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2019 | Buch

Lauter Überraschungen

Was die Wissenschaft weitertreibt

verfasst von: Dr. Michael Springer

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

„Springers Einwürfe“ – kritisch-amüsante Begleitungen des Forschungsbetriebs
Nach Unendliche Neugier. Was die Wissenschaft treibt zeichnet eine weitere Auswahl aus "Springers Einwürfe" ab 2011 zusammen mit zwei längeren Essays ein buntes, abwechslungsreiches Bild des aktuellen Wissenschaftsbetriebs, seiner Resultate und Probleme. So entsteht ein laufender Kommentar, der einzelwissenschaftliche Erkenntnisse beschreibt, erklärt und in einen gesellschaftlichen Rahmen stellt. Im Vordergrund steht die Relevanz dieser und jener Entdeckung für die allgemeine Kultur: Schafft die Hirnforschung den freien Willen ab? Welche Wirklichkeit beschreibt die Quantenphysik? Werden Computer einmal Bewusstsein entwickeln? Durch die essayistische, anekdotische Form der größtenteils kurzen Beiträge ist Lesevergnügen garantiert.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Die Wirklichkeit der Natur. Ein Essay
(Februar 2016)

Man kann über die Welt geteilter Meinung sein. Sie ist die beste aller möglichen, wollte der Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) beweisen, sie ist die schlechtestmögliche, fand später Arthur Schopenhauer (1788–1860). In frühen Epochen galt sie als Scheibe, und Kreationisten beharren noch heute darauf, dass sie nicht älter als 6000 Jahre ist.

Michael Springer
Lesen fällt dem Hirn zur Last
(Januar 2011)

Lesen lernen war am schwersten. Die Volksschullehrerin malte mit bunter Kreide die ersten Großbuchstaben an die Tafel, und wir zeichneten mühsam, die Zunge im Mundwinkel, die Lettern mit Bleistift ins linierte Heft ab. Dann ließ sie Heinzelmännchen auf die Tafel kommen, die hämmerten die Großbuchstaben klein, bis sie aussahen wie gedruckt.

Michael Springer
Wie frei bleibt das Internet?
(Februar 2011)

Kürzlich sah ich mir auf DVD den „Glöckner von Notre Dame“ in der Hollywoodverfilmung von 1939 an und war schon von der Exposition angetan. Da begutachtet der französische König mit dem Dompropst Frollo neugierig eine der ersten Buchpressen. Ludwig XI. gibt sich – zumindest in diesem Film – als allem Modernen aufgeschlossener Monarch und lobt das neue Medium des Buchdrucks als Vehikel von Aufklärung und Volksbildung.

Michael Springer
Gleich sehen Sie einen Koitus
(März 2011)

Einer Umfrage unter US-Psychologen zufolge halten zwei Drittel von ihnen außersinnliche Wahrnehmung für möglich. Wie ich vermute, sind auch hierzulande viele Seelenforscher ähnlich aufgeschlossen für Telepathie und Präkognition. Unter ihnen dürfte ein im renommierten „Journal of Personality and Social Psychology“ (Bd. 100, S. 407) erschienener Artikel nur müdes Achselzucken oder einverständiges Kopfnicken auslösen.

Michael Springer
Computer wie wir
(April 2011)

Können Maschinen grundsätzlich ein Bewusstsein nach Menschenart entwickeln? In einer klassischen Arbeit versuchte der britische Mathematiker Alan Turing diese Frage zu klären. Zunächst wies er theologische, mathematische und psychologische Einwände gegen die Möglichkeit maschinellen Bewusstseins zurück. Turing tat das wohlgemerkt schon im Jahr 1950, lange bevor Computer zu allgegenwärtigen Geräten wurden, über die wir reden – und schimpfen – wie über Arbeitskollegen: Jetzt spinnt er wieder! Was hat er denn?

Michael Springer
Philosophie in der Waschmaschine
(Mai 2011)

Als Kind war ich abergläubisch. Auf dem Weg zur Schule vermied ich es, auf Gehsteigfugen zu treten, weil ich – aus Gründen, an die ich mich heute nicht mehr erinnern kann – glaubte, das würde meinen Tag retten. Also trippelte ich mit komischen Tanzschritten über das Pflaster, damit mich böse Mitschüler nicht boxten, strenge Lehrer mich nicht in die Ecke stellten und mir überhaupt alles Schlimme erspart bliebe.

Michael Springer
Wie entsteht ein Meinungsumschwung?
(Juni 2011)

Das politische Klima kann überraschend umschlagen. Rund ums Mittelmeer gerät von heute auf morgen die arabische Welt in Aufruhr. In Deutschland wird ein Grüner Ministerpräsident eines konservativ geprägten Bundeslands. Die Kanzlerin, kein Prototyp einer enragierten Kernkraftgegnerin, lässt eine Ethikkommission über einen möglichst raschen Ausstieg aus der Atomenergie beraten.

Michael Springer
Gehorcht schöne Literatur darwinschen Gesetzen?
(Juli 2011)

Im Darwinjahr 2009 haben wir den Schöpfer der Evolutionslehre gebührend gefeiert. Außer hartnäckigen Kreationisten bestreitet nun niemand mehr, dass die Entfaltung des Reichtums an Lebensformen keinem zielgerichtet agierenden Züchter zu verdanken ist, sondern auf dem zufälligen Wechselspiel von Mutation und Selektion beruht.

Michael Springer
Das Leben spendende Nass
(August 2011)

Wasser ist eine besondere Flüssigkeit. Ohne sie gäbe es kein Leben, wie wir es kennen. Darum sind Exobiologen so begierig, Wasser auf anderen Himmelskörpern zu entdecken. Viele seiner Eigenschaften lassen sich durch die Molekülstruktur von H2O erklären: zwei Wasserstoffatome, die unter stumpfem Winkel an einem Sauerstoffatom hängen und dazu neigen, mit anderen Wassermolekülen bei Zimmertemperatur vergängliche Tetraeder zu bilden.

Michael Springer
Wozu sind die Männchen gut?
(September 2011)

Über die geschlechtliche Liebe sinnen Menschen nach, seit es sie gibt. Wenn man Schlagern lauscht oder Freud liest, muss man meinen, es gebe nichts Wichtigeres auf der Welt. Höchstes Glück und tiefste Qual, selbstlose Hingabe und abscheuliche Verbrechen, stets ist Liebe mit im Spiel. Nur eine Berufsgruppe – von der dünn gesäten Schar der Hagestolze und Einsiedlermönche einmal abgesehen – hegt grundsätzliche Zweifel am Nutzen des Geschlechtslebens: die Evolutionsbiologen.

Michael Springer
Drei Lehren aus Fukushima
(Oktober 2011)

Im Frühjahr 2011 ereignete sich der katastrophale Nuklearunfall von Fukushima. Unter dem Eindruck des Ereignisses wurde in Deutschland der beschleunigte Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Den Ausschlag für die „Energiewende“ gaben nicht so sehr betriebstechnische Argumente, sondern ein politischer Stimmungsumschwung; es herrschte allgemeines Erschrecken über das Ausmaß der Katastrophe und über die Hilflosigkeit der Gegenmaßnahmen in einem hochtechnischen Industrieland.

Michael Springer
„Ihr werdet euch nie ändern!“
(November 2011)

Der Kalte Krieg war ein Konflikt zwischen Gegnern, die sich als Anhänger gegensätzlicher Gesellschaftssysteme definierten; das eine System stellte politische Freiheit zuoberst, das andere soziale Gleichheit. Bei jenem globalen Konflikt spielten ethnische Aspekte – zu welcher durch gemeinsame Geschichte und Kultur definierte Gruppe man gehörte – nur eine sekundäre Rolle.

Michael Springer
Ist der Embryo Natur oder Kultur?
(Dezember 2011)

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace klagte 2004 gegen ein Patent, das dem Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle 1999 für ein Verfahren zur Umwandlung von menschlichen Stammzellen in Nervenzellen erteilt worden war. Kürzlich hat der Europäische Gerichtshof als letzte Instanz entschieden: Generell dürfen Verfahren, die von menschlichen embryonalen Stammzellen ausgehen, in Europa nicht patentiert werden.

Michael Springer
Wir arrangieren uns mit dem Klimawandel
(Januar 2012)

Die Weltklimagipfel Kioto 1997, Kopenhagen 2009 und Durban 2011 markieren eine absteigende Linie. Lag in Kioto eine völkerrechtlich verbindliche Selbstverpflichtung der Industrieländer zur Senkung ihrer Treibhausgasemissionen noch zum Greifen nah, so scheiterte die Fortschreibung des Kioto-Protokolls mit jeder folgenden Klimakonferenz. Von 2012 an liegt es im Belieben jedes einzelnen Landes, ob und inwieweit es etwas gegen die globale Erderwärmung unternimmt.

Michael Springer
Demokratie braucht Laien
(Februar 2012)

Die moderne Welt ist schrecklich kompliziert – nehmen wir nur so vertrackte Problemfelder wie die Eurokrise, den Stuttgarter Hauptbahnhof oder die Endlagerung nuklearen Abfalls. In Talkshows und an Runden Tischen redet man sich darüber die Köpfe heiß, und der verwirrte Zuhörer findet, dass jeder der gegensätzlichen Standpunkte etwas für sich hat. Aber am Ende muss ein Konsens herauskommen: Eurobonds ja oder nein, Kopf- oder Tiefbahnhof, Gorleben oder ein neues Endlager.

Michael Springer
Das Weltall wimmelt von Wohnstätten
(März 2012)

Der Himmel ist oft bedeckt hierzulande, sternenklare Nächte erlebt man im Frühjahr selten. Außerdem wohnt unsereins zumeist in Städten, wo künstliches Licht die Sterne überstrahlt. Nicht nur deswegen hat das Himmelszelt seinen hohen Rang als Projektionsfläche des herrschenden Weltbilds eingebüßt. Einst wölbte es sich als Domkuppel über dem irdischen Jammertal, dem Schauplatz von Sündenfall, Kreuzestod und Jüngstem Gericht. Als dagegen Giordano Bruno im 16. Jahrhundert die Unendlichkeit der Welten predigte, ließ die römische Kirche den Ketzer verbrennen.

Michael Springer
Das umkämpfte Internet
(April 2012)

Früher blätterte ich, um mich über naturwissenschaftliche Entwicklungen zu informieren, in den Heften von „Nature“ und „Science“; heute lese ich Wissenschaftsjournale online auf dem Bildschirm. Der mediale Paradigmenwechsel vom Druck zum Netz verändert aber nicht nur das Leseverhalten, sondern ist offenbar gerade dabei, den Status von Redaktionen und Verlagen umzukrempeln.

Michael Springer
Fliegen wie ein Vogel
(Mai 2012)

Flattern Sie auch so viel im Schlaf? In meinen Flugträumen spüre ich wenig von der verkappten Libido, die laut Freuds Traumdeutung im Spiel sein soll. Immer muss ich kräftig mit den Armen rudern, um nicht auf den Boden zu sacken, und komme nur mühsam voran. Um Hausgiebel oder Baumkronen zu überwinden, strample ich wie ein Taucher, der schleunigst an die Oberfläche will. Atemlos von der Mühe wache ich auf.

Michael Springer
Denken heißt Zweifeln
(Juni 2012)

Einmal kam meine Tochter verwirrt aus der Schule. In Religion waren Glaubenssätze durchgenommen worden, und der Lehrer hatte eingeräumt, dass Kirchenglaube und Wissenschaft in Konflikt geraten können. Doch dabei hatte er Religion und Naturforschung auf eine Stufe gestellt, indem er behauptete, auch Wissenschaft beruhe auf Glauben. Ein Physiker vertraue auf das Gesetz der Schwerkraft, wie ein Christ an Gott glaube. Die Tochter hatte an dieser Gleichsetzung Zweifel geäußert, war damit aber schlecht angekommen.

Michael Springer
Nebeneffekte der Killerdrohnen
(Juli 2012)

In Krisenregionen werden immer öfter ferngesteuerte Flugkörper eingesetzt. Solche Drohnen können Gegner nicht nur aufspüren, sondern auch mehr oder weniger gezielt umbringen. Nach Schätzungen der New America Foundation, einer regierungsnahen US-Denkfabrik, haben allein in Pakistan rund 300 Drohneneinsätze seit 2004 zwischen 1785 und 2771 Menschen getötet.

Michael Springer
Die Zukunft ist schon vergangen
(August 2012)

Bis in die 1950er Jahre war Sciencefiction Schund. Auf dem typischen Groschenheft prangte ein Rieseninsekt, das eine spärlich bekleidete Blondine in den Fängen hielt. Erst mit Isaac Asimov („Ich, der Robot“) und Arthur C. Clarke („2001“) kamen Geschichten auf, die man nicht mehr unter der Schulbank verstecken musste. Ray Bradbury, der in diesem Juni hochbetagt gestorben ist, erklomm mit „Fahrenheit 451“ sogar die Höhen der schönen Literatur, wie der Astronom und Sciencefiction-Autor David Brin in einem Nachruf auf den Vorläufer neidlos anerkennt (Nature, Bd. 486, S. 471).

Michael Springer
Wie man soziale Netzwerke manipuliert
(September 2012)

Das Netz ist eine feine Sache. An Stelle mehrbändiger Lexika nutze ich Wikipedia, Briefe schreibe ich nur noch per E-Mail, Zeitschriften lese ich online. Zwar komme ich noch ohne Facebook und Twitter aus, höre aber, dass viele Menschen – auch Berufspolitiker – sich ein Leben ohne elektronisches Dauergeplauder gar nicht mehr vorstellen können.

Michael Springer
Mit Higgs zum Mars
(Oktober 2012)

Der Sommer bescherte den Naturforschern zwei spektakuläre Erfolge auf ganz unterschiedlichen Gebieten. In der Elementarteilchenphysik wurde – „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ – das Higgs-Boson nachgewiesen, und der Marssonde Curiosity gelang eine Bilderbuchlandung auf dem roten Planeten.

Michael Springer
Viel Sex, kein Schlaf
(November 2012)

Der männliche Graubruststrandläufer (Calidris melanotos) ist nach menschlichen Moralmaßstäben ein echter Wüstling. Bis zu drei Wochen lang jagt er während der Brutzeit in arktischen Breiten ohne Unterbrechung hinter jedem weiblichen Bürzel her. Dabei machen es die Weibchen dem polygamen Verfolger wahrlich nicht leicht.

Michael Springer
Ist der Verbrecher schuldig oder krank?
(Dezember 2012)

Angenommen, mir ergeht es ähnlich wie Josef K. in Franz KafkasKafka, Franz Roman „Der Process“: Ohne mir einer Schuld bewusst zu sein, werde ich eines Tages verhaftet und angeklagt, eine Straftat begangen zu haben. Gerade hält der Staatsanwalt sein Plädoyer, in dem er Argumente anführt, die für eine drakonische StrafeStrafe sprechen. „Vor Ihnen steht heute ein unverbesserlicher Gewalttäter“, ruft er und zeigt theatralisch auf mich armen Sünder.

Michael Springer
Der steile Weg zur Anerkennung
(Januar 2013)

Wer nach mühsamer Forschungsarbeit seinen Artikel einer Fachzeitschrift zu Veröffentlichung einreicht, ist noch längst nicht am Ziel. Jetzt beginnt der nervenaufreibende Peer-ReviewPeer-Review -Prozess, die Begutachtung durch ausgewiesene Meister des Fachs.

Michael Springer
Wie weiblich ist die Wissenschaft?
(Februar 2013)

Als Lise MeitnerMeitner, Lise (1878–1968) im Jahr 1907 in Berlin mit dem jungen Chemiker Otto HahnHahn, Otto die Radioaktivität zu erforschen begann, war Frauen das Studieren in Preußen generell verboten. Die angehende Physikerin schlich durch den Hintereingang ins Institutsgebäude, durfte die Vorlesungsräume nicht betreten und musste zum Verrichten der Notdurft ein nahegelegenes Kaffeehaus aufsuchen. Für die Entdeckung der Kernspaltung erhielt Otto Hahn (1879–1968) später einen Nobelpreis; auch seine langjährige Mitarbeiterin hätte dafür gewiss die gleiche Auszeichnung verdient.

Michael Springer
Rituale des Aufruhrs
(März 2013)

Niemand sah den „arabischen Frühling“ kommen. Von einem Tag auf den anderen ergossen sich im Dezember 2010 Menschenmassen auf die Straßen von Tunis, und kurz darauf besetzten junge Ägypter den zentralen Platz Kairos. In rhythmischen Sprechchören forderten die Aufständischen den Sturz der Regierung.

Michael Springer
Geheimnisse eines Wurms
(April 2013)

Ray KurzweilKurzweil, Ray ist nicht nur ein höchst erfolgreicher Erfinder von Synthesizern, Muster- und Spracherkennungssoftware sowie seit kurzem Chefingenieur bei Google, sondern auch ein Technikprophet. Er hat öffentlich darauf gewettet, dass spätestens im Jahr 2029 erstmals Computer den so genannten Turingtest bestehen und somit in punkto Intelligenz nicht mehr von Menschen zu unterscheiden sein werden. Ab dieser „Singularität“ beginnt für Kurzweil und seine Adepten die Ära des Transhumanismus: Maschinen übernehmen die Führung der Evolution, die sich danach unvorstellbar rasend beschleunigen wird.

Michael Springer
Schlechte Zeiten für Genies?
(Mai 2013)

Als der Abiturient Max PlanckPlanck, Max im Jahr 1874 sein Interesse für Physik bekundete, riet ihm ein Münchener Professor dringend ab: In dem Fach sei schon so gut wie alles entdeckt. Planck hörte nicht darauf, und 1918 erhielt er für die Grundlegung der Quantenphysik den Nobelpreis. Sie hat das naturwissenschaftliche Weltbild so gründlich revolutioniert, dass bis heute über ihre Deutung keine endgültige Einigkeit besteht.

Michael Springer
Die (allzu) kleine Welt der Hirnforscher
(Juni 2013)

Der Large Hadron Collider bei Cern braucht rund eine Billion Proton-Proton-Kollisionen, um wenigstens eines der lange gesuchten Higgs-Teilchen zu produzieren. Darum dauerte es Jahre, bis die Physiker mit ausreichend hoher statistischer Wahrscheinlichkeit den Nachweis des Higgs bekanntgeben durften.

Michael Springer
Enttäuschende Bestätigung
(Juli 2013)

Die Medien suchen Sensationen. Als es vorübergehend so aussah, als hätten vom Forschungszentrum Cern ausgesandte Neutrinos auf ihrem Weg zum Gran-Sasso-Detektor bei Rom ÜberlichtgeschwindigkeitÜberlichtgeschwindigkeit erreicht, da rauschte es gewaltig im Blätterwald – fast lauter als beim Nachweis des Higgs-Teilchens durch den Large Hadron Collider bei Cern. Das eine hätte die etablierte Physik umgestoßen, das andere bestätigte bloß das Standardmodell der Teilchenphysik.

Michael Springer
Menschwerdung durch Lauf und Wurf
(August 2013)

Was macht uns zu Menschen? Was unterscheidet uns vom Tier? Um solche Fragen prinzipiell zu klären, etablierte sich zu Beginn des vorigen Jahrhunderts an Deutschlands Universitäten die philosophische Anthropologie. Sie kam im Wesentlichen zu dem Ergebnis, der Mensch sei – mit den Worten des Philosophen Friedrich NietzscheNietzsche, Friedrich – das „nicht festgestellte Tier“. Dadurch sei unsereins zwar weltoffen und flexibel, sozusagen wenig vorprogrammiert, aber dafür von Natur aus mit schwachen Sinnen und Instinkten ausgestattet und insofern den Tieren unterlegen.

Michael Springer
Das Netz gewinnt Macht
(September 2013)

Die Sciencefiction spielt längst mit dem Gedanken, technische Apparate könnten eines nicht allzu fernen Tages die Herrschaft übernehmen und die Menschheit knechten. Beispiele sind Filme wie „Colossus“, „I, Robot“ und „Terminator“. Doch anlässlich der Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward SnowdenSnowden, Edward zeigt sich wieder einmal, dass die technische Entwicklung jederzeit im Stande ist, die kühnsten Zukunftsvisionen zu übertreffen.

Michael Springer
Kostbarer Kot
(Oktober 2013)

In letzter Zeit befassen sich auffallend viele Fachartikel mit dem regen Leben in unserem Gedärm. Darmmikroben sind zwar winzig, aber so zahlreich, dass sie ein bis zwei Kilogramm zum Körpergewicht beitragen. In aller Regel handelt es sich um gutartige Symbionten, die sich beim Verdauen der Speisen nützlich machen und das allgemeine Wohlbefinden fördern – wozu schließlich auch ein guter Stuhlgang gehört.

Michael Springer
Beginnt die digitale Kohlenstoffära?
(November 2013)

Technologisch betrachtet leben wir im Siliziumzeitalter. Nichts prägt unsere Epoche mehr als das weltumspannende Netz der digitalen Elektronik, und deren Grundsubstanz ist nun einmal das Element mit dem chemischen Symbol Si, ein auf Erden praktisch unerschöpflich vorhandener Halbleiter.

Michael Springer
Die Erforschung der Forschung
(Dezember 2013)

Der österreichische Philosoph Karl Popper (1902–1994), der nach sozialistischen Anfängen bald zum strikten Gegner der Planwirtschaft konvertierte, lehnte jeden Versuch, die Zukunft vorherzusehen und Regeln für gesellschaftliche Entwicklungen aufzustellen, als gefährlichen Irrweg ab. Sein Hauptargument: Die Zukunft ist allein schon deswegen offen, weil der wissenschaftliche Erkenntnisprozess sich nicht planen lässt. In der Tat kommen Erfindungen und Entdeckungen stets überraschend – sonst wären sie nicht neu –, und oft krempeln sie die Gesellschaft gründlicher um, als Futurologen und Sciencefiction-Autoren es sich zuvor haben träumen lassen.

Michael Springer
Aus die Maus
(Januar 2014)

Wie entsteht ein neues Medikament, das Leiden lindern und der produzierenden Pharmafirma Gewinn bringen soll? Am Beginn des interdisziplinären Stafettenlaufs steht zunächst einmal die präklinische Forschung am Tiermodell, die meist in einem Universitätslabor stattfindet. Angenommen, dort entdecken Neurowissenschaftler, dass eine neu entdeckte Substanz das Gehirn von Mäusen nach einem Schlaganfall signifikant vor bleibenden Schäden bewahrt.

Michael Springer
Leben kurz nach dem Urknall
(Februar 2014)

Als Gymnasiast hörte ich, soeben habe der Philosoph des Absurden einen absurden Tod erlitten: Am 4. Januar 1960 starb der französische Schriftsteller Albert Camus, nur 47 Jahre alt, im Sportwagen seines Verlegers, als dieser gegen einen Alleebaum fuhr.

Michael Springer
Ist die Wissenschaft unmoralisch?
(März 2014)

Nichts verändert die moderne Welt unmittelbarer als Technik und Wissenschaft. Darum sollten Menschen, die deren Entwicklung vorantreiben, von der Pike auf lernen, sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst zu sein. Wie steht es darum?

Michael Springer
Kommen die Robotermiten?
(April 2014)

Die Dinosaurier – gewaltige Körper, kaum Hirn – waren zwar furchterregende Raubtiere, aber gewiss dümmer als wir. Folglich setzen wir hohe Intelligenz in der Regel mit einem großen Gehirn gleich. Darum werden außerirdische, uns weit überlegene Besucher in der klassischen Sciencefiction gern als schmächtige Wesen mit riesigen Häuptern vorgestellt.

Michael Springer
Schutz vor Daten
(Mai 2014)

Die Enthüllungen, die der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden seit Juni 2013 dosiert an die Presse liefert, haben das Unmaß der von privaten Konzernen und staatlichen Nachrichtendiensten angehäuften persönlichen Daten ins allgemeine Bewusstsein gerückt. Seitdem schleppt sich eine seltsam lust- und folgenlose Debatte dahin: Hat sich da ein militärisch-industrieller Informationskomplex etabliert?

Michael Springer
Im Licht des Smartphones
(Juni 2014)

Während in den wohlhabenden Industrieländern das Rauchen geächtet wird, sitzen Millionen Menschen in Asien und Afrika über offenem Feuer und inhalieren die Abgase von Holz, Holzkohle und Kerosin. Das tun sie im Unterschied zu Nikotinkonsumenten nicht zum Vergnügen, sondern weil sie keinen anderen Zugang zu Licht und Wärme haben. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass durch das Einatmen des Rauchs von primitiven Kochstellen und Kerosinlampen im Jahr 2012 weltweit mehr als vier Millionen Menschen vorzeitig gestorben sind.

Michael Springer
Schlechte Zeiten für Tellerwäscher
(Juli 2014)

Wir Menschen sind nicht alle gleich, und das ist auch gut so. Nicht jeder wird als Genie geboren, nicht alle können als Fußballstar, Schönheitskönigin oder Millionär reüssieren. Ansehen, Einkommen und Besitz sind höchst inhomogen verteilt.

Michael Springer
Wird Fracking den Energiehunger stillen?
(August 2014)

Je moderner die Welt wird, desto mehr Energie braucht sie – aber so modern, dass sie komplett erneuerbar zu wirtschaften vermag, wird sie auf absehbare Zeit nicht werden. Also müssen weiterhin in großem Stil fossile Quellen brennen. Die lagern leider nicht immer dort, wo sich der Bedarf ballt.

Michael Springer
Suggestive Sensationen
(September 2014)

Wer „Stammzellen“ googelt, findet zuoberst kommerzielle Anzeigen, die das Blaue vom Himmel versprechen: wundersame kosmetische Verwandlungen, Regeneration ganzer Organe, traumhafte Verjüngung. Auf der Stammzellmedizin lastet ein enormer Erwartungsdruck; weltweit untersuchen Forscherteams, ob pluripotente – in ihrem Entwicklungsweg noch nicht festgelegte – Körperzellen vielleicht eines Tages tatsächlich gezielt gegen Hirntumore oder Erkrankungen von Herz und Knochen eingesetzt werden können.

Michael Springer
Seltsame Zeichensprache der Natur
(Oktober 2014)

Manche Autoren schreiben dicke Bücher über China, ohne ein Wort Chinesisch zu können, aber wer das Reich der Mitte wirklich verstehen will, kommt ohne Kenntnis einiger tausend Schriftzeichen nicht aus. So verhält es sich auch mit der Natur: Ihr Buch ist nach Galileis berühmtem Ausspruch in mathematischen Schriftzeichen geschrieben, und ohne Differenzial und Integral, Logarithmen und komplexe Funktionen, Matrizen und Vektorräume gibt die Natur nicht ihre Geheimnisse preis.

Michael Springer
Eigensinnige Hummeln
(November 2014)

Im Vergleich zur Honigbiene spielt die Hummel für uns Menschen nur eine bescheidene Rolle. Während Imker seit Jahrtausenden den hoch organisierten Bienenstaaten Körbe und Kästen anbieten, um ihnen Wachs und Honig abzuluchsen, wurden die pummeligen Verwandten lange sich selbst überlassen – auch von der Wissenschaft. Der Verhaltensforscher Karl von Frisch (1886–1982) erhielt 1973 den Nobelpreis für seine Erforschung der Tanzsprache, mit der Honigbienen einander detailliert über Richtung und Entfernung von Quellen ergiebigen Blütennektars informieren.

Michael Springer
Was du nicht willst dass man dir tu…
(Dezember 2014)

Seit es Menschen gibt, streiten Philosophen, Juristen und Politiker darüber, was gerecht ist. Aber erst seit einem Jahrzehnt wird experimentell erforscht, ob ein natürliches Gerechtigkeitsempfinden auch bei tierischen Verwandten nachweisbar ist und somit evolutionäre Wurzeln hat.

Michael Springer
Der Forscher als Kinofigur
(Januar 2015)

Statt einmal mehr das übliche Ringelreihen von Delinquenten und Gesetzeshütern zu inszenieren, wagen neuerdings aufwendig produzierte Filme auch Wissenschaftler in spannende Handlungen zu verwickeln. In dem neuen Sciencefiction-Film „Interstellar“ von Christopher Nolan steht nicht weniger auf dem Spiel als die Rettung der Menschheit, und helfen kann nur avancierte Wissenschaft: Erst die – heutzutage noch utopische – Vermählung von Quantenmechanik und einsteinscher Relativitätstheorie zu einer Theorie der Quantengravitation ermöglicht es der kompletten Erdbevölkerung, von ihrer unwirtlich gewordenen Heimat durch ein Wurmloch in der Raumzeit zu fernen Planeten zu entwischen.

Michael Springer
Nachruf auf meine Privatsphäre
(März 2015)

Im Prinzip ist der Schutz meiner Privatsphäre gesetzlich garantiert. Er genießt in Deutschland Verfassungsrang, insbesondere durch die Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Grundgesetz) sowie durch das Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10). Ausnahmen von diesem Schutzprinzip sind als „Lauschangriffe“ gesetzlich geregelt und setzen „Gefahr im Verzug“ voraus.

Michael Springer
Ein Schachzug gegen die Malaria-Mücke
(April 2015)

Weltweit leiden 300 bis 500 Mio. Menschen unter den Fieberschüben der Malaria, und jährlich sterben rund eine Million infolgedessen an Entkräftung. Die Hälfte der Todesopfer sind Kleinkinder – Tendenz steigend. Malaria ist eine Krankheit der Armen: Sie wütet vor allem in Ländern, wo viele Menschen sich nicht einmal Moskitonetze und Mückensprays leisten können, ganz zu schweigen von teuren Medikamenten, die mangels kaufkräftiger Nachfrage auch nur schleppend weiterentwickelt werden.

Michael Springer
Bewusstseinsforschung mit Folgen
(Mai 2015)

Das europäische Human Brain Project (HBP) hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, in einem Supercomputer das gesamte menschliche Gehirn zu simulieren. Viele Forscher halten das Milliarden-Euro-Projekt allerdings für methodisch fragwürdig und forschungspolitisch unausgegoren. Besonders stört sie daran die stiefmütterliche Behandlung der Kognitionsforschung (Science, Bd. 347, S. 1406).

Michael Springer
Verschwenderische Transfusionen
(Juni 2015)

Einsparungen im Gesundheitswesen sind ein heikles Thema, denn schnell entsteht der Verdacht, sie gingen auf Kosten des Wohls kranker Menschen. Doch in einem besonderen Fall hat sich herausgestellt, dass der restriktive Umgang mit einer lebenswichtigen Ressource die Heilungschancen von Krankenhauspatienten sogar verbessern kann.

Michael Springer
Reise ins Unbekannte
(Juli 2015)

Wenn die zwei größten Wirtschaftsmächte der Erde – USA und EU – ein Abkommen vorbereiten, das Handelshemmnisse abbauen und Produktstandards angleichen soll, stehen naturgemäß ökonomische Interessen im Vordergrund. Doch das geplante Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) lässt auch den Wissenschaftsbetrieb nicht unberührt. Das wirft die Frage auf, wie gut in diesem Fall freier Handel und freie Forschung zusammenpassen.

Michael Springer
Zu schön, um wahr zu sein
(August 2015)

Wer wünscht sich nicht, dass stereotype Meinungen, die bestimmte Bevölkerungsgruppen diskriminieren, möglichst schnell, einfach und gründlich abgebaut werden? Und oft heißt es, das beste Mittel gegen Vorurteile sei die persönliche Bekanntschaft mit Menschen, die Opfer solcher Stereotype sind. Kein Wunder, dass eine im renommierten Wissenschaftsmagazin „Science“ publizierte Studie zu diesem Thema große Resonanz weit über die Fachwelt hinaus fand (Science, Bd. 46, S. 1366).

Michael Springer
Wann wächst uns die Künstliche Intelligenz über den Kopf?
(September 2015)

Können intelligente Maschinen jemals dem Geist das Wasser reichen? Wenn ich mich unter Freunden und Bekannten umhöre, überwiegt die Skepsis: Niemals, so die vorherrschende Meinung, werden die Fortschritte der Künstlichen Intelligenz (KI) den Fähigkeiten unseres Denkens nahekommen.

Michael Springer
Wie man ein Netz beeinflusst – oder zerstört
(Oktober 2015)

Früher präsentierten Herrscher ihre geballte Macht pomphaft in Burgen und Schlössern, und der Sturm auf ein symbolisches Zentrum – ob Bastille oder Winterpalais – konnte das Ende einer Monarchie besiegeln. In modernen Gesellschaften wohnt die Macht anonymer. Darum laufen Proteststürme ins Leere und erschöpfen sich rasch – siehe die Occupy-Bewegungen in westlichen Ländern oder der so genannte arabische Frühling.

Michael Springer
Erratische Energiemärkte
(November 2015)

Die Wirtschaft ist – wie das Wetter – ein komplexes Phänomen, das sich nicht durch einfache Modelle simulieren lässt. Doch während niemand auf die Idee käme, ein Klimamodell aufzustellen, in dem der lokale Ausgleich der Temperaturunterschiede global zu dauerhaft mildem Wetter führt, behauptet das Standardmodell der Marktwirtschaft genau dies: Angebot und Nachfrage pendeln sich in fortwährend freiem Wechselspiel zu Preisen ein, welche die optimale Allokation aller Güter garantieren.

Michael Springer
Muss Verhütung Frauensache bleiben?
(Dezember 2015)

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts etablierte sich die „Antibabypille“ in den Industrienationen als das häufigste Mittel zur Empfängnisverhütung. Die dadurch enorm erleichterte Trennung von Liebesakt und Schwangerschaft wurde weithin – das heißt außerhalb des kirchlichen Einflussbereichs – als sexuelle Befreiung begrüßt. Die medikamentöse Verhütungspraxis besitzt allerdings bis heute eine wenig diskutierte Schlagseite: Sie ist reine Frauensache.

Michael Springer
Was kostet der Klimawandel?
(Januar 2016)

Ein so komplexes System wie das globale Klima lässt sich nur schwer prognostizieren, doch dass die industrielle Weltwirtschaft mit ihren Emissionen zur Erderwärmung beiträgt, ist unter Klimatologen kaum noch strittig. Die Frage ist nur, wie einschneidend die Folgen des anthropogenen Klimawandels sein werden. Die so genannten Klimaskeptiker unterstellen den Warnern panischen Alarmismus; sie plädieren für Abwarten und vermuten gelegentlich, ein bisschen höhere Temperaturen könnten der Wirtschaft sogar ganz guttun.

Michael Springer
Maschinen lernen immer schneller
(Februar 2016)

Schon Kinder sind fähig, auf einen Blick zu begreifen, dass ein vierrädriges Spielzeug ein Auto darstellt, während etwas mit zwei Rädern wohl ein Fahr- oder Motorrad ist – und dass beides Menschen befördert. Einem noch so „intelligenten“ Computer muss eine vergleichbare Leistung mühsam beigebracht werden, indem ihm menschliche Lehrer Hunderte von Beispielen präsentieren und ihn solange trainieren, bis er eine bestimmte Klasse von Objekten halbwegs richtig „erkennt“. Mit der Spontaneität und Flexibilität menschlicher Begriffsbildung kann bislang keine Maschine auch nur entfernt mithalten.

Michael Springer
Geheimnisvolle Vagina
(März 2016)

Die abendländische Forschung entstand in patriarchalischen Gesellschaften, und in vielen Bereichen dominiert der männliche Blick noch heute. Obwohl Sigmund Freud vorwiegend weibliche Klienten psychoanalysierte, blieb die Frau für ihn nach eigener Aussage ein „dunkler Kontinent“. Den Ursprung der Neugier des Wissenschaftlers – seinerzeit gab es kaum Forscherinnen – sah Freud im Erlebnis der „Urszene“: Der Knabe belauscht die Eltern beim für ihn unbegreiflichen Geschlechtsakt und versucht sich einen Reim darauf zu machen.

Michael Springer
Nachruf auf Moores Gesetz
(April 2016)

Es gibt Prognosen, die so wenig besagen, dass sie einem Scherz gleichkommen – zum Beispiel Murphys Gesetz, benannt nach einem amerikanischen Raketeningenieur: „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ Schon ernster zu nehmen ist die Faustregel, die Gordon Moore, Mitgründer der Chipfirma Intel, 1965 formulierte: Alle ein bis zwei Jahre verdoppelt sich die Anzahl der Transistoren, die auf einen Mikroprozessor passen, und entsprechend steigt die Rechenleistung mit der Zeit exponentiell.

Michael Springer
Der schwere Weg zur Kreislaufwirtschaft
(Mai 2016)

Der giftige Smog, der den Einwohnern Pekings den Atem nimmt, ist nur ein chinesisches Umweltproblem unter vielen. Das gewaltige, gegen Mensch und Natur wenig rücksichtsvolle Wirtschaftswachstum der letzten Jahrzehnte hat die Umwelt so sehr belastet, dass manche Ökonomen meinen, Chinas Wachstumsbilanz wäre eigentlich negativ, wenn man alle „externen“ Kosten der Umweltzerstörung einbezöge.

Michael Springer
Die Erbmasse wird Rohstoff
(Juni 2016)

Wenn weiße Champignons längere Zeit im Supermarktregal liegen, werden sie unansehnlich: Sie bekommen braune Flecken und überziehen sich mit unappetitlichem Schleim. Schuld ist das Enzym Polyphenoloxidase. Lässt sich seine Entstehung verhindern? Nichts leichter als das.

Michael Springer
Denken macht hungrig
(Juli 2016)

Wie jeder Zoobesucher sofort sieht, ist über der Braue des Gorillas weniger Platz für ein Gehirn als hinter unserer steilen Denkerstirn. Das macht uns zu Menschen, darauf sind wir stolz. Doch die vielen grauen Zellen brauchen viel Energie.

Michael Springer
Problematische Moral der Maschinen
(August 2016)

Polizist Del Spooner hasst die humanoiden Roboter, die anno 2035 das Straßenbild beherrschen. Den Grund erklärt der Film „I, Robot“ mit einer Rückblende: Als bei einem Unfall sowohl Spooner als auch ein kleines Mädchen zu ertrinken drohten, rettete ein vorbeikommender Roboter ihn statt des Mädchens, weil er Spooners Überlebenswahrscheinlichkeit deutlich höher einstufte als ihre.

Michael Springer
Dringend gesucht: intelligente Energienetze
(September 2016)

Die so genannte Energiewende ist nach wie vor umstritten. Kann es gelingen, das Verfeuern von Kohle, Öl und Gas innerhalb weniger Jahrzehnte komplett durch Wasserkraft, Windräder und Sonnenkollektoren zu ersetzen? Das größte Hindernis für den ehrgeizigen Plan stellt das launische Wetter dar.

Michael Springer
Wo die Armen wohnen
(Oktober 2016)

Global gesehen lebt jeder zehnte Mensch unter der absoluten Armutsgrenze, welche die Weltbank auf 1,90 US$ pro Kopf und Tag festgesetzt hat. Um diesen für unsere hiesigen Lebensverhältnisse unvorstellbar niedrigen Wert wirksam anzuheben, braucht gezielte Entwicklungspolitik genaue Auskunft über jene Regionen, die am dringendsten Hilfe benötigen.

Michael Springer
Welt ohne Geld
(November 2016)

Kürzlich feierte die Fernsehserie „Raumschiff Enterprise“ ihren 50. Geburtstag. Ihr Schöpfer Gene Roddenberry (1921–1991) siedelte sie in einer fernen Zukunft an, in der die Menschheit einen utopischen Zustand genießt. Unter anderem hat sie das Geld völlig abgeschafft, ohne deshalb in primitiven Tauschhandel zurückzufallen.

Michael Springer
Wer ist willkommen?
(Dezember 2016)

Die aktuellen Konflikte im Nahen Osten machen Millionen von Menschen heimatlos. Die meisten irren als Binnenflüchtlinge im Land umher oder fallen den wirtschaftsschwachen Nachbarstaaten zur Last. Viele riskieren aber auch die abenteuerliche Flucht über mehrere Landesgrenzen oder das Mittelmeer.

Michael Springer
Überraschung!
(Januar 2017)

Beide Male waren sich die Meinungsforscher einig: Die Briten würden im Juni 2016 mehrheitlich für den Verbleib in der Europäischen Union stimmen, und im November sollte Hillary Clinton die US-Präsidentschaft gewinnen. Zwar gab es jeweils ein Kopf-an-Kopf-Rennen wechselnder Mehrheiten, aber üblicherweise sind die Algorithmen der Demoskopen durchaus fähig, aus ein paar tausend Befragungen zuverlässige Voraussagen über den Ausgang einer Wahl zu treffen.

Michael Springer
Überraschungen aus der Handy-Forschung
(Februar 2017)

In Wartezimmern, Cafés und öffentlichen Verkehrsmitteln sahen die Leute früher aus dem Fenster, in die Zeitung, manchmal in ein Buch. Heute sind fast alle mit ihrem Handy oder Smartphone beschäftigt. Oft sitzen im Restaurant ganze Familien um einen Tisch, die kaum ein Wort miteinander wechseln, sondern jeweils das private Display mustern.

Michael Springer
What You See Is What You Get
(März 2017)

In der Schule lernten wir das Weber-Fechner-Gesetz, benannt nach den deutschen Naturforschern Ernst Heinrich Weber (1795–1878) und Gustav Theodor Fechner (1801–1887). Es besagt, dass die physiologische Stärke einer Reizempfindung nicht proportional zur physikalischen Intensität des Reizes wächst, sondern mit dem Logarithmus, das heißt umso schwächer, je größer der Reiz schon ist. Wenn wir in einem dunklen Zimmer erst eine, dann zwei Lampen anknipsen, erleben wir eine Verdopplung der Helligkeit.

Michael Springer
Demokratie mit Zusatzjoker
(April 2017)

Da die Völker von einsamen Entscheidern – ob Fürst oder König, Diktator oder Führer – im Lauf der Geschichte wohl genug bekommen haben, gaben sie zunehmend dem Prinzip der Demokratie den Vorzug: Man trifft Beschlüsse gemeinsam, man stimmt (sich) ab. Aber das allein ist noch keine Garantie für perfekt rationales Verhalten der Gemeinschaft. Ist die Klugheit der Gruppe tatsächlich der Kompetenz einzelner Experten überlegen?

Michael Springer
Zukunftstechnik sucht spendable Kunden
(Mai 2017)

Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein seriöses Unternehmen eine Technik auf den Markt wirft, die es noch gar nicht gibt. Nur närrische Millionäre buchen schon jetzt ihre künftige Weltraumreise – oder ein Tiefkühlfach, um per Kryotechnik in ferner Zukunft zu erwachen. Doch nun kündigt ein in der Informationstechnik (IT) führender Konzern noch für dieses Jahr einen praktikablen QuantencomputerQuantencomputer an, auf dem ab sofort jedermann gegen Gebühr Rechenzeit reservieren kann (Nature, Bd. 543, S. 159).

Michael Springer
Der Erde wird das Wasser knapp
(Juni 2017)

Bei der aktuellen Suche nach Planeten, die um fremde Sterne kreisen, ist stets die erste Frage: Existiert auf den fernen Welten ein lebensfreundliches Milieu? Mit anderen Worten: Kann es dort flüssiges WasserWasser geben?

Michael Springer
Automatische Vorurteile
(Juli 2017)

Apple hat Siri, Microsoft kommt mit Cortana, und bei Amazon versteht Alexa fast jeden Wunsch, den ein sprechender Plastikzylinder zu erfüllen vermag: Die Auffassungsgabe dieser „intelligenten persönlichen Assistenten“ ist wirklich verblüffend. Hinter der Suggestion, dass ich mich mit einem Ding unterhalte wie mit einem grenzenlos diensteifrigen Menschen, stecken Jahrzehnte millionenschwerer Entwicklungsarbeit für Künstliche Intelligenz (KIKünstliche Intelligenz (KI) ) und maschinelles Lernen.

Michael Springer
Korruptionsbekämpfung mit Hindernissen
(August 2017)

Öffentliche Hilfsgelder bilden ein Maß für das soziale Gewissen einer Gesellschaft. Allerdings müssen sie die Richtigen erreichen; das Geld soll nicht in dunklen Kanälen verschwinden und am Ende bei Betrügern landen. Nur: Wie schafft man das? Es erweist sich als erstaunlich schwierig, die Wirkung von Hilfsmaßnahmen zu überprüfen – und erst recht, die überraschenden Nebenwirkungen der Kontrolle vorherzusehen.

Michael Springer
KI →ML
(September 2017)

Als der US-Physiker Douglas R. HofstadterHofstadter, Douglas R. 1979 sein so originelles wie tiefsinniges Buch „Gödel, Escher, Bach“ veröffentlichte, steckte die KIKünstliche Intelligenz (KI) -Forschung in den Kinderschuhen – und kam anscheinend kaum aus ihnen heraus. Der Autor versuchte dennoch, aus dem damaligen (Still-)Stand kühne Folgerungen für die künftige Konvergenz von Bewusstseins- und Computerforschung zu ziehen. Die wesentliche Hemmschranke der KI sah Hofstadter in deren Unfähigkeit, so genannte seltsame Schleifen zu simulieren, das heißt selbstbezügliche Programmschritte zu vollziehen.

Michael Springer
Die Liebe in den Zeiten der Roboter
(Oktober 2017)

Seit lernfähige Computer menschliche Meisterspieler nicht nur im Schach schlagen, sondern neuerdings auch bei Go gewinnen und im Poker siegreich bluffen, zeichnet sich eine Zukunft ab, in der sie uns auf Augenhöhe gegenübertreten, zum Beispiel als Helfer im Wissenschaftsbetrieb – und tendenziell sogar als uns überlegene Kollegen (siehe meinen vorigen Einwurf).

Michael Springer
Raubtiere im Blätterwald
(November 2017)

Angenommen, Sie sind ein aufstrebender Forscher, haben an einem medizinischen Kongress teilgenommen und durften einen Vortrag halten, der gut ankam. Bald danach werden Sie per E-Mail eingeladen, Ihre Erkenntnisse in einem neuen Fachjournal zu publizieren, das noch Autoren sucht. Geschmeichelt sagen Sie zu und liefern ein Manuskript, das mit kleinen Änderungen akzeptiert wird.

Michael Springer
Wie arbeiten unsere Enkel?
(Dezember 2017)

Die Sorge, Maschinen würden den Menschen die Arbeit wegnehmen, ist ein alter Hut. Schon Ende des 18. Jahrhunderts revoltierten englische Strumpfwirker gegen die neuen Webstühle, die von Ungelernten – oft Kindern – bedient werden konnten. Im Lauf der industriellen Revolution und erst recht mit dem Einzug von Industrierobotern in die Werkhallen wurden immer wieder Stimmen laut, die ein „Verschwinden der Arbeit“ vorhersagten: Vor den Werktoren automatischer Fabriken würden Massen von Arbeitslosen demonstrieren.

Michael Springer
Quantenschein und Quantenwahrheit
(Januar 2018)

Demnächst sollen Geräte auf den Markt kommen, die exotische Phänomene wie Quantenverschränkung und -superposition nutzen, um nie dagewesene Rechenkunststücke auszuführen. Wenn man wiederkehrenden Meldungen im Wirtschaftsteil seriöser Tageszeitungen Glauben schenkt, ist das nur noch eine Frage von Monaten.

Michael Springer
Künstliche Gehirne
(Februar 2018)

In den 1940er Jahren fragte sich der österreichische Philosoph Ludwig WittgensteinWittgenstein, Ludwig , was es bedeutet, einem anderen Menschen Bewusstsein zuzubilligen – oder abzuerkennen: „Sag dir etwa: ‚Die Kinder dort sind bloße Automaten; alle ihre Lebendigkeit ist bloß automatisch.‘ Und diese Worte werden dir entweder gänzlich nichtssagend werden; oder du wirst in dir etwa eine Art unheimliches Gefühl, oder dergleichen, erzeugen“ (Philosophische Untersuchungen, Nr. 420).

Michael Springer
Helllichte Nächte
(März 2018)

Vor einigen Jahren fuhr ich spätabends im Auto aus der senegalesischen Stadt Thiès ins Land hinein. Nach einer Weile umgab mich – bis auf das prächtige Sternenzelt über mir und die Scheinwerferkegel vor mir – abgrundtiefe Finsternis. Nur gelegentlich flackerte am Horizont ein offenes Feuer und signalisierte menschliches Leben.

Michael Springer
Urknall in Serie
(April 2018)

Eine Fernsehserie muss möglichst viele Zuschauer für das Wohl und Wehe der Protagonisten interessieren. In der deutschen Seifenoper „Lindenstraße“ schlagen sich Bürger wie du und ich mit Alltagsproblemen herum, und in Arztserien à la „Schwarzwaldklinik“ geht es um ewige Menschheitsthemen: Gesundheit und Krankheit, Leben und Tod. Hingegen dürfte die Idee, ein paar junge Spezialwissenschaftler in den Mittelpunkt einer Sitcom zu stellen, den Machern des US-Senders CBS zunächst ziemlich verrückt vorgekommen sein.

Michael Springer
Landwirtschaft und Datenhunger
(Mai 2018)

Wie lässt sich eine Weltbevölkerung ernähren, die zum Ende dieses Jahrhunderts auf zehn Milliarden Menschen anwachsen wird? Gewiss nur mit intensiver Landwirtschaft – aber führt die nicht unweigerlich zu anfälligen Monokulturen, Überdüngung und Bodenerosion? Kann eine ausreichende NahrungsproduktionNahrungsproduktion also überhaupt nachhaltig funktionieren?

Michael Springer
Wettrüsten im Cyberraum
(Juni 2018)

Allein in den USA war das InternetInternet 2017 laut FBI rund 4000-mal pro Tag Schauplatz von so genannten Ransomware-Angriffen; die Erpressungssoftware verschlüsselt alle Daten des Attackierten und verlangt für die Wiederherstellung Geld. Doch das ist nur die Spitze eines wachsenden Eisbergs. Der weltweite Schaden durch CyberattackenCyberattacke aller Art, für 2017 auf fünf Milliarden Dollar geschätzt, könnte bis 2021 auf sechs Billionen Dollar anwachsen.

Michael Springer
Wo erleben wir?
(Juli 2018)

Nicht nur Philosophen interessieren sich seit jeher für die Voraussetzungen, unter denen wir einer Farbe oder eines Schmerzes gewahr werden. Naturforscher fragen: Lässt sich für bewusstes Empfinden ein eng umschriebenes Hirnareal verantwortlich machen – oder reicht nicht einmal das gesamte Gehirn dafür aus? Brauchen wir nicht stets auch einen Körper?

Michael Springer
Von Daten zu Taten
(August 2018)

Wir kennen das aus Krimis: Wenn die Polizei am Tatort eine DNA-Spur findet, durchforstet sie die forensischen Dateien nach einem passenden genetischen Fingerabdruck – doch mit Erfolg nur, sofern der Gesuchte schon bei einer früheren Straftat identifiziert wurde. Im Zeitalter von Big Data muss diese Einschränkung nicht mehr gelten. Seit Familienforscher genealogische Datenbanken füttern und Gesundheitsbewusste ihre ererbten Krankheitsrisiken recherchieren, entsteht eine Unmenge nichtforensischer Daten.

Michael Springer
Vom Glauben zum Wissen und wieder zurück. Ein Essay
(Januar 2007)

Am 12. September 2006 hielt Papst Benedikt XVI.Benedikt XVI. an der Universität Regensburg einen Vortrag über das Verhältnis von Glaube und Vernunft, der zunächst wegen einer Passage über den Islam Aufsehen erregte: Anhand eines historischen Zitats wollte das Oberhaupt der katholischen Kirche belegen, dass ein Glaube ohne Vernunft – wofür der Islam herhalten sollte – in die Irre gehen müsse. Als positives Gegenbeispiel hob Benedikt die Synthese von altgriechischer Philosophie und Christentum hervor, die er zum Paradigma einer gelungenen Vereinigung von Vernunft und Glaube erklärte.

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Backmatter
Metadaten
Titel
Lauter Überraschungen
verfasst von
Dr. Michael Springer
Copyright-Jahr
2019
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-58229-9
Print ISBN
978-3-662-58228-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-58229-9

    Marktübersichten

    Die im Laufe eines Jahres in der „adhäsion“ veröffentlichten Marktübersichten helfen Anwendern verschiedenster Branchen, sich einen gezielten Überblick über Lieferantenangebote zu verschaffen.