Skip to main content

05.05.2022 | Batterie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie Europas Versorgung mit kritischen Metallen sicherer wird

verfasst von: Thomas Siebel

4:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Um das Jahr 2030 werden Metalle wie Kupfer, Lithium und Nickel knapp. Der Ausbau von Recyclingkapazitäten und eigener Bergbau werden Europas Abhängigkeit von Erz- und Metallimporten aber bestenfalls abschwächen.

Die geplante Energiewende in Europa und weltweit erfordert gewaltige Mengen an Metallen. Soll die Welt im Jahr 2050 im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaeinkommens wirtschaften, wird der zusätzliche Bedarf an Metallen für die dafür notwendigen Technologien in etwa doppelt so hoch sein, wie wenn wir weiter wirtschaften würden wie bisher. Dies ist ein Ergebnis einer Studie der KU Leuven im Auftrag der europäischen Industrievereinigung Eurometaux. In Tonnen gerechnet wird der Verbrauch einiger Basismetalle besonders stark steigen: Gegenüber dem Jahr 2020 werden bis zur Mitte des Jahrhunderts 43 % mehr Aluminium und 51 % mehr Kupfer benötigt. Besonders heftig fallen die Nachfragezuwächse aber für einige Batterierohstoffe wie Lithium (über 2.100 %) oder Nickel (168 %) und für Seltenerdmetalle wie Dysprosium oder Cobalt (beider über 400 %) aus.

Empfehlung der Redaktion

01.09.2021 | Im Fokus

Batterierohstoffe - Woher und wohin?

Steigende Marktanteile von Elektro-Pkw bedeuten größere Batteriestückzahlen und damit einen wachsenden Rohstoffbedarf. Insbesondere in der Hochlaufphase der Elektromobilität sind dabei vereinzelt Versorgungsengpässe zu befürchten; später können Recyclingkonzepte für alte Zellen zu einer Entspannung der Lage beitragen.

Getrieben wird die Nachfrage vor allem durch die Elektromobilität. Der Bau von Elektrofahrzeugen verschlingt große Mengen an Aluminium und Kupfer. Nickel, Lithium und Silizium werden für die Massenproduktion von Lithium-Ionen-Batterien gebraucht. Die nächstgrößten Nachfragetreiber sind Hersteller von Photovoltaikmodulen, die große Mengen an Aluminium benötigen, sowie von Windenergieanlagen, die den Verbrauch von Kupfer, Aluminium und Mangan anheizen. Nicht zuletzt erfordert auch der Ausbau der Energienetze viele Tonnen an Aluminium und Kupfer.

Metallgewinnung zu langsam für die Energiewende

Die Energiewende in Europa prägt den weltweit steigenden Bedarf an kritischen Metallen maßgeblich. Problematisch ist allerdings, dass die Versorgung mit Metallen mit dem dynamischen Ausbau von Elektromobilität und erneuerbaren Energien nicht schritthalten kann. Dabei mangelt es zwar nicht grundsätzlich an weltweiten Ressourcen für die benötigten Metalle, allerdings dauert es zehn bis 15 Jahre, eine neue Mine zu erschließen. Viele in Planung befindliche Bergbauprojekte verzögern sich zudem infolge von Widerständen in der Bevölkerung vor Ort, aufwendigen Genehmigungsverfahren oder Unsicherheiten bei der Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens.

Auch die Ausweitung von Recyclingkapazitäten bringt kurzfristig keine Entlastung, da relevante Volumina von ausgedienten Fahrzeugbatterien oder Solarpanels, aus denen sich Lithium, Silizium, Nickel oder Seltenerdmetalle wiedergewinnen ließen, erst ab 2035 anfallen würden. Für die Zeit um das Jahr 2030 zeichnet sich laut Studienautoren Liesbet Gregoir und Karel van Acker ein Engpass mit wichtigen Metallen ab; auch dann, wenn alle derzeit geplanten neuen Herstellungskapazitäten tatsächlich umgesetzt würden. Die Lithiumnachfrage des Jahr 2030 würde die derzeit geplanten Ausbaukapazitäten um 56 % übersteigen. Auch an Kobalt (9 %), Nickel (41 %) und Seltenerdmetallen (101 %) wird es mangeln. Der Kupferbedarf wird zudem nur gedeckt werden können, wenn fast alle auch heute noch unsicheren Projekte zur Ausweitung der Herstellungskapazität tatsächlich umgesetzt werden.

Fünf Ansätze für einer sicherere Versorgung

Dennoch sehen Gregoir und van Acker Wege, wie Europa sich sicher mit kritischen Metallen versorgen und zugleich strategische Abhängigkeiten von einzelnen Ländern abbauen kann. Dafür schlagen sie ein entschlossenes Handeln auf fünf Feldern vor:

  1. Ausbau des Bergbaus in Europa: Bis 2030 könnte Europa mehr als 30 % des heimischen Zink- und Kupferbedarfs sowie 16 % der Nickel- und immerhin 6 % der Kobaltnachfrage aus eigenem Bergbau bedienen. Mehr als die Hälfte des benötigten Lithiums könnten aus heimische Quellen kommen. Ob die anvisierten neuen Minenprojekte aber tatsächlich verwirklicht werden, ist unsicher, insbesondere für Lithium.
  2. Erhalt und Ausbau der Metallherstellung in Europa: Die derzeit gute Versorgung mit Zink und Kupfer (je 100 %) sowie Silizium (52%), Nickel (59%) und Aluminium (43 %) aus europäischen Raffinerien ist laut der Studie durch die hohen Energiepreise in Europa in Gefahr. Ein Gegensteuern gegen den Abbau von Kapazitäten sei zu erwägen, ebenso der Aufbau von Kapazitäten zur Herstellung von Lithium und Seltenerdmetallen.
  3. Sicherer und nachhaltiger Import aus zuverlässigen Partnerländern: Beispielhaft nennen die Autoren Kanada als Land mit den europäischen Maßgaben entsprechenden Umwelt- und Sozialstandards. Parallel sollten Abbaubedingungen in Ländern wie dem Kongo verbessert werden, beispielsweise über Initiativen wie der Fair Cobalt Alliance.
  4. Ausbau des Recyclings unter Einbeziehung neuer Abfallströme: Laut der Studie kann sich Europa bis 2050 zu 45 bis 65 % mit recycelten Basismetallen wie Aluminium und Kupfer und zu 77 % mit Lithium versorgen. Die recycelten Seltenerdmetalle dürften den eigenen Bedarf bis dahin sogar übersteigen. Damit ist Recycling die wesentliche Säule für die langfristige Selbstversorgung mit kritischen Metallen.
  5. Technologische Erneuerung und Verhaltensänderungen anstoßen: Weiterentwickelte Technologien könnte dazu beitragen, dass künftig weniger kritische Metalle benötigt werden. Auch Verhaltensänderungen im Sinne der Shared Economy könnten den Ressourcenverbrauch maßgeblich senken.

Ab 2035 wird Recycling bedeutend

Während die drei erstgenannten Punkte ihre Wirkung ab sofort und bis zum Jahr 2040 entfalten könnten, würden die beiden letztgenannten etwa ab dem Jahr 2035 zum Tragen kommen. Mit den genannten Maßnahmen würden die Importanteile für Aluminium und Kupfer bei steigender Nachfrage bis 2050 zugunsten heimischen Recyclings leicht sinken. 

Stark auswirken werden sich die Maßnahmen auf die Lieferketten für die Batteriemetalle Lithium, Nickel und Kobalt, mit denen sich Europa 2050 zu 53 bis 77 % selbst versorgen kann. Mit dem Rücklauf aus dem Recycling könnte Europa im Bereich der Seltenerdmetalle 2050 sogar zum Exporteur werden.

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren

03.02.2022 | Rohstoffe | Infografik | Online-Artikel

Rekordpreise für Metalle könnten Energiewende bremsen

26.11.2020 | Rohstoffe | Schwerpunkt | Online-Artikel

EU will kritische Rohstoffe für die Industrie sichern

14.07.2020 | Rohstoffe | Schwerpunkt | Online-Artikel

Lithium aus Deutschland

    Marktübersichten

    Die im Laufe eines Jahres in der „adhäsion“ veröffentlichten Marktübersichten helfen Anwendern verschiedenster Branchen, sich einen gezielten Überblick über Lieferantenangebote zu verschaffen.