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13.05.2015 | Public Relations | Schwerpunkt | Online-Artikel

"Moderatoren sind Führungskraft auf Zeit"

verfasst von: Andrea Amerland

5:30 Min. Lesedauer

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Moderation und Präsentation gehören zum Berufsalltag. Wie Sie im Blitzlichtgewitter souverän bleiben oder vor laufenden Fernsehkameras nicht die Sprache verlieren, verrät Springer-Autor Lutz Göhnermeier im Interview.

Springer für Professionals: Was sind die größten Fehler, die Fach- und Führungskräfte Ihren Erfahrungen nach beim Präsentieren und Moderieren machen?

Lutz Göhnermeier: Sie sind sich oftmals nicht so richtig im Klaren, welche Rollenfunktion sie bei einer Präsentation erfüllen sollten: nämlich außer der reinen Informationsvermittlung die Führung einer Gruppe von Zuhörern durch eine Veranstaltung. Moderatoren sind „Führungskraft auf Zeit“. Vor allem Fachkräfte, die der Geschäftsführung berichten, trauen sich oft nicht, für die Dauer ihrer Präsentation wirklich das Heft in die Hand zu nehmen, das Thema weiter zu treiben und auch die Wortmeldung des Chefs aus der Position des Veranstaltungsleiters entgegen zu nehmen. Nach der Präsentation hat dann der Chef wieder das Sagen. Damit diese Rollenverteilung deutlich wird, sollte man ruhig einmal überlegen, ob es nicht vorteilhaft wäre, auch im Meeting für eine Präsentation aufzustehen und sich neben den Chef zu stellen. Der sensible Chef wird dann etwas beiseite rücken und auch räumlich das Feld überlassen. Das klärt und stärkt die Position des Präsentators – und letztlich auch die des Chefs.

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In der Präsentations- und Moderationssituation stressfrei zu bleiben, scheint ein Schlüsselfaktor für den Erfolg zu sein. Welche Tricks und Tipps können Sie nennen, die helfen, das Lampenfieber in den Griff zu bekommen?

Das Ziel nicht aus den Augen verlieren! Großes Stresspotenzial sehen viele Präsentatoren darin, dass aus dem Publikum „kritische“ Fragen kommen können. Und wenn man dann diese Frage nicht so ganz präzise einordnen kann, kommt man leicht ins Schwimmen. Wenn Sie Ihr Präsentationsziel immer klar vor Augen haben, können Sie ganz sicher entscheiden, ob die Beantwortung der Frage zum Thema gehört oder das eigentliche Thema verwässert. Beantworten Sie den Teil der Frage, der Ihrem Vermittlungsziel dient und das Thema weiter bringt oder geben Sie die Frage zur Beantwortung an eventuell vorhandene Mitstreiter auf einem Podium weiter. Wenn Sie gleich zu Beginn der Veranstaltung Ihr Ziel und die Regeln der Veranstaltung kommunizieren, ist das Ihre Rückversicherung, störungsfrei über die Runden zu kommen. Und nur dann haben Sie die Möglichkeit, die allseits gefürchteten Co-Referate aus dem Publikum zu stoppen, beziehungsweise zum Teil einzubinden.

Was halten Sie in diesem Zusammenhang von Entspannungstechniken wie Meditation, Autogenem Training oder Qi Gong?

Viel. Denn diese alten Techniken können helfen, die grundsätzliche Disposition zu verbessern. Nur: Wenn einen das Hamsterrad der täglichen Anforderungen antreibt, geraten diese Basics sehr leicht in den Hintergrund. Und in der konkreten Stress-Situation können Sie sich nicht mal eben zur Kontemplation eine halbe Stunde zurückziehen. Versagensangst verursacht Stress und dieser Stress äußert sich durch aufgestaute Bewegungsenergie. Gehen Sie im Tempo des rüstigen Wanderschritts auf das Podium. Das wirkt dynamisch und Ihr Körper baut schon mal einiges an überschüssiger Fluchtenergie ab. Wenn Sie sich jetzt noch vorstellen, den zarten Duft einer Rose einzuatmen, die sich vor Ihrer Nase befindet, dann werden Ihre Lungen die Atemluft bis tief in Ihre Körperflanken einsaugen und Sie können das Zuviel an Kohlendioxid in Ihrem Körper rasch abbauen. Jetzt sind Sie tatkräftig und voller Energie und können das was kommt neugierig auf sich wirken lassen.

Persönlichkeitswirkung ist entscheidend, schreiben Sie in Ihrem "Praxishandbuch Präsentation und Veranstaltungsmoderation". Klingt gut. Aber was heißt das genau?

Wenn die Zuhörer einer Präsentation auf die Ausübung ihrer Grundbedürfnisse wie etwa Essen, Schlafen und Sprechen zeitweilig verzichten, dann möchten sie auf der Bühne nicht irgendwen, sondern eine Persönlichkeit erleben. Aber Persönlichkeit ist das, was die Leute dafür halten, was sie für wahr nehmen, eine Attribuierung, eine Zuweisung. Es kommt also auf die Wirkung an. Der persönliche Eindruck, den man von einem Präsentator hat, ist entscheidend. Das Publikum möchte bei einem Referenten/einer Referentin diese fünf Eigenschaften erkennen: Er oder sie soll sympathisch, souverän, engagiert, präsent und persönlich wirken. Präsentatoren sind keine Showmaster, aber dennoch kann man seine Persönlichkeitswirkung professionalisieren, das Auftreten und das eigene Verhalten modifizieren. Das läuft über den bewussteren Einsatz von Sprech- und Körpersprache, aber auch, indem man sich seine Einstellung, seine innere Haltung zu einer bestimmten Situation oder zu seinen Mitmenschen klar macht und gegebenenfalls verändert.

Die Menschen sind heute immer weniger dazu bereit, einer sachlichen, differenzierten Auseinandersetzung über einen längeren Zeitraum zu folgen – sie schalten wie beim Fernsehen ganz einfach um oder ab, heißt es in Ihrem Buch. Das können die meisten Menschen sicher bestätigen. Was können Redner tun, um nicht in diese Falle zu tappen?

Der größte Aufmerksamkeitskiller sind ja wohl die vielen bunten Folien. Damit ersticken Sie jede Idee schon im Ansatz, denn Sie treten in direkte Konkurrenz zu dem, was die Leute aus dem Fernsehen kennen. Wenn Sie mit Ihrer Präsentation Fakten oder differenzierte Konstruktionszeichnungen vermitteln müssen, wird die Software das Mittel der Wahl sein. Aber wenn Sie überzeugen wollen, sind Sie selbst das geeignetste Medium. Die Menschen wollen sich damit auseinandersetzen, wie überzeugt Sie selbst von Ihrer Idee sind. Da stehen Sie persönlich mit Ihrer Begeisterung im Mittelpunkt.

Auf formaler Ebene: möglichst wenig Fremdwörter, kurze Sätze, aktivische Formulierungen, eine bildhafte Sprache. Sie helfen den Zuhörern, wenn Sie strukturierende und zusammenfassende Zwischenüberschriften, Thesen, Merksätze anbieten. Und: überlegen Sie mal, ob das gute alte Flippchart dabei nicht doch eher die Sinne anspricht, als die designte PowerPoint-Folie. Und: Erzählen Sie immer mal wieder von sich, von Ihren ganz persönlichen Erfahrungen mit Ihrem Thema! Dann überzeugen Sie.

Zur Person
Lutz Göhnermeier hat in Köln Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftspädagogik studiert und arbeitet als Sprecher und Moderator in Radio und Fernsehen. Seit vielen Jahren schult er in Seminaren Journalisten und Bühnenmoderatoren, coacht Führungskräfte der Wirtschaft für öffentliche Auftritte und moderiert Veranstaltungen. Seine Themen sind Stimmbildung, Kommunikationstraining, Präsentationskompetenz sowie Persönlichkeitscoaching. Der Autor hat Lehraufträge an den Musikhochschulen Köln und Detmold.
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