Skip to main content

31.05.2016 | Strömungsmechanik + Aerodynamik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Benetzungsverhalten von Teflon enträtselt

verfasst von: Dieter Beste

3 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …


Perlt eine Flüssigkeit an einer Oberfläche ab oder haftet sie an? Ist die Wechselwirkung hydrophob oder hydrophil? Wissenschaftlern ist es nun gelungen, Benetzungsverhalten zu simulieren – und somit vorherzusagen.

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkstoffmechanik (IWM) in Freiburg und von ExxonMobil Research & Engineering in New Jersey haben kürzlich im Journal of the American Chemical Society eine Multiskalensimulationsmethode zur Vorhersage des Benetzungsverhaltens von Flüssigkeiten auf Oberflächen vorgestellt. Die Wechselwirkung zwischen einer Oberfläche und einer Flüssigkeit kann entweder hydrophil (anhaftend) oder hydrophob (abweisend) sein. Springer-Autor Valentin L. Popov diskutiert das Benetzungsverhalten an Oberflächen in "Kontaktmechanik und Reibung" ab Seite 43.

In ihrem Beitrag berichten die Wissenschaftler, wie sie ihre Methode auf das bisher unverstandene Phänomen der polaren Hydrophobie von polaren fluorierten Kohlenstoffoberflächen anwenden. Seit der Entdeckung des Polytetrafluorethylen (PTFE) im Jahr 1938 durch den Chemiker Roy Plunkett – später weltweit bekannt unter dem Handelsnamen Teflon – stellt sich die Frage, warum eigentlich florierte Kohlenstoffoberflächen mit Flüssigkeiten hydrophob wechselwirken. Teflon ist, wie nahezu alle anderen perfluorierten Kohlenstoffmaterialien, ausgesprochen wasserabweisend beziehungsweise hydrophob. Obwohl die Kohlenstoff-Fluor-Bindung einen hohen Grad an Polarität aufweist, bindet das ebenfalls stark polare Wasser überraschenderweise nicht gut an der Oberfläche an. Das Forscherteam konnte nun mit seiner Simulation erstmals den Ursprung dieser Anomalie aufklären: Für diese Klasse von Oberflächen kann das unerwartete Abperlen von Wasser mit dem schnellen Abfall des elektrischen Feldes eines dichten Gitters von C-F-Dipolen erklärt werden.

Anhaften von Wasser auf einer fluorierten Diamantoberfläche

Die Wissenschaftler studierten mithilfe einer Multiskalensimulation das Anhaften von Wasser auf einer fluorierten Diamantoberfläche. Um die Anbindungsenergie zu ermitteln, haben sie in einem ersten Schritt mit quantenmechanischen Elektronenstrukturberechnungen das Anhaften eines einzelnen Wassermoleküls an der Oberfläche untersucht. "Es ging uns auch darum, den Effekt grundlegend zu verstehen", so Gianpietro Moras. "Darauf aufbauend haben wir dann die Simulation auf viele Wassermoleküle skaliert, sodass auch das Verhalten von Wassertropfen abgebildet werden kann."

Die Erkenntnisse aus dem Multiskalenmodell sind weitreichend. "In unserer Simulation wird sichtbar, dass sich bei einer zu hundert Prozent fluorierten, äußerst polaren Oberfläche die Dipolfelder der Moleküle in einer Weise überlagern, dass die elektrostatische Wechselwirkung extrem schnell abfällt, sodass das Wasser nicht anhaften kann", sagt Leonhard Mayrhofer. Dieser schnelle Abfall des elektrischen Feldes sei bereits 1928 von Lennard-Jones für dichte Gitter aus mathematischen Dipolen vorhergesagt, aber bisher nicht mit der polaren Hydrophobie in Verbindung gebracht worden.

Empfehlung der Redaktion

2016 | Buch

Ein Beitrag zur Untersuchung der Kraftfahrzeugverschmutzung in Experiment und Simulation

Iwo Spruß gibt einen Überblick über die Interaktion eines Kraftfahrzeugs mit einer nassen Fahrbahn sowie der hieraus resultierenden Fahrzeugeigen- und -fremdverschmutzung. Er zeigt, dass ein Verständnis dieser Prozesse notwendig ist, um neben den …


Die gleiche Simulation führten die Wissenschaftler dann an einer zu 50 Prozent fluorierten Oberfläche durch. Dabei zeigte sich, dass sich das Verhalten der Wassermoleküle veränderte, je nachdem wie dicht das Dipolgitter an der Oberfläche mit Fluor gepackt war. "Wir können auf diese Weise den Kontaktwinkel der Wassertropfen gezielt einstellen", erläutert Mayrhofer. Der Kontaktwinkel ist umso größer, je weniger das Wasser an der Oberfläche anhaftet.

Oberflächenchemie lässt sich gezielt einstellen

Die Simulation kann nach Angaben des Fraunhofer-IWM mit beliebigen Oberflächen und Flüssigkeiten durchgeführt werden. Entscheidend sei, dass in dieser Simulation die Oberflächen und Flüssigkeiten beliebig variierbar sind. Die Benetzung von Oberflächen spielt in vielen Bereichen eine Rolle. So lässt sich mit der neuen Simulation das Verhalten von Ölen an Motorteilen genauso darstellen, wie bakteriell belastete Flüssigkeiten an medizinischen Geräten. "Der erste Schritt bei der Entwicklung einer Anwendung ist, die materialwissenschaftlichen Grundlagen zu erarbeiten. Mit dem theoretischen Gerüst, das wir in unserer gemeinsamen Arbeit entwickelt haben, verstehen wir nun besser wie wir die Wechselwirkung zwischen Oberflächen und Flüssigkeiten einstellen können", kommentiert Srinivasan Rajagopalan von ExxonMobil. Und: "Dieses Wissen ermöglicht es, eine optimale Oberflächenchemie für gewünschte Anwendungen zu designen." 

print
DRUCKEN

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren

    Marktübersichten

    Die im Laufe eines Jahres in der „adhäsion“ veröffentlichten Marktübersichten helfen Anwendern verschiedenster Branchen, sich einen gezielten Überblick über Lieferantenangebote zu verschaffen.