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2022 | OriginalPaper | Buchkapitel

18. Spielfilm als Pandemie-Panorama mehrdeutiger Reproduktion

Zur politischen Wahrnehmung entgründeter Beziehungsweisen um 2020

verfasst von : Drehli Robnik

Erschienen in: Das Virus im Netz medialer Diskurse

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Der Beitrag thematisiert Pandemiefilme aus den Jahren 2016 bis 2020, die in vielen Aspekten wie Prophetien der aktuellen Corona-Pandemie wirken. Dabei geht es nicht nur um die Dramaturgie und Botschaft dieser Dystopien, sondern insbesondere um deren Wirkungsweise in Hinblick auf die filmische Wahrnehmung und um die Entgründung scheinbar stabiler gesellschaftlicher Verhältnisse und der damit verbundenen Verunsicherung der Protagonist*innen wie der Zuschauer*innen. Durchgespielt werden auch Überwachungs-, Reglementierungs- und Überlebensstrategien in Zeiten der Seuche, die der aktuellen Corona-Krise ähneln.

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Fußnoten
1
Nachwirken und Aufarbeitung von ‚Ablagerungen‘: In diesem Themenkontext und mit Schwerpunkt auf Toxizität eher denn Infektion fungierte die Hauptdarstellerin und Koproduzentin von The Cured, die LGBTQI+-Filmstar-Aktivistin Ellen Page, 2019 als Koregisseurin des ökopolitischen Dokumentarfilms There‘s Something in the Water; es geht darin um Widerstand von First Nations und African Canadians gegen Environmental Racism (Industrievergiftung gruppenspezifischer Lebensbereiche) in Nova Scotia.
 
2
Hier klingt das Aufarbeitungs-Ethos einer Post-Bürgerkriegs-Wahrheitsfindungskommission mit an.
 
3
Molotow-Cocktails auf Privathäuser von Militärs, vergleichbar Momenten von IRA-Terror.
 
4
Wiewohl unter den infected wie unter den cured mehrere Frauen sind.
 
5
Viele Medienberichte, in denen Corona zur Sichtbarmachung und Skandalisierung von Verhältnissen diente, die vor 2020 als common knowledge und recht normal galten, wiesen auf einen Konnex zwischen Migration (und Rassismus) und Niedriglohn-Arbeit hin. The Cured hingegen spielt eher auf Klassenabstieg an (der Ex-Anwalt arbeitet zwangsweise und unter drakonischem Anwesenheitsregime als Straßenreiniger).
 
6
Weitgehend: Ebola wird ‚eingeschleppt‘, von einem als unsympathisch (‚schwieriger Patient‘) gezeichneten liberischen Diplomaten; aber der Film macht nicht viel aus dieser ‚Ausländer‘-Figur.
 
7
Wie etwa 2013 der südkoreanische Epidemie-Katastrophen-Blockbuster Gamgi, der im Showdown eine außerinstitutionelle Direktverbindung offenbart: zwischen dem Leiden des Volkes und dem beherzten Staatspräsidenten, der das Volk fühlt und deshalb führt; dies richtet sich gegen Verwaltungsbürokratie, US-Besatzungstruppen und die als Fremdherrschaft stilisierte WHO (Robnik, Ansteckkino 107). Gar nicht zu reden von nazideutschen Arzt-Führer-Biopics mit Seuchen-Sujets (ebd. S. 25–39)
 
8
Die junge Heldin erhält bald nach Beginn eine SMS („I‘m bleeding bitch. Bathroom. now“), in der ihre Schwester um einen Tampon bittet, und reicht ihr diesen in die Schulklo-Zelle, worauf die Schwestern über Kontakt mit der Hand, die eben die blutige Vagina berührte, scherzen; später telefoniert die Heldin per Handy mit ihrem Geliebten vor dem Safe Space des Reihenhauses, und zwar auf einen Meter Abstand, worüber beide lachen. (Dass Harvey Weinstein Viral koproduziert hat, auch das liest sich beim Sehen des Vorspanns heute mit Gedanken an durchzusetzende Abstandswahrung.)
 
9
Dem „Noch nicht!“ bzw. „Zu früh!“ im Horrorfilm stellt Williams das „Oh, wenn doch…“ bzw. „Zu spät!“ im Melodram gegenüber (und ein ekstatisches „Genau jetzt!“ im Porno) (Williams 1995)
 
10
Im Hintergrund meiner Argumentation steht wesentlich die (Film-affine) Auslotung demokratischer Potenziale von Zerstreuung und Massenhaftigkeit als Entgründungen sozialer Fest-Formen bei Kracauer (1963, Kult Ornament).
 
11
In Contagion im Rekurs auf alte Horror- und Orientalismus-Motive: Fledermaus, Urwald, ‚asiatisches Fassadenlächeln‘. Wir könnten motivhistorisch gar noch bis zur fürwitzigen Eva zurückgehen, die sich an der Frucht vom Paradies-Urwald-Baum der Erkenntnis ansteckt und das Übel weitergibt.
 
12
Selbstaufopferungen von Wissenschafts-Autoritätsträger*innen über geopolitisch-ethnische bzw. rassifizierte und Klassen-Grenzen hinweg – aus Erbarmen mit dem chinesischen Dorf bzw. dem weißen Haustechniker.
 
13
Eine solche Haltung zeigt mustergültig die Szene in Papillon (USA/F 1973), in der Steve McQueen, ganz todesmutiger Gambler, das Angebot eines Leprakranken annimmt, eine Zigarre zu genießen, die dieser angeraucht hat. (Dank an Bernhard Kern für diesen Filmhinweis.)
 
14
Das lässt sich, zumal mit dem „China virus“-Diskurs im Hinterkopf, über ein frühes Exemplar (November 2020) von Corona-Spielfilm sagen: In Borat Subsequent Moviefilm sind Sacha Baron Cohens Attacken auf Anhänger*innen und den Anwalt des ‚brutal‘ regierenden Donald Trump (Rudy Giuliani im Fake-Interview: „China manufactured the virus and let it out. I don‘t think anybody was eating bats.“) ihrerseits brachial; so wie schon 2016 Cohens Gags mit der fiktiven AIDS-Virus-Infektion des damaligen Vorwahlkandidaten Trump in Grimsby.
 
15
Zur „post-politischen ethischen Wende“ vgl. Jacques Rancière (2010); zur Interpretation des erörterten Drei-Filme-Clusters im Zeichen der Aussätzung vgl. Drehli Robnik (2021).
 
16
Ähnlich wie Fernsteuerungsparanoia rund um „Corona-Diktatur“ in einer Gesellschaft, in der Macht (auch Reichtum) extrem ungleich verteilt ist, letztlich redundant, bestenfalls tröstlich, wirkt.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Adamczak, B. (2017): Beziehungsweise Revolution. 1917, 1968 und kommende. Berlin: Suhrkamp. Adamczak, B. (2017): Beziehungsweise Revolution. 1917, 1968 und kommende. Berlin: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Deleuze, G. (1989): Das Bewegungs-Bild. Kino 1. Frankfurt/M.: Suhrkamp. Deleuze, G. (1989): Das Bewegungs-Bild. Kino 1. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Kracauer, S. (1963): Kult der Zerstreuung. Über die Berliner Lichtspielhäuser, Das Ornament der Masse. In: ders.: Das Ornament der Masse. Frankfurt/M: Suhrkamp, S. 50–63, 311–317. Kracauer, S. (1963): Kult der Zerstreuung. Über die Berliner Lichtspielhäuser, Das Ornament der Masse. In: ders.: Das Ornament der Masse. Frankfurt/M: Suhrkamp, S. 50–63, 311–317.
Zurück zum Zitat Marchart, O. (2010): Die politische Differenz. Zum Denken des Politischen bei Nancy, Lefort, Badiou, Laclau und Agamben. Berlin: Suhrkamp. Marchart, O. (2010): Die politische Differenz. Zum Denken des Politischen bei Nancy, Lefort, Badiou, Laclau und Agamben. Berlin: Suhrkamp.
Zurück zum Zitat Rancière, J. (2010): Die ethische Wende der Ästhetik und der Politik In: Drehli, R./ Hübel,T./ Mattl, S. (Hg.): Das Streit-Bild. Film, Geschichte und Politik bei Jacques Rancière. Wien, Berlin: Turia+Kant. Rancière, J. (2010): Die ethische Wende der Ästhetik und der Politik In: Drehli, R./ Hübel,T./ Mattl, S. (Hg.): Das Streit-Bild. Film, Geschichte und Politik bei Jacques Rancière. Wien, Berlin: Turia+Kant.
Zurück zum Zitat Robnik, D. (2020): Ansteckkino: Eine politische Philosophie und Geschichte des Pandemie-Spielfilms von 1919 bis Covid-19. Berlin: Neofelis. Robnik, D. (2020): Ansteckkino: Eine politische Philosophie und Geschichte des Pandemie-Spielfilms von 1919 bis Covid-19. Berlin: Neofelis.
Zurück zum Zitat Robnik, D. (2021): Pandemie panmedial, national, noir: Spielfilme als Wahrnehmungsform von Politik-Clustern des Aussetzens. Robnik, D. (2021): Pandemie panmedial, national, noir: Spielfilme als Wahrnehmungsform von Politik-Clustern des Aussetzens.
Zurück zum Zitat Williams, L. (1995): Film Bodies: Gender, Genre, and Excess. In: Grant, B. K. (Hg.): Film Genre Reader II. Austin: U of Texas P. 140–158. Williams, L. (1995): Film Bodies: Gender, Genre, and Excess. In: Grant, B. K. (Hg.): Film Genre Reader II. Austin: U of Texas P. 140–158.
Zurück zum Zitat Borat Subsequent Moviefilm (Borat Anschluss Moviefilm, USA 2020, R: Jason Woliner) Borat Subsequent Moviefilm (Borat Anschluss Moviefilm, USA 2020, R: Jason Woliner)
Zurück zum Zitat Contagion (USA/VAE 2011, R: Steven Soderbergh) Contagion (USA/VAE 2011, R: Steven Soderbergh)
Zurück zum Zitat The Cured (The Cured: Infiziert. Geheilt. Verstoßen, IR/F 2017, R: David Freyne) The Cured (The Cured: Infiziert. Geheilt. Verstoßen, IR/F 2017, R: David Freyne)
Zurück zum Zitat Gamgi (Pandemie, COR 2013, R: Kim Sung-su) Gamgi (Pandemie, COR 2013, R: Kim Sung-su)
Zurück zum Zitat Little Joe (Little Joe – Glück ist ein Geschäft, GB/D/A 2019, R: Jessica Hausner) Little Joe (Little Joe – Glück ist ein Geschäft, GB/D/A 2019, R: Jessica Hausner)
Zurück zum Zitat Papillon (USA/F 1973, R: Franklin J. Schaffner) Papillon (USA/F 1973, R: Franklin J. Schaffner)
Zurück zum Zitat Viral (USA 2016, R: Henry Joost, Ariel Schulman) Viral (USA 2016, R: Henry Joost, Ariel Schulman)
Metadaten
Titel
Spielfilm als Pandemie-Panorama mehrdeutiger Reproduktion
verfasst von
Drehli Robnik
Copyright-Jahr
2022
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-36312-3_18