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13.07.2016 | Fintechs | Interview | Online-Artikel

Fintech – ein Weckruf für die Finanzindustrie?

verfasst von: Prof. Dr. Rainer Alt, Prof. Dr. Dieter Ehrenberg

3:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurden:
Stephan Schneider

ist Bereichsleiter Corporate Banking, internationale & Konzernprojekte und Regulatorik bei der Commerzbank AG.

Sebastian Herfurth

ist Gründer und Geschäftsführer der Friendsurance/Alecto GmbH.

Die Fintech-Evolution hat in den vergangenen Jahren zu einer Vielzahl innovativer Startups geführt. Gleichzeitig sind etablierte Banken und Versicherer gefragt, sich gegenüber den Veränderungen zu positionieren. Zum Fintech-Phänomen diskutieren Sebastian Herfurth und Stephan Schneider im Interview mit Wirtschaftsinformatik & Management.

Wirtschaftsinformatik & Management: Wie haben Sie die Fintech-Entwicklung erlebt?

Sebastian Herfurth: Ebenso wie viele andere haben wir Fintech gemacht, bevor es dafür ein Wort gab. Paypal ist Fintech, keine Frage, und deutlich älter als jede Wortkreation. Ich kann mit diesem Wort Fintech nicht unbedingt etwas anfangen. Es ist ein nettes Label, aus dem sich nun auch das Schlagwort Insurtech entwickelte. In der Tat gab es im Versicherungsbereich deutliche Verzögerungen und wir waren im Bereich Fintech und Versicherungen einer der ersten mit einem ganz anders gedachten Modell. Wir haben nicht nur eine kleine Veränderung im System, sondern machen mit unserer Peer-to-Peer-Versicherung ein ganz anderes Modell. Wir haben das erlebt, was jeder erlebt, wenn er fremd in einer Branche ist und dort dennoch etwas verändern will. Anfangs sind wir auf große Skepsis gestoßen. Es gab sogar einige aus der Branche, die versucht haben, uns zu bekämpfen, mit allen lauteren und unlauteren Mitteln. Heute erkennen auch die großen Versicherer, dass wir einen Mehrwert für Kunden und Versicherungen schaffen – und kooperieren mit uns.

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Stephan Schneider: Für die Bankenwelt war die Fintech-Entwicklung eine interessante Erfahrung. Wir wurden häufig an das Zitat „Banking is important, banks are not“ von Bill Gates aus den 1990er Jahren erinnert. Vor der Finanzkrise haben die Banken diese Aussage ebenso wie die gesamte Fintech-Szene nicht ernst genommen. Sie haben sich lange darauf verlassen, dass sie den Kundenzugang haben und durch regulatorische Rahmenbedingungen wie etwa die Banklizenz oder das Bankgeheimnis geschützt sind. Nach dem Kreditwesengesetz sind klassische Bereiche wie das Kreditgeschäft, Anlagegeschäft, Kontoverwaltung, Zahlungsverkehr in wichtigen Teilen auf die Banken beschränkt. Ich glaube aber, dass sich die Banken ihrer eigenen Defizite durchaus bewusst geworden sind. Paypal war ein solcher Weckruf im Bereich des Zahlungsverkehrs, dessen neue Entwicklungen die Banken verschlafen haben. Nach dem Kreditwesengesetz darf Paypal natürlich keine Konten führen, das machen weiterhin die Banken. Jedoch laufen die Transaktionen über Paypal ab und Paypal generiert darüber auch Gebühren.

Was macht Fintech für Sie aus?

Stephan Schneider: Wenn man sich die Bankorganisation ansieht, dann muss man zunächst feststellen, dass an vielen Stellen Banken Expertenkulturen und keine Teamstrukturen sind. Experten leben von ihrem Alleinstellungsmerkmal und die Geschäftsbereiche arbeiten dadurch nicht unbedingt immer zusammen. Das führt teilweise zu redundantem Arbeiten, statt sich mit dem Nachbarn abzustimmen. Zudem diskutieren bei wirklich innovativen Ideen sofort der Rechtsbereich, der Compliance-Bereich, der Datenschutzbeauftragte usw. mit und diese geben erst einmal zu Bedenken, warum etwas nicht geht. Innovationsförderung in klassischen Bankorganisationen ist oft recht schwierig. Deshalb haben wir einen Ausbruch gewagt, wir haben eine Inkubatoren-Tochter in Frankfurt, den „main incubator“ gegründet, die selbst innovative Ideen verfolgen möchte, welche die Bank nur schwierig umsetzen kann. Sie bietet gleichzeitig auch Partnerschaft und Hilfen für Start-ups, um einfach zu integrierten Geschäftsmodellen zu kommen. Das ist vor drei Jahren geschehen und mittlerweile den Kinderschuhen entwachsen. Insgesamt eine höchst spannende Geschichte!

Sebastian Herfurth: Viele Fintechs – uns eingeschlossen – nutzen eine Chance, die darin liegt, dass sich die etablierten Versicherer und Banken in der Vergangenheit und bis heute kaum um den Kunden gekümmert haben. Man hat sich hinter Datenschutz und Regulierung versteckt und nicht den Mehrwert für den Kunden gesucht. Gerade Regulierung schafft auch die Grundlage für Kundenschutz und wir haben die Erfahrung gemacht, dass Regulatoren keine Probleme mit kundenfreundlichen Lösungen haben. Rechtlich gibt es selten Barrieren. Aber gerade Konzerne haben interne Probleme mit der Fehlerkultur. Karriere macht, wer keine Fehler macht. Wer aber keine Fehler macht, kann auch nicht etwas großartig Innovatives schaffen, weil dies notwendigerweise auch mit Fehlern verbunden ist. Hier sehe ich einen zentralen Unterschied zu dem, was wir und viele neue Unternehmen machen. Wir haben einfach eine ausgeprägte Fehlerkultur – wer also bei uns keine Fehler macht, der macht auch nichts und muss sich eigentlich einen anderen Job suchen.

Das komplette Interview finden Sie in der Zeitschrift Wirtschaftsinformatik & Management (Ausgabe 3/2016, Seite 18).

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