 25 Prozent steigern. Gleichzeitig konnte die Verschleißfestigkeit des Werkzeugs deutlich verbessert werden. Der VHM-Schaftfräser wurde bereits zum Patent angemeldet. Mittlerweile vertreibt ihn die WNTGruppe innerhalb ihrer Vertriebsorganisation in 19 Ländern unter dem Markennamen S-Cut und bietet gemeinsam mit ihrem Systempartner, der Firma Maier GmbH aus Oberschneiding, den neuen VHM-Schaftfräser in mehr als 100 Ausführungen an.