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31.10.2013 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

BMW i3: Energieeffizienz auf hohem Niveau

verfasst von: Markus Schöttle

8 Min. Lesedauer

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Insgesamt 200 km legte die ATZ-Redaktion im Rahmen einer internationalen Fahrvorstellung des Elektrofahrzeugs BMW i3 im Raum Amsterdam zurück: auf Autobahnen, Landstraßen und vor allem im Stadtverkehr unter widrigen Wetterbedingungen mit Orkanböen. Der Bericht fokussiert aber statt der erfolgreichen Seitenwinderprobung die Besonderheiten des elektrischen Fahrens, die unter anderem nur mit einem speziell für den Elektroantrieb konzipierten Fahrzeug (Purpose design) und Optionen für maximale Effizienz erfahrbar sind.

Die technischen Daten des i3 weisen ein für die Marke BMW typisches sportliches und dynamisches Fahrzeug für den urbanen und citynahen Verkehr aus. Mit 125 kW Spitzenleistung beschleunigt der Kompaktwagen auch dank konsequenten Leichtbaus (1200 kg) von 0 bis 60 km/h in 3,7 s, von 0 bis 100 km/h in 7,2 s und erreicht mit wenig spürbarem Zugverlust die elektrisch limitierte Endgeschwindigkeit von 150 km/h. Auch unterhalb des maximalen Drehmoments von 250 Nm lässt sich in Bruchteilen einer Sekunde so viel Leistung abrufen, dass in abrupt erzeugten Lastwechseln die Traktionskontrollen eingreifen und den Fahrer in die Schranken weisen. Die stufenlose Beschleunigung mit dem maximalen Drehmoment "vom Stand weg" zählen zu den Überraschungseffekten für diejenigen, die erstmals mit einem E-Fahrzeug fahren.

Der BMW i3 fährt annähernd lautlos (leises Surren in Beschleunigungsphasen), ohne künstliches Sounddesign (derzeit in Europa nicht vorgeschrieben). Dem neuen Fahreindruck, der eher einem Gleiten ähnelt, setzt BMW viel Vertrautes entgegen. Die meisten Bedienkonzepte sind aus anderen BMW-Fahrzeugen bekannt. Gemessen an den für ein Purpose-Konzept fast unbegrenzten Designfreiheiten handelt es sich beim i3 um das bekannte Erscheinungsbild eines Automobils und nicht um "eine Begegnung mit der dritten Art". Auch damit gewinnt die Submarke schnell Vertrauen und vermeidet Berührungsängste, die in der Vergangenheit von einigen Interessenten geäußert wurden. So kam es nach Erfahrungen der Redaktion immer wieder zu skeptischen Fragen nach speziellen Führerscheinen für E-Autos oder erforderlichen Fahrtrainings, derer es allerdings nicht bedarf. Dennoch zeigt der i3 ein eigenständiges Design, das ihn von seinen Markenbrüdern deutlich absetzt und ihn unvergleichbar macht. Die so wichtige optische Positionierung als Elektroauto gelingt, entgegen den konventionellen Fahrzeugen, die lediglich zum Elektroauto umgerüstet wurden (Conversion design). Auch das zählt zum Fahreindruck in den Straßen Amsterdams, in denen Passanten beim Anblick des i3 ein E-Auto erkennen und dem Fahrer mit einem Lächeln oder nach oben gestecktem Daumen Sympathie entgegenbringen.

Neue äußere Werte

Wo liegen die Besonderheiten im Fahren eines Elektroautos? Bisher wurden die Eigenschaften auf das annährend lautlose und drehmomentstarke Beschleunigen reduziert. Mit dem i3 kommen weitere besondere Charakterzüge hinzu, die das Fahrzeug nicht nur in der optischen Anmutung und Verarbeitungsqualität sondern auch in der technischen Machart und Perfektion zum Premiumprodukt machen. Die Fahrgastzelle des Kompaktwagens (BMW spricht vom Life-Modul) vermittelt das Gefühl, in einem wesentlich größeren Fahrzeug zu sitzen (Außenlänge 3,99 m, Breite 1,76 m). Das üppige Raumgefühl gelingt, weil unter anderem in der Karosserie keine Antriebskomponenten umbaut werden müssen. Denn diese befinden sich in dem von der Karosserie getrennten Unterbau des Fahrzeugs, dem sogenannten Drive-Modul. Einen weiteren Pluspunkt macht die konsequent auf den Elektroantrieb konzipierte Konstruktion möglich: der beeindruckend kleine Wendekreis von nur 9,86 m. Wie ist das möglich? Elektrofahrzeuge zeichnen sich mit Ausnahme der Traktionsbatterie durch kleine Antriebskomponenten und Zusatzaggregate aus. Abgesehen vom Heckantriebskonzept ließen sich somit die Radhäuser im Vorderwagen nach innen so ausbauen, dass größere Lenkeinschlagswinkel möglich wurden. Dies überrascht insbesondere in Anbetracht des auffallend großen Raddurchmessers (19-Zoll-Felgen).

Neue innere Werte - die Fahrzeugsteuerung

Zu den neuen inneren Werten eines Elektroautos zählt die Einfachheit der Steuerung und des Handlings. Durch den Wegfall eines Schalt- oder Automatikgetriebes bleiben die Wahlmöglichkeiten Vor- und Zurückfahren, Parken und die aus Automatikgetrieben bekannte "Leerlaufstellung N". BMW ergänzt die Einfachheit der Bedienung durch das sogenannte One-Pedal-Feeling. Nimmt der Fahrer den Fuß vom Fahrpedal, bremst das Fahrzeug stärker als bei konventionell angetriebenen Autos ab, ohne dass die mechanische Bremse betätigt wird. Der Elektromotor arbeitet in diesem Schubbetrieb als Generator und speist elektrische Energie in die Traktionsbatterie. Diesen Rekuperationsmodus kennt man auch aus anderen Elektrofahrzeugen, allerdings haben die BMW-i-Ingenieure die Steuerung des Pedals so feinfühlig und für den Fahrer intuitiv bedienbar ausgelegt, dass man auf die Betriebsbremse fast verzichten kann. Bei vorausschauender Fahrweise könne man den i3 bis zu 75 Prozent allein über das Fahrpedal steuern, sagt BMW.

Dies deckt sich nicht mit den Testergebnissen der Redaktion: Während der Fahrt auf 200 Kilometer (100 Kilometer im Stadtbetrieb von Amsterdam) wurde die Betriebsbremse drei Mal betätigt. Die von BMW so beiläufig aber umso mehr beeindruckend reduzierte One-Pedal-Bedienung hat noch weitere positive Ausprägungen. In der Ebene und an sehr geringen Gefällen scheint das Fahrzeug von der elektrischen Parkbremse gesichert zu sein. In Wirklichkeit wird es aber vom Widerstand des Elektromotors gehalten, der nur in der N-Stellung entkoppelt ist. Der i 3 steht „satt“ und scheinbar unverrückbar an der Ampel. In der Diskussion mit den BMW-Ingenieuren wurde deutlich, dass man über noch feinfühligere Steuerungen nachdenkt. Diese gehen über die bekannten Funktionen wie eines Berganfahrassistenten, der heute in einigen konventionellen Fahrzeugen zum Einsatz kommt, hinaus. Mit dem Fahrpedal lässt sich das Fahrzeug kontrolliert bis zum Stillstand verzögern. Genau genommen ist es demzufolge ein Fahr- und Bremspedal.

Neue innere Werte - Rekuperation und Segeln

Beim Bremsen und Verzögerung (Schubbetrieb) rekuperiert ein Elektrofahrzeug und kann damit vor allem auf Bergabfahrten zu einem signifikanten Energiegewinn beitragen. Auf anderen Testfahrten der Redaktion konnten rund ein Viertel der auf der Bergauffahrt verbrauchten Energie bei der Bergabfahrt (selbe Strecke) wieder eingespeist werden. Allerdings macht Rekuperieren nicht immer Sinn. Etabliert hat sich mittlerweile das sogenannte Segeln, das im nicht immer leicht auspegelbare "Nullpunkt" zwischen Antrieb und Schubtrieb einsetzt. Beim i3 lässt sich dieser Nullpunkt, in dem der E-Motor elektrisch und automatisch ausgekoppelt wird, über das Fahrpedal gut steuern. Im Display wird dies optisch ansprechend unterstützt. Bei längeren leichten Bergabfahrten und in Situationen wo eher der Gewinn von Metern als der Gewinn von Energie geboten ist, kann auch die N-Stellung für den Segelbetrieb gewählt werden. Letztendlich erhöht das den Aktionsradius eines E-Fahrzeugs. In der holländischen Ebene konnte dies nur ansatzweise getestet werden.

Lesen Sie mehr zur Fahrvorstellung des BMW i3 auf Seite 2.

Reichweitenmanagement mit erweitertem Energiehaushalt

Rekuperation und Segeln gehen in die Berechnung der elektrisch fahrbaren Reichweite mit ein. Die Fahrweise, ob energiezehrend oder sehr sparsam (auch topologieabhängig) zählt zu den entscheidenden Faktoren, die die Reichweite bestimmen. BMW i informiert den Fahrer in Echtzeit mit entsprechenden Reichweiten-Prognosen. Dies kennen versierte Autotester und Kunden auch aus anderen Elektrofahrzeugen, bei denen es mehr oder weniger gut und realistisch errechnet angezeigt wird. Beim i3 gehen mehrere und auch entscheidende Faktoren in die exakte prädiktive Errechnung der Reichweite mit ein. Erstmals in dieser Fahrzeugklasse wird der Verbrauch elektrischer Nebenaggregate wie Heizung, Klimaanlage, Lüftung und Sitzheizung einbezogen. Der Fahrer kann den daraus errechneten Aktionsradius interaktiv mitbestimmen, indem er beispielsweise die Heizleistung reduziert oder ausschaltet (bis zu 15 km Reichweite werden gewonnen) und dafür die Sitzheizung einschaltet (Verlust 1 km). Man kann auch Empfehlungen folgen, die BMW in drei Energieprofilen anbietet: Comfort (ohne Einschränkungen von Fahrleistung und Energieversorgung), Eco und Eco Pro. Im Eco-Pro-Modus lassen sich laut BMW i statt der durchschnittlichen Reichweite von 140 km maximal 200 km herausfahren.

Gewinn von elektrisch fahrbarer Reichweite

Reichweitenverlängerung (Range-Extender): darunter versteht man heute die Ergänzung des E-Antriebs mit einem Verbrennungsmotor, der beispielsweise als Generator fungiert. Diese Option wird BMW i im kommenden Jahr anbieten (nicht im Testfahrzeug verbaut). Der i3 mit einem 9-l-Benzintank rund 100 km Reichweite in der dann nicht mehr möglichen emissionsfreien E-Traktion. Die Reichweite lässt sich aber auch mit anderen Maßnahmen erweitern beziehungsweise stabilisieren. Denn zusätzlich zum zuvor erklärten reichweitenrelevanten Energiemanagement kann der i3-Kunde optional eine effizientere Innenraumtemperierung (mittels Wärmepumpe) bestellen (690 Euro). Unter extremen Temperaturbedingungen halbiert sich die Reichweite bisher, mit der Wärmepumpe (Umkehrprinzip der Klimaanlage) hingegen lediglich um 20 Prozent. Eine Formel geben die BMW-Ingenieure nun vor: Mit 1 kW Batterieleistung lassen sich 3 kW Kälte und 2 kW Wärme erzeugen. Die Reichweite unter Extrembedingungen wird stabilisiert (eine Art Aktionsradius-Gewinn). Effektive 30 Prozent mehr Reichweite hingegen prognostizieren BMW i (Interview ATZ 11/2013) und Volkswagen (Interview ATZelektronik 03/2013) mit optimierten Lithium-Ionen-Batterien bereits für das Jahr 2014. Details dazu werden nicht verraten. Es ist davon auszugehen, dass sich der Energieinhalt nicht durch neue Batteriezellen mit mehr Energieinhalt erhöht. Vielmehr wird dies zum einen durch ein optimiertes Batteriemanagement gelingen. Zum anderen, und das wird den Hauptauschlag geben, werden die Hersteller das sogenannte Entladefenster der Batterien weiten, also die erlaubte Energieentnahme, deren Grenzen einstellbar sind.

Dynamik der Innovationen

Die Reichweiten von Elektrofahrzeugen lassen sich unter seriösen Betrachtungen nicht in die Regionen erhöhen, die einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor oder Brennstoffzellenbetrieben Automobilen heute vorbehalten sind und künftig auch bleiben. Der BMW i3 vermittelt hingegen kundenwerte Vorteile und erzeugt die so wichtigen Emotionen, die Premiumkunden zum Kauf eines im Alltag sinnvoll nutzbaren aber besonderen Autos animieren. Hightech und ausgefeilte intelligente erfahrbare Funktionen zählen dabei zu den Entscheidungskriterien. Die Testfahrt in Holland hat diesbezüglich überzeugt und offenbart trotz aller Perfektion, dass man sich auf weitere Innovationen freuen kann.

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