Passive Personalsuche über Stellenanzeigen – sogenanntes „Post and pray“ – und isoliertes „Active Sourcing“ – egal über welchen Social-Media-Kanal – reichen im Zuge des Fachkräftemangels längst nicht mehr aus, um offene Stellen zu besetzen. Unternehmen fangen an, zu erkennen, welche hohen Stellenwert ihre eigenen Mitarbeiter:innen und deren Communities haben, wenn es um Personalmarketing, Employer Branding und Recruiting geht. Die Einbindung des eigenen Personals geht so weit, dass Mitarbeiter:innen als Job-Botschafter:innen „geschult“ und bei Recruiting- und Onboarding-Aktivitäten gezielt eingebunden werden.
Job-Botschafter:innen als sogenannte Corporate Influencer kommunizieren in Ergänzung zur zentralen Unternehmenskommunikation sowohl in ihren eigenen sozialen Netzwerken als auch auf denen des Unternehmens und repräsentieren damit das Unternehmen in der Öffentlichkeit. Sie berichten kontinuierlich auf LinkedIn, Instagram und Co oder auf dem Account des Arbeitgebers aus ihrem Arbeitsleben und von ihrem Arbeitsplatz. Sie werden sogar bestenfalls als Ko-Recruiter aktiv.
Damit Employer Branding mit der eigenen Belegschaft möglichst gut gelingt, müssen Unternehmen im ersten Schritt bestimmte Rahmenbedingungen und Voraussetzungen schaffen. Mitarbeiter:innen werden nur dann – freiwillig und ohne extra Bezahlung – als Corporate Influencer tätig, wenn sie in einer von absolutem Vertrauen geprägten Unternehmenskultur arbeiten, ihre Arbeit sinnhaft ist und sie wissen, wofür das Unternehmen steht. Außerdem brauchen sie Regeln, an die sie sich halten müssen, sogenannte Social-Media-Guidelines. Ziel ist es, den eigenen Arbeitgeber in der Community regelmäßig glaubwürdig weiterzuempfehlen.
Corporate Influencer sprechen natürlich nur dann „gut“ über ihr Unternehmen, wenn es tatsächlich ein attraktiver Arbeitgeber ist. Praxisbeispiele in diesem Kapitel zeigen, welche Social-Media-Kanäle mit welchen Formaten von Botschafter:innen genutzt werden. Die hierarchische Ebene, die Berufsgruppe oder das Lebensalter der Botschafter:innen spielen dabei keine Rolle. Auch Chef:innen von „ganz oben“ können Corporate Influencer sein. Reglementierungen, Ängste vor Shitstorms, eine Prüfung der Posts „von oben“ oder gar eine „Social-Media-Polizei“ sind absolut kontraproduktiv, wenn es um die Unterstützung von Corporate Influencern beim Employer Branding geht. Vertrauen, Offenheit und eine kontinuierliche Unterstützung seitens des Unternehmens sind die Erfolgsfaktoren.
Diese Erkenntnisse werden u. a. beim Lesen der fünf Interviews mit Florian Schrodt (VBZ Zürich), Julia Böttcher (Techniker Krankenkasse), Marc Raschke (Klinikum Dortmund), Andrea Herrmann-Beumer (Agentur Sechsfünftel) und Stefan Scheller (www.persoblogger.de) deutlich. Sie erzählen aus verschiedenen Perspektiven von ihren praktischen Erfahrungen mit Corporate Influencern.
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