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2025 | OriginalPaper | Buchkapitel

2. Solo-Selbstständige in der digitalisierten Kultur- und Kreativwirtschaft

verfasst von : Lukas Underwood

Erschienen in: Standardisierte (Kreativ-)Arbeit

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Das Kapitel widmet sich der Eingrenzung des Gegenstandes. Hierzu werden der Prozess der Digitalisierung und seine Auswirkungen auf die konkrete Arbeitsform genauer bestimmt. Anschließend wird dargestellt, welche strukturellen Merkmale die Kultur- und Kreativwirtschaft aufweist, um die besondere Bedeutung von Solo-Selbstständigen für diesen Bereich herauszuarbeiten. Zuletzt wird genauer umrissen, was unter solo-selbstständiger Tätigkeit verstanden wird und wodurch sich die Arbeitsprozesse in der Kultur- und Kreativwirtschaft auszeichnen. Das Kapitel schließt mit einer Eingrenzung des Arbeitsgegenstandes auf die Branchen Grafik- und Webdesign und YouTube und einer Erörterung der besonderen Merkmale dieser Bereiche.

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Fußnoten
1
Kratzer und Dunkel verweisen auf die gesundheitsbezogenen Risiken von Dienstleistungsarbeiten, bei denen „neue Steuerungsformen“ zum Einsatz kommen. Diese zeichnen sich laut den Autoren durch den gleichzeitigen Bedeutungsgewinn von Vermarktlichung und Subjektivierung aus, was zu einer Zunahme des Drucks auf die Beschäftigten führt (vgl. Kratzer & Dunkel 2013).
 
2
Matuschek, Arnold und Voß führen aus, dass in dem von ihnen untersuchten Bereich der Callcenterarbeit, die wesentlich vom Einsatz von IuK-Technologien geprägt ist, zwar eine stark taylorisierte Arbeitsorganisation vorherrscht. Gleichzeitig aber gelingt es den Beschäftigten, durch Bezug auf ihr Expert:innenwissen, das sie im Kund:innenkontakt erworben haben, Freiheiten für sich einzufordern und durch das Einbringen von subjektivem Potenzial Organisationslücken zu schließen (vgl. Matuschek et al. 2007).
 
3
Diese Verbindung zwischen den philosophischen/soziologischen Konzepten der Kritischen Theorie und der Arbeit in der Kultur- und Kreativwirtschaft wird auch von Christoph Henning (2019) gezogen. Der Autor sieht die Kultur- und Kreativarbeitenden als Künstler:innen, da sich diese weiterhin positiv auf ästhetisches Arbeiten beziehen und Kunst schon immer mit Arbeit verbunden war (vgl. ebd.: 51). Aus Perspektive der Arbeitssoziologie wäre jedoch die Frage zu stellen, um welche Art Arbeit es sich hierbei handelt und ob der Bezug auf ebendiese nicht historischen Wandlungen unterworfen war und in spezifische ökonomische Strukturen eingebettet ist. Diese recht kleinteilige Analyse kann das sehr breite Sample, auf das sich die Aussagen von Henning beziehen (vgl. ebd.: 57 f.), jedoch nicht leisten.
 
4
Zur Bedeutung von Raumbezügen in der digitalisierten Wissensarbeit, unter die auch Tätigkeiten in der Kultur- und Kreativwirtschaft zu fassen sind, siehe Will-Zocholl et al. (2019). Patrick Feuerstein erörterte die Frage nach den Auswirkungen der Internationalisierung der IT-Arbeit (vgl. Feuerstein 2012).
 
5
Oftmals wird in der Debatte über die Charakterisierung der strukturellen Bedingungen der Arbeitsform der Begriff „Prekarität“ verwendet (vgl. Bührmann & Pongratz 2010; Schulze Buschoff et al. 2017). In der vorliegenden Arbeit wird jedoch von ökonomischer Unsicherheit die Rede sein. Der Prekaritätsbegriff wurde insbesondere an Formen abhängiger Beschäftigung gebildet, welche nicht den gängigen Vorstellungen vom Normalarbeitsverhältnis entsprachen (vgl. Mayer-Ahuja 2011: 4). Daher eignet er sich nur bedingt, um die Arbeitsverhältnisse von Selbstständigen zu beschreiben. Diese waren immer herausgelöst aus dem Absicherungssystem gegen ökonomische Risiken, in das Arbeitnehmer:innen eingebunden sind.
 
6
Die Unübersichtlichkeit nimmt zu, definiert man die Solo-Selbstständigen nicht rein über den formellen Beschäftigungsstatus, sondern über inhaltliche und strukturelle Merkmale. Marrs und Boes arbeiten anhand der Arbeit von Mitarbeiter:innen in der Film- und Fernsehindustrie heraus, dass diese trotz ihrer formell abhängigen Beschäftigung stark an Solo-Selbstständige erinnern. Dies zeigt sich unter anderem an der projektförmigen Arbeit, denn die Beschäftigten sind meist nur für die Dauer einer Produktion angestellt. Des Weiteren fallen sie dadurch aus den gängigen sozialen Absicherungen heraus und ihre Arbeitsweise ist insgesamt von einer immensen Unsicherheit geprägt (vgl. Marrs & Boes 2003).
 
7
Gerade bei traditionellen Berufen ist in Bezug auf Zahlen zu Solo-Selbstständigkeit Vorsicht geboten. Formell Solo-Selbstständige in landwirtschaftlichen oder Handwerksbetrieben greifen sehr häufig auf die Hilfe von Familienangehörigen zurück. Diese informellen und hoch prekären Tätigkeiten können von der Statistik nicht erfasst werden (vgl. Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2016: 17). Bei einer formellen Meldung dieser Arbeitnehmer:innen würden die entsprechenden Betriebe aber aus der Statistik über Solo-Selbstständige herausfallen.
 
8
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2022: 46) definiert Quintilsklassen als fünf gleich große Abschnitte, welche die Einkommensverteilung segmentieren. Die erste Quintilsklasse besteht dementsprechend aus den untersten 20 % der Einkommenswerte und in der zweiten Quintilsklasse finden sich diejenigen Einkommen, die höher liegen als die der untersten 20 %, aber niedriger als die der oberen 60 %. Die weitere Einteilung erfolgt analog.
 
9
Welchen Rolle Kontrolle für die untersuchten Solo-Selbstständigen in ihrem Arbeitsprozess spielt, wird später empirisch erörtert werden (vgl. Kapitel 5 und 6).
 
10
Der Begriff Subjektivierung scheint in Bezug auf Solo-Selbstständige unpassend, da es sich hierbei nicht um eine betriebliche Rationalisierungsstrategie handelt, die dazu dienen soll, das kreative Potenzial der Mitarbeiter:innen verwertbar zu machen (vgl. Lohr 2003). Das subjektive Potenzial der Individuen war für die Arbeit in der Kultur- und Kreativwirtschaft immer bedeutsam und wurde – anders als in der industriellen Arbeit – niemals als störender Faktor betrachtet. Es kann also nicht davon gesprochen werden, dass Prozesse, die dem subjektiven Zugriff bislang verschlossen waren, sich nun für diesen öffneten. Dennoch scheint es angemessen, den Begriff für die Debatte um Solo-Selbstständigkeit zu nutzen, da damit die Einbettung der Solo-Selbstständigen in asymmetrische Machtbeziehungen betont wird, welche den Arbeitsprozess prägen, auch wenn diese nicht betrieblicher Natur sind.
 
11
Mit Blick auf den traditionell geprägten Berufsstand der Handwerker widmet sich Lorig (2018) diesem Verhältnis.
 
12
Diese Beschreibung abstrahiert notwendigerweise von der konkreten Arbeits- und Lebenssituation von Solo-Selbstständigen. Wie in Abschnitt 2.3.1 gezeigt wurde, ist die ökonomische Lage von Solo-Selbstständigen nicht losgelöst von den realen Haushaltsbedingungen.
 
13
Der hier verwendete Branchenbegriff rekurriert auf dessen alltagssprachliche Verwendung zur Verdeutlichung der Differenz zwischen den beiden Tätigkeitsbereichen. Bei den untersuchten Tätigkeiten handelt es sich genau genommen um Teilmärkte der Kultur- und Kreativwirtschaft. Der Branchenbegriff verdeutlicht hier jedoch, dass diese im direkten Vergleich äußerst unterschiedliche Dienstleistungen erbringen und Produkte erstellen, die hinsichtlich Form sowie Inhalt nicht viel miteinander gemein haben.
 
14
Aus den angeführten Gründen wird darauf verzichtet, auf die breite Debatte um Plattformarbeit einzugehen. Die Frage nach der Bedeutung von Plattformen und ihrer Funktionsweise wird im Folgenden empirisch zu beantworten sein.
 
15
Damit unterscheidet sich die Definition wesentlich von jener, welche dieser Arbeit zugrunde liegt (vgl. Abschnitt 2.3.1). Da das BMWi Mini-Selbstständige jedoch mit Solo-Selbstständigen gleichsetzt (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie 2018: 14), kann davon ausgegangen werden, dass die Arbeit von Mini-Selbstständigen ohne die Hilfe von Angestellten ausgeführt wird.
 
16
Die vorliegenden Daten sind nicht länderspezifisch aufgeschlüsselt. Es ist daher nicht möglich, die Einnahmen von deutschen und österreichischen Kommunikationsdesigner:innen getrennt voneinander zu betrachten.
 
17
Diese Fokussierung auf abhängige Beschäftigung wird insbesondere an der dem Konzept zugrunde liegenden Vorstellung über die drei zentralen miteinander agierenden Akteur:innen deutlich: Dienstleistungsnehmer:in, Dienstleistungsgeber:in und Unternehmen (vgl. Dunkel & Weihreich 2012: 34 ff.).
 
18
Pongratz weist zu Recht darauf hin, dass nicht alle Leistungsnehmer:innen auch Kund:innen sind. Kund:innen sind nur diejenigen, die Dienstleistungen über einen Markttausch erhalten (vgl. Pongratz 2005: 75). Da dies für die hier untersuchten Solo-Selbstständigen zutrifft, wird im Folgenden von Kund:innen gesprochen.
 
19
Hoose und Rosenbohm (2020) klassifizieren das Videobloggen als eine spezielle und von anderen zu unterscheidende Art von Plattformarbeit, da Videoblogger:innen anderen Arbeitsbedingungen und einer anderen strukturellen Einbettung ihrer Tätigkeit ausgesetzt sind, als es bei weiteren Formen von Plattformarbeit der Fall ist. Diesem Befund ist zwar zuzustimmen, jedoch gilt es darauf hinzuweisen, dass das Sample der Autor:innen zwar YouTuber:innen beinhaltete, der Begriff Videoblogger:innen jedoch wesentlich weiter gefasst ist und daher deutlich mehr Tätigkeiten inkludiert (vgl. ebd.: 3).
 
20
YouTube startete als nicht kommerzielle Plattform. Es musste erst ein Geschäftsmodell entwickelt werden, um die Plattform zu kommodifizieren. Eine prägnante Übersicht über die Geschichte von YouTube findet sich bei Wasko und Erickson (vgl. Wasko & Erickson 2009).
 
21
„Als Influencer:in (von englisch to influence: beeinflussen) werden seit den 2000er Jahren Multiplikatoren bezeichnet, die ihre starke Präsenz und ihr Ansehen in sozialen Netzwerken nutzen, um beispielsweise Produkte oder Lebensstile zu bewerben.“ (Wikipedia 2023b) Die Bezeichnung bezieht sich daher nicht nur auf die Plattform YouTube, sondern kann auch auf Instagram, Twitter oder Ähnliches rekurrieren.
 
22
Auch wenn die Begriffe häufig synonym verwendet werden, weist Barbara Engels daraufhin, dass Influencer:innen insbesondere Produkte bewerben, um so das Kaufverhalten ihrer Zuschauer:innenschaft zu beeinflussen (Engels 2023: 5). Diese Definition ist jedoch weit weniger trennscharf, als es zunächst den Anschein haben mag, da durch die Nutzung von Affiliate-Links auch ohne das aktive Bewerben des Produktes beziehungsweise ohne Unternehmenskooperation ein Interesse der Creator:innen daran unterstellt werden kann, dass die Zuschauer:innen über den Link das Produkt kaufen. Damit wären alle YouTuber:innen, die Affiliate-Links nutzen, Influencer:innen. Adobe (2022: 4) differenziert Creator:innen und Influencer:innen nach Follower:innenzahl und ökonomischen Interesse an Social Media. Letztere haben mehr als 5.000 Follower:innen auf ihrem Hauptaccount und verdienen mit ihren Postings Geld.
 
23
Diese Voraussetzungen wurden mittlerweile erneut verändert und verschärft. So gibt YouTube (2023) an, dass neben den Aufrufen der Videos nun auch die der Shorts für die Teilnahme am Partnerprogramm relevant seien. Zum Zeitpunkt der Befragung war dies jedoch noch nicht der Fall.
 
24
Eine Ausnahme bildet die Arbeit von Hoose und Rosenbohm. Zwar decken sich viele ihrer Beschreibungen (zum Beispiel die Fragen nach dem Einfluss des Algorithmus, der Rolle der Zuschauer:innen, der Funktion der Plattform) mit den hier dargestellten Erörterungen anderer Autor:innen. Allerdings beziehen sich ihre Ausführungen auf „(video)blogger“, welche ihre Beiträge auf unterschiedlichen Plattformen posten (vgl. Hoose & Rosenbohm 2022: 92 ff.). Daher können diese Ergebnisse nur schwerlich der Plattform YouTube zugeordnet werden, auch wenn diese in ihrem Sample eine wichtige Rolle spielte (vgl. ebd.: 93 f.).
 
25
Bishop diskutiert die Relevanz von „gossip“ über den Algorithmus für den Umgang der YouTuber:innen mit ebendiesem Algorithmus. Die hohe Relevanz des Austausches über „Hörensagen“ ergibt sich insbesondere aus der Unsicherheit, die aus der Unkenntnis der Funktionsweise des Algorithmus resultiert (vgl. Bishop 2019).
 
Metadaten
Titel
Solo-Selbstständige in der digitalisierten Kultur- und Kreativwirtschaft
verfasst von
Lukas Underwood
Copyright-Jahr
2025
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-46865-1_2