Der Kassenbon ist seit Jahresbeginn Pflicht. Dennoch reißen die Diskussionen nicht ab. Der Staat will Steuerausfälle vermeiden, doch Kritiker monieren die Papierbelege als nicht mehr zeitgemäß. Einen Ausweg bieten digitale Lösungen.
Die Ausgabepflicht von Kassenbons ist im Fokus der Medien
Patrick Daxenbichler | stock.ado
Unternehmen, die eine Registrierkasse nutzen, sind seit dem ersten Januar 2020 verpflichtet, einen Kassenbon auszustellen. Denn nach Schätzungen des Bundesrechnungshofs entgehen dem Staat rund zehn Milliarden Steuereinnahmen durch nicht erklärte Bargeldumsätze. Geregelt ist diese Verpflichtung im "Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen", das auch als Kassengesetz bezeichnet wird, und bereits Ende 2016 verabschiedet wurde. Unternehmen hatten also durchaus Zeit, sich auf die Neuregelung vorzubereiten.
Die Gründe, welche zur Einführung eines neuen "Kassengesetzes" führen, ist die schnell voranschreitende technische Fortentwicklung, die es ermöglicht, dass digitale Aufzeichnungen (zum Beispiel im Rahmen des Einsatzes von elektronischen Registrierkassen) gelöscht oder verändert werden können ohne hierbei 'Spuren zu hinterlassen'", erläutert Karin Nickenig in ihrem Buch "Kassenbuchführung" auf Seite 19 die Hintergründe.
Nur elektronische Kassen betroffen
Die Neuregelung bei der Belegausgabe seit Januar 2020 betrifft allerdings nur elektronische Kassen. Die Finanzverwaltung hat sich bei Nutzern dieser Kassen allerdings für eine Übergangsfrist bis zum 30. September 2020 entschieden. Betroffene Unternehmen, die also noch nicht alle Anforderungen umgesetzt haben, können dies nun noch tun, ohne Bußgelder befürchten zu müssen. Allerdings ist es nicht ratsam, diese Frist auszureizen. Den Willen den Aufzeichnungspflichten auch nachzukommen zeigen Unternehmen, die hier zu spät reagieren, nicht.
Weiterhin ohne Bon agieren darf etwa der Obst- oder Gemüsestand auf dem Wochenmarkt, der nur eine offene Ladenkasse nutzt. Allerdings ist auch hier zu vermuten, dass in dem ein oder anderen Fall nicht alle Einnahmen korrekt erklärt werden.
Digitale Lösung vermeidet Müllberge
Sowohl Unternehmen als auch Kunden reagieren auf die Bonausgabe nur mäßig begeistert, obwohl der Käufer nicht verpflichtet ist, den Beleg mitzunehmen. Wer beispielsweise ein Brötchen beim Bäcker kauft, wird heute gefragt, ob er den Kassenzettel möchte. Oft steht direkt auf der Theke bereits ein Körbchen, in welches die nicht gewollten Kassenbons geworfen werden.
Kritiker bemängeln daher, dass mit der Kassenbonpflicht unnötig viel Müll produziert wird. Zudem handelt es sich in vielen Fällen um Thermopapier. Das sollte laut Empfehlung des Umweltbundesamtes nicht über das Altpapier sondern im Restmüll entsorgt werden. Allerdings hat der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Kassengesetzes bereits betont, dass der Beleg auch elektronisch zur Verfügung gestellt werden kann.
"Grüner Bon" per App
Am 13. Februar 2020 hat das Finanzministerium Saarland auf die kostenlose App "Grüner Bon" als Alternative zum Papierbeleg hingewiesen. Diese soll kurzfristig zur Verfügung stehen und ist sowohl für iOs- als auch Android-Geräte erhältlich. Beim Bezahlvorgang zeigt der Kunde dem Verkäufer sein Smartphone. Der Verkäufer scannt einen QR-Code ab und der elektronische Bon findet sich in der App unter "meine Belege" wieder. Ähnliche Systeme sind in Skandinavien bereits im Einsatz. Ob sich diese Alternative bei den Kunden und im Handel durchsetzen wird, bleibt allerdings abzuwarten.
Einen Schritt weiter geht der Elektronikhändler Saturn, der in ausgesuchten Länden komplett kassenfreies Bezahlen anbietet. Hier scannen Kunden per App den Preis des gewünschten Produkts mit einem NFC-fähigen Smartphone ein, um den Artikel aufzurufen, schreibt Martin Wild im Buchkapitel "Mensch und Technologie zusammenbringen – Digitalisierung im Consumer-Electronics-Fachhandel" auf Seite 323. Bezahlt wird anschließend digital über verschiedene Payment-Anbieter. "Nach der Bezahlung erhält der Kunde per Mail einen digitalen Kassenbon und muss nun die gekauften Produkte vor Verlassen des Marktes nur noch am Smartpay Express-Schalter entsichern lassen."
Belegpflicht im internationalen Vergleich
Wie Kunden und Handel mit der Belegpflicht klarkommen, zeigen Beispiele anderer EU-Mitgliedstaaten. Laut Bundesfinanzministerium gibt es ähnliche Pflichten zum Beispiel in Österreich, Italien, Portugal, Schweden, Slowenien und der Tschechischen Republik.
Andere Länder gehen wiederum den entgegengesetzten Weg. Frankreich hat beispielsweise ein "Gesetz gegen Verschwendung" im November 2019 verabschiedet. Hierbei wird auch geregelt, dass keine Kassenbelege für Kleinbeträge mehr gedruckt werden sollen. Danach sollen Bons
- ab September 2020 für Beträge bis zu zehn Euro,
- ab Januar 2021 für Beträge bis zu 20 Euro und
- ab 2022 für Beträge bis 30 Euro wegfallen.
EU-weite Lösung zur Kassenbonpflicht sinnvoll
Obwohl die Bundesregierung argumentiert, dass Transparenz und Kontrolle zur Vermeidung von Steuerausfällen eine Bonpflicht erforderlich machen, verweisen. Kritiker auf Beispiele wie Frankreich, um Berge von Kassenzetteln zu vermeiden. Der ausgedruckte Kassenbon erscheint vielen Experten – auch im Vergleich mit anderen Ländern, wie Österreich, nicht mehr zeitgemäß.
"Erstaunlich ist, dass Deutschland als Hochtechnologieland hinter den technischen Lösungen in anderen Ländern, zum Beispiel zur Verifzierung von Belegen, zurückbleibt. Mit Blick auf den europäischen Binnenmarkt stellt sich allerdings ohnehin die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, die Anforderungen an die Kassenführung gemeinsam festzulegen, um beispielsweise den Kassenherstellern eine preiswerte, europaweite Lösung zu ermöglichen", stellt Springer-Autor Ralf Klapdor in seinem Buchkapitel "Steuerliche Aspekte der Bargeldbewirtschaftung" (Seite 111) fest.