Wie kann Content-Marketing überhaupt eine Werbewirkung erzielen, wenn seine Inhalte eben gar nicht werblicher Natur sind? Das Werbewirkungsmodell des Content-Marketings (das hier näher vorgestellt wird) zeigt, dass das sowohl auf einem direkten Wirkungsweg (DCE, Direct Content Effect) möglich ist, z.B. durch Schaffung von Bekanntheit, Vertrauen etc. Zum anderen gibt es eine indirekt Wirkung (PCE, Preperatory Content Effect), nach dem Content-Marketing die Wirkung werblicher Werbemittel verstärken kann. Diese Wirkungen lassen dann auch eine verbesserte Definition und klare Abgrenzung des Content-Marketings zu anderen Disziplinen (wie Werbung, Journalismus, etc.) zu.
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Diese Wertschöpfung als oberstes Ziel eines Unternehmens wurde lange Zeit nur als finanzielle Wertschöpfung, also eine Gewinnerzielung, angesehen. Inzwischen zählen immer öfter auch soziale, gesellschaftliche und Nachhaltigkeitsziele als zentrale Ziele von Unternehmen und sind damit Teil der Wertschöpfung geworden.
Es soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass diese Aussage nicht nur aus vertrieblicher und Direktmarketing-Sicht verstanden werden darf. Auch ein jahrelanger Markenaufbau oder Aktivitäten zur Imagepflege, die nicht sofort, sondern längerfristig und indirekt zu solchen Wirkungen führen, sind positiv einzuschätzen. Hat aber eine Maßnahme keinen oder nur minimale Beiträge zu Unternehmenszielen (weder kurz- noch langfristig, weder direkt noch indirekt), dann ist sie als Fehlinvestition zu verstehen.
Eine Übersicht und Einordnung verschiedener Forschungsansätze von 1898 bis 1995 in diese Systematisierung findet sich bei Bongard Bongard 2002, S. 167. Dieser Systematisierung soll auch hier gefolgt werden.
Die hier genannten Wirkungen kann der Inhalt einzelner Content-Marketing-Beiträge auslösen. Aber auch der Content-Marketing-Korpus als Ganzes oder einzelne Segmente bzw. Kanäle können selbst eine Wirkung erzielen, selbst wenn Kundinnen die einzelnen Beiträge überhaupt nicht konsumiert haben (dies wird später noch näher erläutert, es soll hier nur beispielhaft auf den Gesamteindruck eines umfangreichen Website-Magazins hingewiesen werden, der selbst dann positiv wirken kann, wenn kein einziger Beitrag aufgerufen wurde).
Wir werden in Laufe dieses Buches immer wieder allgemein von „zu bewerbenden Objekten“ und beispielhaft von „Produkten, Marken und Unternehmen“ sprechen. Diese Formulierungen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass prinzipiell immer jede Art von zu bewerbendem Objekt gemeint sein kann, also auch Vereine, Personen, Produktgruppen, aber auch kognitive Konstrukte wie „eine zu bewerbende Strategie“ oder „Nachhaltigkeitsziele“. Sie alle sind im Normalfall gemeint, wenn von zu bewerbenden Objekten oder den drei häufigsten zu bewerbenden Objekten „Produkte, Marke und Unternehmen“ gesprochen wird.
In der Praxis gilt es hier immer, zwischen einer guten Erkennbarkeit einerseits und den negativen Effekten daraus (übertrieben präsent und als aufdringlich kann das auch negative Wirkungen auf das Image haben oder die Content-Marketing-Inhalte werden nicht mehr als neutrale Inhalte und hilfreich für Kunden wahrgenommen, sondern als Werbung bzw. werbliche Kommunikation interpretiert). Hier gilt es, im Einzelfall immer einen optimalen Weg zwischen der Erzielung der Werbewirkung Bekanntheit und negativen Effekten zu finden.
Definition: „Product Placement umfasst die werbewirksame, zielgerichtete Integration von Produkten oder Dienstleistungen in den Handlungsablauf eines Kino-, Video- oder Fernsehprogramms“ (Bente und Bente 1990, S. 24.
Hinweis an dieser Stelle: Eine intensivere Bekanntheit hat neben der direkten Wirkung auf das Verhalten bezüglich des beworbenen Objektes auch Auswirkungen darauf, welche Inhalte eine Person überhaupt konsumiert, also z. B. mit welchen Werbemitteln sie sich überhaupt wie intensiv beschäftigt. (z. B. welche Google Ads-Anzeigen angeklickt oder welche Produktinformationen überhaupt gelesen werden). Diese indirekte Wirkung bezüglich des Umgangs mit Werbemitteln ist aber dem Abschn. 2.2.3.1.2 zu einer indirekten Werbewirkung zuzuordnen, nicht hier der direkten Werbewirkung des Content-Marketings – auch wenn beide Wirkungen auf gleichen bzw. ähnlichen psychologischen Effekten beruhen.
An dieser Stelle sei eine wichtige Anmerkung gemacht: Unter dem Begriff Produktgruppe soll hier jeder Gruppe von Produkten mit gemeinsamen Merkmalen verstanden werden. Es lohnt sich, hier bewusst weit über die in der Warenwirtschaft verwendeten Produktgruppen hinauszudenken, um attraktives Content-Marketing zu gestalten.
Was, das soll an dieser Stelle einmal ergänzt werden, gegen die manchmal zu beobachtende Praxis spricht, Webshop und Content-Marketing-Website auf zwei verschiedenen Domains, in unterschiedlichen Designs oder und ggf. sogar unter verschiedenen Anbieternamen zu veröffentlichen.
Im engl. Original: „The second dimension of trust, benevolence, is the extent to which one partner is genuinely interested in the other partner’s welfare and motivated to seek joint gain.“
Es zeigt sich auch in der Praxis, dass nur eine große Menge, aber inhaltlich oberflächlicher Content-Marketing-Beiträge eine insgesamt deutlich schlechtere Wirkung haben als eine etwas geringere Anzahl, die aber inhaltlich hochwertiger gemacht sind. Das gilt sowohl für die Wirkung auf Menschen als auch auf Maschinen (z. B. Suchmaschinen). Es sollte bei der Content-Erstellung also trotz allen Zeit- und Kostendrucks in der Praxis nicht an der Qualität gespart werden – dies würde auf Kosten der Werbewirkung gehen.
Dieses Beispiel „Kaffeeautomaten entkalken“ zeigt erneut den schmalen Grat zwischen Content-Marketing-Inhalten und rein produktbegleitenden Informationen. Finden sich im Content die Vorteile, Vorgehensweisen und Tipps zum Entkalken von Kaffeeautomaten allgemein gehalten, so zählt dieser Inhalt zum Content-Marketing. Wird der Content dagegen auf das Entkalken eines speziellen Kaffeeautomaten oder einer bestimmten Marke ausgerichtet, ist der Content zwar weiterhin hilfreich und kann positiv zu Produkterlebnis und Kundenzufriedenheit beitragen, würde aber nicht mehr zum Content-Marketing gezählt werden, sondern als werbliche Kommunikation der Nachkaufphase.
Idealerweise wurde sogar im Etikett des Produkts auf die Content-Marketing-Inhalte für die Nachkaufphase hingewiesen, um den hier genannten Effekt auch möglichst oft zu erreichen.
Es sein darauf hingewiesen, dass „preparatory“ im Sinne von „vorbereitend“ sich NICHT auf einen zeitlichen Ablauf bezieht, sondern nur auf eine inhaltliche Wirkungsreihenfolge. So kann von einer Person durchaus ein werbliches Werbemittel zuerst rezipiert werden und Content-Marketing-Inhalte zeitlich später – nichtsdestotrotz kann dieses Content-Marketing die Werbewirkung des zuvor gesehenen Werbemittels verstärken (die Werbewirkung also inhaltlich vorbereiten).
Im engl. Original: „Thus, the formation of beliefs about a behavior’s likely consequences and the evaluations of these consequences spontaniousely produce an overall positive or negative evaluation of the behavior.“
Im engl. Original: „Perhaps the most important variable affecting the motivation to process a persuasive message is the personal relevance of the advocacy.“
Im engl. Original: „There is general agreement that the social environment can exert strong influence on people’s intentions and actions. This influence is captured most frequently in the concept of social norm.“
Im engl. Original: „Percieved behavioral control is assumed to take into account the availability of information, skills, opportunities, and other resources required to perform the behavior as well as possible barrieres or obstacles that may have to be overcome.“
Würde man diese Abgrenzung so nicht machen und alle möglichen Inhalte als Teil des Content-Marketings zulassen, gäbe es in logischer Konsequenz überhaupt keinen Unterscheid mehr zwischen „Content-Marketing“ und „Marketing“. Denn Marketing ist immer auch Kommunikation und kommuniziert damit immer Inhalte. Wäre also Content-Marketing wirklich einfach nur „Marketing mit Inhalten“, wäre damit jedes Marketing auch automatisch Content-Marketing und umgekehrt – es gäbe also gar keine Disziplin des Content-Marketings. „Content-Marketing“ wäre nur ein (unnötiges) Synonym für „Marketing“. Daher sind eine saubere Abgrenzung und Begrenzung der Art des Inhalts zwingend für eine eigenständige Disziplin Content-Marketing.
Dieses Problem ist gar nicht so untypisch, wenn es um die Bildung von Fachbegriffen geht. Und es „bleibe also, was die Begriffsbildung betreffe, gar nichts anderes übrig, als die Begriffe, die wir schon im gewöhnlichen Verstandesgebrauch verwendeten, kritisch zu sichten, um aus ihnen allmählich durch Exposition zu seinen Begriffen zu gelangen“. In unseren Fall heißt das: aus dem Begriffen „Marketing“ und „Content/Inhalte“ im Allgemeingebrauch und von „jedermann benutzten Begriffen die eigentlichen Grundbegriffe durch Zergliederung herauszuschälen […]“, also eine „Begriffszergliederung wie sie hiernach in der Philosophie und in den beschreibenden Naturwissenschaften und in den Geisteswissenschaften am Platze ist“ Dubislav 2015, S. 16.