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13.07.2015 | Bankenaufsicht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Eurozone wirft Griechenland Rettungsring zu

verfasst von: Eva-Susanne Krah

3:30 Min. Lesedauer

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Die Einigung mit Griechenland über ein neues Rettungspaket kam buchstäblich in letzter Minute. Was die Entscheidung für die Kreditwirtschaft bedeutet.

Nach 17 Stunden Konditionspoker auf dem Brüsseler Euro-Gipfel ist klar: Die Länder der Eurozone sind grundsätzlich bereit, Griechenland mit einem neuen Milliarden-Hilfsprogramm zu unterstützen. In einer Pressekonferenz am Morgen des 13. Juli 2015 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel laut "Bild" die Aufnahme neuer Verhandlungen eindeutig empfohlen. Das bedeutet frisches Geld für die Griechen und zumindest einen zeitlichen Aufschub für den Bankrott des Landes und seiner Kreditwirtschaft.

Laut EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird es damit „keinen Grexit geben.” Der EU-Ratspräsident Donald Tusk twitterte, dass man nun bereit sei für das ESM-Programm (European Stability Mechanism) sowie ernsthafte politische Reformen und finanzielle Unterstützung für Griechenland anstrebe. Die Reformvorschläge entsprechen in vielen Punkten den Forderungen der Eurogruppe vom 26. Juni 2015, als die Kreditgespräche abgebrochen wurden, sagt Stefan Bielmeier, Bereichsleiter Research und Chefvolkswirt der DZ Bank. Das Land müsse nun die versprochenen Reformen im eigenen Parlament per Gesetzbeschluss auf den Weg bringen und auch umsetzen.

Das Rettungspaket

Der Bundestag wird laut "Handelsblatt" voraussichtlich noch diese Woche zu einer Sondersitzung über ein neues Rettungspaket für Griechenland zusammenkommen und muss diesem zustimmen. 

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Das neue Hilfspaket aus dem Euro-Rettungsfonds sieht vor:

  • einen Finanzbedarf für Griechenland in Höhe von 82 bis 85 Milliarden in den kommenden drei Jahren,
  • bis zu 25 Milliarden Euro für die Rekapitalisierung der Banken,
  • ein Privatisierungsprogramm und ein Privatisierungsfonds mit einem Volumen von 50 Milliarden Euro unter anderem zur Absicherung der Kreditverbindlichkeiten. Davon sollen 12,5 Milliarden Euro nur für direkte Investitionen in Griechenland eingesetzt werden.

Experten zufolge dürfte mit dem Hilfsprogramm auch eine Fortführung der Nothilfekredite für die griechischen Banken auf dem jetzigen Niveau verbunden sein. Nach aktuellem Stand belaufen sich die Staatsschulden des Landes derzeit auf insgesamt 316,9 Milliarden Euro.

Die Reformen

Zu den dringend notwendigen strukturellen Veränderungen, die Griechenland im Gegenzug zum Hilfspaket jetzt umsetzen muss, zählen unter anderem eine Reform der Mehrwertsteuer, der Umbau der Statistikbehörde Griechenlands und die Reform des Rentensystems. Diese Auflagen sollen durch die Europäische Union (EU), den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Europäische Zentralbank (EZB) überprüft werden. Uwe Fröhlich, der Präsident des Bundesverbands der Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), hatte sich mit Blick auf die Folge für die Finanzwirtschaft in der vergangenen Woche zuversichtlich geäußert, dass die Eurozone insgesamt jenseits der direkten Kosten durch den Ausfall der Staatspapiere nur überschaubaren wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt sei. Die direkten Risiken aus Engagements in Staatsanleihen und bei griechischen Banken seien speziell in der genossenschaftlichen Finanzgruppe gering. Mit dem europäischen Rettungsschirm und dem geldpolitischen Instrumentarium der EZB stünden "starke Schutzmechanismen" für den Euro zur Verfügung, meint Fröhlich. Die Bankenunion im Euroraum habe zudem die Widerstandskraft der Kreditwirtschaft erhöht.

Folgen für die Finanzmärkte 

Europas Aktienbörsen reagierten mit deutlichen Kurssteigerungen auf die Einigung in Brüssel. Der deutsche Leitindex Dax legte im frühen Handel um 1,4 Prozent zu, ein Plus von rund 150 Punkten. Bis zum Mittag übersprang er die Marke bei 11.400 Punkten. Unter den Dax-Werten legten Finanztitel überproportional zu, darunter die Commerzbank und die Deutsche Bank. Außerdem stieg der Wechselkurs des Euro gegenüber dem US-Dollar aufgrund der Einigung. Nach Bekanntwerden der Nachricht am Montag verteuerte sich der Euro auf 1,1196 US-Dollar. "An den Finanzmärkten ist also ein Grundvertrauen in die Währungsunion vorhanden", fasst Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, die Stimmung zusammen. "Das liegt einerseits am Garantieversprechen der EZB, andererseits wird die unnachgiebige Haltung der Geldgeberländer an den Devisenmärkten positiv bewertet." Die Hoffnung beruhe nun darauf, dass die nervenaufreibenden Verhandlungen die EU-Staaten enger zusammen rücken lassen könnten. "Die Champagnerflaschen sollten aber vorerst im Kühlschrank bleiben", rät Gitzel. Denn das neue Hilfspaket müsse ja noch durch einige nationale Parlamente.

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