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02.04.2013 | Umwelt | Interview | Online-Artikel

Für eine neue Qualität von Produktion und Produkt

verfasst von: Matthias Schwincke

4 Min. Lesedauer

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Angesichts zunehmend knapper und teurer Rohstoffe wächst in vielen Unternehmen die Bereitschaft zu einer Umstellung auf eine nachhaltigere und ressourcenschonendere Produktion. Ein bahnbrechender Ansatz in diesem Zusammenhang ist das bereits in vielen internationalen Unternehmen umgesetzte Konzept Cradle to Cradle (C2C) von Prof. Dr. Michael Braungart, dem Gründer und Leiter des Hamburger Beratungsinstituts EPEA. Prof. Dr. Christoph Eipper, Geschäftsführer der Nürnberger UMR GmbH und seit kurzem EPEA-Kooperationspartner zur C2C-Vermarktung in Süddeutschland und Österreich, erläutert im Interview bei Springer für Professionals die Grundgedanken, den Mehrwert und die Umsetzungsmöglichkeiten von C2C in Unternehmen.

Worum geht es beim Cradle to Cradle-Ansatz?

Der C2C-Ansatz ist ein unternehmerisches Innovationskonzept, das Qualität neu definiert und zwar für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft. Es geht um effektive Lösungen für einen positiven CO2-Fußabdruck aufbauend auf folgenden Grundsätzen: echte Stoffkreisläufe ohne Abfall und mit positiven definierten Inhaltsstoffen, Nutzung von erneuerbaren Energien sowie eine aktive Unterstützung von Vielfalt in den konzeptionellen und technischen Lösungen. Im C2C-Ansatz gilt es, diese Grundsätze in die Unternehmens-Philosphie, in die Strukturen und Abläufe und schlussendlich auch in die Produkte zu integrieren.

Für welche Branchen ist das Konzept relevant?

Cradle to Cradle ist branchenunabhängig und weltweit einsetzbar, da die Zielsetzungen für jedes Unternehmen gültig und umsetzbar sind. Das Konzept kann bei produzierenden Unternehmen mit neu entwickelten Produkten direkt im Markt wirksam werden. Aktuell haben mehr als 100 Unternehmen über 400 C2C-Produkte am Markt. Gleichwohl kann C2C genauso bei Service orientierten Unternehmen, öffentlichen Organisationen oder räumlichen Einheiten wie z.B. Städten oder Inseln genutzt werden.

Welchen Nutzen bringt der Ansatz für Unternehmen?

Der unternehmerische Mehrwert zeigt sich im Produkt und in der Produktion. So öffnet sich z.B. der sogenannte LOHAS-Markt mit 50 Mrd. € jährlichem Umsatzvolumen allein in Deutschland. In diesem Markt sind Kunden bereit, einen Premiumpreis für ein umweltgerechtes und gesundes Produkt zu zahlen. Die Produktion profitiert von Kosteneinsparungen durch Rohstoffrückführung, schadstofffreie Arbeitsprozesse sowie sichere Materialien ohne Zukunftsrisiko. Dies wird erreicht durch eine völlig neue, innovative Entwicklungsarbeit, die darauf abzielt, sowohl die Qualität eines Produktes als auch die Umweltverträglichkeit zu verbessern. Zukünftige Stoffrisiken und damit verbundene Kosten werden somit ausgeschlossen. Zusätzlich ergeben sich durch den Gemeinnutzen umfangreiche Möglichkeiten der Imageaufwertung.

Wie sieht das konkret in der Praxis aus?

Produziert ein Unternehmen ein C2C-zertifiziertes Produkt, wie z.B. Puma inCycle, hat es sichergestellt, dass alle toxischen, gesundheits- und umweltschädlichen Materialien aus dem Herstellungsprozess eliminiert und durch sichere Materialien ersetzt wurden. Wenn alle Produktmaterialien sicher und deshalb auch nicht durch Gesetze reguliert sind, entfallen auch alle Sicherheits- und Materiallagerungsvorschriften, sowie der Zeitaufwand für entsprechende Schulungen und damit verbundene Kosten. Desweiteren können alle Materialien wiederverwendet oder kompostiert werden - das abfallfreie Produkt ist erreicht. So hat z.B. PUMA in seinem C2C-Turnschuh statt der früheren ca. 360 Einzelchemikalien nur noch 26 und obendrein ungiftige Stoffe verwendet. Damit erfüllt PUMA´s inCycle-Kollektion auch alle Anforderungen eines LOHAS-Kunden.

Auf welche Resonanz stoßen Sie mit Cradle-to-Cradle aktuell bei Unternehmen?

Im Gegensatz zur mühsamen "Bekehrung" von Unternehmen weniger schädlich für die Umwelt zu werden, stößt der C2C-Produktansatz sofort auf offene Ohren. Denn durch gute und risikoarme Produkte generiert ein Unternehmen seinen wirtschaftlichen Erfolg. Das ist in Zeiten der Diskussion über giftige oder eklige Inhaltsstoffe und intransparente Beschaffungsmärkte von großem Interesse. Allerdings müssen wir auch zugeben, dass eine flächendeckende Umsetzung des C2C Konzeptes im gesamten Unternehmen eine wahre Mammutaufgabe sein kann, die die Zustimmung und Kooperation aller Geschäftsbereiche benötigt.

Wie bewerten Sie diese Resonanz?

Das C2C-Konzept ist eine Innovation im Bereich Unternehmens- und Produktdesign, um Dinge nicht weniger schlecht oder weniger schädlich zu machen, sondern positiv zu definieren. Es ist ganz klar, dass nicht jedes Unternehmen für C2C optimal geeignet ist. Deshalb wird es für uns wichtig sein, unsere Vermarktungsaktivitäten entsprechend auszurichten. Der Mehrwert, der für ein Unternehmen durch C2C geschaffen wird, spielt die entscheidende Rolle. Außerdem muss es das Ziel sein, nicht sofort das ganze C2C-Konzept umzusetzen, sondern Schritt für Schritt und mit Orientierung am Kundenmehrwert vorzugehen.

Welche Chancen und Herausforderungen sehen Sie für die Umsetzung des C2C-Ansatzes?

Die Chancen sehe ich als sehr aussichtsreich. Der unternehmerische Mehrwert von C2C ist vielfältig und bietet eine Vielzahl von Ansätzen zur Umsetzung, unabhängig von Branche oder Industriezweig. Viele EU-Direktiven wie RoHS, Reach oder das Kreislaufwirtschaftsgesetz zwingen Unternehmen bereits jetzt in Richtung C2C zu denken. Eine Herausforderung wird es sein, die richtige Strategie für die schrittweise Umsetzung des C2C Konzeptes für den jeweiligen Kunden zu finden. Dabei ist es sehr wichtig, das Konzept aus der Umwelt- bzw. R&D-Abteilung auch auf die anderen Geschäftsbereiche auszudehnen. Oft müssen hier ganze Geschäftsmodelle re-evaluiert und ggf. geändert werden, um das C2C Konzept vollständig umzusetzen.

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