Intensiv haben CDU/CSU und SPD verhandelt. Nun ist klar, die neue Bundesregierung will Unternehmen mit ihren umfassenden Steuerplänen entlasten. Doch Kritikern aus Wissenschaft und Wirtschaft geht der Koalitionsvertrag in vielen Punkten nicht weit genug oder es fehlt das Tempo.
CDU, CSU und SPD planen zahlreiche steuerliche Entlastungen für die deutsche Wirtschaft.
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Mit großer Spannung wurden die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD erwartet. Vor allem die Steuerpläne der künftigen Bundesregierung sind für Unternehmen von großer Relevanz. Angesichts zahlreicher globaler Unsicherheiten und eines drohenden Handelsstreits mit den USA steht die deutsche Steuerpolitik besonders im Fokus der Wirtschaft. Werden die nun beschlossenen Pläne umgesetzt, kommt es kurz- und mittelfristig zu umfangreichen fiskalischen Entlastungen.
Körperschaftsteuer soll ab 2028 sinken
So sieht die Vereinbarung vor, ab 2028 die Körperschaftsteuer, die bislang 15 Prozent betrug, zu senken - und zwar jährlich um ein Prozent innerhalb von fünf Jahren. Davon sollen nicht nur Kapitalgesellschaften profitieren, sondern durch ein verbessertes Optionsmodell und Änderungen der Thesaurierungsbegünstigung auch Personengesellschaften.
Interessant ist hierbei vor allem ein Passus im Koalitionsvertrag: "Wir prüfen, ob ab dem Jahr 2027 die gewerblichen Einkünfte neu gegründeter Unternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform in den Geltungsbereich der Körperschaftsteuer fallen können." Da die Körperschaftsteuerbelastung in der Regel geringer ist als die Belastung durch die individuelle tarifliche Einkommensteuer, wäre dies eine deutliche Entlastung.
Auch bei der Einkommensteuer ist eine Anpassung des Tarifs vorgesehen - insbesondere für kleine und mittlere Einkommen. Am Solidaritätszuschlag wird jedoch weiterhin festgehalten.
Degressive Abschreibung
Für die Investitionspolitik von Unternehmen ist insbesondere der geplante Investitions-Booster in Form einer degressiven Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen in Höhe von 30 Prozent interessant. Diese will die neue Bundesregierung in den Jahren 2025, 2026 und 2027 einführen. Wer also bereits in den kommenden Monaten entsprechende Investitionen plant, könnte von dieser Möglichkeit Gebrauch machen - wenn der Koalitionsvertrag entsprechend umgesetzt wird.
Weitere geplante Steuermaßnahmen
Daneben stehen noch zahlreiche weitere steuerpolitische Vorhaben auf der Agenda:
- Steuerliche Anreize bei der E-Mobilität (wie Sonderabschreibung und Kfz-Steuerbefreiung)
- Erhöhung des Gewerbesteuer-Mindesthebesatzes von 200 auf 280 Prozent
- Vereinfachung der Mindeststeuer
- Freiwilliges längeres Arbeiten nach Erreichen des gesetzlichen Rentenalters bis 2.000 Euro steuerfrei
- Steuerliche Begünstigung von Prämien zur Ausweitung der Arbeitszeit
- Dauerhafte Erhöhung der Pendlerpauschale zum 1. Januar 2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer
- Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene
- Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie ab 1. Januar 2026 dauerhaft sieben Prozent
- Senkung der Stromsteuer
- Anhebung der Übungsleiterpauschale auf 3.300 Euro und die Ehrenamtspauschale auf 960 Euro
- Anpassungen bei Kindergeld/Kinderfreibetrag und Förderung von Alleinerziehenden
- Verstärkte Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Finanzkontrolle Schwarzarbeit sowie Geldwäschebekämpfung und Zollfahndung
- Abbau von Steuerbürokratie
IW Köln: Steuerplänen fehlt Mut und Tempo
Laut der Experten des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) fehlt es den steuerpolitischen Pläne von Schwarz-Rot jedoch an Mut. "In der Steuerpolitik kann der Koalitionsvertrag nur bedingt die Weichen für mehr Wirtschaftsdynamik stellen. Die sinnvolle Verbesserung der Abschreibungsbedingungen wird dazu führen, dass Unternehmen geplante Investitionen vorziehen und verstärken", heißt es in einem aktuellen Kommentar. Kritik übt der IW Köln daran, dass die Unternehmensteuerlast erst im Jahr 2028 starten und dann in fünf Schritten umgesetzt werden soll. Ein wettbewerbsfähiges Steuerniveau hätte Deutschland damit erst im Jahr 2032. "Mehr Tempo wäre wünschenswert".
Dass zudem der Soli bleibt, sei aus politischer Sicht fragwürdig, "da er zu einer verkappten Unternehmensteuer geworden und die Mittelverwendung völlig unklar ist". Es hätte mehr Mut gebraucht, um Deutschlands Ruf als Hochsteuerland schnell zu korrigieren und einen größeren steuerpolitischen Beitrag zum Weg aus der Krise zu leisten.
Erwartungen des Mittelstands nur teilweise erfüllt
"Unsere Erwartungen wurden nur teilweise erfüllt", kommentierte auch Marc S. Tenbieg, geschäftsführender Vorstand des Deutschen Mittelstandsbundes, kurz DMB, die Ergebnisse aus Berlin. "Die vorgesehene Möglichkeit, Ausrüstungsinvestitionen künftig mit bis zu 30 Prozent abzuschreiben, ist ein wirkungsvolles Signal." Diese Maßnahme stärke die Innovationskraft kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU), fördere wirtschaftliche Dynamik und "kann zum dringend benötigten Wachstumsschub beitragen". Auch von den geplanten Infrastrukturinvestitionen im Rahmen des Finanzpakets erhofft sich der DMB-Chef wichtige Impulse - "vorausgesetzt, sie werden schnell und unbürokratisch umgesetzt".
Kritisch sieht Tenbieg die schrittweise Senkung der Körperschaftsteuer ab 2028. Dies sei "viel zu spät und zu vage". Der Mittelstand brauche jetzt spürbare Entlastungen, "nicht erst in drei Jahren". In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit sei eine zügige Steuerreform entscheidend - auch für die Investitions- und Planungssicherheit der Unternehmen. "Zudem ist bislang noch offen, wie die Steuermaßnahmen gegenfinanziert werden sollen. "Ungeklärte Finanzierungsfragen schaffen neue Unsicherheiten - das ist das Gegenteil von verlässlicher Standortpolitik."
DSGV mahnt "mutige Erneuerungsagenda"
"Der Koalitionsvertrag von Union und SPD enthält wichtige Signale für eine wirtschaftliche Erneuerung unseres Landes. Nun kommt es auf die entschlossene Umsetzung an“, so Ulrich Reuter, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), zu den vorgestellten Plänen von CDU, CSU und SPD. "Nötig ist eine mutige Erneuerungsagenda, damit die beschlossenen öffentlichen Sonderkredite kraftvolle private Investitionen nach sich ziehen und so ihre volle Wirksamkeit entfalten können." Grundlagen dafür seien im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD zu erkennen. "Was aber wirklich zählt, ist Taten folgen zu lassen, bürokratische Hemmnisse für Investitionen abzubauen und damit eine neue wirtschaftliche Dynamik zu entwickeln", betont Reuter.