Skip to main content

16.07.2014 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Range-Extender-Fahrzeug von Mahle im Praxistest

verfasst von: Richard Backhaus

4 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
loading …

Exklusive Möglichkeit zum Test: Die ATZ-MTZ-Redaktion konnte das Range-Extender-Demonstratorfahrzeug von Mahle auf öffentlichen Straßen fahren. Dabei wurde deutlich: Man hört, dass man (fast) nichts hört.

Spielerisch schwimmt der umgebaute Audi A1 mit Elektroantrieb im Straßenverkehr mit. Egal ob in der Innenstadt, im Überlandbetrieb oder auf der Autobahn - der kleine Stromer hält auf den Straßen im Umland von Northampton, gelegen in England zwischen London und Birmingham, locker mit. Auch ein Ampelduell mit vermeintlich sehr viel leistungsstärkeren Fahrzeugen braucht er nicht zu scheuen. Exklusiv hatte die ATZ/MTZ-Redaktion - in Form von ATZ-, MTZ-, ATZelektronik-Chefredakteur Dr. Alexander Heintzel und Richard Backhaus, stellvertretender Chefredakteur MTZ - am gestrigen Dienstag, 15. Juli 2014, die Möglichkeit, das Range-Extender-Demonstratorfahrzeug von Mahle auf öffentlichen Straßen zu bewegen. Mit an Bord war zudem Dr. Bernd Mahr, CEO von Mahle Powertrain.

Range Extender via Knopfdruck zuschaltbar

Der Prototyp des Stuttgarter Unternehmens - Wert schätzungsweise rund eine Million Euro - enttäuscht nicht: Konzeptbedingt bietet das Elektrofahrzeug hohes Drehmoment aus dem Stand heraus, hat ausreichend Leistung, um auch mit drei Personen an Bord flott unterwegs zu sein und gibt dem Fahrer das Gefühl, ein vollwertiges Auto zu pilotieren. Per Knopfdruck schaltet Bernd Mahr den Range Extender zu.

Akustisch sowie vibrationsseitig unauffällig

Einzig anhand des Drehzahlmessers kann man erkennen, dass neben dem Elektro- nun auch der Verbrennungsmotor läuft: Der kleine 0,9-l-Zweizylinder-Reihenmotor mit 0°-180°-Zündfolge arbeitet nahezu unmerklich und bleibt akustisch sowie vibrationsseitig unauffällig. Nur bei rund 2400/min gibt es leichte Resonanzschwingungen, die der Fahrer am Lenkrad spürt. "Die könnten wir dem Motor auch noch problemlos aberziehen, wenn wir einen Serienauftrag für den Antrieb erhalten", erklärt Mahr.

Und weil alles so schön leise und vibrationsfrei ist, fällt auf, dass diverse Nebenaggregate des Fahrzeugs eine nervende Geräuschkulisse produzieren. Egal ob Klimaanlage, Lenkung oder Bremse, überall surren Elektromotoren und arbeiten Pumpen - Geräusche, die normalerweise vom Verbrennungsmotor überdeckt werden.

Großes Augenmerk auf NVH-Verhalten des Range Extenders

Dem NVH-Verhalten das Range Extenders hat Mahle großes Augenmerk gewidmet. Da die direkte und damit dämpfende Anbindung des Motors an den Antrieb fehlt, weist ein serieller Range Extender in der Regel große Drehungleichförmigkeiten auf. Mahle begegnet dem Problem mit der sogenannten Dynamic Generator Control. Dabei wird der Generator dazu genutzt, die Kurbelwelle zu dämpfen. "Die Anregung konnte so von 1,5 g auf unter 1 g reduziert werden", erläutert Mahr. Das erfordert natürlich ein sehr leistungsstarkes und schnelles Steuergerät, das Mahle Powertrain selber entwickelt hat. Zudem konnten dem Range-Extender-Motor störende Resonanzschwingungen durch ein mehrdimensionales Motorkennfeld aberzogen werden. Mahr betont: "Mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit heben wir Drehzahl und Last des Motors an. Das unterscheidet uns von Mitbewerbern, die oftmals nur wenige Punkte im Kennfeld des Motors anfahren."

Kompaktklasse als ideales Range-Extender-Einsatzgebiet

Für den Demonstrator hat Mahle bewusst ein Fahrzeug der Kompaktklasse gewählt. Aktuell beträgt der Anteil dieser Fahrzeugkategorie am Gesamtmarkt schon 20 Prozent, in der Stadt sind es nach Untersuchungen von Mahle sogar 60 Prozent. Das macht die Kompaktklasse aus Sicht des Unternehmens zum idealen Einsatzgebiet von Elektroantrieben mit Range Extender. Bei größeren Fahrzeugen sieht aber auch Mahle den Plug-in-Hybridantrieb im Vorteil.

Vorteil Flexibilität

Für einen Range Extender beim Elektroauto spricht aus Sicht von Mahle technikseitig vor allem die große Flexibilität auch im Winter, wo aufwendige Batterieklimatisierung sowie Innenraumbeheizung die Reichweite des reinen Elektroantriebs schnell dahinschmelzen lassen. Kostenseitig erlaubt der Range Extender den Einsatz einer kleineren und damit preiswerteren Batterie. "Daher gehen wir gehen davon aus, dass es, abhängig von den Batteriekosten, 15 bis 20 Jahre dauern wird, bis der Range Extender kostenseitig beim Elektrofahrzeug verzichtbar wird", erklärt Mahr auf Nachfrage. Aktuell bietet er den Range Extender Kunden an, das System könnte Mahle als kompaktes, einbaufertiges Modul in Serie liefern. "Sinnvoll wäre natürlich ein herstellerübergreifender Einsatz, um auf entsprechende Stückzahlen zu kommen", betont Mahr.

Mahle Powertrain geht auf das Unternehmen Cosworth Technology zurück. 2005 übernahm Mahle den Entwicklungsdienstleister mit Hauptsitz im englischen Northampton von Audi. Heute beschäftigt Mahle Powertrain rund 600 Mitarbeiter weltweit. Der Fokus des Unternehmens liegt auf flexiblem, anwendungsorientiertem Engineering für Automobilhersteller und Zulieferer - und das offenbar mit Erfolg: "Aktuell machen wir 93 Prozent unseres Umsatzes mit externen Kunden, auf Mahle selbst entfallen nur 7 Prozent", erklärt Mahr nicht ohne Stolz.

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

    Premium Partner