Zusammenfassung
Kohlendioxid und seine chemische Zusammensetzung (CO2) sind bereits seit dem 18. Jahrhundert bekannt und kommen in einer Vielzahl von natürlichen und technischen Prozessen vor. Aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht haben diese Anwendungen zwar stets einen praktischen Stoffdatenbedarf, aber nie ein außergewöhnlich großes Interesse an hochgenauen thermophysikalischen Stoffdatenmodellen für Kohlendioxid begründet. Bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts resultierte das Interesse an hochgenauen Stoffdaten von Kohlendioxid ganz wesentlich aus der Verfügbarkeit von hochreinem Kohlendioxid und aus der Lage des kritischen Gebietes von Kohlendioxid – Kohlendioxid eignete sich als hochgenau vermessenes Referenzfluid, insbesondere für das Verhalten reiner Stoffe im kritischen Gebiet.
Seit Beginn der 90er Jahre rückte die Verwendung von Kohlendioxid als Arbeitsmedium in Kälte-, Klima- und Wärmepumpenprozessen in den Mittelpunkt des technischen Interesses. Etwa gleichzeitig gewann vor allem in den USA die Verwendung von Kohlendioxid im Rahmen der tertiären Erdölförderung (Enhanced Oil Recovery, EOR) an Bedeutung, und in der Hochdruckverfahrenstechnik nahm das Interesse an Kohlendioxid und seinen Stoffeigenschaften mit Blick auf die Verwendung als überkritisches Lösungsmittel zu. Schließlich gewann Ende der 90er Jahre die Diskussion über atmosphärische Treibhausgasemissionen im Allgemeinen und Abscheidung, Transport und Speicherung des Kohlendioxids aus Kraftwerksabgasen (Carbon Capture and Storage, CCS) im Besonderen an Bedeutung. Damit ist Kohlendioxid endgültig in den Mittelpunkt des technischen und politischen Interesses gerückt. Die Erkenntnis, dass die Auslegung von CCS-Prozessen in vielen Fällen hohe Anforderungen an die Genauigkeit der verwendeten Stoffdaten stellt, setzte sich aber erst langsam durch. Erst seit knapp zehn Jahren wird genauen thermodynamischen Stoffdaten und dem Einfluss der im abgeschiedenen Kohlendioxid enthaltenen Verunreinigungen für die Auslegung aller Teilschritte der CCS-Prozesskette wachsende Bedeutung beigemessen.
Bei einer genaueren Betrachtung der drei für CCS typischen Prozessschritte Abscheidung, Transport und Speicherung ergeben sich allerdings sehr unterschiedliche Anforderungen an Stoffdatenmodelle und sehr unterschiedliche Ausgangspunkte für deren Formulierung. Der Aufbau dieses Kapitels orientiert sich an den Erfordernissen von Verdichtung und Trocknung des abgeschiedenen kohlendioxidreichen Gemischs und seinem Transport bis an den Grund des Bohrlochs. In dieser Phase werden die höchsten Anforderungen an Genauigkeit und Konsistenz der verwendeten Stoffdatenmodelle gestellt werden und die Chance zu international vereinbarten Standards zu kommen ist am größten. Einleitend werden darüber hinaus kurz Fragen des mit der Handhabung von Kohlendioxid einhergehenden Gefahrenpotentials diskutiert.