Zusammenfassung
Bei Projekten der Tiefen Geothermie und in Erschließungskonzepten für zugeteilte Erlaubnisfelder spielen geologische
und geophysikalische Untersuchungen eine wesentliche Rolle. Ausgehend vom Konzept der geothermischen Energie als
Lagerstätte, die mit Tiefbohrungen im Rahmen einer hydrothermalen oder petrothermalen (EGS, hot dry
rock) Geothermie zu erschließen ist, werden die wichtigsten geologischen und geophysikalischen Grundlagen mit
vielfachem Bezug zu analogen Szenarien in der Kohlenwasserstoff‐Exploration zusammengestellt. Die Situation in Deutschland
steht dabei im Fokus. Die Erörterung betrifft lithofazielle und strukturelle Gegebenheiten und betont die Bedeutung der
Untersuchung nicht nur des Reservoirs selbst sondern auch der hangenden Schichten entlang der geplanten Bohrpfade
einschließlich möglicher oberflächennaher kritischer geologischer und anthropogener Konstellationen im Bereich der
Bohransatzpunkte. Einer knappen Erläuterung der wichtigsten geophysikalischen Verfahren aus Seismik, Gravimetrie,
Geomagnetik und Geoelektrik sowie der für die geothermalen Reservoirs wichtigsten petrophysikalischen Parameter folgen
Hinweise, wie bereits existierende geophysikalische Daten für eine Projektstudie genutzt werden können. Bei der Diskussion
von Neuerkundungen für ein Erlaubnisfeld werden mit starkem Blick auf internationale Verhältnisse die Verfahren der
Refraktionsseismik, Gravimetrie, Geomagnetik und Geoelektrik als unerlässliche Ergänzungen der in Deutschland dominierenden
Reflexionsseismik gegenübergestellt und die Vorzüge insbesondere der Gravimetrie und der Tiefengeoelektrik in Form der
Magnetotellurik betont. Die Einbeziehung der standortspezifischen Geologie und Geophysik für Lösungsansätze bei der
Unterscheidung verschiedener Arten der Seismizität, sowie die Verknüpfung von Messungen in Bohrungen mit Messungen der
Oberflächengeophysik als Folgemöglichkeit einer bereits niedergebrachten Bohrung, z. B. in einer Geothermie‐Dublette,
sollten bereits in einer Projektstudie bedacht werden. Der Beitrag ist ein Plädoyer für eine größere, vielfach vermisste
Harmonie zwischen Geologie und Geophysik, was der Exploration der Tiefen Geothermie nutzen würde.