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2024 | Buch

Steuergerechtigkeit

Für ein prinzipientreues und rechtsstaatliches Steuerrecht

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Über dieses Buch

Dieses Buch vermittelt die ethischen Grundprinzipien eines gerechten, verfassungskonformen Steuerrechts und die wesentlichen Reformvorschläge und -perspektiven des 20. und 21. Jahrhunderts für ein transparentes und effizientes Steuersystem in Deutschland. Die überarbeitete und erweiterte zweite Auflage wurde aktualisiert und um das Thema ergänzt.

Bereits vor über 100 Jahren initiierte der Reichsfinanzminister Matthias Erzberger eine umfassende Reform der Finanzverfassung und des Steuersystems, um „Gerechtigkeit im gesamten Steuerwesen zu schaffen“. Doch die Systematik dieser ehemals international hoch angesehenen deutschen Steuergesetze hat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland kontinuierlich gelitten, da der Gesetzgeber fortlaufend einer Vielzahl politischer Erwägungen den Vorrang einräumte. Aktuell stellen Steuerrechtswissenschaftler jedoch die Steuergerechtigkeit auf Basis konsistenter Prinzipien in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen, um den Inhalt und die Grenzen der staatlichen Rechte zu bestimmen. Die in diesem Buch dargestellten ethisch fundierten Rechtsprinzipien bilden daher eine gute Grundlage, um ein neues Steuersystem für Deutschland zu gestalten, das einfacher, sozialer, transparenter und gerechter ist.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Bereits im Jahre 1808 veröffentlichte der Heidelberger Professor Heinrich Eschenmayer sein damals Aufsehen erregendes Werk „Vorschlag zu einem einfachen Steuer-Systeme“, mit dem er die „Finanz-Regierung“ auf die Willkür und Zufälligkeit des Steuersystems seiner Zeit aufmerksam machen wollte. Und zweihundert Jahre später, im Jahr 2010, ist es wieder ein Professor aus Heidelberg, der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof, der beklagt: „Ich kann ein Recht nicht als gerecht verstehen, wenn ich das Recht nicht verstehe.“
Reiner Sahm
Kapitel 2. Die Ausgangssituation
Zusammenfassung
Bis auf einige Ausnahmen kann im 21. Jahrhundert im deutschen Steuersystem von Ordnung keine Rede sein. Das heutige deutsche Steuerrecht ist durch eine Fülle von Bevorzugungs-, Benachteiligungs- und Lenkungstatbeständen gekennzeichnet. Es ist undurchschaubar, verwirrend und widersprüchlich, weshalb der Bundesrechnungshof bereits im Jahr 2006 feststellte: „Der gesetzmäßige und gleichmäßige Vollzug der Steuergesetze ist nicht mehr gewährleistet.“ Gesetze können nur dann befolgt werden, wenn sie verstanden werden. Es darf keine „Dummensteuer“ geben in dem Sinne, dass Laien nicht in der Lage sind, die Lücken und Privilegien der undurchschaubaren Steuergesetze zu nutzen, hingegen es den Hochverdienenden gelingt, sich eine teure Steuerberatung zu leisten, um ihre Steuerpflichten legal zu vermindern.
Reiner Sahm
Kapitel 3. Future – made by history
Zusammenfassung
Steuern oder Abgaben sind so alt wie menschliches Zusammenleben überhaupt. Es steht fest, dass in den Ursprüngen der Menschheit alle Gesellschaftsentwicklung von der Familie ausgegangen ist. Aus der Fürsorge von Familienmitgliedern füreinander ist die gegenseitige, selbstverständliche Hilfe bei nur gemeinsam zu lösenden Aufgaben oder gemeinsamer Gefahr entstanden.
Reiner Sahm
Kapitel 4. Für ein prinzipientreues Steuerrecht!
Zusammenfassung
Ethiker sind übereinstimmend der Meinung, dass der Gleichheitsgrundsatz ein entscheidendes Kennzeichen der Gerechtigkeit sei. Der ehemalige Richter am Bundesverfassungsgericht und spätere Bundespräsident Roman Herzog nannte den Gleichheitssatz „die Magna Charta des Steuerrechts“ und auch der deutsche Staatsrechtler und Staatsphilosoph Josef Isensee betont die Bedeutung der Gleichheit der Steuerlast für ihre Akzeptanz durch den Bürger: Diese werde aber nur gewährleistet, wenn die Steuern nach „einsehbaren, konsistenten Prinzipien“ gestaltet seien. Unter Ethikern und zeitgenössischen Steuerrechtswissenschaftlern herrscht weitgehende Übereinstimmung, dass von „gerechter“ Besteuerung nur dann die Rede sein kann, wenn den Prinzipien der Allgemeinheit, der Gleichmäßigkeit und der persönlich-individuellen Leistungsfähigkeit Genüge getan ist.
Reiner Sahm
Kapitel 5. Für ein rechtsstaatliches Steuerrecht!
Zusammenfassung
Die Freiheit/Gleichheit/Solidarität-Trias, die ihre Wurzel in der französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 hat, wurde in das Grundgesetz übernommen. Ab 1949 sind die Grundprinzipien des freiheitlich-sozialen Rechtsstaates der Bundesrepublik Deutschland das Freiheitsprinzip (Art. 2, 12, 14 GG), das Prinzip der Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 3 GG) als Ausfluss des Gerechtigkeitsprinzips und das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG), das die soziale Verantwortlichkeit betont. Aus dem im Grundgesetz kodifizierten Gleichheitssatz „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ wird das Gebot der Steuergerechtigkeit hergeleitet. Der Gleichheitssatz verlangt nicht nur eine Rechtsetzungsgleichheit, sondern ebenso auch den gleichmäßigen Vollzug der Steuergesetze. Neben dem Fiskalzweck kann der Gesetzgeber beim Erlass steuerlicher Vorschriften außerfiskalische Zwecke verfolgen. Damit wurde die Besteuerung zum Instrument der Wirtschaftspolitik, was dazu führte, dass die Deutsche Steuer-Gewerkschaft bereits 1999 davon sprach, dass das Steuerrecht zu einem „unbeherrschbaren Monstrum verkümmert“ sei.
Reiner Sahm
Kapitel 6. Reformvorschläge und -perspektiven
Zusammenfassung
Der Reformbedarf des existierenden deutschen Steuersystems ist immens. Seit den 1980er-Jahren sind von der Wissenschaft und aus der Politik eine Vielzahl von Reformvorschlägen erarbeitet worden, die das Bedürfnis nach einer Fundamentalreform aufzeigen. Anfang des 21. Jahrhunderts sind zwei wesentliche Reformvorschläge veröffentlicht worden: Das „Bundessteuergesetzbuch“ von Paul Kirchhof – eine Zusammenfassung des gesamten Steuerrechts – und die Ertragsteuerreform der Kommission „Steuergesetzbuch“. Ziel beider Vorschläge ist es, die Ausnahme-, Lenkungs- und Privilegientatbestände zu entfernen bzw. zu reduzieren, die Steuergesetze auf die erprobten und bewährten Prinzipien zurückzuführen und das deutsche Steuerrecht grundlegend zu vereinfachen.
Reiner Sahm
Kapitel 7. Steuergerechtigkeit und Staatenwettbewerb
Zusammenfassung
Eines der wichtigsten Fundamente der Gesellschaft und jenseits der Nationalstaaten ist das Recht. Es ist das verbindende Band der Länder und Kulturen und das Ergebnis einer langen Überlieferung. Dieses verbindende Band wird zerschnitten, wenn durch den Staatenwettbewerb unterschiedliche Steuerbelastungen entstehen.
Auf der Ebene des Staatenwettbewerbs entstehen Gerechtigkeitsprobleme, wenn Staaten sich zu ihrem eigenen Vorteil unkooperativ gegenüber anderen Staaten verhalten. Dies ist auf dreierlei Weise denkbar: erstens durch staatliche Privilegierungen, zweitens durch internationale Steuergestaltung und drittens durch internationale Steuerhinterziehung.
Reiner Sahm
Kapitel 8. Fazit: Steuergerechtigkeit jetzt!
Zusammenfassung
Vor einhundert Jahren (1919/1920) hat Reichsfinanzminister Matthias Erzberger das umfangreichste und bedeutendste Reformwerk der deutschen Steuer- und Finanzgeschichte auf den Weg gebracht. Sein oberstes Ziel, „Gerechtigkeit im gesamten Steuersystem zu schaffen“, hat dazu geführt, dass das Steuersystem und die Finanzverfassung im Deutschen Reich grundlegend umgestaltet und modernisiert wurden.
Wenn es einhundert Jahre nach der Erzberger’schen Finanzreform gelänge, fundamentale Änderungen im deutschen Steuersystem herbeizuführen, wären der politische, wirtschaftliche und soziale Gewinn einzigartig. Eine glaubwürdige, transparente und logische steuerliche Initiative könnte daher der Schlüssel zur Erreichung dieses Ziels, eines prinzipientreuen und rechtsstaatlichen Steuerrechts sein. Auf dieser Grundlage ist auf Initiative des Autors vom Institut für Finanz- und Steuerrecht der Ruprecht-Karls-Universität der „Heidelberger Steuerrechtspreis 2024“ ausgeschrieben worden.
Reiner Sahm
Metadaten
Titel
Steuergerechtigkeit
verfasst von
Reiner Sahm
Copyright-Jahr
2024
Electronic ISBN
978-3-658-45617-7
Print ISBN
978-3-658-45616-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-45617-7

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