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13.08.2014 | Automobil + Motoren | Nachricht | Online-Artikel

Daimler setzt im V6-Dieselmotor für die E-Klasse auf neue Stahlkolben

verfasst von: Katrin Pudenz

4 Min. Lesedauer

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Daimler ersetzt die in Pkw-Dieselmotoren bislang üblichen Aluminiumkolben durch eine neu entwickelte Kolbengeneration aus Stahl. In Kombination mit der Nanoslide-Zylinderlaufbahntechnik verbraucht der Motor weniger Kraftstoff und emittiert weniger CO2.

Im September 2014 feiern im V6-Dieselmotor des Mercedes-Benz-Modells E 350 Bluetec neue Kolben aus Stahl Weltpremiere in einem Serien-Pkw. Unter anderem dank dieser technischen Neuheit verbraucht die Limousine bei gleicher Leistung von 190 kW circa 5,0 Liter Dieselkraftstoff auf 100 Kilometer. Dabei liegt der durch den Stahlkolben bedingte Spareffekt bei rund drei Prozent, gibt der Stuttgarter Hersteller an.

Bereits heute sind Stahlkolben bei Nutzfahrzeug-Motoren in Kombination mit schweren Graugusskurbelgehäusen weit verbreitet, während sich bei Pkw-Dieselmotoren Aluminium-Kolben über die Jahre zum Standard entwickelt haben, erläutern die Motorenexperten des Herstellers.

Stahl und Aluminium unterscheiden sich in ihren Eigenschaften deutlich, erklären sie weiter: Stahl dehnt sich bei Hitze weniger aus als Aluminium, leitet die Wärme schlechter und ist schwerer. Das lasse die Kombination von Alugehäuse und Stahlkolben auf den ersten Blick schwierig erscheinen. Dennoch ist es den Mercedes-Benz-Ingenieuren gelungen, die offensichtlichen Unterschiede in den Materialeigenschaften vorteilhaft einsetzten.

Dass sich ein Stahlkolben bei Wärme nur etwa ein Viertel so weit ausdehnt wie sein Pendant aus Aluminium, nutzten sie, um den Stahlkolben im Alugehäuse knapper zu bemessen, sodass er zunächst sehr eng in der Zylinderlaufbahn sitzt. Steigt allerdings beim Betrieb die Temperatur, dehnt sich das Alugehäuse entsprechend mehr aus als der Stahlkolben. Die Folge sei eine größere Toleranz des Kolbens im Zylinder und damit geringere Reibung. Da allein die Kolben-/ Laufbahngruppe zwischen 40 bis 50 Prozent der mechanischen Reibung verursache, habe sich hier ein wichtiges Effizienzpotenzial erschlossen.

Fester, kleiner, leicht

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Die früher verwendeten Stahlkolben waren für eine Kombination mit Motorgehäusen aus Aluminium allerdings wenig geeignet, daher mussten die Mercedes-Benz-Ingenieure die Kolben neu konzipieren. Die moderne Ausführung der Stahlkolben, die nun erstmalig im V6-Diesel des E 350 Bluetec im Aluminiumkurbelgehäuse mit Nanoslide-Zylinderlaufbahnbeschichtung - bei dieser Technik werden mithilfe des Lichtbogen-Draht-Spritzens Eisen-Kohlenstoffdrähte aufgeschmolzen und mittels eines Gasstroms auf die Innenwand der Zylinder des Aluminiumkurbelgehäuse aufgespritzt - zum Serieneinsatz kommen, sind aus hochwertigem, besonders festem Stahl geschmiedet, erläutern die Kolbenexperten. Das bedeute eine große Herausforderung für die Kolbenlieferanten, denn die neuen, extrem festen Stähle seien ebenso anspruchsvoll in der Fertigung.

Aber der Aufwand lohne sich, denn die höhere Festigkeit des modernen Stahls erlaube eine kompakte Bauweise der Kolben. Damit könne auch die etwa dreifach größere Werkstoffdichte nahezu kompensiert werden. Die neuartigen Stahlkolben, die künftig in den sechs Brennräumen des schwäbischen V6-Diesels arbeiten, sind um bis zu 13 Millimeter niedriger als ihre bislang benutzten Alu-Pendants (Alukolben im V6-Diesel circa 71,6 Millimeter hoch, Stahlkolben noch etwa 58,6 Millimeter), gibt der Hersteller an. Durch diese veränderte Geometrie und eine intelligente Konstruktion liege das Gewicht von Kolben, Kolbenbolzen und Kolbenringen als Einheit auf dem Niveau der Ausführung mit Aluminium-Kolben. Damit habe der Gewichtsnachteil von Stahl fast kompensiert und noch Festigkeitsreserven für zukünftig steigende Spitzendrücke bereitgestellt werden können.

Höherer Wirkungsgrad, weniger Verbrauch

Gleichzeitig konnten die Ingenieure durch den Einsatz von Stahlkolben den Wirkungsgrad verbessern, wie es aus Stuttgart heißt. Denn durch die geringere Wärmeleitfähigkeit von Stahl gegenüber Alu entstünden im Brennraum erhöhte Temperaturen. Damit steige die Zündwilligkeit und die Brenndauer werde reduziert. Im Ergebnis bedeute dies einen geringeren Verbrauch und Schadstoffausstoß. Der geringeren Wärmeleitfähigkeit von Stahl trug die Komstrukteure laut Angaben durch konstruktive Anpassungen wie beispielsweise modifizierte Kühlkanäle in den Kolben Rechnung.

Die Praxis zeigt wie das Unternehmen betont, dass die neuen Stahlkolben das thermodynamische Verhalten optimieren und gleichzeitig die Reibung maßgeblich reduzieren. Messungen verzeichneten überdies, dass vor allem in dem im Alltag wichtigen unteren und mittleren Drehzahlbereich deutliche Verbrauchsvorteile zu Buche stehen.

Vorteil Stahl

Für die Zukunft sehen die Motoringenieure von Mercedes-Benz noch folgende weitere Vorteile im Einsatz der Stahlkolben:

  • Stahl lasse nicht nur eine kleinere Dimensionierung des Kolbens zu, der Werkstoff biete gleichzeitig größere Reserven gegenüber mechanischen Belastungen. Das sei besonders für weitere Downsizing-Konzepte zielführend.
  • Da Stahlkolben fester sind als Alukolben, kann ein damit ausgerüsteter Dieselmotor mit höheren Temperaturen arbeiten und damit ein höherer thermodynamischer Wirkungsgrad erzielt werden.
  • Da wegen der gegenüber Aluminium geringeren Wärmeausdehnung mit Stahlkolben den Spalt zwischen Zylinderwand und Kolben bis zum ersten Kolbenring reduziert werden kann, entstehen zugleich weniger Schadstoffe und Rohemissionen.

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