Organisationen verfolgen das Ziel, erfolgreich am Markt zu agieren. Um dieses Ziel zu erreichen, können Organisationen unterschiedliche Ressourcen einsetzen. Erfolge im Wettbewerb zu erzielen und dauerhaft zu erhalten beruht zum Großteil auf einem fortwährenden Effizienzverbesserungsprozess verschiedener organisatorischer Elemente, die den Einsatz dieser Ressourcen steuern. Effizienzverbesserungen im Umgang mit der Ressource Wissen wird ein höheres Erklôrungspotential für Erfolge eingeräumt als in Bezug auf die Ressourcen Arbeit, Boden und Kapital.
Diese Dissertation wird im Sinne einer anwendungsorientierten Forschung durchgeführt, die eine Entwicklung von Problemlösungen für das praktische Handeln anstrebt (Ulrich, 1988, S. 177). Theoretische Erkenntnisse der Grundlagenforschung werden dabei mit empirischen Ergebnissen und Erfahrungen aus der Praxis mit dem Ziel kombiniert, neue Denkanstöße und Fragestellungen für die Theorie aufzuzeigen und gleichzeitig einen Nutzen für die Praxis zu liefern. Die im Rahmen dieser Arbeit aufgestellten Modelle und Definitionen sollen demnach als ein Beitrag der qualitativen Forschung angesehen werden, denn diese zeichnet sich durch einen Forschungsprozess aus, der nicht mit Hilfe von endgültigen Begriffen, Konzepten und Instrumenten durchgeführt wird, sondern auf Prinzipien der Offenheit und Kommunikation basiert (Kromrey, 1991, S. 439).
Entwicklung eines theoretischen Rahmens der Betrachtung von Wissen in der Organisation
In dem Kapitel Theoretische Grundbegriffe werden die Begriffe Organisation und Wissen näher erläutert, welche innerhalb dieser Forschungsarbeit zentrale Elemente der Untersuchung darstellen.
Nachdem die vorangehenden Ausführungen die Begriffe Organisation und Wissen näher darstellten, soll in diesem und den folgenden Kapiteln untersucht werden, wie diese beiden Konstrukte in einen Zusammenhang gestellt werden können und welche Fragestellungen sich daraus ergeben.
Während für die Ressourcen Arbeit, Boden und Kapital umfangreiche Managementsysteme entwickelt wurden, stand zu Beginn der neunziger Jahre des 20. Jahrhunderts mit dem Aufkommen des Knowledge-Based View die Schaffung eines integrierten organisatorischen Managementsystems für die Ressource Wissen (Romhardt, 1998, S. 8) noch aus.
Im vorigen Kapitel wurde festgestellt, dass Wissen als organisationsspezifische Ressource für die Entstehung und Aufrechterhaltung von wissensbasierten Wettbewerbsvorteilen verantwortlich ist. Nicht die Gesamtheit des verfügbaren organisationalen Wissens ist dabei für Wettbewerbsvorteile verantwortlich, sondern nur eng spezifizierte Wissensbereiche.
Die theoretischen Überlegungen in Bezug auf das Organisationsgedächtnis zeigen, dass dieses dynamischen Veränderungen ausgesetzt ist, die sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht Auswirkungen auf die Erzielung von wissensbasierten Wettbewerbsvorteilen haben können. Durch ein gezieltes Management des Organisationsgedächtnisses können bestimmte interne Faktoren, welche für die dynamischen Veränderungen verantwortlich sind, gesteuert werden. Das Ziel dieses Managements ist es, sowohl die positiven Auswirkungen auf die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen zu unterstützen als auch die negativen Auswirkungen abzuschwächen.
Der Teil II dieser Forschungsarbeit entwickelt aus verschiedenen aufeinander aufbauenden theoretischen Bausteinen einen Rahmen (siehe Abbildung 8.1), um Fragestellungen in Bezug auf Wissen in der Organisation fundiert untersuchen zu können. Durch das entstehende Verständnis von Wissen als Ressource im Zusammenhang mit der Erzielung von wissensbasierten Wettbewerbsvorteilen ermöglicht dieses theoretische Gerüst die Einordnung von Wissen in den Kontext der Organisation. Die Realisierung von wissensbasierten Wettbewerbserfolgen wird dabei als Effizienzkriterium für eine Organisation angesehen. Der Ressource Wissen kann in diesem Zusammenhang ein höheres Erklärungspotential für Effizienzverbesserungen eingeräumt werden, als den Ressourcen Arbeit, Boden und Kapital.
Auseinandersetzung mit dem Verlust und der Bewahrung von Wissen in der Organisation
Die Ausbalancierung des Spannungsfeldes zwischen Exploitation und Exploration durch ein Management des Organisationsgedächtnisses stellt eine wesentliche Grundlage für die Erzielung von wissensbasierten Wettbewerbsvorteilen dar (siehe S. 117). Eine zentrale Voraussetzung ist dabei allerdings, dass bestimmte Bestandteile des Organisationsgedächtnisses überhaupt zugänglich sind. Ausschließlich zugängliches Wissen kann in Entscheidungen und Handlungen der Organisation eingehen (siehe S. 143).
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit sollen Anhaltspunkte gesammelt und ausgewertet werden, wie die Selektionsproblematiken im Zusammenhang mit der Wissensbewahrung entschärft werden können. Eine empirische Untersuchung soll hierzu weiteren Aufschluss liefern.
Wie bereits in den vorangehenden Kapiteln ausführlich dargelegt wurde, erzielt eine Organisation nachhaltige Wettbewerbserfolge durch ein Management des Organisationsgedächtnisses, dass die Kräfte Exploitation und Exploration dauerhaft ausbalancieren kann. Diese Dauerhaftigkeit bedeutet Kontinuität. Wissensverluste können diese Kontinuität stören und dadurch die Balance aus dem Gleichgewicht bringen. Wissensverluste können aus diesem Grund als als Auslöser für Diskontinuitäten aufgefasst werden.
Die nachhaltige Erzielung von wissensbasierten Wettbewerbserfolgen kann eine Organisation nur sicherstellen, wenn die Ausnutzung von zugänglichem Wissen (Exploitation) und die Generierung von neuem Wissen (Exploration) durch ein Management des Organisationsgedächtnisses in der Balance gehalten wird. Die Fähigkeit, das Organisationsgedächtnis adäquat zu managen, bestimmt den Erfolg einer Organisation.