Standortplanung, Genehmigung und Betrieb umweltrelevanter Industrieanlagen

In Deutschland ist der vom Gesetzgeber geforderte Umweltschutz für ein Unternehmen inzwischen zu einem kritischen Standortfaktor geworden. Dies bedeutet, daß die Entwicklungsmöglichkiten eines Werksstandortes entscheidend davon beeinflußt werden, daß das Unternehmen die gegenwärtig und zukünftig geltenden Umweltschutzvorschriften an diesem Standort einhalten kann. Werden diese Entwicklungsmöglichkeiten eines Standortes falsch beurteilt, so kann sich — eventuell erst nach Jahren! — herausstellen, daß für die Anlage oder das Werk ein anderer Standort gesucht werden muß. Der hierbei entstehende Zeitverlust kann wettbe-werbsentscheidend sein, abgesehen davon, daß dann die Planungs- und Investitionskosten am alten Standort abgeschrieben werden müssen.

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat (Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz [GG]).

Der Begriff „Umweltschutz„ war in der deutschen Sprache zunächst nicht ge-bräuchlich und wurde um 1969 von der damaligen Bundesregierung geprägt, die damit das amerikanische „environmental protection„ in die deutsche Sprache über-setzte. Teilbereiche des staatlich veranlaßten Umweltschutzes (=Umweltpolitik³) hatten zu jenem Zeitpunkt schon Tradition: So gingen z.B. das Recht der Luftrein-haltung und des Naturschutzes auf das vorige Jahrhundert zurück. Neu an dem Begriff „Umweltschutz„ war damals der übergreifende Ansatz.

Die Wahl eines neuen Industrie- oder Gewerbestandortes¹⁴ stellt eine sowohl fol-genschwere als auch langfristig wirkende unternehmerische Entscheidung dar. Aggteleky bezeichnet den Standort als eine „… im Laufe der Zeit … unveränderliche Gegebenheit, die bei späteren Entscheidungen als Faktum behandelt wird und auf die weitere Entwicklung des Unternehmens entscheidenden Einfluß haben kann. Die Standortfrage muß unter Umständen den unternehmerischen Grundsatzfragen gleichgestellt warden.„[Agg87, S. 287].

Die meisten Industrieanlagen bedürfen in Deutschland vor ihrer Inbetriebnahme einer Anzeige durch den Betreiber bei der dafür zuständigen Behörde oder einer Betriebsgenehmigung durch eine solche Behörde sowie Abnahmen (Prüfungen) der ganzen Anlage oder bestimmter Teile. Diese Abnahmen erfolgen je nach ihrem Gegenstand durch Behörden, Berufsgenossenschaften oder Sachverständige. Teil-weise ist nicht nur eine, sondern ein ganzes Bündel von Genehmigungen und Ab-nahmen erforderlich.

In diesem Kapitel werden die Unternehmerpflichten des Umweltrechts rein aus Sicht der Produktion behandelt. Für die produzierten Produkte und deren Inver-kehrbringen gelten weitere, zum Teil sehr umfassende Bestimmungen, wie z.B. für die Zulassung von Arzneimitteln. Deren Darstellung ist nicht das Anliegen dieses Buches. In Abschnitt 6.4.1 wird jedoch als Exkurs die Anmeldung neuer Stoffe nach dem Chemikaliengesetz behandelt, weil dieser Aspekt für das Verständnis und die Anwendung des Chemikaliengesetzes und seiner Rechtsverordnungen wesentlich ist.