Energiegenossenschaften haben für den dezentralen Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion in Deutschland im neuen Jahrtausend eine wichtige Rolle gespielt: Sie bündeln das Kapital von Privatpersonen und erschließen damit eine weitere Finanzierungsquelle für das Erreichen der Energiewende. Dabei gelten ihre regionale Orientierung und die genossenschaftliche Mitbestimmung als akzeptanzfördernde Erfolgsfaktoren. Mit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2014 fallen nun die bisher sehr günstigen Förderbedingungen sukzessive weg, die für die Geschäftsmodelle vieler, vor allem regionaler Energiegenossenschaften zentral waren. Damit ist die Boomphase der Energiegenossenschaften beendet und die zunehmende Marktorientierung der Förderpolitik für erneuerbare Energien erfordert von den Energiegenossenschaften Anpassungen und Innovationen. Vor diesem Hintergrund werden Energiegenossenschaften und ihre Entwicklung aus einer Innovationsperspektive im Hinblick darauf untersucht, wie sich Energiegenossenschaften positionieren müssen, wenn sie auch in Zukunft einen bedeutsamen Beitrag zu einer dezentralen Energiewende leisten wollen bzw. sollen.
Im empirischen Teil dieses Beitrags werden auf der Basis vorhandener Daten, einer eigenen Online-Befragung mit einem Schwerpunkt auf Energiegenossenschaften unterschiedlicher Größe und Reichweite sowie ergänzt durch zwei Fallstudien die Strukturen und der Wandel im deutschen Energiegenossenschaftssektor analysiert. Wir schlussfolgern, dass Größenvorteile und Risikostreuung durch überregionale Aktivität zwar Vorteile bieten können, dass es daneben aber auch für regionale Energiegenossenschaften weitere erfolgversprechende Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Ansatzpunkte für erfolgreiche regionale Strategien bilden die Diversifikation der Geschäftsfelder, die neben Energiedienstleistungen auch weitere Tätigkeiten der örtlichen Daseinsvorsorge beinhalten können, sowie Kooperationen auf regionaler Ebene und mit anderen Energiegenossenschaften bzw. deren Dachverbänden. Generell bildet die Direktvermarktung ein potenziell relevantes Element der innovativen Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen, da sie – entsprechend den genossenschaftlichen Kernprinzipien Mitgliederorientierung und Identitätsprinzip – die Fokussierung auf bestimmte Zielgruppen mit der Vermittlung eines regionalen bzw. ideellen Mehrwerts verknüpft.
Weitere Rechtsformen, die zur gemeinschaftlichen Finanzierung von Erneuerbare-Energie-Projekten genutzt werden, sind Vereine (e. V.), GmbH & Co. KGs, GmbHs, Kommanditgesellschaften (KGs), Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbRs) und manchmal sogar Aktiengesellschaften (AGs); für einen Überblick siehe Staab 2013.
Ähnliche Ergebnisse aus einer anderen Quelle werden in Yildiz/Rommel/Debor et al. (2015: 63, Abb. 2) zitiert. Demnach verringerte sich der Anteil jener Genossenschaften mit einem Finanzkapital von bis zu einer Million Euro von 69 Prozent im Jahr 2010 auf nur noch 65 Prozent im Jahr 2012. Hingegen ist der Anteil der Energiegenossenschaften mit einem Finanzkapital von mehr als 2 Millionen Euro von 14 Prozent im Jahr 2010 auf 20 Prozent im Jahr 2012 gestiegen.