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02.10.2015 | Baustoffe | Schwerpunkt | Online-Artikel

Bakterien für selbstheilenden Beton

verfasst von: Christoph Berger

2:30 Min. Lesedauer

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Der Niederländer und Mikrobiologe Hendrik Marius Jonkers entwickelte einen Biobeton mit Bakterien. Diese „erwachen“ bei Schäden und „heilen“ den Beton durch die Produktion von Kalkstein.

Um Risse im Beton zu schließen, wählte Hendrik Marius Jonkers Bakteriengattungen, die in der Lage sind, auf biologische Weise Kalkstein zu produzieren. Dass die Bakterien bei diesem Vorgang Sauerstoff verbrauchen, ist ein weiterer positiver Nebeneffekt der Kalksteinproduktion. Damit wird die Korrosion von Stahlbeton im Inneren verhindert.

Selbstheilungskräfte der Natur nutzen

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Die Bakterien selbst können nur unter den alkalischen Bedingungen innerhalb des Betons überleben. Auf dieser Basis entwickelten Jonkers und sein Team drei verschiedene Arten der bakterienhaltigen Betonmischung: Den selbstheilenden Beton, der bereits mit den Bakterien verbaut wird sowie den Reparaturmörtel und die flüssige Reparaturlösung, die erst bei akuter Beschädigung auf die Betonstellen aufgetragen werden.

Bei der selbstheilenden Betonvariante, die komplexeste Version, werden die Sporen der Bakterien in zwei bis vier Millimeter großen Tonpellets eingekapselt und der Betonmischung zusammen mit separat eingeschlossenem Stickstoff, Phosphor und einem Nährstoff auf Kalziumlaktat-Basis beigemischt. Die Bakterien können dann bis zu 200 Jahre schlafend im Beton verharren und treten erst mit den Nährstoffen in Kontakt, wenn Wasser durch Risse in die Betonkonstruktion eindringt. Die Lösung könnte daher vor allem für Bauwerke interessant sein, die der Witterung ausgesetzt sind sowie für Stellen, die für Wartungsarbeiter schwer erreichbar sind.

Markteinführung und Weiterentwicklung

Jonkers Erfindung durchlief bereits Langzeittests unter verschiedenen äußerlichen Einflüssen und soll bald auf den Markt gelangen. Zudem will er die Methode noch verfeinern. So forscht er an einer alternativen Technik zur Einkapselung der Bakterien. Damit könnte es möglich werden, die Produktionskosten des bakterienhaltigen Betons im Vergleich zur derzeitigen Methode der Partikelbeschichtung nochmals um die Hälfte zu senken: Ein Kubikmeter des selbstheilenden Betons mit dem neuen eingekapselten Wirkstoff würde zwischen 85 und 100 Euro kosten – wobei sich über den Lebenszyklus des Bauwerks betrachtet, die etwas höheren  Kosten im Vergleich zu den Herstellungskosten von herkömmlichen Beton durch niedrigere Reparatur-und Austauschkosten amortisieren würden.

Von der Mikrobiologie ins Bauingenieurwesen

Jonkers experimentierte erstmals mit kalkproduzierenden Bakterien während Arbeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie in Bremen. 2006 kam er als Experte für das Verhalten von Bakterien an die Fakultät für Bauingenieurwesen und Geowissenschaften der Technischen Universität Delft. Im Rahmen seines dortigen Forschungsprogramms setzte er sich Jonkers das Ziel, den Selbstheilungseffekt von Organismen aus der Natur auf Beton zu übertragen.

Für seine Erfindung war Jonkers als einer von drei Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2015 in der Kategorie „Forschung“ nominiert worden, den er dann allerdings nicht gewann.

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