Seit Jahresanfang gilt eine verlängerte Zugangsfiktion für Steuerbescheide. Mit ihr sollen längere Postlaufzeiten ausgeglichen und mehr Rechtssicherheit für Steuerpflichtige und Steuerberater geschaffen werden.
Die Anpassung hat praktische Auswirkungen auf Einspruchsfristen und Rechtsmittel.
Quality Stock Arts / stock.adobe.com
Seit 2025 greift die Verlängerung der Zugangsfiktion für Steuerbescheide von drei auf vier Tage. Grundlage für diese Anpassung im Steuerrecht ist das Postrechtsmodernisierungsgesetz. Das berücksichtigt die längeren Postlaufzeiten der Deutschen Post. Diese Neuerung hat erhebliche Auswirkungen auf Prozesse von Steuerpflichtigen, Steuerberatern und Unternehmen - insbesondere im Hinblick auf Einspruchsfristen und Rechtsmittel.
Verlängerung der Zugangsfiktioin
Laut § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) gilt ein Steuerbescheid als bekanntgegeben, wenn er dem Empfänger zugeht. Für den postalischen Versand unterstellte das Gesetz bislang den Zugang des Steuerbescheids am dritten Tag nach Aufgabe zur Post. Das galt unabhängig davon, wann dieser tatsächlich beim Empfänger ankam.
Die Neuregelung verlängert diese Frist nun auf vier Tage. Das bedeutet, dass ein Steuerbescheid, der am 1. eines Monats aufgegeben wird, erst am 5. als zugestellt gilt (statt wie bisher am 4.). Fällt dieser Tag auf ein Wochenende oder einen Feiertag, verschiebt sich der Zugang auf den nächsten Werktag gemäß § 108 Abs. 3 AO.
Praktische Konsequenzen für Rechtsmittel
Diese Anpassung hat rechtliche Folgen: Steuerpflichtige haben gemäß § 355 AO grundsätzlich einen Monat Zeit, um Einspruch gegen einen Steuerbescheid einzulegen. Da sich der fingierte Zugang um einen Tag nach hinten verschiebt, verlängert sich auch die Berechnung der Einspruchsfrist.
Die Bekanntgabe eines Steuerbescheids ist auch für die Berechnung von Zahlungsfristen nach § 220 AO relevant. Wird ein Bescheid später als erwartet bekanntgegeben, verschieben sich auch Fälligkeiten - das müssen vor allem Unternehmen und Selbstständige berücksichtigen.
Gründe für die Regeländerung
Warum war diese Anpassung überhautp notwendig? In Deutschland hat sich die durchschnittliche Postlaufzeit verlängert. Laut Angaben der Bundesnetzagentur erreichen viele Briefe nicht mehr zuverlässig innerhalb von ein bis zwei Tagen ihr Ziel. Um sicherzustellen, dass Steuerbescheide rechtzeitig dem Empfänger zugestellt werden, hat sich der Gesetzgeber für die Verlängerung der gesetzlichen Zugangsfiktion entschieden. Steuerpflichtige und Steuerberater sollen so mehr Rechtssicherheit erhalten, da sie sich länger für die Bearbeitung von Steuerbescheiden Zeit lassen können.