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08.06.2020 | Energiewende | Schwerpunkt | Online-Artikel

Mineralölwirtschaft sucht Verfahren für nachhaltige Brennstoffe

verfasst von: Frank Urbansky

3 Min. Lesedauer

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Die gesamte Mineralölwirtschaft steht vor gravierenden Umbrüchen. Das betrifft die Förderung und die Verarbeitung fossilen Öls. Konzerne und Forschung setzen auch deswegen auf nachhaltige Brennstoffe.

Der Mineralölmarkt ist global, volatil und extrem flexibel. "Weltweit unterliegen die zwei Wertschöpfungsstufen in der Mineralölwirtschaft, nämlich der Upstream-Bereich, der die Suche und Förderung von Erdöl umfasst, und der Downstream-Bereich mit dem Transport und der Verarbeitung von Rohöl sowie dem Vertrieb von Mineralölprodukten, unterschiedlichen Bedingungen", beschreibt ihn Springer Vieweg-Autor Hans-Wilhelm Schiffer in seinem Buchkapitel Preisbildung in der Energiewirtschaft auf Seite 331. 

Empfehlung der Redaktion

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Preisbildung in der Energiewirtschaft

Der Preismechanismus ist das entscheidende Element bei der Steuerung von Angebot und Nachfrage. Diese Steuerungsfunktion wird bestmöglich gewährleistet, wenn die Märkte durch Anbieter-Wettbewerb gekennzeichnet sind. 

Dabei steht die gesamte Branche zumindest in Europa unter politischem Druck, den fossilen Grundstoff Rohöl nach und nach bis 2050 durch regenerative Grundstoffe und Herstellungsverfahren abzulösen.

Bisher wurden für diesen Weg zumeist Biokraftstoffe der ersten Generation genutzt, also Biodiesel meist aus Rapsöl oder Bioethanol aus Getreide oder Zuckerpflanzen. Doch durch die Tank-Teller-Diskussion sind diese Kraftstoffe in Verruf geraten. Politisch sind sie nicht mehr wohlgelitten. Die Erneuerbaren-Richtline II (RED II) der Europäischen Union will deren Anteil drastisch zurückschrauben.

Deswegen sucht eine ganze Branche nach neuen Lösungen. Zwei davon sollen hier vorgestellt werden.

1. BioTfueL – Wasserentzug für mehr Effizienz

Seit diesem Jahr lässt der französische Energiekonzern Total im Projekt BioTfuel in Venette bei Compiègne eine Versuchsanlage laufen, in der biogene Reststoffe für ein zweistufiges Vergasungs- und Hydrierverfahren vorbereitet werden. Dieses Verfahren nennt sich Torrefizierung und hat den kompletten Wasserentzug der Biomasse zur Folge. Die Kapazität der Anlage liegt bei 15 MWh. Das reicht aus, um drei Tonnen Holz oder Biomasse je Stunde bei 200 bis 300 °C und normalem atmosphärischen Druck zu "rösten". Dadurch erhöht sich die Energiedichte der Biomasse und das Transportgewicht verringert sich. Das Verfahren ist deshalb so wichtig, weil die Reststoffe nach den Plänen von Total in ländlichen Regionen eingesammelt, vor Ort torrefiziert und dann in eine zentrale Verarbeitungsanlage in Dünkirchen geschafft werden. Erst dort erfolgt mittels Fischer-Tropsch-Synthese eine Verflüssigung der wasserlosen Biomasse, die zuvor fein gemahlen wird. Dabei entsteht ein Crude, das in etwa der mittleren Fraktion einer Raffinerie entspricht. Dies wiederum dient als Ausgangsprodukt für Diesel oder Heizöl. Die so entstehenden Biokraftstoffe enthalten keinen Schwefel oder Aromaten. Die CO2-Einsparquote soll bei Reinverwendung etwa 90 Prozent im Vergleich zu fossilen Treibstoffen betragen.

2. BioMates – Biomasse zum Mitraffinieren

Das Projekt des Fraunhofer UMSICHT Instituts, BioMates ("Bio-based Intermediates", etwa "biobasierte Zwischenprodukte"), nutzt ähnlich wie BioTfueL holz- oder halmgutartige Reststoffe, die nicht für die Lebensmittelproduktion verwendet werden können. Auch hier wird der Biomasse dezentral Wasser entzogen, allerdings mit einer Schnellpyrolyse bei 550 °C unter Ausschluss von Sauerstoff. Dabei entstehen ein flüssiger Grundstoff, sogenanntes Pyrolyseöl, sowie feste Rückstände, Pyrolysekoks, die auch verwendet werden können. Ebenfalls entsteht bei dem Prozess Pyrolysegas, das entweder zur Aufrechterhaltung des Prozesses selbst oder zur Wasserstoffproduktion genutzt werden kann. Das Pyrolyseöl wird in einem zweiten Schritt durch sogenannte milde Hydrierung zu Zwischenprodukten umgewandelt, die in normalen Mineralölraffinerien anteilig zur Treib- und Brennstoffproduktion mit eingesetzt werden. Dadurch kann der Anteil an fossilem Öl zurückgefahren werden. Praxispartner hier ist der Mineralölkonzern BP, in dessen Raffinerien dieses Verfahren getestet wird.

Beide Verfahren werden derzeit erforscht. Dennoch werden die Kosten der Produkte, wie auch die von synthetischen Kraftstoffen nach dem Power-to-X-Prinzip, über denen von Produkten aus fossilem Rohöl liegen. "Diese Kosten sind […] noch nicht erreicht und liegen trotz allem über dem derzeitigen Marktpreis fossilen Rohöls", bestätigen das die Springer Vieweg-Autoren Christian von Olshausen und Karl Hauptmeier, Buchkapitel Sunfire – Erneuerbare Moleküle aus CO2 und H2O zur Substitution von Erdöl und Erdgas auf Seite 430.

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