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Erschienen in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft 1/2021

Open Access 19.10.2020 | Buchbesprechung

Wolf/Lindacher/Pfeiffer: AGB-Recht. Kommentar

7. Aufl., Verlag C. H. Beck, München 2020, XXX und 2670 Seiten

verfasst von: Christian Armbrüster

Erschienen in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft | Ausgabe 1/2021

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Die anzuzeigende Neuauflage des Kommentars von Wolf/Lindacher/Pfeiffer – der nun erstmals auch elektronisch verfügbar ist – bringt das Buch auf den aktuellen Stand. Sieben Jahre nach Erscheinen der 6. Auflage hat der Kommentar damit gegenüber dem Konkurrenzwerk von Ulmer/Brandner/Hensen (12. Aufl. 2016) wieder einen Vorsprung an Aktualität gewonnen. Das AGB-Recht und das Versicherungsvertragsrecht sind seit langem eng miteinander verbunden. Schon das Reichsgericht hatte sich zu einer Zeit, zu der bei anderen Vertragstypen wie etwa Kaufverträgen die Verwendung umfangreicher vorformulierter Vertragsbedingungen noch kaum verbreitet war, mit Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) zu befassen. Rechtsgrundlage der Inhaltskontrolle war seinerzeit und bis zur erstmaligen Kodifikation durch das AGB-Gesetz von 1976 die Generalklausel des § 242 BGB. Seit der Schuldrechtsmodernisierung 2002 ist die Materie in den §§ 305–310 BGB geregelt. Diese Normen bilden den ersten Teil der Kommentierung. Der zweite, etwa gleich große Teil ist – in alphabetischer Ordnung – einzelnen Klauseln und Vertragstypen gewidmet. Darunter ist für den versicherungsrechtlich interessierten Leser naturgemäß der Abschnitt zu den AVB, der auch in der Neuauflage von P. Reiff verantwortet wird, von besonderem Interesse. Abgerundet wird das Werk durch Kommentierungen zum UKlaG und zur Klauselrichtlinie.
Im Folgenden sollen exemplarisch einige für den Versicherungssektor interessante Themen herausgegriffen werden, die in der Neuauflage behandelt werden. So stellt sich in der Rechtspraxis immer wieder die Frage, ob es sich bei einer in AVB enthaltenen Regelung um eine der materiellen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB entzogene Beschreibung der Hauptleistungspflicht handelt. Diese Frage, die normativ an § 307 Abs. 3 S. 1 BGB anknüpft, wird bereits bei der Kommentierung von § 307 BGB angesprochen (§ 307 Rn. 292 ff.; Pfeiffer) und sodann im Kapitel zu den Versicherungsbedingungen vertieft erörtert (Rn. V 156 ff.; Reiff). Dabei wird auch das Urteil des EuGH in der Rechtssache C‑96/14 – Van Hove (VersR 2015, 605 Rn. 33 ff.) aufgegriffen. Zu ihm konstatiert Reiff (Rn. V 161a) zutreffend, dass es die bereits in den Vorauflagen vertretene Ansicht, wonach die restriktive Position des BGH zum Kreis der kontrollfreien Regelungen mit der EG-Klauselrichtlinie vereinbar ist, nicht in Frage stellt.
Während die Klauselkataloge der §§ 308, 309 BGB für Versicherungsverträge eine vergleichsweise unbedeutende Rolle spielen (s. dazu Rn. V 195 ff.), kommt § 307 BGB und hier insbesondere der Transparenzkontrolle gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, welche selbst den einer materiellen Inhaltskontrolle entzogenen Bereich der Hauptleistungspflicht erfasst (vgl. § 307 Abs. 3 S. 2 BGB), eine umso größere Bedeutung zu. Zuverlässig stellt Reiff im Anschluss an die Grundregeln die Kasuistik auf aktuellem Stand dar. So ist das Urteil des BGH zur Untersuchungsobliegenheit in der privaten Krankenversicherung (VersR 2016, 1173 Rn. 24 ff.) eingearbeitet (Rn. V 183a), das zum Spannungsverhältnis zwischen Informationsinteresse des Versicherers und informationellem Selbstbestimmungsinteresse des Versicherungsnehmers Stellung bezieht und die Klausel für wirksam befindet. Auch die jüngere Judikatur zur Intransparenz des Begriffs „Nettoeinkommen“ in der Krankentagegeldversicherung (BGH VersR 2016, 1177 Rn. 29 ff.) und zur Vorerstreckungsklausel in der Rechtsschutzversicherung (BGH VersR 2018, 992 Rn. 27 ff.) sind berücksichtigt (Rn. V 194a, 194b).
Die Vorgaben des § 310 Abs. 1 BGB zur Geltung der AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr haben eine auch für den Versicherungssektor sehr bedeutsame Diskussion ausgelöst. Konkret geht es um die Frage, inwiefern die Regeln der §§ 305 ff. BGB zur Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle auch dann zum Zuge kommen können, wenn eine AVB-Klausel sich im Rahmen des nach dem VVG Zulässigen hält. Dies betrifft alle Klauseln, die von einer dispositiven Regelung des VVG abweichen, und insbesondere solche in Verträgen über ein Großrisiko i. S. v. § 210 VVG, auf welche die Beschränkungen der Vertragsfreiheit nach dem VVG von vornherein in toto nicht anwendbar sind. Nach geltendem Recht bietet § 310 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB einen Anknüpfungspunkt dafür, die mit der Kontrolle von gegenüber Unternehmern verwendeten AGB anhand der §§ 305 ff. BGB verbundenen Unbilligkeiten zu beschränken. Nach dieser Vorschrift ist auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen. Pfeiffer (§ 310 Abs. 1 Rn. 28 f.) plädiert dafür, die Regelung ausdehnend anzuwenden. Man kann dieses Plädoyer nur unterstreichen (näher Armbrüster, AGB-Kontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr, in: Gedächtnisbeilage für Klaus Adomeit, NZA-Beilage 1/2019 zu Heft 20/2019, S. 44–52).
Fazit
Die Neuauflage des „Wolf/Lindacher/Pfeiffer“ bringt ein bewährtes Werk auf den aktuellen Stand. Dem versicherungsrechtlich interessierten Leser bietet der Kommentar über die allgemeinen Ausführungen zu den §§ 305–310 BGB hinaus insbesondere im Kapitel zu den AVB wertvolle Orientierung.
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Metadaten
Titel
Wolf/Lindacher/Pfeiffer: AGB-Recht. Kommentar
7. Aufl., Verlag C. H. Beck, München 2020, XXX und 2670 Seiten
verfasst von
Christian Armbrüster
Publikationsdatum
19.10.2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft / Ausgabe 1/2021
Print ISSN: 0044-2585
Elektronische ISSN: 1865-9748
DOI
https://doi.org/10.1007/s12297-020-00481-x

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