Skip to main content

2014 | Buch

Nachhaltige Logistik

Zukunftsfähige Netzwerk- und Prozessmodelle

verfasst von: Wolf-Rüdiger Bretzke

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Aufbauend auf einer eigenständigen Definition des Nachhaltigkeitsbegriffes werden in diesem Buch weitere Anpassungsstrategien entwickelt, die eine Entkopplung des Transportwachstums vom Wirtschaftswachstum ermöglichen und die dazu beitragen können, die Mobilität als Grundlage unserer arbeitsteiligen Wirtschaft zu erhalten. Dabei geraten nicht nur Logistikmodelle auf den Prüfstand, sondern auch die übergeordneten Marketingstrategien und Geschäftsmodelle, deren Anforderungen die moderne Logistik geprägt haben. Bislang hat kaum jemand die Nebenwirkungen der so entstandenen Modelle analysiert, obwohl diese immer wieder mit dem Nachhaltigkeitsgebot in Konflikt geraten. Von zentraler Bedeutung ist dabei der Umgang mit dem Faktor Zeit. Das Buch zeigt Auswege aus der Komplexitätsfalle, in die wir uns durch selbst erzeugte Zeitverknappungen hineinmanövriert haben.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Grundlagen
Zusammenfassung
Im ersten Kapitel werden nach einer Klärung des Ausgangssituation, die die Bedeutung der Logistik für das Thema umreißt und mit Zahlen belegt, und nach der Definition der Zielsetzung des Buches dessen begrifflich-konzeptionellen Grundlagen erarbeitet. Im Vordergrund steht dabei zunächst die Klärung des Nachhaltigkeitsbegriffes, dessen inflationäre Nutzung im täglichen Sprachgebrauch eine Präzisierung erzwingt. Im Zusammenhang mit dieser Explikation werden erste grundlegende Konzepte wie das Modell externer Kosten und dessen Problematik erörtert, deren Kenntnis für den weiteren Verlauf der Analyse vorausgesetzt werden muss. Es werden die drei Referenzsysteme der Nachhaltigkeit abgegrenzt, die dieser Arbeit zugrunde gelegt sind und zu denen hier auch der Sektor Mobilität gezählt wird, und es werden die zwischen ihnen bestehenden Interdependenzen offen gelegt. In einem weiteren Abschnitt werden dann die drei wesentlichen Determinanten herausgearbeitet, deren Veränderung die Logistik zukünftig zu grundlegenden Systemanpassungen zwingen wird. Dabei wird der Analyse ein Planungshorizont von fünfzehn Jahren vorgegeben.
Insgesamt spanne ich im einleitenden Kapitel bewusst einen breiteren Analysehorizont auf, bevor ich mich dann auf fachspezifische Fragen der Logistik konzentriere. Wenn wir als Logistiker in der allgemeinen Diskussion um Nachhaltigkeitsfragen eine auf unserem Fachgebiet noch bestehende Lücke schließen wollen, dann müssen wir nicht nur den breiteren Kontext dieser Debatte verstehen, um auf Augenhöhe mitreden zu können. Vor allem müssen wir die Interdependenzen erkennen, über die die Logistik mit der Gesamtwirtschaft verwoben ist, auch und gerade bei ihrem Bemühen um Nachhaltigkeit. Am stärksten ausgeprägt sind diese Interdependenzen im Verkehrssektor, d. h. beim Thema Mobilität.
Wolf-Rüdiger Bretzke
2. Strategien und Konzepte zur Förderung der Nachhaltigkeit
Zusammenfassung
Maßnahmen zur Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftens werfen besondere Probleme der Erfolgskontrolle auf. In einem ersten Unterkapitel werden deshalb, bezogen auf die drei vorab definierten Referenzsysteme, die spezifischen Schwierigkeiten analysiert, die mit der Bestimmung operationaler Zielvorgaben sowie deren Überwachung in der Praxis verbunden sind. Das erste konkrete Analysefeld leuchtet den zu erwartenden Beitrag aus, den technologische Entwicklungen in der Logistik zu Reduzierung von Schadstoffemissionen leisten können. Da Innovationen naturgemäß nur begrenzt vorausgesagt werden können, und da der Fokus des Buches auf Handlungsoptionen in Politik und Wirtschaft liegt, hat dieses Kapitel eher den Charakter eines Exkurses mit beispielhaften Lösungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Hinsichtlich der eingangs behandelten Messprobleme geht es bei Innovationen vornehmlich um Potenzialabschätzungen und um technologiespezifische Vermeidungskosten.
Im Vergleich zu vielen Schwellenländern in Südamerika, Ost-Europa und Asien mag die westeuroäische Verkehrsinfrastruktur gerade zu als vorbildlich ersheinen. Gleichwohl zeigt sie gerade auch in Deutschland von Jahr zu Jahr deutlichere Überlastungserscheinungen. Im folgenden Unterkapitel über die Spielfelder von Staat und Politik konzentriert sich die Diskussion angesichts begrenzter staatlicher Mittel zum weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur besonders auf Ansätze zur Beeinflussung der Nachfrage nach Verkehrswegekapazitäten. Neben den Instrumenten und Ansatzpunkten wie Telematik, Roadpricing und Modal Split wird in diesem Zusammenhang auch das Instrument handelbarer Emissionszertifikate beschrieben und bewertet, das von vielen Experten als eine Art „Königsweg" zur Internalisierung externer Kosten betrachtet wird, dabei aber in Konkurrenz zu anderen Ansätzen wie etwa ökologisch orientierten Verbrauchssteuern und Mautgebühren oder Auflagen, Ge- und Verboten steht.
Im zentralen Unterkapitel (2.4) kommen die bislang entwickelten und in der Praxis eingesetzten logistischen Netzwerk- und Prozessarchitekturen und die Leitideen ihrer Gestaltung (wie etwa das Pullprinzip und das Just-in-Time-Konzept) auf den Prüfstand. Sie werden auf ihre Nachhaltigkeit hin untersucht, und es werden fallweise immer wieder Alternativen entwickelt. Wegen seiner Bedeutung sowohl für den Umweltschutz als auch für den Erhalt der Mobilität auf unseren Verkehrswegen ist die Anlayse stark auf den Güterverkehr konzentriert und dort wiederum auf die Frage, wie wir es schaffen können, die Transportkapazitäten besser auszulasten und damit den drohenden Verkehrsinfarkt zu verhindern. Zu den angesprochenen Lösungsfeldern zählen u. a. auch intelligente elektronische Transportmarktplätze und das Brennpunktthema „Citylogistik“. Am Ende des Kapitels wenden wir uns dann der radikaleren Frage zu, welche Optionen zur Verkürzung oder sogar zur vollständigen Vermeidung von Transporten möglich sind. Dann geraten auch Marketingstrategien und Geschäftsmodelle auf den Prüfstand.
Anspruchsvolle Serviceanforderungen wirken beim Design logistischer Systeme wie Restriktionen, die den Raum der zulässigen Lösungen verkleinern. Immer wieder geraten schon dadurch Maßnahmen aus dem Blickfeld der Analyse, mit denen man die Nachhaltigkeit logistischer Systeme deutlich voranbringen könnte. Deshalb habe ich diesem Aspekt ein eigenes Kapitel gewidmet.
Wolf-Rüdiger Bretzke
3. Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung
Bis zu diesem Punkt wurde das Thema „Nachhaltigkeit“ mit Blick auf ganz unterschiedliche Handlungsfelder beleuchtet (Technologie, Wirtschafts- und Verkehrspolitik, Logistik i.e.S., Unternehmensstrategie), und dabei wurden eine Vielzahl von handlungsfeldspezifischen Maßnahmen entwickelt bzw. im Hinblick auf mögliche Ergebnisbeiträge und Machbarkeitsvoraussetzungen diskutiert. Dabei ist ein sehr vielfältiges Bild von Ansatzpunkten für die Entwicklung einer nachhaltigen Logistik entstanden, das den Einsatz energiesparender Antriebsaggregate ebenso umfasst wie Änderungen des Modal Split, erhöhte Recyclingquoten oder die Wiederentdeckung von Puffern und Beständen als Mittel einer verbesserten Transportmittelauslastung. Gemeinsam ist vielen dieser Ansatzpunkte, dass sie eine Abkehr von derzeit noch üblichen Methoden und Vorgehensweisen bedingen, dass dass der notwendige Wandel einen anderen (etwas toleranteren) Umgang mit der Zeit als Zielgröße und Gestaltungsvariable bedingt, und dass die Schaffung der Voraussetzungen für eine solche Entschleunigung häufig Geld kostet. Nachhaltigkeit ist unbequem.
In unserer mit Informationen überfluteten Welt gilt Aufmerksamkeit als Währung unserer Zeit. Unter diesem Aspekt hat das Thema „Nachhaltigkeit“ bereits Karriere gemacht – jedenfalls wenn man die kaum noch übersehbare und täglich wachsende Zahl der Publikationen und Tagungen sowie die Presseveröffentlichungen von Unternehmen zu diesem Thema zählt. Was aber gemessen an der Vielzahl der hier verkündeten Absichtserklärungen und am Ausmaß der bislang ergriffenen Maßnahmen noch unterentwickelt ist, ist der direkte Bezug vom geänderten Bewußtsein zum konkreten Handeln und Umsteuern. Einer der vielen Indikatoren, die hier als Beleg herangezogen werden können, sind die anhaltend hohen, deutlich über der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung liegenden Wachstumsraten desjenigen Verkehrsträgers, der mit Abstand die höchsten Schadstoffemissionen pro Leistungseinheit erzeugt. „Im aktuellen World Air Cargo Forecast prognostiziert Boeing für die nächsten 20 Jahre eine Zuwachsrate von jährlich 6,1 % und damit mehr als eine Verdreifachung bis 2025“ (Quelle: http://www.logistikbranche.net/dossier/wettbewerb-luftfracht; Zugegriffen: 15. 1.2012). Offensichtlich gibt es noch zu viel unreflektiertes „Business as Usual“, und die hauptsächliche Folge der erhöhten Aufmerksamkeit beschränkt sich noch zu oft darauf, dass wir unsere Gewohnheiten jetzt mit einem Anflug von schlechtem Gewissen fortsetzen.
Andererseits gibt es inzwischen aber auch eine wachsende Zahl von Pionierunternehmen, die substanzielle Maßnahmen ergreifen und sich dabei von glaubhaften Bekenntnissen zur Nachhaltigkeit leiten lassen. Für die Lösung eines globalen Problems von den hier geschilderten Ausmaßen sind es aber noch zu wenige, und es ist mehr als zweifelhaft, ob sie sich ohne einen ausreichenden politischen Flankenschutz innerhalb ihrer vom Wettbewerb begrenzten Handlungsspielräume auf einem Entwicklungspfad bewegen werden, der in Summe den Vorgaben der Klimawissenschaft entspricht. Schließlich würde das bedeuten, dass die Unternehmen immer wieder den Zielkorridor verlassen, den ihnen Markt, Wettbewerb und das Shareholder-Value-Denken vorgeben und dass sie sich dabei aufmachen, eine Aufgabe zu lösen, die eigentlich vom Staat zu bewältigen ist: die Korrektur eines Marktversagens.
Eine weitere mögliche Ursache für ein Zurückbleiben hinter den Anforderungen der Nachhaltigkeit ist eine verbreitete Unkenntnis der zur Verfügung stehenden Handlungsoptionen und ihres jeweiligen Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Dieses Buch ist deshalb auch als Ansporn gedacht, sich tiefer mit Fragen der Nachhaltigkeit zu beschäftigen und dabei schneller zum Ziel zu kommen.
Am Ende dieses Buches steht deshalb eine Art übergreifende Bestandsaufnahme von besonders wichtigen Maßnahmen, kombiniert mit Anregungen zur entscheidenden Frage, was denn mit Blick nach vorne getan werden kann bzw. getan werden muss, um diese Maßnahmen möglich zu machen. Aufgrund der grundlegenden Bedeutung dieser Fragestellung wird dabei Stellung bezogen zu der Behauptung, die Annahme eines Konfliktes zwischen ökonomischen und ökologischen Zielen sei nur Ausdruck eines Missverständnisses. Dabei wird ein Weg aufgezeigt, wie sich dieser Konflikt in einer langfristigen Perspektive auflösen lässt. Angesichts der unüberschaubaren Vielfalt von Handlungsoptionen, denen sich einzelne Unternehmen auf dem Wege zur Nachhaltigkeit gegenübersehen, wird ein Instrument entwickelt für eine erste Priorisierung von Maßnahmen. Schließlich wird die Auffassung begründet, dass die Logistik angesichts der gewaltigen Herausforderungen, die mit dem Thema Nachhaltigkeit verbunden sind, vor einem Paradigmenwechsel steht, und es wird herausgearbeitet, warum und wie sich die Weltsicht der Logistiker innerhalb der gewählten 15-Jahre-Perspektive ändern muss, damit die Logistik ihren Beitrag zur Erhaltung der Bewohnbarkeit der Erde leisten kann. Dabei gilt gerade auch beim Thema Nachhaltigkeit: Logistik ist nicht alles, aber ohne Logistik ist alles nichts (d. h. Nachhaltigkeit nicht erreichbar)
Wolf-Rüdiger Bretzke
Backmatter
Metadaten
Titel
Nachhaltige Logistik
verfasst von
Wolf-Rüdiger Bretzke
Copyright-Jahr
2014
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-43845-9
Print ISBN
978-3-662-43844-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-43845-9