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11.12.2014 | Bankstrategie | Interview | Online-Artikel

"Ob Basel III ausreicht, wird sich zeigen"

verfasst von: Eva-Susanne Krah

5 Min. Lesedauer

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Wird Basel III genügen, um den Finanzmarkt wieder auf solide Füße zu stellen? Die Springer-Autoren Sandra Schmolz und Jonathan Hofmann mit einer Analyse, Teil 2.

Springer für Professionals: Basel III soll den Bankensektor besser vor Krisensituationen im Finanzmarkt schützen. Reicht das Instrumentarium aus, um den Bankenmarkt langfristig zu stabilisieren?

Sandra Schmolz und Jonathan Hofmann: Basel III leistet sicherlich einen Beitrag zur Stabilisierung des Bankenmarktes. Kreditinstitute werden jedoch durch Umfang und Komplexität der regulatorischen Anforderungen in ihrer Geschäftstätigkeit gegebenenfalls eingeschränkt, zum Beispiel bei den Kreditvergabemöglichkeiten. Unserer Meinung nach ist es notwendig, die Komplexität des inzwischen über 1.000 Seiten umfassenden Regelwerkes abzubauen und es zu vereinfachen. Das ist vor allem aus der Sicht kleinerer Kreditinstitute von Bedeutung – man denke an territorial agierende Sparkassen und Volksbanken. Ihnen stehen in der Regel nicht die verwaltungstechnischen Ressourcen zur Verfügung, wie sie Großbanken aufbieten können. Insbesondere große, systemrelevante Institute können die Darstellung der eigenen Risiken durch die im Rahmen des IRB-Ansatzes verwendeten eigenen Risikobewertungsmodelle in gewissem Maß steuern.

Es ist nicht undenkbar, dass einige Kreditinstitute durch die Entwicklung besonders komplexer Modelle nicht unwesentliche individuelle unsystematische Risiken zu verbergen versuchen. Das wirkt sich im größeren Maßstab negativ auf die Stabilität des Bankensektors aus. Aus unserer Sicht wäre jedoch die derzeit unter Basel 3.5 beziehungsweise Basel IV geführte Diskussion, den internen Rating-Ansatz anzuschaffen, ein unmittelbarer Eingriff in die Geschäftspolitik und die Unternehmensstrategie der Banken, was abzulehnen ist.

Welche weiteren Konsequenzen kann es geben?

Zudem würde die ebenfalls geforderte Erhöhung der Leverage Ratio von den unter Basel III vorgesehenen drei Prozent auf bis zu acht Prozent dazu führen, dass risikoarme Geschäfte, wie Baufinanzierungen, Staatsanleihen und Hypothekendarlehen für Banken unattraktiv werden. Kreditinstitute werden als Folge bereit sein, tendenziell höhere Risiken einzugehen. Das würde die Stabilität des Finanzsektors gefährden.

Ob die Regelungen von Basel III bereits ausreichen, um den Finanzmarkt nachhaltig besser vor künftigen Krisensituationen zu schützen, wird sich zeigen. In jedem Fall ist eine fortlaufende Weiterentwicklung und Anpassung an die Markterfordernisse und Marktgegebenheiten erforderlich. Um langfristig eine Stabilität des Finanzsystems zu erreichen, müssen aus unserer Sicht auch für Schattenbanken entsprechende regulatorische Vorgaben nachhaltig eingeführt und ihre Einhaltung überwacht werden.

Der Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board, FSB) hat im November 2014 einen noch größeren Kapitalpuffer bei systemrelevanten Großbanken gefordert. Welche Auswirkungen haben die neuen Eigenkapitalanforderungen für Kreditgeschäfte der Geldhäuser speziell mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)?

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Die neuen Eigenkapitalanforderungen für systemrelevante Großbanken bewirken, dass deren Möglichkeiten zur Kreditvergabe aufgrund der höheren vorzuhaltenden Kapitalunterlegung eingeschränkt werden. Das kann zu einer Verringerung der Kreditvergabe an Kreditnehmer mit mittlerem oder schlechtem Rating führen. Diese benötigen aufgrund des höheren Ausfallrisikos ohnehin schon eine höhere Kapitalunterlegung. Um die gleiche Höhe an Krediten ausreichen zu können, müssen Kreditinstitute mehr Kapital bereitstellen und höhere Kapitallücken schließen. Ansonsten müssen sie entweder die Kreditvergabe insgesamt reduzieren oder noch mehr auf die Bonität und das Rating der Kreditnehmer und die Qualität und Höhe der Sicherheiten achten. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen mit mittlerer Bonität können dann nur noch gegen die Bereitstellung weiterer Sicherheiten neues Kapital für Investitionen beschaffen.

Und wie sieht es mit den Kosten für die Kreditnehmer aus?

Die Kosten der zusätzlichen Kapitalunterlegung müssen von den Kreditinstituten zumindest teilweise in Form höherer Kreditkonditionen an die Kreditnehmer weitergegeben werden. Daher ist zu erwarten, dass sich die Kreditkosten insbesondere für Kunden mit mittlerer und schlechter Bonität oder geringen Sicherheiten erhöhen werden. Andererseits könnten vor allem die Unternehmen, die gezielt durch kontinuierliche Kommunikation mit ihrer Hausbank auf eine Verbesserung ihres individuellen Ratings hingearbeitet haben, sich künftig günstiger refinanzieren.

Wie werden sich Rating-Prozesse für die Banken verändern werden kleine und mittlere Unternehmen in Zukunft bei Kreditverhandlungen unter noch stärkerem Bewertungsdruck stehen?

Banken müssen im Rahmen der Rating-Prozesse die Bonität ihrer Kreditnehmer noch genauer prüfen. Dabei wird künftig insbesondere auch die Qualität und Aktualität der dem Rating zu Grunde liegenden Unterlagen eine immer wichtigere Rolle spielen. Neben den ermittelbaren Kennzahlen werden im Rahmen des Rating-Prozesses auch die zukünftigen Erwartungen der Unternehmen bezüglich ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, sowie der Branchenvergleich immer wichtiger. Auch die eigene Einschätzung der Unternehmen bezüglich der eingegangenen, vorhandenen und künftigen Risiken wird an Bedeutung gewinnen. Daran sollten sich obligatorische Maßnahmen zur Risikovermeidung und -bewältigung anschließen, weil auch diese Aspekte in das vom Kreditinstitut zu erstellende Rating einfließen. Am besten sollten sie im Rahmen von Rating-Gesprächen betont offen erörtert werden.

Aufgrund der künftig noch stärker risikoorientierten Kreditvergabepolitik der Banken ist zu erwarten, dass KMU bei Kreditverhandlungen unter einem noch stärkeren Rating-Druck stehen werden, da diese bislang ein eher mittleres Rating aufweisen und häufig noch kein ausreichendes Controlling-System vorhanden ist, um den neuen Informationsanforderungen nachzukommen.

Teil 3 des Interviews befasst sich mit den Auswirkungen von Basel III auf die Geschäftspolitik der Banken und der Verantwortung der Führungskräfte in der Risikosteuerung.

Zu den Personen
Sandra Schmolz, B.A. ist im Privatkundengeschäft eines Kreditinstituts tätig und beschäftigt sich mit dem Thema Basel III und den damit verbundenen ganzheitlichen Auswirkungen auf Kreditinstitute.
Jonathan Hofmann, M.A. ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Rechnungswesen/Controlling, an der Westsächsischen Hochschule Zwickau. Forschungsschwerpunkte sind das Finanzcontrolling sowie die Auswirkungen von Basel III auf das Controlling in KMU. Bei Springer ist ihr Buch "Controlling und Basel III" in der Unternehmenspraxis erschienen.
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