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04.12.2014 | Energie | Schwerpunkt | Online-Artikel

Ist die Energiewende eine Erfolgsgeschichte?

3:30 Min. Lesedauer

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Seit Einführung des EEG im Jahr 2010 hat sich der Anteil der regenerativen Stromerzeugung stark erhöht. Dennoch sind die Erneuerbaren immer noch abhängig von massiven Subventionen. Frank Pöhler kommentiert.

Die Frage, ob die Energiewende eine Erfolgsgeschichte ist, kann nur mit "Ja – und – nein!" beantwortet werden.

Einerseits hat sich mit EEG-Einführung im März 2000 der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung vervierfacht und beträgt heute bereits ein Viertel des in Deutschland produzierten Stroms. Andererseits haben 14 Jahre massive Subventionen noch nicht ausgereicht, um die Erneuerbaren auch nur in den Bereich der Wirtschaftlichkeit zu führen.

Auch heute noch sind alle regenerativen Erzeugungsformen weit vom Marktpreis entfernt (Ausnahme: nicht vom EEG begünstigte Wasserkraft >5 MW). Jede über das EEG erzeugte Kilowattstunde wird im Durchschnitt mit 14 Cent vergütet; der Marktpreis an der Börse beträgt dagegen nur 3,5 ct/kWh.

Aber die Kostenseite ist nicht das einzige Problem. Verwerfungen am Strommarkt und verzögerter Netzausbau gefährden langfristig die Versorgungssicherheit sowie für die Speicherung von Überschussstrom ist keine wirtschaftliche Lösung in Sicht.

Subventionierter EEG-Strom hebelt Strommarkt aus

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Derzeit sind bei uns 85 GW regenerative Leistung installiert, davon allein 73 GW stark fluktuierende Wind- und Solarleistung. Die Leistungsnachfrage in Deutschland schwankt zwischen 30 GW im Sommer am Wochenende und 80 GW werktags im Winter.

Bereits heute ist an vielen Tagen die installierte PV- und Windleistung nicht integrierbar. Der subventionierte EEG-Strom wird mit variablen Kosten nahe Null an die Börse gebracht und hebelt das Funktionieren des Strommarktes aus. Insbesondere in Zeiten geringen Stromverbrauchs führt eine hohe Einspeisung von Wind- und PV-Strom zur paradoxen Bildung von negativen Marktpreisen mit fatalen Folgen: Billiger Strom aus abgeschriebenen Wasserkraftwerken >5 MW (ca. 2 ct/kWh) wird "vernichtet" und statt dessen PV-Strom mit durchschnittlich 35 ct/kWh eingespeist.

Die Erfahrung der letzten Jahre hat außerdem gezeigt, dass Schattenkraftwerke in voller Höhe zur Abdeckung der Lastspitze vorgehalten werden müssen. Von der in 2012 installierten Wind- und PV-Leistung (63 GW) standen in der Stunde der höchsten Einspeisung 31,573 GW und in der Stunde der niedrigsten Einspeisung gerade einmal 0,181 GW (0,3 Prozent) zur Verfügung.

Kraftwerkskapazitäten werden stillgelegt

Der niedrige Strompreis von 3,5 ct/kWh zwingt Kraftwerksbetreiber Kapazitäten stillzulegen; betroffen sind auch umweltfreundliche und flexible Gaskraftwerke, da allein die Brennstoffkosten die Stromerlöse übersteigen.

Da Netzausbaupläne schwierig durchzusetzen sind und der Bau von Gas-Kraftwerken unwirtschaftlich ist, bedeutet dies in Verbindung mit der Abschaltung der Kernkraftwerke eine riesige Herausforderung, um hier die Versorgungssicherheit auch mittel- und langfristig zu sichern. Allein in Bayern fehlen ab 2021 rund 25 TWh/a Grundlasterzeugung; das sind z. B. 10 Gaskraftwerke à 500 MW, die 5.000 Stunden laufen.

Das neue EEG 2014 versucht zwar mit einem Ausbaukorridor den ungehemmten Zubau von Wind- und PV-Leistung zu begrenzen sowie ab 2017 mit einem Ausschreibungsmechanismus erstmalig stärker die Wirtschaftlichkeit zu beachten. Jedoch gibt es keine Antwort darauf, wie selbst bei Einhaltung des Ausbaukorridors die dann 110 GW Wind- und PV-Leistung in 2020 vernünftig integriert werden sollen.

Fördereffizienz stärker beachten

Fördereffizienz sollte künftig stärker im Fokus stehen, indem Ausschreibungen technologieoffen gestaltet und nur die Erzeugungstechnologien zugebaut werden, die mit geringsten Mitteln den größten Nutzen versprechen.

Kein nationaler Alleingang, sondern einzig eine Energiepolitik im europäischen Rahmen, welche die Balance zwischen Leistungszubau und Netzausbau sowie die wirtschaftliche Integration von Speichertechnologien berücksichtigt, kann die Energiewende auch langfristig zum Erfolg führen!

Der gleichlautende Kommentar wurde in der Fachzeitschrift "WasserWirtschaft", Ausgabe 12/2014 veröffentlicht.

Zum Autor

Prof. Dr.-Ing. Frank Pöhler leitet den Bereich Wasserkraft der Bayerischen Elektrizitätswerke GmbH und ist Honorarprofessor der Universität Kassel.

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