Es begann mit einem Nuklearunfall im fernen Japan und endete hierzulande mit einer Zäsur, einem für den Energiesektor bis dahin kaum vorstellbaren Einschnitt. Unterlag die Versorgungsindustrie bis zum Frühjahr 2011 bereits umfangreichen Veränderungsprozessen, so gewannen diese im Zuge der sogenannten Energiewende nochmals deutlich an Fahrt. Kaum war die Energiewende politisch beschlossen, entbrannte in der Fachwelt eine ausgedehnte Debatte über die daraus resultierenden Konsequenzen. Schnell kristallisierte sich heraus, dass vor allem die effiziente Integration der Erneuerbaren Energien in das Versorgungssystem inklusive einer systemdienlichen Beeinflussung des Verbrauchsverhaltens nicht ausschließlich vom intelligenten Netz bewerkstelligt werden können.
Mehr Markt wagen! – Das Gelingen der Energiewende hängt in einer durch zunehmende Komplexität geprägten Energiewelt entscheidend vom optimalen Zusammenspiel der netztechnischen Basis mit innovativen, wettbewerblichen Strukturen ab. Die mitunter (zu) einseitig auf die Schaffung und Betriebsführung intelligenter Netze fokussierte Diskussion muss demnach eine entscheidende qualitative Erweiterung erfahren. So wird im modernen Energieversorgungssystem mehr und mehr dem kapazitätsorientierten Netz die Idee eines intelligenten Marktes für Energiemengen zur Seite gestellt. Dazu bedarf es einer eindeutigen Differenzierung zwischen dem intelligenten Netz (Smart Grid) auf der einen und dem intelligenten Markt für Energiemengen (Smart Market) auf der anderen Seite.
Der Anfang ist gemacht. Mit ihrem vielbeachteten Eckpunktepapier zu intelligenten Netzen und Märkten hat die Bundesnetzagentur die Initiative ergriffen und den Weg eindeutig in Richtung mehr Markt in der Energiewirtschaft gewiesen. Nun ist es an der Zeit, zunächst den Status quo „smarter Themen“ in der Energiewirtschaft festzustellen, um anschließend die Fachdiskussion weiterführen zu können: Wie erfolgt das Zusammenspiel von Netz und Markt in der modernen Energiewelt? Lässt sich eine grundlegende Systematik für Smart Market finden? Was leistet ein intelligenter Energiemengenmarkt in der Praxis? – Drei Fragen, mit denen sich das folgende Kapitel auseinandersetzt und deren Beantwortung insofern Anspruch ist.
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Deregulierung ist Teil der Wirtschaftspolitik und umfasst alle Maßnahmen zur Aufhebung von Regulierungstatbeständen. Insgesamt dient die Deregulierung dazu, den staatlichen Einfluss auf Handlungen der Wirtschaftssubjekte zurückführen.
Liberalisierung dient nach hiesigem Verständnis dem Abbau vorhandener Monopole über die systematische Beseitigung existierender Marktzutrittsbarrieren sowie der gleichzeitigen Anregung des Wettbewerbs.
Im energiewirtschaftlichen Kontext wird nachfolgend der exaktere Terminus „Energiemengenmarkt“ als deutsche Entsprechung der Wortschöpfung Smart Market Verwendung finden.
An dieser Stelle sei der Vollständigkeit halber auf die dieser Feststellung inhärente „Henne-Ei-Problematik“ hingewiesen. Es wird jedoch darauf verzichtet zu explizieren, ob der Smart Market Ergebnis der Deregulierung ist oder alternativ die Vorausetzung dafür schafft, dass Deregulierung in die Praxis überhaupt umgesetzt werden kann.