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03.12.2020 | Energie + Nachhaltigkeit | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wasserstoffnetz für Deutschland kaum realisierbar

verfasst von: Frank Urbansky

3 Min. Lesedauer

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Eine zukünftige flächendeckende Wasserstoffwirtschaft benötigt Transportleitungen. Eine Möglichkeit wäre die Nutzung der Erdgasnetze. Das vorhandene Netz müsste jedoch erst ertüchtigt werden.

Wasserstofftransportnetze wären eine wesentliche Voraussetzung für eine funktionierende Wasserstoffwirtschaft. Doch bisher gibt es diese kaum. "Neben der direkten Integration von grünem Wasserstoff in Erdölraffinerien […] gibt es die theoretische Möglichkeit, eine Wasserstoffwirtschaft aufzubauen und zu erweitern. In Deutschland besteht diese in Form von Wasserstoffpipelines zurzeit lediglich bei Wasserstoff-Inselnetzen im Ruhrgebiet und auf dem Gebiet der Chemieindustrie bei Halle und Bitterfeld", konstatiert ein Springer-Vieweg-Autorenkollektiv um Michael Sterner im Buchkapitel Speicherintegration in einzelnen Energiesektoren auf Seite 757.

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2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

Speicherintegration in einzelnen Energiesektoren

Wie werden Energiespeicher in die Stromversorgung, die Wärmeversorgung und die Mobilität integriert und heute bereits eingesetzt? Diese Frage wird im vorliegenden Kapitel in Theorie und Praxis beantwortet. Der Fokus richtet sich dabei auf die Integration erneuerbarer Energien. 

Eine Möglichkeit wäre, die vorhandene Infrastruktur für den Leitungstransport von Erdgas zu nutzen. Bisher sind bereits bis zu fünf Prozent Beimischung von Wasserstoff zu Erdgas erlaubt. Theoretisch möglich wären etwa 20 Prozent. Für höhere Beimischungen oder gar den Transport von reinem Wasserstoff wäre das Netz jedoch nicht geeignet. Dafür ist Wasserstoff als leichtestes aller Elemente zu diffusionsfreudig.

Gaswirtschaft an Wasserstoffnutzung interessiert

Als Alternative bliebe der Aufbau eines eigenen Wasserstoffnetzes oder aber das Umrüsten des vorhandenen Erdgasnetzes für höhere Wasserstoffanteile. Damit befasst sich derzeit die Gaswirtschaft. Über 30 Gasverteilnetzbetreiber haben dazu das Grundsatzpapier „H2vorOrt" ausgearbeitet. Darin wollen sie zeigen, wie eine regionale und sichere Versorgung mit klimaneutralen Gasen in Zukunft bundesweit funktionieren könnte. Das Dokument enthält Vorschläge für die Technologie als auch für den ordnungspolitischen Rahmen. Federführend war der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW).

Im Papier wird davon ausgegangen, dass die Gasverteilnetze in der Lage seien, Wasserstoff flächendeckend und für alle Kunden und Anwendungen nutzbar zu machen. Dafür müssten sie ertüchtigt werden. Gefordert wird hier ein Bekenntnis zur Gasinfrastruktur – sprich also ein Appell an die Politik nach Investitionshilfen für dieses Vorhaben. Dazu gehören etwa ein Umstellbonus für fortschrittliche Gas-Endanwender, eine erhöhte Anrechenbarkeit klimaneutraler Gase auf CO2-Minderungsvorgaben, die Erwägung einer Fondfinanzierung und die Schaffung eines Gasnetzgebiets-Transformationsplans.

Zudem soll auf Basis der existierenden Gasnetzregulierung zeitnah ein regulatorischer Rahmen für die Nutzung von Wasserstoffnetzen geschaffen werden.

Verwunderlich sind diese Forderungen nicht. Denn ein Wasserstoffnetz ist deutlich teurer als ein herkömmliches Gasnetz. Alle Leitungen und insbesondere die Armaturen müssen diffusionsdicht sein. Das geht im Prinzip nur mit Materialien wie Edelstahl. Doch selbst das verhindert nicht Diffusionsverluste.

Synthetisches Methan problemloser, aber teurer

Ein anderer Weg wäre, den Wasserstoff zu synthetischem Methan mit CO2 aus der Umgebungsluft oder aus industriellen Quellen aufzuaddieren und ihn so in das vorhandene Netz einzuspeisen. Das könnte dann komplett beibehalten werden und bedürfte keiner Ertüchtigung.

Dann könnten deutlich mehr Kunden mit Wasserstoff versorgt werden. In Frage kämen etwa alle Erdgaskunden im Wärmemarkt – zu hinterfragen ist jedoch die Sinnhaftigkeit, erneuerbaren Strom in Wasserstoff umzuwandeln, zu einer Art synthetischem Methan aufzuaddieren und es dann wieder zu verbrennen. Effizient ist das mit Sicherheit nicht und der Wirkungsgrad über den gesamten Prozess dürfte nicht über 30 bis 40 Prozent hinauskommen. Das wiederum verteuert synthetisches Methan – bei den derzeitigen niedrigen Erdgaspreisen ein Totschlagargument.

Dennoch wird um Netze und Speicher für Wasserstoff kein Weg herumführen. "Perspektivisch ist mit zunehmender Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen auch eine Umwandlung der bestehenden Erdgasinfrastruktur (oder Teile davon) in dedizierte Wasserstoffnetze sowie deren Verbindung mit den heute existierenden Wasserstoffpipelines denkbar. Auf diese Weise könnte eine breite Nutzung des Wasserstoffs in Haushalten und in der Industrie im Sinne des Power-to-Chemicals vorangetrieben werden", berschreibt dies ein Springer-Vieweg-Autorenkollektiv um Ulrich Bünger in seinem Buchkapitel Wasserstoff – Schlüsselelement von Power-to-X auf Seite 361. Die Frage ist nur: Um welchen Preis?

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