In Deutschland sorgt die Kaufprämie für Elektrofahrzeuge auch nach deren politischer Ankündigung weiter für Diskussionen. Andere Länder erleben derzeit, wie alternative Fahrzeugkonzepte tatsächlich funktionieren können. Allen voran Norwegen, wo bereits rund 70.000 Elektrofahrzeuge zugelassen sind. Im Vergleich: Für Deutschland zählt die Helmholtz-Allianz Energy-Trans in ihrem Policy-Brief Zur besseren Verbreitung von Elektroautos - Was können wir in Deutschland von Norwegen lernen? für den Zeitraum von Januar bis Oktober 2015 gerade einmal 1710 Zulassungen von Privatkunden und 3100 von Unternehmen. Dabei handelt es sich um die offiziellen Zahlen des Kraftfahrtbundesamts, die um verschiedene Faktoren wie Eigenzulassungen des Handels oder Exporte mit Tageszulassung bereinigt wurden.
"Reine Elektroautos spielen in Deutschland keine nennenswerte Rolle", schreiben die Autoren Ellen Matthies, Sebastian Bobeth, Christian Klöckner und Jens Schippl in diesem Zusammenhang lakonisch. Dass in Norwegen eine ganz andere Stimmung und Aufgeschlossenheit gegenüber Elektrofahrzeugen besteht, macht das Papier an mehreren Punkten fest: "Befragt man norwegische Elektroautonutzer, so sind es nicht die großen ökonomischen Vorteile allein, die hier zum positiven Erfahrungsschatz beitragen, sondern vielfältige andere positive Aspekte der Elektromobilität. Als zweithäufigster Kaufgrund wird der Umweltschutz genannt. Auch das Vermeiden von Nutzungsgebühren (Mautgebühren, Parkgebühren) scheint in Norwegen ein wichtiges Argument zu sein."
Vom Hindernisdiskurs zum Möglichkeitsdiskurs
Will man in Deutschland eine höhere Marktverbreitung erreichen, so das Papier weiter, müsse "zunächst der aktuelle Hindernisdiskurs überwunden und in einen Möglichkeitsdiskurs überführt werden". Dazu bedürfe es unter anderem einer Sichtbarkeit von Elektroautos im öffentlichen Raum und einer kritischen Menge an frühen Nutzern (Early Adopters), die positive Erfahrungen mit Elektroautos machen können und somit den typischen Vorbehalten entgegenwirken.
Dies deckt sich mit den Ergebnissen zweier Studien, die Uta Schneider, Elisabeth Dütschke und Anja Peters im Kapitel How Does the Actual Usage of Electric Vehicles Influence Consumer Acceptance? aus dem Fachbuch Evolutionary Paths Towards the Mobility Patterns of the Future beschreiben. Demnach hat vor allem das Sammeln von Praxiserfahrung mit Elektrofahrzeugen einen positiven Einfluss auf deren Akzeptanz: "Dies weist auf die Relevanz von Sichtbarkeit und Beobachtbarkeit von Elektrofahrzeugen hin."
Teilhabe an positiven Erfahrungen schafft Vertrauen
Wie wichtig die Teilhabe an positiven Erfahrungen sein kann, wissen auch Heike Proff und Thomas M. Fojcik. Im Kapitel Herausforderungen für das Management: Managemententscheidungen über völlig neue Produkte trotz Marktunsicherheit infolge von Informationsdefiziten aus dem Fachbuch Elektrofahrzeuge für die Städte von morgen konstatieren sie: "Wer über ein Produkt oder über eine Leistung wenig weiß, ist auch unsicher in der Bewertung und in Aussagen zur Wahrscheinlichkeit eines Kaufes. Fehlen Informationen und mental verankerte Analogiemöglichkeiten, ist selbst die Intuition nicht mehr verlässlich."
Einen anderen Aspekt bringen Julius Jöhrens und Julia Hildermeier im Kapitel Umweltinnovation im Pkw-Bereich: Kann die Politik Technologiesprünge erzwingen? aus dem Handbuch Verkehrspolitik ins Spiel. So könne man durch die geschickte Förderung der Nachfrage nach alternativen Mobilitätsformen jenseits "privater Automobilität" implizit auch technologischen Innovationen einen Markt schaffen: "So ist die gezielte Förderung von geteilter Nutzung von elektrischen Fahrzeugen zum Beispiel durch öffentliches Carsharing denkbar, indem man statt dem elektrischen Antrieb in der Berechnung des Flottendurchschnitts auch den Nutzungsmodus der Fahrzeuge einbezieht", nennen die Autoren ein Beispiel.