Mit dem ViDA-Paket wird das EU-Mehrwertsteuersystem digitalisiert: Echtzeit-Meldungen, Plattformbesteuerung und einheitliche Registrierung sollen die Steuerhinterziehung erschweren und zugleich administrative Abläufe in Unternehmen vereinfachen.
Mit dem ViDA-Paket geht die Europäische Union einen großen Schritt in Richtung einer modernen und digitalen Mehrwertsteuererhebung.
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Das ViDA-Paket, kurz für VAT (Valued Added Tax, auf deutsch Mehrwertsteuer) in the Digital Age, auf das sich der EU-Rat im November 2024 geeinigt hat, besteht aus einer Reihe neuer Maßnahmen, die in drei Rechtsakten - einer Richtlinie, einer Verordnung und einer Durchführungsverordnung - festgelegt sind. Damit folgt die kontinuierliche Anpassung des europäischen Mehrwertsteuersystems an die digitale Wirtschaft und die fortschreitende Digitalisierung des Steuerwesens.
Die Europäischen Union hat in den letzten Jahren bereits zahlreiche Initiativen gestartet, um Steuerbetrug und Mehrwertsteuerhinterziehung zu bekämpfen. Der aktuelle Vorstoß soll hierzu einen entscheidenden Beitrag leisten. Im Fokus stehen die vollständige Digitalisierung der Mehrwertsteuer-Meldepflichten bis 2030 sowie die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Steuerbehörden.
Digitalisierung der Mehrwertsteuer-Meldungen
Ein zentrales Element des ViDA-Pakets ist die Einführung eines digitalen Echtzeit-Meldesystems für grenzüberschreitende Mehrwertsteuermeldungen. Unternehmen werden verpflichtet, ihre Transaktionen elektronisch zu dokumentieren und diese in Echtzeit an die nationalen Steuerbehörden zu melden. Doch warum ist diese Änderung so wichtig? Bisher ist gerade der Umsatzsteuerbereich aufgrund des bestehenden Systems anfällig für Steuerbetrug. Allein in Deutschland geht man von Milliardenschäden aus. Doch durch das digitale Meldesystem soll dies künftig vermieden werden.
Voraussetzung hierfür sind elektronische Rechnungen, die regulatorisch in Deutschland durch das Wachstumschancengesetz verpflichtend für den B2B-Bereich umgesetzt wurden. Die Einführung elektronischer Rechnungen und die Vernetzung nationaler Systeme zielt auf ein hohes Maß an Transparenz. Dies soll die Aufdeckung von Steuerbetrug erheblich erleichtern und den EU-Mitgliedstaaten ermöglichen, schneller auf verdächtige Aktivitäten zu reagieren. Dabei bleibt abzuwarten, welche Rolle neue Technologien im Bereich der Betrugserkennung spielen werden.
Durch die Einführung digitaler Systeme erwartet die EU, dass Steuerbetrug, insbesondere der Mehrwertsteuerbetrug, drastisch reduziert wird. Unternehmer werden nun aufgefordert, ihre Geschäftsaktivitäten in vollem Umfang und ohne Verzögerung zu melden. Im Gegenzug sollen sie von einer effizienteren Verwaltung und weniger bürokratischem Aufwand profitieren.
Pflichten für digitale Plattformen
Das ViDA-Paket enthält unter anderem Vorschriften zur Besteuerung von Plattformen, die Kurzzeitvermietungen von Unterkünften oder Personenbeförderung ermöglichen. Typische Beispiele sind unter anderem Airbnb oder auch Uber. In der Vergangenheit gab es häufig Steuerlücken, da viele der Anbieter sich nicht um die Mehrwertsteuer kümmern mussten, wie insbesondere kleine Anbieter oder Einzelpersonen. Mit den neuen Regeln werden Betreiber von Plattformen nun verpflichtet, die Mehrwertsteuer direkt beim Kunden zu erheben und an die Steuerbehörden abzuführen, wenn ihre Dienstleister dies nicht selbst tun.
Diese Regelung zielt darauf ab, einen fairen Wettbewerb zwischen herkömmlichen Dienstleistern, etwa Hotels oder Taxiunternehmen, und den digitalen Hubs zu gewährleisten. Gleichzeitig wird dadurch eine gerechtere Verteilung der Steuerlast erreicht, indem auch kleinere Anbieter in die Steuerpflicht einbezogen werden.
Einzige Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer-Registrierung
Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, mussten sich in der Vergangenheit vor allem mit umfangreichen Registrierungspflichten im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer auseinandersetzen und sich nicht selten in zahlreichen EU-Staaten registrieren. Der bürokratische Aufwand war immens und zudem kostenintensiv. Nicht selten mussten Übersetzer oder auch lokale Steuerberater beauftragt werden. Deshalb ist ein weiteres bedeutendes Element der Neuregelung die Erweiterung der "einzigen Anlaufstelle" (One-Stop-Shop, OSS) für Mehrwertsteuer-Registrierungen.
Diese Regelung ermöglicht es Unternehmen, ihre Mehrwertsteuerpflichten für grenzüberschreitende Transaktionen innerhalb der EU über ein einziges Online-Portal zu erfüllen. Mit dieser Lösung soll sich der Verwaltungsaufwand für Unternehmen erheblich reduzieren, indem sie in Zukunft die Notwendigkeit vermeidet, sich in jedem einzelnen Mitgliedstaat, in dem sie tätig sind, separat für Mehrwertsteuerzwecke zu registrieren. Auch Sprachbarrieren sollen auf diese Weise der Vergangenheit angehören.
Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich des OSS auf den Verkauf von bestimmten Produkten - wie Strom und Gas - sowie auf das Verlegen von Lagerbeständen in andere Mitgliedstaaten ausgeweitet. Die Regelung erleichtert Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, den Zugang zum Binnenmarkt der EU und fördert den freien Warenverkehr.
Umkehrung der Steuerschuldnerschaft
Ein weiteres Neuerung ist die obligatorische Einführung der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft in bestimmten Transaktionen zwischen Unternehmen, bei denen der Verkäufer nicht in dem Land ansässig ist, in dem die Mehrwertsteuer geschuldet wird. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Reverse Charge. Diese neue Maßnahme soll helfen, die Steuererhebung zu vereinfachen und Steuerbetrug zu verringern, indem sie die Verantwortung für die Zahlung der Mehrwertsteuer auf den Käufer verlagert.
Auswirkungen des ViDA-Pakets auf Unternehmen
Für Unternehmen bedeutet das ViDA-Paket langfristig vor allem eine starke Vereinfachung der administrativen Prozesse. Besonders Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, werden von den neuen Regelungen profitieren. Der Zugang zu einem einzigen Online-Portal zur Erfüllung der Mehrwertsteuerpflichten und die Einführung der Echtzeitmeldungen bieten eine deutliche Erleichterung. Unternehmen müssen jedoch auch sicherstellen, dass ihre Systeme zur Erstellung elektronischer Rechnungen und die Meldung von Transaktionen den neuen Anforderungen entsprechen. Und dies wird erst einmal mit Aufwand und gegegebenfalls Beratungsbedarf verbunden sein.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Verpflichtung, die Mehrwertsteuer in der Plattformwirtschaft zu erheben. Unternehmen, die in einem solchen digitalen Umfeld operieren, müssen sicherstellen, dass sie im Einklang mit den neuen Vorschriften agieren.
Zahlreiche Änderungen revolutionieren das Mehrwertsteuersystem
Das ViDA-Paket stellt einen wichtigen Schritt in Richtung einer modernen und digitalen Mehrwertsteuererhebung dar. Durch die Einführung von Echtzeit-Meldungen, die Erweiterung der einzigen Anlaufstelle und die Verbesserung der Plattformwirtschaft wird das europäische Steuerwesen modernisiert. Unternehmen müssen sich auf die neuen Trends im Bereich Finance einstellen und sicherstellen, dass ihre internen Systeme den digitalen Anforderungen entsprechen.