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05.02.2013 | Bankenaufsicht | Schwerpunkt | Online-Artikel

Dossier Trennbankensystem: Pläne der Politik, Argumente der Wissenschaft, Sorgen der Banken

verfasst von: Stefanie Hüthig

4 Min. Lesedauer

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Das Bundeskabinett will sich am 6. Februar 2013 auf einen Gesetzesentwurf einigen, der Banken dazu verpflichtet, ein größeres Augenmerk auf ihre Risiken zu legen. Die Pläne sollen 2014 in Kraft treten.

Das Gesetzespaket besteht Medienberichten zufolge aus drei Teilen:

  1. Haftung: Top-Managern drohen Gefängnis oder Geldstrafen, sollten sie ihre Sorgfaltspflicht verletzen und ihr Institut gefährden.

  2. Testament: Systemrelevante Banken müssen so genannte Banken-Testamente vorlegen, die darstellen, wie die Häuser bei einer Schieflage saniert oder abgewickelt werden können.

  3. Trennbankensystem: Einige Banken sollen ihren Eigenhandel an eine rechtlich, organisatorisch und wirtschaftlich selbstständige Tochtergesellschaft geben.

Das sagen Experten dazu

Professor Dr. Jan Pieter Krahnen zufolge besteht die Gefahr, dass die Krise zum „new normal“ wird: „Es könnte passieren, dass wir von dem Trip nicht mehr runterkommen“ – wenn nicht die Konsequenzen gezogen würden. Diese seien aber bislang nicht weitreichend genug, erklärte der Direktor des Center for Financial Studies an der Goethe Universität Frankfurt und einziges deutsches Mitglied der Liikanen-Kommission im Rahmen eines Investoren-Abends Ende Januar 2013. Es sei eine Rückbesinnung auf das „Big Picture“ notwendig, nicht zuletzt deshalb, weil derzeit mehrere Architekten an der Regulierungslandschaft arbeiten. Das mache kumulative Effekte der Vorgaben schwer abzuschätzen, Inkonsistenzen seien wahrscheinlich.

Derzeit könnten sich Banken dank des „Too big to fail“-Gedankens darauf verlassen, gerettet zu werden, erklärte Krahnen. „Wir können nicht darauf vertrauen, dass über den Kreditmarkt eine ausreichende Disziplinierung der Banken erfolgen kann“, argumentierte er weiter. Die Wissenschaft wolle eine nachhaltige Finanzarchitektur erarbeiten, und in ihrem Rahmen den Steuerzahler aus der Haftung herausnehmen, sprich die Haftung des privaten Kapitals wiederherstellen.

Letzteres, auch „Bail-in ability“ genannt, ist ein entscheidender Punkt im Vorschlag der Liikanen-Kommission, der in dem „Trennbanken-System light“, wie es der Gesetzesentwurf vorsieht, mündete. Banken, die bestimmte Schwellenwerte überschreiten, werden künftig ihr Handelsbuch ausgliedern müssen – und dieses wird laut Krahnen am Kapitalmarkt refinanziert von Investoren, die Schocks verkraften können. Diese Bankanleihen würden angesichts ihres hohen Risikos mit einer hohen Verzinsung aufwarten – im derzeitigen Zinsumfeld schätzt der Wissenschafter den Coupon auf 7 bis 9 %.

Interessant könnte der Erwerb der Anleihen nach Krahnens Ansicht für institutionelle Investoren wie Pensionsfonds und Versicherer sein, für Hedgefonds und vermögende Privatkunden. Auf Bedenken, dass auf diese Weise die Risiken schlicht verlagert würden und dass speziell bei Versicherern Regulierungsvorhaben wie Solvency II dem Kauf der Bankanleihen entgegenstehen, entgegnete Krahnen: „Das systemische Risiko zu eliminieren, das wird nicht funktionieren.“ Es müsse allerdings verringert werden.

Das Trennbanken-Konzept, so Krahnen, könne eine gerechtere Bepreisung der Banken-Refinanzierung zur Folge haben – und damit zu einem höheren Zinsniveau und einer Verringerung der Gewinne von Banken führen. Seiner Ansicht nach wird der Bankensektor schrumpfen – mit Konsequenzen für die Realwirtschaft: „Die Idee vieler Politiker, dass der Credit Crunch dauerhaft zu vermeiden ist, ist gefährlich.“

Wie Krahnen zeigt sich auch Ulrich Blum, Professor für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, in einem Anfang 2012 erschienenen Artikel als Anhänger des Trennbankensystems. "Es ist scheinbar egal, ob man unter dem Gesichtspunkt der Krisenresistenz für ein Trenn- oder ein Universalbankensystem optiert – dies allein ersetzt gute Regulierung nicht. Mit einem Trennbankensystem fällt dies aber ordnungsökonomisch leichter, weil Prozesse in den Markt verlagert werden, die ansonsten nur intern ablaufen", schreibt er. Unter "Kreative Vielfalt zulassen!" argumentiert Hans-Peter Burghof, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen, an der Universität Hohenheim, contra Trennbanksystem.

Deutsche Kreditwirtschaft ist gegen das Vorhaben

Gegen das Trennbankensystem und für den Erhalt des Universalbanksystems argumentierte die Deutsche Kreditwirtschaft in einer Mitteilung Mitte Januar 2013. Dort heißt es: Als eine Konsequenz aus der Finanzkrise habe der Gesetzgeber zahlreiche Regulierungsmaßnahmen ergriffen, die insgesamt die Finanzstabilität und die Risikotragfähigkeit der einzelnen Banken erhöhen und so zu einer verlässlichen Bereitstellung von Finanzdienstleistungen beitragen sollen. „Die Einführung von Trennbanksystemen leistet dagegen keinen Beitrag zur Risikominderung.“

"Gerade vor diesem Hintergrund tritt die deutsche Wirtschaft für den Erhalt des Universalbankensystems in Deutschland und der EU ein", erklärt die Deutsche Kreditwirtschaft in ihrer Stellungnahme. Die Wirtschaft frage keineswegs nur klassische Bankprodukte wie Kredite, Einlagen und Zahlungsverkehr nach. Auch Absicherungs- und Finanzierungsinstrumente, die üblicherweise dem Investmentbanking zugeordnet werden, seien „unverzichtbarer Bestandteil der Finanzierungsdienstleistungen für Unternehmen“, gerade für die zahlreichen Importeure und Exporteure. Als Folge einer Einführung eines Trennbankensystems befürchtet die Deutsche Kreditwirtschaft höhere Kosten für die Absicherung von Unternehmensrisiken bei Währungen oder Zinsen und eine Einschränkung des Angebots solcher Finanzdienstleistungen.

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