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2022 | OriginalPaper | Buchkapitel

13. Das PSPP-Staatsanleiheprogramm: Empirische Daten und Regelwerk stellen das Urteil des BVerfG teilweise infrage

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Zusammenfassung

Der Beitrag analysiert die Staatsanleihekäufe des PSPP-Programms (Public Sector Purchase Programme) vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts 2 BvR 859/15 v. 5. Mai 2020. Während das Gericht keine offensichtliche Umgehung des Verbots der monetären Staatsfinanzierung anhand der von ihm aufgestellten ‘Garantien’ erkennen kann, wird deren Einhaltung mittels Analyse der EZB-Beschlüsse sowie empirischer Daten kritisch hinterfragt. In der ökonomischen Analyse werden deshalb das Ausmaß und die geldpolitische Ausrichtung des PSPP-Programms problematisiert. Im Zentrum stehen die Abweichung der Anteile einzelner Länder an den PSPP-Käufen vom Kapitalschlüssel der EZB, die Intransparenz sowie die Vergemeinschaftung möglicher Verluste. Zudem wird die Prüfung der ‘Garantien’ auf das PEPP-Programm ausgeweitet und analysiert, welche Folgen eine Rückabwicklung der Programme hätte.

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Fußnoten
1
Scholz, Olaf, Brief v. 26.06.2020 persönlich/vertraulich an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Wolfgang Schäuble (dem Verfasser vorliegend) sowie Deutscher Bundestag, Antrag der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Anleihekaufprogramm PSPP der Europäischen Zentralbank, Drucksache 19/20621 v. 01.07.2020. Bemerkenswert ist das Tempo der deutschen Verfassungsorgane in dieser Angelegenheit. Als zentral wird der geldpolitische Beschluss des Rates der Europäischen Zentralbank v. 3.-4. Juni 2020 gewertet. Siehe Europäische Zentralbank (2020e). Er erfüllt formal die “Beschluss-Anforderung” des BVerfG. Darüber hinaus ist das zusammenfassende Protokoll mit ca. 9700 Wörtern das bislang längste und es wird an drei Stellen auf die “Verhältnismäßigkeit” verwiesen.
 
2
Der geldpolitische Steuerungsspielraum resultiert aus der Wachstumsrate des Liquiditätsbedarfs abzüglich der Wachstumsrate der NFA (inkl. PSPP) als Teil des Liquiditätsangebotes. Die dazugehörigen Bilanzpositionen definiert die EZB in Europäische Zentralbank (2016a). Um in gleichem Umfang diesen Spielraum über die regulären geldpolitischen Instrumente zu behalten, dürften die NFA (inkl. PSPP) im Zeitablauf maximal entsprechend jener Rate wachsen, mit der auch die Nachfrage nach Banknoten und die Mindestreserveanforderungen (Liquiditätsbedarf) wachsen. Zu näheren Erläuterungen vgl. Hansen und Meyer, 2019, S. 23.
 
3
Bei einem Anleihevolumen von 252 Mrd. Euro supranationaler Emittenten (Stand 31.08.2020) ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Anteil der vom ESM emittierten 121 Mrd. Euro hierunter fällt. Insofern absorbiert das ESZB als monetärer Rettungsschirm die fiskalische Staatenrettung. Indirekt steigt damit der Anteil der in einem Hilfsprogramm befindlichen Staaten wie beispielsweise Griechenland, deren originär-emittierten Staatanleihen vom PSPP-Programm sogar ausgeschlossen sind. Siehe https://​www.​finanzen.​net/​anleihen/​europaeischer-stabilitaetsmech​anismus-esm-anleihen?​orderBy=​BondList%3AMaturityDate%3Adesc&​p=​4 (Zugegriffen 07.09.2020).
 
4
Siehe auch das Memorandum ehemaliger Notenbanker zur aktuellen EZB-Politik und den Staatsanleihekäufen. Sie bewerten die Wiederaufnahme der Netto-Ankäufe 2019 aus geldpolitischer Sicht als schwer nachvollziehbar. Vielmehr wird hinter der Maßnahme der Versuch vermutet, hochverschuldete Eurostaaten vor höheren Zinssätzen zu schützen. Damit habe die EZB die Grenze zur monetären Staatsfinanzierung überschritten. Vgl. Hannoun et al. (2019).
 
5
Leicht abweichend heißt es nach Bundesverfassungsgericht (2017) v. 18. Juli 2017, Rn 127: “Bei denjenigen Schuldtiteln nationaler Emittenten, die von der EZB erworben werden – das heißt 10 % der erworbenen Schuldtitel – findet eine Risikoteilung nur über die an die nationalen Zentralbanken auszuschüttenden Einkünfte statt (Art. 32.5 ESZB-Satzung). Verluste der EZB aus Ankäufen im Rahmen des PSPP können sich bei den nationalen Zentralbanken damit nur insofern auswirken, als die diesen zustehenden Anteile an den monetären Einkünften gekürzt werden oder ganz entfallen (Art. 33.2 ESZB-Satzung). Dabei ist unklar, was geschieht, wenn die Anteile am Verlust die Anteile am Gewinn übersteigen sollten.”
 
6
Modellrechnung für PSPP-Bestände der NZBen (31.08.2020) und Renditen 10 jähriger Staatsanleihen (07.09.2020) (https://​www.​boerse.​de/​konjunkturdaten/​staatsanleihen/​):
 
7
Vgl. mit zum Teil abweichenden Analysen und Schlussfolgerungen Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages (2020). Insbesondere die dort geäußerte Einschätzung, dass “anders als beim Ankaufprogramm PSPP ... der Beschluss (EU) 2020/440 der EZB für PEPP keine Sperrfristen für den Ankauf von Anleihen” (ebenda, S. 12) vorsehen würde, ist gemäß Art. 1 Abs. 2 Beschluss (EU) 2020/440 der EZB nicht haltbar. Auch der Aussage, “dass das Programm PEPP ein wesentlich geringeres Ankaufsvolumen als PSPP vorsieht” (ebenda, S. 12) ist unter Einbezug des wesentlich kürzeren Zeitraumes der Ankäufe und der Aufstockung um 600 Mrd. Euro nicht (mehr) haltbar.
 
Literatur
Zurück zum Zitat Bofinger, P., Hellwig, M., Hüther, M., Schnitzer, M., Schularick, M., & Wolff, G. (29. Mai 2020). Gefahr für die Unabhängigkeit der Notenbank. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Bofinger, P., Hellwig, M., Hüther, M., Schnitzer, M., Schularick, M., & Wolff, G. (29. Mai 2020). Gefahr für die Unabhängigkeit der Notenbank. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.
Zurück zum Zitat Degenhart, C., Horn, H.-D., Kerber, M. C., & Murswiek, D. (03 Juni 2020). Unabhängigkeit: Ja. Freiheit vom Recht: Nein. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Degenhart, C., Horn, H.-D., Kerber, M. C., & Murswiek, D. (03 Juni 2020). Unabhängigkeit: Ja. Freiheit vom Recht: Nein. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.
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Zurück zum Zitat Hansen, A., & Meyer, D. (2019). ANFA und die Anleihekaufprogramme – Gefahr für die Unabhängigkeit der EZB? Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 72(21), 20–25. Hansen, A., & Meyer, D. (2019). ANFA und die Anleihekaufprogramme – Gefahr für die Unabhängigkeit der EZB? Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 72(21), 20–25.
Zurück zum Zitat Hansen, A., & Meyer, D. (2020b). ANFA and the Asset Purchase Programmes of the Eurosystem: Non-monetary Policy Operations that Restrict the ECB’s Monetary Policy? Journal of International Banking Law & Regulation, 35(6), 231–242. Hansen, A., & Meyer, D. (2020b). ANFA and the Asset Purchase Programmes of the Eurosystem: Non-monetary Policy Operations that Restrict the ECB’s Monetary Policy? Journal of International Banking Law & Regulation, 35(6), 231–242.
Zurück zum Zitat Leister, M., & Rieger, C. (2021). Big Picture: €QE ohne Grenzen. Commerzbank Rates & Credit Strategy, 3–6, 24.06.2021. Leister, M., & Rieger, C. (2021). Big Picture: €QE ohne Grenzen. Commerzbank Rates & Credit Strategy, 3–6, 24.06.2021.
Zurück zum Zitat Meyer, D., & Hansen, A. (2020). PSPP-Ankäufe als nationales Zusatzgeld mit geldpolitischer Relevanz. Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 73(17), 31–35. Meyer, D., & Hansen, A. (2020). PSPP-Ankäufe als nationales Zusatzgeld mit geldpolitischer Relevanz. Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 73(17), 31–35.
Zurück zum Zitat Mussler, W. (11. August 2021). Berlin beschwichtigt im EZB-Streit – Bundesregierung will Eskalation im Vertragsverletzungsverfahren vermeiden. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. Mussler, W. (11. August 2021). Berlin beschwichtigt im EZB-Streit – Bundesregierung will Eskalation im Vertragsverletzungsverfahren vermeiden. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.
Zurück zum Zitat Scholz, O. (2020). Brief v. 26.06.2020 persönlich/vertraulich an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Wolfgang Schäuble (den Verfassern vorliegend). Scholz, O. (2020). Brief v. 26.06.2020 persönlich/vertraulich an den Präsidenten des Deutschen Bundestages, Dr. Wolfgang Schäuble (den Verfassern vorliegend).
Zurück zum Zitat Seidel, M. (2012). Austritt aus der Währungsunion – eine freie Entscheidung Griechenlands. In D. Meyer (Hrsg.), Die Zukunft der Währungsunion – Chancen und Risiken des Euros (S. 157–163). Seidel, M. (2012). Austritt aus der Währungsunion – eine freie Entscheidung Griechenlands. In D. Meyer (Hrsg.), Die Zukunft der Währungsunion – Chancen und Risiken des Euros (S. 157–163).
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Zurück zum Zitat Sinn, H.-W. (2019). Der Streit um die Targetsalden – Kommentar zu Martin Hellwigs Artikel “Target-Falle oder Empörungsfalle?”. Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 20(3), 170–217. https://doi.org/10.1515/pwp-2019-0038. Zugegriffen am 23.06.2020. Sinn, H.-W. (2019). Der Streit um die Targetsalden – Kommentar zu Martin Hellwigs Artikel “Target-Falle oder Empörungsfalle?”. Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 20(3), 170–217. https://​doi.​org/​10.​1515/​pwp-2019-0038. Zugegriffen am 23.06.2020.
Zurück zum Zitat Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages (2020). Zur Unionsrechtskonformität des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) der EZB. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa, PE 6 – 3000 – 32/20, Abschluss: 15.05.2020. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages (2020). Zur Unionsrechtskonformität des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) der EZB. Unterabteilung Europa Fachbereich Europa, PE 6 – 3000 – 32/20, Abschluss: 15.05.2020.
Zurück zum Zitat Europäische Zentralbank. (2016b). Beschluss (EU) 2016/2248 der Europäischen Zentralbank vom 3. November 2016 über die Verteilung der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (EZB/2016/36) (Neufassung). Europäische Zentralbank. (2016b). Beschluss (EU) 2016/2248 der Europäischen Zentralbank vom 3. November 2016 über die Verteilung der monetären Einkünfte der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (EZB/2016/36) (Neufassung).
Zurück zum Zitat Europäischer Gerichtshof. (2018). Urteil v. 11. Dez. 2018, Az. C-493/17 betr. Vorlage zur Vorabentscheidung – Wirtschafts- und Währungspolitik – Beschluss (EU) 2015/774 der Europäischen Zentralbank – Gültigkeit – Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten – Art. 119 und 127 AEUV – Befugnisse der EZB und des Europäischen Systems der Zentralbanken – Gewährleistung der Preisstabilität – Verhältnismäßigkeit – Art. 123 AEUV – Verbot der monetären Finanzierung der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets”. http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=208741&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=11630090. Zugegriffen am 30.04.2020. Europäischer Gerichtshof. (2018). Urteil v. 11. Dez. 2018, Az. C-493/17 betr. Vorlage zur Vorabentscheidung – Wirtschafts- und Währungspolitik – Beschluss (EU) 2015/774 der Europäischen Zentralbank – Gültigkeit – Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten – Art. 119 und 127 AEUV – Befugnisse der EZB und des Europäischen Systems der Zentralbanken – Gewährleistung der Preisstabilität – Verhältnismäßigkeit – Art. 123 AEUV – Verbot der monetären Finanzierung der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets”. http://​curia.​europa.​eu/​juris/​document/​document.​jsf?​text=​&​docid=​208741&​pageIndex=​0&​doclang=​de&​mode=​lst&​dir=​&​occ=​first&​part=​1&​cid=​11630090. Zugegriffen am 30.04.2020.
Zurück zum Zitat Protokoll. (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ESZB-Satzung). Protokoll. (Nr. 4) über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (ESZB-Satzung).
Metadaten
Titel
Das PSPP-Staatsanleiheprogramm: Empirische Daten und Regelwerk stellen das Urteil des BVerfG teilweise infrage
verfasst von
Dirk Meyer
Copyright-Jahr
2022
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35715-3_13