Die großtechnische Speicherung elektrischer Energie ist eines der großen ungelösten Probleme der Energiewende. Wissenschaftler erforschen nun Schwefel und seine Säure als mögliches Trägermedium.
Forscher testen den Solarreaktor mit Hilfe der größten künstlichen Sonne der Welt.
DLR (CC BY-NC-ND 3.0)
Schwefel in Form von Schwefelsäure wird für die Speicherung elektrischer Energie schon lange genutzt. "Ein Blei-Säure-Akkumulator ist aus zwei unterschiedlich geladenen Elektrodenplatten aufgebaut […]. Beide Elektroden sind in einem Elektrolyten aus verdünnter Schwefelsäure (H2SO4) eingetaucht" beschreibt Springer-Vieweg-Autor Martin Dehli in seinem Buchkapitel Energiespeicherung auf Seite 284 eine typische Anwendung, etwa in einer Autobatterie.
Wissenschaftler suchten nun im Forschungsprojekt PEGASUS (für: Renewable PowEr Generation by Solar PArticle Receiver Driven SUlphur Storage Cycle) nach einer Möglichkeit, das gelbe Element auch großtechnisch für die Speicherung von Sonnenenergie zu nutzen.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat dazu mit europäischen Partnern ein Verfahren entwickelt. Dabei wird ein chemischer Kreislaufprozess in Gang gesetzt, in dem Schwefel in Kraftwerksturbinen verbrannt und zu Schwefelsäure umgewandelt wird. Die Schwefelsäure wiederum lässt sich mit Hilfe von Sonnenwärme CO2-neutral wieder in reinen Schwefel umwandeln, der erneut als Brennstoff dienen kann.
Schwefel leicht händelbar
Zudem lässt Schwefel sich leicht transportieren und ist in seiner elementaren Form ungefährlich sowie lagerstabil. Es ist als Element zudem günstig, weil reichlich vorhanden, wird aber in diesem Prozess nahezu verlustfrei genutzt.
Dem Verfahren kommt die hohe Energiedichte von Schwefel zugute. Sie ist etwa 30-mal höher als die einer Salzschmelze, die heute etwa in solarthermischen Kraftwerken wie Andasol in Spanien verwendet wird, um die hohen Temperaturen aufzunehmen und zu speichern.
Solarthermische Anlagen rückten für diese Technologie deswegen in den Blickpunkt, weil sie mittels ihrer Parabolspiegel sehr hohe Temperaturen erzeugen. Diese sind nötig, um die Schwefelsäure aufzuspalten in Schwefeldioxid (SO2), das wiederum als Brenngas dienen kann oder direkt und unter Abgabe von Wärme der Schwefelsäureerzeugung zugeführt werden könnte, und Wasser (H2O).
Vereinfachte Darstellung des Schwefelspeicherkreislaufs.
DLR (CC BY-NC-ND 3.0)
Um die hohen Temperaturen im Testmaßstab zu erreichen, kombinierten die Forscher einen neu entwickelten Schwefelsäurespaltungsreaktor mit einem zuvor im DLR entwickelten Solarstrahlungsempfänger mit keramischen Partikeln als Wärmeträger- und Speichermaterial. Dabei übernehmen kleine Keramikpartikel die Aufnahme und den Transport der eingestrahlten thermischen Leistung, um daraus Strom und industrielle Prozesswärme zu generieren.
Hohe Temperaturen dank Keramikpartikel
Derzeit werden in Solarkraftwerken Temperaturen von ungefähr 550 °C erreicht. Die Keramikpartikel ermöglichen Prozesstemperaturen von über 900 °C. Nie zuvor wurden solar erhitzte Partikel eingesetzt, um Schwefelsäure zu spalten. Auch die Verbrennung von Schwefel bei erhöhtem Druck für die Nutzung in Gasturbinen wurde zuvor noch nicht untersucht. Nach Einschätzung der DLR wurde das Projekt nun erfolgreich abgeschlossen.
Gerade für Prozesse der Energiewandlung, bei denen hohe Temperaturen auftreten, sind solche Speicher unverzichtbar. "Ein typischer Anwendungsfall dieser Speicheroption sind solarthermische Turm- und Farmkraftwerke, bei denen solare Hochtemperaturwärme an den Tagstunden eingespeichert wird, um eine Stromerzeugung in den frühen Abend- bzw. Nachtstunden zu ermöglichen", benennen die Springer-Vieweg-Autoren Jerrit Hilgedieck, Martin Kaltschmitt, Jelto Lange und Wolfgang Streicher in ihrem Buchkapitel Speicher auf Seite 1109 eine solche Anwendung.