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19.05.2022 | Automobilwirtschaft | Schwerpunkt | Online-Artikel

Ukraine-Krieg belastet weiterhin die Automobilbranche

verfasst von: Christiane Köllner

4 Min. Lesedauer

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Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sind fließend von der nächsten Krise abgelöst worden: dem Krieg in der Ukraine. Der Konflikt erschwert die Probleme in den Lieferketten weiter. 

Der Ukraine-Krieg beeinträchtigt weiterhin den europäischen Automobilsektor und führt zu Engpässen und Störungen sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite, wie aus einem Report der Ratingagentur Creditreform Rating hervorgeht. Konnte sich der europäische Automobilsektor zu Beginn des Jahres 2021 zwar zunächst von den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zunehmend erholen, hätten Versorgungsengpässe und das Aufkommen neuer Covid-Varianten den Fahrzeugmarkt in der zweiten Jahreshälfte stark negativ beeinflusst. Der Krieg in der Ukraine dürfte einen Aufschwung der Branche weiter behindern, so der Report. 

Das liege vor allem an zwei Komponenten, die aus der Ukraine und Russland bezogen werden – Kabelbäume und Palladium. So gehöre die Ukraine zu den wichtigsten Herstellern von Kabelbäumen. Auf sie entfielen etwa 7 % der EU-Einfuhren dieses Produktes, erklärt Dr. Benjamin Mohr, Head of Sovereign Ratings and Economic Research der Creditreform Rating AG. Und Russland sei mit einem Anteil von rund einem Drittel einer der wichtigsten Lieferanten für Palladium am Weltmarkt. "Zudem rechnen wir damit, dass sich Rohstoffe wie Nickel und Neongas ebenfalls weiter verknappen werden", so Mohr. 

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Mikrochips- und Halbleiter-Beschaffung bleibt schwierig

Infolge des Konfliktes rechnet die Ratingagentur mit einem "empfindlichen Rückgang" der europäischen Automobilproduktion, wie es heißt. Dabei seien die deutschen Unternehmen wahrscheinlich am stärksten betroffen, so Creditreform Rating. Volkswagen-Chef Herbert Diess hatte bereits Mitte März 2022 vor einer möglichen Änderung der Prognosen gewarnt, falls sich die Lieferung von Kabelbäumen um mehr als drei bis vier Wochen verzögern sollte. OEMs wie Volkswagen, BMW und Porsche haben die Produktion in einigen ihrer Werke in Deutschland zeitweise eingestellt oder ihre Aktivitäten teilweise verlagert, beispielsweise nach Nordafrika. Die stark steigenden Energiepreise stellen ein zusätzliches Problem dar. Wie eine Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ergab, sehen sich fast 80 % der Unternehmen der deutschen Wirtschaft derzeit durch hohe Energiepreise belastet. 

Auch die Beschaffung von Mikrochips und Halbleitern dürfte laut der Ratingagentur in diesem Jahr schwierig bleiben und die Automobilbranche weiter beschäftigen. So rechneten die Automobilhersteller Umfragen zufolge damit, dass die Chip-Knappheit möglicherweise bis weit in das Jahr 2023 hinein andauern wird. "Um diesbezügliche Abhängigkeiten zu verringern, hat die Europäische Kommission bereits umfassende Maßnahmen vorgeschlagen, wie beispielsweise den European Chips Act. Auch die angekündigten Milliarden-Investitionen von Bosch und Intel in die Chip-Produktion in Deutschland werden zukünftig zu einer deutlichen Verbesserung der Situation führen. Jedoch wird dies akut keinen Effekt haben und die kurzfristigen Herausforderungen werden somit bestehen bleiben", erklärt Mohr. 

Anteil der Elektrofahrzeuge vergrößert sich

Bereits das Marktjahr 2021 sei, insbesondere in der zweiten Jahreshälfte, stark von den Unterbrechungen in den Lieferketten beeinflusst gewesen. Jetzt, da diese wieder zunähmen, seien die Aussichten auf eine Erholung der globalen und europäischen Automobilindustrie gedämpft, so die Ratingagentur. Allerdings sei die Verbrauchernachfrage weiter robust geblieben. Nach Angaben des Europäischen Verbands der Automobilhersteller (ACEA) gingen die Zulassungen in der zweiten Jahreshälfte 2021 im Jahresvergleich um 20 % zurück – gegenüber eines Wachstums von 26 % im ersten Halbjahr 2021. Insgesamt sei die Zahl der Neuzulassungen in Europa um 1,9 % gesunken und habe ein langjähriges Tief von 11,35 Mio. Einheiten erreicht. Allein auf dem deutschen Pkw-Markt sei mit nur knapp 2,6 Mio. Neuzulassungen ein Rückgang von 10,1 % zu beobachten gewesen – der Wert liege sogar gut ein Drittel unter dem Niveau von 2019. 

Dabei zeichne sich jedoch eine grundlegende Trendwende ab: Erstmals überhaupt lag in der Europäischen Union der Anteil der neu zugelassenen Elektroautos (einschl. Hybridelektrofahrzeugen) über dem der Fahrzeuge mit klassischem Dieselantrieb. "Der Anteil der Elektroautos hat sich seit der Zeit vor der Pandemie mehr als verdreifacht. Die fünf großen europäischen Märkte, die rund 70 % des Gesamtmarktes ausmachen, konnten ein durchschnittliches Wachstum von 74 % bei Elektroautos verzeichnen. Dies stellt den bislang größten Anstieg dar", so Mohr. 

Neuzulassungen auf dem Tiefstand

Trotz der Zunahme bei den Elektrofahrzeugen sei die Zahl der Neuzulassungen in Europa 2021 im Vergleich zu 2019 um knapp 4 Mio. Fahrzeuge zurückgegangen, was einem Rückgang um rund 26 % entspreche, so Creditreform Rating. Gebrauchtwagen hätten sich demgegenüber deutlich widerstandsfähiger gezeigt und seien weit weniger von den Rückgängen betroffen gewesen. Laut der Ratingagentur dürfte die Situation in nächster Zeit anhalten, zumal der Russland-Ukraine-Konflikt die Erholung der Lieferketten zu gefährden drohe und auch die anhaltende rasche Ausmusterung von Verbrennungsmotoren den Gebrauchtwagenbestand weiter reduziere.

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