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16.10.2012 | Management + Führung | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wenn ein Unternehmen in die Paralyse strudelt

verfasst von: Andreas Nölting

3:30 Min. Lesedauer

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Auch ein Konzern kann unter einem Burnout leiden und zu einem ausgebrannten Gebilde verkommen. Der Unternehmensberater und Autor Gustav Greve erklärt im Interview, welches die Symptome eines Organizational Burnouts sind und wie man den Stillstand kurieren kann.

Springer für Professionals: Herr Greve, haben Sie als Erster das Phänomen Organizational Burnout entdeckt und den Begriff entwickelt?

Gustav Greve: Ja, tatsächlich gab es den Begriff zuvor noch nicht und deshalb wurde er als Marke geschützt. Ich arbeite seit vielen Jahren als Unternehmensberater. Immer wieder erlebte ich die Situation, dass wir Reorganisations-Mandate übernommen und umgesetzt haben. Wenn ich mich später dann nach dem Erfolg erkundigte, hieß es häufig: "Eigentlich ist alles noch immer so, wie es auch vorher war." Das hat mich beunruhigt und so habe ich lange über die Ursachen sinniert. Irgendwann machte es dann in meinem Kopf "Klick" und ich kam auf diesen Zusammenhang, auch wegen der Analogie zum persönlichen Burnout. Wenn es also intelligente Organisationen und emotionale Unternehmen gibt, auch solche mit Charakter, warum sollen solche Unternehmen nicht ausbrennen können wie emotionale, intelligente Menschen auch.

Was sind die Symptome eines Organizational Burnouts?

Es fängt zunächst damit an, dass ein Unternehmen erfolgreich ist und in einem eingeschwungenen Modus seine Märkte bedient. Dann plötzlich wird der Markt rätselhaft, er verändert sich, und das Management ist ratlos. Der Vertrieb hat keine Erfolge mehr, sondern nur noch Ausreden. Wenn ein Unternehmen gut mit einer solchen Situation umgeht, die Dinge beim Namen nennt und gegen die Probleme ankämpft, dann kommt es aus dieser temporären Krise wieder heraus.  In dem Moment aber, wo die Symptome verleugnet werden und so getan wird, als wenn andere Schuld seien und diese Ausreden vom Management kollektiv geduldet werden, strudelt ein Unternehmen in die Paralyse und hilft sich nicht mehr selbst.

Können Sie uns ein reales Beispiel nennen?

Die Deutsche Bahn AG hat diese Symptome seit Jahren nach außen signalisiert. Vor einem Jahr hörte ich einen Vortrag von Herrn Grube über all das, was er bei seinem Antritt als Chef vorfand. Das war ein Katalog einer Organisation im Burnout. Die Mitarbeiter hielten den Betrieb operativ gerade noch aufrecht, obwohl die Verantwortlichen ständig wechseln und immer neue Ansagen machen.

Sind große Unternehmen für einen Burnout anfälliger als kleine?

Ja, weil sie häufig mehr Hierarchiestufen haben als notwendig. Jede Managementstufe möchte dann einen kleinen Managementgewinn erzielen. Wenn also ein CEO etwa die Ansage macht, fünf Prozent mehr in den nächsten 12 Monaten zu erzielen, dann werden daraus sieben Prozent mehr in den nächsten neun Monaten und so weiter. Es werden unrealistische Ziele genannt, weil jede Managementebene gut dastehen möchte, um dem Strukturhöheren eine Erfolgsmeldung zu geben

Ist ein Organizational Burnout nicht einfach die Summe aller ausgebrannten Mitarbeiter?

Nein. Selbst wenn kein einziger Mitarbeiter unter einem Burnout leiden würde, könnte eine Organisation in eine solche Situation geraten. Ein Unternehmen hat eine eigene Kultur. Wenn beispielsweise ein gesamtes Team, das im Unternehmen A erfolgreich war, in ein Unternehmen B wechselt und dort eben nicht erfolgreich ist, darf man daraus schließen, dass eine Organisation mit all ihren Regeln und der speziellen Kultur eine Person sui generis ist. Eine solche Organisation kann eben ausbrennen, selbst wenn alle Mitarbeiter topfit sind.

Wie kann ein Organizational Burnout therapiert werden?

Das Wichtigste ist zunächst eine Primär-Akzeptanz des Managements. Die Probleme müssen akzeptiert und untersucht werden. Es gibt zwei wesentliche Säulen der Therapie, die Struktur- und die Kulturtherapie. Angepackt werden müssen die Themen aus beiden Bereichen - also Strategie, Prozesse und Organisation sowie Führung, Vertrauenskultur und Kommunikation. Zu einem Neubeginn gehört auch der sichtbare Neustart in der Führung, um wieder Vertrauen zueinander zu fassen. Das ist der Schlüssel für den Weg aus dem Organizational Burnout: Sich selbst wieder etwas zuzutrauen und Vertrauen in die Zukunft der Organisation zu haben.

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