Monta stellt eine App zum Laden von E-Fahrzeugen für Autobesitzer und ein Managementsystem für Betreibende von Ladestationen. Wie das auch das Ladegeschäft von Stadtwerken verändern könnte, beschreibt Stefan Schauer-Burkart, Enterprise Sales Director bei Monta in Deutschland und Österreich, im Interview.
Springerprofessional.de: Vorab: Glauben Sie an die 15 Millionen E-Autos bis 2030?
Stefan Schauer-Burkart: Wenn man die aktuellen Zahlen betrachtet, sprechen diese nicht gerade dafür. Das Ziel von 15 Millionen E-Autos bis 2030 zu erreichen, scheint fast unmöglich. Denn um auf diese Summe zu kommen, fehlen uns noch knapp 14 Millionen Fahrzeuge. In Deutschland werden im Schnitt 250.000 Fahrzeuge pro Monat zugelassen. Selbst wenn 100 Prozent davon Elektrofahrzeuge wären, würde es nahezu fünf Jahre dauern, um die 15 Millionen zu erreichen. Bei einem Absatz von 20 Prozent an Elektroautos wären es immer noch weitere 23 Jahre. In Norwegen hingegen liegt die Absatz-Quote bei 80 Prozent – mit solchen Absatzzahlen bestünde noch eine Chance, aber aus heutiger Sicht und unter Anbetracht der Zahlen erscheint das Ziel in Deutschland unrealistisch. Dennoch steigen die Absatzzahlen und die Anzahl an Elektrofahrzeugen jährlich. Es ist daher wichtig, ambitionierte Ziele zu haben, die uns motivieren, die Mobilitätswende weiter voranzutreiben. Auch wenn die 15 Millionen E-Autos vielleicht nicht erreicht werden können, ist es entscheidend, an der Vision festzuhalten. Jedes E-Fahrzeug, das auf die Straße kommt, trägt zur schrittweisen Dekarbonisierung bei.
Das braucht jede Menge Intelligenz im Netz…
Natürlich ist der kontinuierliche Netzausbau wichtig, um den Umstieg von fossiler auf elektrische Mobilität zu bewerkstelligen, unser Netz ist derzeit nicht dafür ausgelegt, die enormen Energiemengen zu bewerkstelligen. Aber das Netz muss dabei auch intelligenter werden. Wenn die Wärmepumpe und die Ladestation gleichzeitig laufen, ist das eine Chance für eine intelligente Steuerung hier einzugreifen.
Derzeit ist es zumeist in Deutschland noch so, dass E-Fahrer beispielsweise abends nach Hause kommen, ihr Auto an die Wallbox anstecken und dieses auch sofort geladen wird. Gleichzeitig wird die Heizung eingeschaltet, jemand beginnt zu kochen und nutzt den Herd oder schaltet auch noch den Geschirrspüler ein. All dieser Stromverbrauch geschieht gleichzeitig.
Dabei treffen hier sogar zwei Probleme aufeinander: Einerseits muss genügend Energie bilanziell zur Verfügung gestellt werden, was mit dem Einsatz erneuerbarer Energie nicht mehr so einfach regulierbar ist, andererseits wird das Netz, die Übertragungsleitungen, zum Engpass, weil die Energie eben auch noch gleichzeitig zum Standort geliefert werden muss.
Es muss mehr Möglichkeiten geben, den Stromverbrauch intelligenter zu gestalten. Beispielsweise könnte das E-Fahrzeug über Nacht dann geladen werden, wenn der Strom gerade am günstigsten ist und das Netz am wenigsten belastet ist. Mit intelligenten Lösungen können wir viel erreichen und manche Investitionen im Netzausbau hinauszögern.
Auf regionaler Ebene spielen hier sicherlich Stadtwerke eine wichtige Rolle. Wo sehen Sie die besten Business Cases für Stadtwerke und andere regionale Versorger und Netzbetreiber, insbesondere im Niederspannungs- und Mittelspannungs-Bereich?
Wenn wir von der klassischen Ladeinfrastruktur im öffentlichen Bereich weggehen, sehen wir, dass ein breites Portfolio im E-Mobilitätsbereich essentiell ist. Stadtwerke sind oft die bevorzugten Lieferanten für Gewerbe und Unternehmen. Gerade hier verzeichnen wir eine starke Nachfrage nach guten Lösungen für Ladeinfrastruktur, bei denen auch entsprechende Geschäftsmodelle aufgebaut werden können. Hier gilt es, effiziente Lösungen anzubieten, um Kunden gut zu versorgen und um diese nicht an private Mitbewerber zu verlieren.
Zusätzlich sehen wir, dass gerade im B2C Bereich Flexibilisierung ein modernes Thema ist. So könnten Stadtwerke, die auch gleichzeitig Energieversorger sind, auch beginnen dynamische Tarife für ihre Kunden anzubieten. Ein dynamischer Stromtarif, wie er in anderen Ländern bereits genutzt wird, flexibilisiert den Energie- und oft auch den Netztarif. In einem klassischen Haushalt macht das E-Fahrzeug etwa ein Drittel oder mehr des gesamten Energieverbrauchs aus. Wenn dieser Verbrauch gut gesteuert wird, ist das ein enorm relevanter Hebel, um die Energiekosten beeinflussen zu können.
Das rechtfertigt einen Umstieg auf variable Tarife für Endkunden. Im nächsten Schritt können große Verbraucher zudem auch noch verwendet werden, um das Netz zu stabilisieren. Bei Engpässen im Netz oder erhöhter Nachfrage wird Regelenergie teuer gehandelt. Andere Länder zeigen gute Anwendungsfelder, wo diese Regelenergie verwendet wird, um Geschäftsmodelle aufzubauen. Ein Stadtwerk kann das auch mit einem Ladepunkt machen. Ich plädiere dafür, dass Stadtwerke mehr wagen, denn Konkurrenz ist durchaus vorhanden, die Stromkunden zu einem Wechsel veranlasst. Darauf sollte stärker reagiert werden.
Kennen Sie bereits Beispiele, wo solche Business Cases auch finanziell erfolgreich sind?
Ich habe in den letzten Monaten mit vielen Stadtwerken und regionalen Energiedienstleistern gesprochen. Zwei Dinge fallen auf: Der öffentliche Bereich ist oft schwierig, um einen guten Business Case abzubilden, außer in Gebieten mit viel Durchzugsverkehr oder vielen Gewerbekunden. Die aktuellen Business Cases für Stadtwerke liegen eher im Bereich des Gewerbe- und Wohnbaus. Hier gibt es heute schon Möglichkeiten, profitabel zu sein, mit 360-Grad-Lösungen, Mieterstrommodellen mit Ladeinfrastruktur und ähnlichem.
Für zukunftsorientierte Modelle müssen wir leider oft noch ins Ausland schauen. Im Bereich Flexibilitätsdienstleistungen ist Monta auch in Dänemark, Schweden, Großbritannien und Irland aktiv. Dort konsolidieren wir Ladepunkte im privaten Bereich und arbeiten mit Aggregatoren, also virtuellen Kraftwerken, zusammen.
Wenn das Netz einen Frequenzabfall meldet, können wir Ladevorgänge pausieren. Das ist für den Netzbetreiber wertvoll und monetarisierbar, während der Endkunde in solch einem Fall eine Entschädigung erhält. Wegen der volatilen Energieproduktion aufgrund der Wetterlagen nehmen Instabilitäten im Netz zu. In Dänemark und Schweden greifen wir beispielweise ca. 15 Mal pro Monat netzstabilisierend ein, und können kurzfristig mehrere Megawatt am Markt zur Verfügung stellen. Das zeigt uns ganz klar, dass diese Modelle heute schon funktionieren.
Was sind die Gründe dafür, dass sich Ladeinfrastruktur für die Betreiber heute nur selten rechnet? Und ist dies nicht auch der Grund dafür, dass der Ausbau der Ladeinfrastruktur nicht vorankommt bzw. regional ungleich verteilt ist?
Ich sehe hier mehrere Gründe. Um beim Thema Stadtwerke zu bleiben: Einerseits haben diese als Charge Point Operator (CPO) Ladepunkte aufgestellt, betreiben sie selbst und verkaufen Ladestrom.
In der Rolle als öffentlicher CPO ist die Profitabilität von der Auslastung der Ladeinfrastruktur abhängig, also wieviel geladen wird. Hier haben Betreiber oft nur begrenzte Möglichkeiten einzugreifen – außer dafür zu sorgen, dass Ladepunkte sichtbar, attraktiv bepreist und zugänglich sind. Wenn sich das Portfolio aber nur auf öffentliche Ladeinfrastruktur fokussiert, ist man umsatzseitig gänzlich von den Auslastungseffekten abhängig.
Auf der Betriebsseite arbeiten viele Stadtwerke noch mit einer komplexen Systemlandschaft zur Steuerung und Abrechnung der Ladeinfrastruktur, vieles muss manuell bearbeitet werden, gerade im Abrechnungsbereich. Außerdem wird der Betrieb von Ladeinfrastruktur, auch aufgrund steigender regulatorischer Anforderungen komplexer. Das führt dann auch noch dazu, dass die administrativen Aufwände für den Betrieb hoch sind, eine Skalierung wird immer schwieriger. Diejenigen, die hier auf hohe Automatisierung setzen haben jedenfalls bessere Karten.
Ein zweiter Faktor betrifft auch noch die Seite der Ladekarten. Viele Stadtwerke haben für ihre Kunden Ladekarten ausgegeben, oft auch aus Marketing-Gründen. Zudem sind auch hier Betrieb, Abrechnung und Kartenverwaltung administrativ aufwendig, Geld wird zumeist gar nicht verdient. Aus diesem Grund denken einige darüber nach, das Ladekartengeschäft ganz einzustellen, sich auf den Betrieb und Service der Ladeinfrastruktur zu konzentrieren.
Wie wird das mit Hilfe Ihrer Plattform gelöst?
Die Stadtwerke und regionalen Energiedienstleister stehen vor mehreren Herausforderungen. Der öffentliche Betrieb ist schwierig, da er volumengetrieben ist und der Durchsatz eine entscheidende Rolle spielt.
Gute Chancen bestehen im halböffentlichen Bereich, also bei Gewerbebetrieben und im Wohnbau. Diese Anwendungsfälle sind komplexer, da verschiedene Nutzergruppen verwaltet werden müssen. Hier unterstützen wir die Versorger dabei, diese Komplexität zu bewältigen und die Anwendungsfälle für Nutzer gut abzubilden. Für sie sind hohe Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und ein einfacher Zugang wichtig. Unser Beitrag liegt vor allem im Bereich der Betriebsführung, des Nutzermanagements und der Abrechnung. Wir automatisieren administrative Prozesse und unterstützen die Unternehmen dabei, effizient zu arbeiten und bei größerem Volumen nicht an Effizienz zu verlieren.
Eine wichtige Rolle dabei spielt das Roaming…
Monta bietet darüber hinaus auch die technologische Basis für Roaming an. Dies bedeutet, dass Energieversorger ihre Ladepunkte für andere zugänglich machen können, ähnlich wie im Mobilfunknetz. Unsere Rolle ist es, diese technische Schnittstelle zu managen und sicherzustellen, dass alles reibungslos funktioniert.
Über Monta
Monta ist eine Plattform für das Laden von Elektrofahrzeugen. Durch das Bereitstellen einer App zum Laden von E-Fahrzeugen für Autobesitzer und eines Managementsystems für Betreibende von Ladestationen verbindet Monta Fahrer, Standorteigentümer und Installateure, um ein offenes, zugängliches Netzwerk von Ladestationen zu schaffen. Mit der Monta-Software kann jedes Unternehmen, jede Organisation und öffentliche Einrichtung, die verfügbare Standorte und Flächen besitzt, Ladestationen für Mitarbeitende, Gäste und E-Fahrer anzeigen, verwalten und einrichten.