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24.11.2020 | Energie + Nachhaltigkeit | Schwerpunkt | Online-Artikel

Oberrheingraben mögliche Quelle für heimisches Lithium

verfasst von: Frank Urbansky

3:30 Min. Lesedauer

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Lithium wird in einem komplexen und risikobehafteten bergmännischen Verfahren nur an wenigen Standorten weltweit gewonnen. Ein neues Verfahren könnte es aus dem Oberrheingraben fördern.

Die Lithiumgewinnung ist aufgrund der erhöhten Nachfrage des Materials für die Batterieproduktion in den letzten Jahren deutlich gestiegen und wurde immer weiter perfektioniert. "Um Lithium abzubauen, gibt es aufgrund der geologischen Verteilung zwei Methoden: In China und Australien wird Lithium aus mineralischem Gestein gelöst, während es in Argentinien und Chile aus Salzseen gewonnen wird", beschreiben die Springer-Gabler-Autoren Sören Ahlfs, Alexander Goudz und Martin Streichfuss im Buchkapitel Analyse der Wertschöpfungsketten auf Seite 13 die gängigen Gewinnungsverfahren.

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Hauptabbaugebiete sind Südamerika, Australien und China. Chile, Argentinien und Australien machen 80 Prozent der weltweiten Lithiumproduktion unter sich aus. Hier wird das Salz unter hohen Verdunstungsverlusten etwa an Salzseen, an die Oberfläche gepumpt und konzentriert. Solche Bohrspülwerke gibt es auch in Deutschland, so wird in Berchtesgaden auf diese Weise Salz gewonnen. In Norddeutschland ist dies ebenfalls ein probates Mittel, um Salze zu gewinnen. Hier handelt es sich jedoch nicht um flache Salzseen mit einem – rein bergmännisch gesehen – geringerem Risiko, sondern um tiefe Bergwerke.

Das Problem dabei: Durch die Wassereinbringung werden die Salzstücke instabil. Zu was dies führen kann, zeigt die Katastrophe von Wapno. In dem polnischen Ort wurde ein Salzbergwerk betrieben, in das unkontrolliert Wasser eindrang. Das führe zum Einbruch des gesamten Ortszentrums.

Geothermie-Tiefenwasser besitzt Lithium

In Deutschland ist zudem Lithium in nennenswerten Konzentrationen für diese Art der bergmännischen Gewinnung kaum vorhanden. Doch eine Erfindung aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) könnte hierzulande einen wirtschaftlichen Abbau ermöglichen. Lithium soll in Geothermieanlagen aus den Tiefengewässern des Oberrheingrabens gefördert werden – und das bei geringstmöglichen Eingriffen in die Natur. In anderen Abbaugebieten ist dies kaum möglich. Hier werden große Mengen Grundwasser zur Ausspülung der Lithiumverbindungen verwendet.

Im Oberrheingraben lassen sich beträchtliche Mengen an Lithium finden. Hier soll nun ein ganz anderes Verfahren zur Anwendung kommen. "Nach unseren Kenntnissen können es bis zu 200 Milligramm pro Liter sein", so der Geowissenschaftler Jens Grimmer vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) des KIT. "Wenn wir dieses Potenzial konsequent nutzen, dann könnten wir in Deutschland einen erheblichen Teil unseres Bedarfs decken."

Bisher konnte das im Tiefenwasser gelöste Lithium nicht gewonnen werden. Gemeinsam mit der Forschungsstelle des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) am Engler-Bunte-Institut (EBI) des KIT hat Grimmer ein neues Verfahren entwickelt und zum Patent angemeldet. Dabei werden in einem ersten Schritt die Lithiumionen aus dem Thermalwasser herausgefiltert und in einem zweiten Schritt weiter konzentriert, bis Lithium als Salz ausgefällt werden kann.

Für die Umwelt hat dieses Verfahren einen entscheidenden Vorteil: Die Eingriffe sind gering. Weder müssen Gebirge wie in Australien aufgeschlossen noch Salzseen wie in Südamerika mit großen Wassermengen behandelt werden. Das beim KIT-Verfahren genutzte Thermalwasser wird zudem wieder in die tiefen Schichten zurückgeleitet, wo das hochkontaminierte Material keinen Schaden anrichten kann. Gleichzeitig wird die Strom- und Wärmeproduktion der Geothermieanlagen nicht gestört.

Test- und Großanlage geplant

Die förderfähigen Mengen wären beträchtlich: Nach KIT-Angaben wären mehrere hundert Tonnen jährlich auf der deutschen und mehrere tausend Tonnen auf der französischen Seite des Rheingrabens möglich. Derzeit wird mit Partnern aus der Industrie an einer Testanlage gearbeitet. Damit sollen zunächst einige Kilogramm Lithiumkarbonat und Lithiumhydroxid gewonnen werden. Wenn die Versuche erfolgreich sind, ist der Bau einer Großanlage geplant.
Für eine nachhaltige Gewinnung von Lithium könnte dieses Verfahren einen großen Sprung bedeuten.

"Die … fieberhafte Suche nach Li-Quellen und deren Bilanzierung zeigte schnell, dass es an Li prinzipiell nicht mangelt, aber sehr wohl Forschungs- und Entwicklungsarbeiten notwendig sind, um eine nachhaltige und ökonomisch tragbare Li-Gewinnung zur Herstellung von Li-Karbonat oder Li-Metall aus den unterschiedlichen Rohstofftypen in Batteriequalität zu gewährleisten", beschreibt Springer-Spektrum-Autor Wolfgang Voigt im Buchkapitel Lithiumgewinnung aus Primärrohstoffen – Stand und Perspektiven auf Seite 75 die Relevanz eines neuartigen Verfahrens.

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