9.1 Status Quo «Kundennutzen durch Digitale Transformation»: Fazit aus der Online‐Befragung
Strategische Ausrichtung des Prozessmanagements – kundenzentrisch und technologienah?
Prozessdigitalisierung – durchgängig und flexibel?
Digitale Transformation – Front‐End versus Back‐End, strategisch versus opportunistisch?
Kundenbedürfnisse – Fragebogen oder Customer Journey?
Kundenperspektive – Was leisten Prozesslandkarten und ‐modelle?
Kundendaten – Grundlage für die Prozessoptimierung und flexible Prozessausführung?
9.2 Erfolgsmuster: «Kundennutzen durch Digitale Transformation» – Fazit aus den Fallstudien
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Externe und interne Kunden mit neuen digitalen oder digital erweiterten Produkten, Dienstleistungen und Interaktionsmöglichkeiten zu überzeugen, gelingt Unternehmen immer noch, indem sie offensichtliche Defizite beziehungsweise Optimierungspotenziale erkennen und adressieren. Kürzere Reaktionszeiten, im Idealfall Echtzeit‐Reaktionen und mehrstufige Prozesse oder Wege, die entfallen (eUmzugZH, AMAG), oder eine verbesserte Service‐ und Beratungsqualität durch die optimierte Verfügbarkeit von Informationen (Swiss Re), mögen keinen «Wow‐Effekt» erzeugen, werden von Kunden in allen untersuchten Fallstudien aber geschätzt und noch nicht als selbstverständlich empfunden. Möglich ist dies immer dann, wenn durch diese Optimierungen für Kunden ein relativer Nutzen im Vergleich zu Erfahrungen in der Vergangenheit oder mit anderen Dienstleistungen oder Anbietern entsteht. Kundennutzen als relative Grösse anzuerkennen, hilft Unternehmen, auch ihre digitalen Transformationsaktivitäten zu relativieren, das heisst, abhängig von Reifegrad einer Branche oder eines Marktes pragmatisch vorzugehen und in einem ersten Schritt naheliegende spürbare Verbesserungen für Kunden zu realisieren.
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Betreten Unternehmen mit der Digitalisierung einer Dienstleistung Neuland (AMAG Leasing, eUmzugZH), braucht es hingegen andere Ansätze. In diesen Fällen führt die frühzeitige Einbeziehung der Kundenperspektive zum Erfolg. Kundenbedürfnisse lediglich anzunehmen und in Anforderungen zu formulieren, genügt in diesen Fällen nicht. Interviews zu Haltungen und Erwartungen, Prototyping und Testen verschiedener Szenarien mit Kunden, bevor ein digital erweitertes oder vollständig digitalisiertes Angebot finalisiert und eingeführt wird, stellt sicher, dass Einstiegspunkte, Prozesse und Oberflächen bedarfsgerecht und intuitiv gestaltet werden.
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Die Reduktion von Komplexität steht im Mittelpunkt von Initiativen, die in erster Linie auf Effizienzsteigerung aus interner Perspektive ausgerichtet sind. In der Wirkung zeigt sich jedoch, dass auch Kunden von Standardisierung und Harmonisierung profitieren, indem Leistungen, einfacher zugänglich, transparenter und verständlicher werden (Vontobel, Swisscom). Einfachheit und Konsistenz erzeugen Kundennutzen und lassen sich als Erfolgsmuster auch auf externe Kunden anwenden.
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Positive Kundenerlebnisse entstehen, wenn Prozesse durchgängig sind. Gleichzeitig lieferten Defizite in der Durchgängigkeit der Prozesse in allen vorliegenden Fallstudien überzeugende Business Cases für die digitale Transformation.
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Synchrone Kommunikation mit Kunden in digitalen Kanälen zeichnet überzeugende Online‐Angebote aus, die Kunden ohne Verzögerung und in einem Schritt die gewünschten Leistungen bereitstellen (AMAG, eUmzugZH). Dies setzt jedoch ein hohes Mass an Automatisierung, implementierter Geschäftslogik (z. B. durch Geschäftsregeln), hohe Datenqualität und Integration im Back‐End voraus (Amag, Swiss Re). Interne Kunden und Supportprozesse sind dabei nicht zu vernachlässigen. Ist es Unternehmen gelungen, diese bereits durchgängig zu digitalisieren, können die Erfahrungen und Infrastrukturen als Grundlage für überzeugende Serviceprozesse auch für externe Kunden dienen (Vontobel).
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Integration ist ein Erfolgsschlüssel in allen vorliegenden Fallstudien. Gelingt es CRM‐Systeme oder Kundendatenbanken, interne und externe Systeme, Datenquellen und Ablagen auf effiziente Art und Weise zu integrieren, beschleunigt dies die Implementierung durchgängiger Prozesse. Service‐orientierte Architekturen (AMAG, eUmzugZH) und plattformbasierte Ansätze über BPM‐Lösungen (Swiss Re) stellen effiziente und unternehmensweite Grundlagen für die Prozessintegration zur Verfügung.
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Unternehmen, die Prozesse im Back‐End bereits durchgängig digitalisiert haben, können Innovationschancen im Front‐End rascher ergreifen und sich so Wettbewerbsvorteile sichern (AMAG). Werden solche Potenziale erkannt, können sich Geschäftsbereiche oder ‐funktionen neu positionieren und ihre Rolle in der Organisation beziehungsweise der Wertschöpfungskette verändern (AMAG, Vontobel).
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Moderne und intuitive digitale Arbeitsplätze sind wichtige Voraussetzungen für Unternehmen, deren Strategien auf die Erschliessung neuer Märkte und Kundensegmente ausgerichtet sind (Swiss Re, Vontobel). Neue, häufig global verteilte Mitarbeitende sind so rasch produktiv und können in global harmonisierten Prozessen und Instrumenten kollaborieren und Kunden bedienen. Unternehmen, die den digitalen Arbeitsplatz auf diese Weise innovieren, finden das optimale Mass an Standardisierung und Flexibilisierung, um Wissensarbeitende von Routinearbeiten zu entlasten und in ihren Entscheidungen zu unterstützen.
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Auch die Standardisierung in Bereitstellungsprozessen kann Produkt‐ und Service‐Innovationen unterstützen, indem sie die Time‐to‐Market verkürzt (Swisscom). Dabei wenden Unternehmen Ansätze aus der industriellen Fertigung nicht nur auf Prozesse, sondern auch auf Produkte und Dienstleistungen an. Resultate sind Produkt‐ und Dienstleistungskataloge mit einer grossen Leistungsbreite und ‐tiefe, aus denen im Baukastenprinzip Leistungen individuell kombiniert und bezogen werden können.
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Plattformen, die Partner vernetzen, um neue Dienstleistungen und Produkte zu erbringen und durchgängige Prozesse über die Unternehmensgrenzen hinaus mit Partnern in der Wertschöpfungskette ermöglichen, können das Geschäftsmodell erweitern oder verändern. Im öffentlichen Sektor lassen sich die Ergebnisse solcher E‐Government‐Innovationen in Referenzmodellen abbilden und so deren flächendeckende Ausdehnung für die Bevölkerung beschleunigen (eUmzugZH).