Auf Youtube finden sich jede Menge überforderte Pressesprecher

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Journalisten die vorm Mikrofon lispeln, Top-Manager, die sich bei der Bilanz-PK verhaspeln: Warum allen ein Sprechtraninig nicht schaden kann, erklärt Springer-Autor Michael Rossié im Interview.

Die großen Sender haben eine Zeit lang Maßnahmen zur Sprecherziehung heruntergefahren – mit der Konsequenz, das in Radio und TV Beiträge schlecht 'gesprochen' wurden. Ist das noch immer so?

Ich fürchte, das wird sich auch nicht mehr ändern. Heute kommen auf Journalisten so viele zusätzliche Aufgaben zu, so dass die Sprecherziehung nur ein Fach unter ganz vielen ist. Manchmal ist nicht mal mehr Zeit für eine saubere Recherche oder Vorbereitung auf die Sendung. Außerdem verstehen die Verantwortlichen immer weniger davon, wie es richtig sein muss. Nur sehr große Auffälligkeiten wie S-Fehler, Nuscheln oder starke Dialektfehler fallen auf. Wellenförmige Satzmelodien, falsche Pausen und unsinnige Betonungen kritisiert heute kaum jemand. Man findet den Sprecher nur "irgendwie nicht so gut".

Warum ist Sprechertraining auch für Pressesprecher relevant?

Pressesprecher geben heute nicht nur vorbereitete Statements ab, sondern Sie stehen teilweise selbst Frage und Antwort auf Pressekonferenzen, leiten und moderieren Veranstaltungen mit der Presse und müssen sich auskennen, um ihre Chefs besser auf eine Arbeit in der Öffentlichkeit vorbereiten zu können. Auf Youtube finden sich inzwischen jede Menge Beispiele von völlig überforderten oder mangelhaft vorbereiteten Pressesprechern.

In welchen Situationen können Top-Manager vom Sprechtraining profitieren?

Top-Manager stehen in der Öffentlichkeit für das Unternehmen, dem sie vorstehen. Und wenn sie sympathisch, souverän und kompetent rüberkommen, übertrage ich das auf die Firma. Das ist nicht nur für börsennotierte Unternehmen unbezahlbar. Außerdem zeigt gerade die Kommunikation in Krisensituationen, wie gut ein Manager wirklich ist. Clevere Politiker profitieren in den Medien ja sogar von Naturkatastrophen.

Wie wird eine saubere Artikulation, das richtige Atmen, die richtige Betonung bei der Sprecherziehung vermittelt?

Bei schweren Fehlern geht ohne einen Sprecherzieher oder Logopäden gar nichts. Mein Buch soll sensibilisieren, ich mache Fehler vor und ich rege an, genau hinzuhören. Bei sich selbst und anderen. Wenn die Aussprache nicht stimmt, braucht man professionelle Hilfe. Auch bei einer Fehlatmung können ein paar Stunden Atemtechnik Wunder bewirken. Die richtige Betonung zum Beispiel kann man mit einem Buch aber wunderbar vermitteln.

Jeder Mensch hat bei bestimmten Verhaltensweisen eine niedrige Toleranzschwäche. Bei welchem Aussprachefehler, bei welcher dialektalen Färbung oder Ähnlichem zucken Sie als Sprechtrainer innerlich zusammen?

Ein großartiger Journalist, der lispelt, stört mich weniger. Auch ein oberwitziger Radiomoderator, der Dialekt spricht ist kein Problem. Ich habe eher Schwierigkeiten mit den übertrainierten Sprechern. Wenn jemand die Sätze kaut, um nur ja keine Silbe zu verschlucken, 'Määääädchen' sagt, die Sätze singt und bewusst langsam spricht, um sich nicht zu versprechen, da werde ich so abgelenkt, dass ich keinen Spaß mehr an seinem Beitrag habe.