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17.01.2014 | Werkstoffe | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie neuer Brennstoff aus Auto-Abfall entsteht

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

3 Min. Lesedauer

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Ob Armaturenbrett oder Sitzpolster: Kunststoffe sind im Auto nicht mehr wegzudenken. Sie machen das Fahrzeug leicht. Doch ihr Recycling ist schwierig. Wie sich Kunststoffe aus Altautos trotzdem energetisch verwerten lassen, erforscht das Projekt "ReGran".

Die Lebenszeit von Automobilen ist begrenzt. Irgendwann wird jedes Fahrzeug entsorgt. Dabei sollten laut Altautoverordnung rund 95 Prozent der Bestandteile einer Wiederverwendung beziehungsweise Wiederverwertung zugeführt werden. Für ganz viele Auto-Bestandteile ist Recycling bereits möglich. Etwas schwieriger ist das Recycling der Kunststoff-Bestandteile von Pkw. Diese landen bislang als Mischkunststoffe entweder auf Deponien oder werden mit recht schlechtem Wirkungsgrad in Müllverbrennungsanlagen verbrannt. Nur ein Anteil von 5 bis 10 Prozent der Kunststoffe wird derzeit stofflich wiederverwertet, schreibt Springer-Autor Dušan Gruden im Kapitel "Über das Recycling von Altfahrzeugen" (Seite 291) aus dem Buch Umweltschutz in der Automobilindustrie.

Das soll sich ändern. Wissenschaftler des Lehrstuhls für Energie- und Umweltverfahrenstechnik an der Universität Siegen wollen aus Kunststoffteilen alter Schrottautos neuen Brennstoff entstehen lassen. Diese werden dann zusammen mit Stoffen wie Sägespänen verbacken und später in Kraftwerken verheizt. In Kooperation mit einem Privatunternehmen hat die Hochschule jetzt unter dem Projekt-Kürzel "ReGran" ein Entwicklungsprojekt für den neuen Brennstoff gestartet.

Keine "Abwanderung" von Rohstoffen

Was machen die Wissenschaftler genau? Die zu entsorgenden Kunststoffteile werden durch Schreddern stark zerkleinert, wobei auch ein erheblicher Anteil aus faserigen Flusen besteht. Diese Flusen werden dann gemeinsam mit einem organischen Brennstoff - Waldrestholz, Sägespäne, Braunkohlestaub, Gummimehl aus Altreifenverwertung, zerkleinerte Energiepflanzen wie Miscantus oder ähnliches Material - in einen beheizten Eirich-Intensivmischer gegeben. In der Versuchsanlage, die Anfang 2014 an der Universität Siegen aufgebaut werden soll, erfolgt das Beheizen des Mischers mit elektrischem Strom, erläutert die Universität. Im industriellen Betrieb sollen später größere Mischer mit Abwärme beheizt werden.

"Wir brauchen ein Temperaturniveau von etwa 200° C", präzisiert der Projektleiter Professor Dr.-Ing. Wolfgang Krumm von der Universität Siegen. Der Mischer selbst dreht sich; in seinem Inneren befinden sich Werkzeuge, die sich ebenfalls drehen. Unter der Wärmeeinwirkung schmelzen die Kunststofffasern auf und verbinden sich durch Drehung von Mischbehälter und -werkzeug mit den anderen zugeführten Brennstoffen. So entsteht kugelförmiges Granulat. Dieses wird aus dem Mischer gekippt und erkaltet. Das Granulat, dessen Größe mithilfe von Parametern wie Temperatur, Drehgeschwindigkeit von Mischbehälter und -werkzeug und Kunststoff-Biomasse-Mischung eingestellt werden kann, soll als Brennstoff in Zementdrehöfen oder in Kraftwerken zum Einsatz kommen.

Altautos statt Kohle

Doch damit hört die Forschungsarbeit der Wissenschaftler zum Brennstoff nicht auf. "Wir müssen herausfinden, welche Brenneigenschaften er hat, und ob sich durch Vergasung qualitativ hochwertiges Produktgas gewinnen lässt, das einerseits als Erdgasersatz Verwendung finden oder aus dem andererseits Wasserstoff abgetrennt werden kann", erklärt Krumm.

Einen ganz besonderen Vorteil hätte dieser neue Brennstoff zusätzlich, sagen die Forscher: "Wir können Additiva zugeben." Das heißt: Durch die Beigabe von Zusatzstoffen wie beispielsweise Kalkstein erhoffen sich die Wissenschaftler, die Schadstoffbildung bei der Verbrennung reduzieren zu können.

Das Projekt "Innovative Mischbrennstoffgranulate aus Schredderrückständen des Automobilrecyclings und heimischen Energieträgern" ("ReGran") ist am 1. November 2013 offiziell angelaufen, wie die Universität Siegen bekannt gibt. Finanziert werde es nicht zuletzt vom Bundeswirtschaftsministerium über die Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) und deren Initiative "Zukunftsinnovation Mittelstand" (ZIM). 175.000 Euro soll die Universität Siegen für die Dauer von zwei Jahren erhalten. Auch das beteiligte Unternehmen, die Firma SiCon, die Recyclinganlagen für die Altauto-Verwertung entwickelt und fertigt, erhalte besagte Summe. Sie müsse diese aber aus Eigenmitteln verdoppeln, sodass insgesamt mehr als eine halbe Million Euro zur Verfügung stehen.

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