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15.06.2018 | Cebit | Kommentar | Online-Artikel

"Erfolg" der Cebit ist Schönmalerei

verfasst von: Sven Eisenkrämer

4 Min. Lesedauer

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Sven EisenkrämerHat die Transformation der Cebit von einer Digitalmesse hin zu einem Business-Festival funktioniert? Nein – das Ganze war mehr Schein als Sein, meint Springer-Professional-Chefredakteur Sven Eisenkrämer. 

[Aktualisierung 28.11.2018: Die Cebit wird eingestellt.]

Die Cebit wollte, nein sie musste sich neu erfinden. Als Update auf ein Business-Festival wollte die Messe, die bis zu diesem Freitag in Hannover stattgefunden hat, einen Neustart vollziehen. Doch was bleibt außer der Erkenntnis, dass mit nur 120.000 Besuchern fast 80.000 weniger kamen als im Vorjahr und auch wieder deutlich weniger Aussteller mitmachten? Die Cebit kommt schön verpackt daher, aber die Kernkomponenten sind eigentlich die alt-angestaubten. Die Konfiguration wirkt wie abgekupfert von anderen, neuen großen Playern.

KongressKongress und InnovationInnovation

Wie schnell Komponenten von Computersystemen als veraltet gelten, ist seit weit mehr als 20 Jahren Thema vieler Diskussionen von computerbegeisterten Menschen. Als die Cebit in den 1990er Jahren als Computer-Fachmesse gestartet war, pilgerten Hunderttausende Jahr für Jahr auf die Expo, um sich über die neuesten Hard- und Software-Trends zu informieren, das Neueste Betriebssystem zu bestaunen und die neueste, schnellste Grafikkarte zu entdecken. Doch wie jede Komponente eines Personal-Computers (PC) wurde auch die Veranstaltung von neuerem, besserem überholt. Die Cebit verlor über Jahre erheblichen Zuspruch, sowohl von Besuchern als auch von Ausstellern. Die Performance war nicht mehr Zeitgemäß. Publikum und Anbieter fanden andere, spannendere oder einfachere Wege, sich zu informieren, beziehungsweise sich zu präsentieren. Die Messe wurde unattraktiv. Eigentlich gab es dann nur zwei Alternativen: Endgültig herunterfahren oder mit neuer Konfiguration rebooten – um in der Computersprache zu bleiben. Und dann hoffen, dass alles funktioniert, die Komponenten zueinander passen und miteinander arbeiten und dass der Nutzer zufrieden ist.

Wie ein altes Betriebssystem in neuem Design

Die neue Cebit war nun wie ein altes Betriebssystem in etwas hübscherem Design. Die Kernfunktionen allerdings bleiben die gleichen. Die Messe ist eben eine Messe. Das Rahmenprogramm mit musikalischen Darbietungen bekannter Künstler wie Mando Diao oder Jan Delay ist allenfalls ein nettes Extra, mit dem man versuchte, neues Publikum, das sonst nicht viel mit dem Kern der Veranstaltung am Hut hat, zu begeistern. Doch die eigentliche Zielgruppe, nämlich das digitale Business, das natürlich längst nicht mehr auf Computerhardware fixiert ist, sondern in Zeiten von Everything-as-a-Service sich viel mehr auf neue Geschäftsmodelle aller Branchen stürzt, begeistert man damit nicht.

Nicht nur, dass große Unternehmen wie Microsoft oder die Deutsche Telekom ohne eigene Präsenz auf der Cebit blieben. Auch in Gesprächen mit Ausstellern während der Messe waren die Erfahrungen durchwachsen. Start-ups fühlten sich in den Hallen meist gut aufgehoben, IT-Security-Dienstleister bemängelten hingegen das fehlende Fachpublikum und kaum Kundenkontakt. Volkswagen begeisterte im kleinen Bereich der „Future Mobility“ hauptsächlich mit der Gegenwart, nämlich dem aktuellen Modell des Touareg und bei SAP sahen die Digitalisierungslösungen aus der Attraktion, einem Riesenrad, von weit oben dann ziemlich klein aus. Bis auf wenige Ausnahmen waren die Messestände der Aussteller einfach nur Messestände und keine für ein neuartiges Festival gestalteten Locations.

SXSW als Vorbild

Die Idee war klar: Die Cebit wäre gerne ein europäisches SXSW. Das South by Southwest in Texas, USA, hatte sich von einem Musikfest zu einem Festival rund um digitale Medien gewandelt und gilt als ein Mekka für Digitalisierer. Doch umgekehrt hat es mit der Cebit noch nicht so ganz geklappt. Auch ein Hindernis: Die Weitläufigkeit des hannoverschen Messegeländes. Viele Hallen und Flächen blieben leer oder geschlossen. Man verlief sich auch mal im Nichts. In den genutzten Hallen kaschierten großzügige Areale zum Ausruhen oder für Gespräche die nicht von Ausstellern genutzten Flächen. Das Messegelände ist eben kein kreatives Festivalareal.

Die Cebit solle auch 2019 wieder stattfinden*, hieß es von den Veranstaltern, die in einer Mitteilung von einer "erfolgreichen Premiere der neuen Cebit" sprachen. Das ist Schönmalerei. Den Aussteller- und Besucherschwund konnte man nicht stoppen – im Gegenteil. Die Neuerfindung eines Business-Festivals, das weiterhin nur eine Messe mit etwas anderem Rahmenprogramm ist, war am Ende mehr Schein als Sein. Auf Dauer wird die einstige Weltmesse für Digitales so nicht erfolgreich bestehen können.

*) Aktualisierung: Seit dem 28. November 2018 steht fest, dass die Cebit nicht mehr stattfinden wird. Die Deutsche Messe hat die Veranstaltung eingestellt. 

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2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

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Praxishandbuch Kongress-, Tagungs- und Konferenzmanagement

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