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Erschienen in:

Free Access 01.04.2025 | Forschung | Energiesysteme

Stromsystem 2030: Fallende Preise, steigende Kosten?

verfasst von: Axel Müller

Erschienen in: Zeitschrift für Energiewirtschaft | Sonderheft 1/2025

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Kompakt

Der Beitrag beleuchtet die zukünftige Entwicklung des deutschen Stromsystems bis 2030 und untersucht die Herausforderungen, die sich aus dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien ergeben. Eine zentrale Frage ist, wie sich der Strombedarf und die Erzeugung aus erneuerbaren Quellen entwickeln werden. Die Simulation zeigt, dass der Strombedarf bis 2030 voraussichtlich bei etwa 530 TWh liegen wird, was deutlich unter den bisherigen Prognosen der Bundesregierung liegt. Dies führt zu einer erheblichen Lücke zwischen dem prognostizierten Strombedarf und dem Ausbaupfad für erneuerbare Energien. Der Beitrag analysiert die Auswirkungen dieser Diskrepanz auf die Stabilität des Stromnetzes und die Wirtschaftlichkeit der Erneuerbaren. Es wird deutlich, dass Maßnahmen zur Flexibilisierung der Stromnachfrage und zur Abregelung von Überschussstrom notwendig sind, um ein stabiles und klimaneutrales Stromsystem zu gewährleisten. Zudem wird die Rolle von Wasserstoffelektrolyse und Großbatteriespeichern diskutiert, die als wichtige Instrumente zur Stabilisierung des Stromnetzes dienen können. Der Beitrag schließt mit konkreten Empfehlungen für die Politik und die Energiewirtschaft, um die Herausforderungen der Energiewende zu meistern und ein zukunftsfähiges Stromsystem zu schaffen.
„Der Solarstromausbau ist völlig ungesteuert.“1 „Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland bleibt kraftlos.“2 „Staatliche Förderung für erneuerbare Energien erreicht wohl Rekordhöhe.“3 „Deutschland stolpert in Richtung Stromnetz-Kollaps.“4 - Die Liste skeptischer bis alarmierender Aussagen ließe sich problemlos verlängern. Dabei „gilt die Energiewirtschaft als Musterschüler der Energiewende. Um mehr als 61 Prozent sind die Treibhausgasemissionen des Sektors seit dem Jahr 1990 gefallen… Doch die Zweifel am Erfolg des Projektes Energiewende werden größer.“5 Auf der jüngsten Tagung des energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln (EWI) wird das ‘Fehlen eines übergeordneten Plans‘ sowie ‘einer integrierten Ziel- und Umsetzungsplanung‘ beklagt und gefordert, dass ‘man noch mal ans Reißbrett müsse, um ein funktionierendes System zu überlegen.‘6
Für dieses Arbeiten am Reißbrett will diese Studie einen Beitrag leisten. Auf der Basis der aktuellen Viertelstundendaten im Stromnetz für das Jahr 2024 wird die Situation im Stromnetz im Jahr 2030 simuliert. Daraus werden Impulse und Anregungen abgeleitet, mit welchen Stellschrauben sich ein stabiles, klimaschonendes und finanzierbares Stromsystem auf der Basis wesentlicher Anteile erneuerbarer Energien im Jahr 2030 realisieren lässt.

Strombedarf 2030:

Wie viel Strom brauchen wir wirklich?

Der Entwicklungspfad der Bundesregierung zur Klimaneutralität 2045 prognostiziert den Strombedarf für 2030 mit einem Wert von 750 TWh.7 Diese Prognose hat ihren Hintergrund im Ziel für einen 80-%-Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in 2030, wie es in § 1 des EEG 2023 vorgesehen ist verbunden mit dem Ausbaupfad für die einzelnen regenerativen Erzeugungstechniken entsprechend § 4 EEG 2023. Als wesentliche Treiber für die Entwicklung des Stromverbrauchs werden die Elektromobilität, der Einsatz von Wärmepumpen für die Wärmewende und der Strombedarf für den Betrieb der Elektrolyseure für die Erzeugung von grünem Wasserstoff angesehen.8
Aber ist die Prognose angesichts der aktuellen Entwicklung realistisch? Die Zweifel mehren sich.9 Die Entwicklung der E-Mobilität und des Wärmepumpeneinsatzes jedenfalls hat im Stromverbrauch bisher keine Spur hinterlassen (Abb. 1).10
Abb. 1
/ Entwicklung von Stromverbrauch, E-Autos und Wärmepumpen
© Novaro Energiesysteme
Ein wichtiger Faktor für die Stagnation des Strombedarfs bei gleichzeitig wachsendem Stromverbrauch für regenerative Nutzungstechniken ist die Steigerung der Energieeffizienz. Die Energieeffizienz steigt unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklung (BIP) auf Grundlage der technischen Entwicklung mit einer durchschnittlichen Jahresrate von 1,2 % (Stromverbrauch)11 bis 1,4 % (Energieverbrauch insgesamt)12 pro Jahr. Ausgehend von den 1,2 % Effizienzsteigerung p. a. für den Stromverbrauch, ergibt sich bezogen auf den Jahresstromverbrauch 2024 in Höhe von 462 TWh ein Wert effizienzbedingter Stromeinsparung von circa 5,5 TWh/a. Dies würde rechnerisch ausreichen für die jährliche Zulassung von circa. 1.460.000 Elektro-Pkw.13
Der Ausbaupfad der Bundesregierung sieht für 2030 15 Millionen Elektro-Pkw14, sechs Millionen Wärmepumpen15 sowie eine Elektrolysekapazität für grünen Wasserstoff von 10 GW-el.16 vor. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Kaufzurückhaltung bei den E-Automobilen und der Verunsicherung durch den Verabschiedungsprozess des Gebäudeenergiegesetzes als nicht erreichbar, zumal die staatlichen Mittel zur Förderung der Energiewende zunehmend begrenzt sind.
Der deutlich verlangsamte Anstieg der Elektromobilität und die verzögerte Wärmewende wirken sich natürlich auf den zukünftigen Stromverbrauch aus.17 Zudem gehen auch die Prognosen des Wirtschaftswachstums für die nächsten Jahre von weiterhin geringen Wachstumsraten aus. In Tab. 1 geht es um eine realistische Abschätzung des Strombedarfs für 2030 mit den in 2024 verbrauchten 462 TWh als Basis.
Tab. 1
/ Abschätzung des Strombedarfs 2024-2030
Prognose Strombedarf bis 2030 In THW
2024
2025
2026
2027
2028
2029
2030
Einheit
Wert 2024
Wert
Strombedarf
Wert
Strombedarf
Wert
Strombedarf
Wert
Strombedarf
Wert
Strombedarf
Wert
Strombedarf
Strombedarf Vorjahr
TWh
462
 
462
 
459
 
464
 
474
 
490
 
507
BIP-Wachstum real 18
%
-0,2
-0,2
-0,92
0,8
3,67
0,9
4,18
1,2
5,69
1,2
5,88
1,2
6,09
Energieeffizienz p.a. 19
%
1,0
 
-4,62
 
-4,59
 
-4,64
 
-4,74
 
-4,90
 
-5,07
E-Automobile 20
Tsd.
1.690
2.100
1,53
2.600
1,87
3.400
2,99
4.400
3,74
5.500
4,11
7.500
7,48
Wärmepumpen 21
Tsd.
2.300
2.500
0,80
2.750
1,00
3.100
1,40
3.500
1,60
4.000
2,00
4.500
2,00
H 2-Elektrolyse 22
GW
0,15
0,25
0,40
1,0
3,00
2,5
6,00
5,0
10,00
7,5
10,00
10,0
10,00
Summe in TWh
 
462
 
459
 
464
 
474
 
490
 
507
 
528
Aus der Berechnung ergibt sich für 2030 ein Strombedarf von circa 530 TWh.23 Die Diskrepanz zum Ausbauziel der Bundesregierung ist gravierend, zumal auch die hier unterstellten Zuwächse in der Elektromobilität und bei den Wärmepumpen keineswegs gesichert sind. Im Gegenzug stellt sich natürlich die Frage, wie sich korrespondierend zur Nachfrage das Stromangebot aus erneuerbaren Quellen entwickeln wird.

Stromangebot 2030:

Wie viel liefern die Erneuerbaren?

Der Ausbau der Erneuerbaren ist das wesentliche Standbein der Strategie zur Klimaneutralität. Bezogen auf die installierte Erzeugungskapazität 2024 und die Ausbauziele der Bundesregierung für 2030, zeigt Tab. 2 den derzeitigen Stand.
Tab. 2
/ Stand und derzeitige Ausbauziele der erneuerbaren Erzeugungstechniken bis 2030
KapazitÄt - Ist und Plan
Einheit
Ziel 2024 24
Stand 2024 25
Ziel 2030 24
Photovoltaik
GW
88
97,6
215
Windstrom an Land
GW
69
63,2
115
Windstrom auf See
GW
 
9,2
30
Biomasse
GW
 
9,1
8,4
Wasserkraft
GW
 
6,4
6,4
Pumpspeicher
GW
 
9,9
9,9
Batterie Heimspeicher 26
GWh
 
14,8
 
Batterie GroBspeicher 26
GWh
 
2,2
 
Im EEG 2023 sind für die Photovoltaik- und die Onshore-Windenergie klare Ausbauziele in Mehrjahresschritten benannt, für die Biomasse und für die Offshore-Windenergie (im Windenergie-auf-See-Gesetz) klare Ziele für 2030. Für die Wasserkraft und die Pumpspeicher sind keine expliziten Ziele definiert, hier wird von einem Erhalt der derzeitigen Kapazitäten ausgegangen.
Für die Solarenergie ist der Zubau bereits im Jahr 2024 höher als geplant. Der derzeitige Boom sowohl bei den privaten Solaranlagen auf Dächern, den Balkonkraftwerken und den Freiflächenanlagen hält an. Die Ausschreibungsrunden für Freiflächenanlagen sind deutlich überzeichnet.27 Sollten dem Zubau durch politische Vorgaben keine Grenzen gesetzt werden, ist damit zu rechnen, dass das angestrebte Ziel von 215 GW im Jahr 2030 erreicht wird. Die Windenergie an Land hängt etwas hinterher, doch haben sowohl die Genehmigungen als auch die Zuteilungen im Rahmen der Ausschreibungen in letzter Zeit wieder deutlich zugenommen.28 Deshalb scheint es auch hier möglich, das angestrebte Ziel von 115 GW in 2030 zu erreichen.29 Bezogen auf die Offshore-Windenergie, wird aktuell erwartet, dass in 2030 Anlagen mit einer Kapazität von 27 GW ins Netz einspeisen können.30
Für die Batteriespeicher nennt die Speicherstrategie der Bundesregierung für das Jahr 2030 keine expliziten Ziele. Praktisch relevant für die Balance zwischen Stromangebot und -nachfrage im Tagesverlauf sind insbesondere die steuerbaren Batterie-Großspeicher. Eine aktuelle Studie nennt als Ziel für den Ausbau der Batterie-Großspeicher einen Wert von 57 GWh, was einer Steigerung um das 25-Fache entsprechen würde.31 Das halten wir nicht für realistisch, sondern gehen für die weitere Betrachtung von dem knapp 10-Fachen der gegenwärtigen Kapazität auf 20 GWh aus, was immer noch einer Anzahl von über 5.700 Containermodulen à 3,5 MWh entspräche.32
Neben den eigenen Erzeugungskapazitäten spielt natürlich auch der Stromimport bzw. -export eine wichtige Rolle für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage. Im Jahr 2024 ist über dreimal so viel Strom importiert als exportiert worden. Die maximale Stundenleistung lag sowohl für Export als auch Import bei etwa 17 GW (Tab. 3). Bei deutlich erhöhtem Anteil der Erneuerbaren in 2030 werden insbesondere die Überschussmengen zunehmen. Es ist nicht zu erwarten, dass die Nachbarländer dauerhaft diese regenerative Strommenge aufnehmen können. Deshalb wird in der Simulation für 2030 davon ausgegangen, dass maximal 10 GW als Import- bzw. Exportleistung praktisch zur Verfügung stehen.33
Tab. 3
/ Stromimport und -export im Jahr 2024
 
Summe Leistung GWh
Maximale Leistung GW
Mittelwert Leistung GWh
Stunden p.a.
Import
40.706
17,1
6,4
6.366
Export
12.376
17,7
5,1
2.418
Im Ergebnis ist zu konstatieren, dass in 2030 eine riesige Lücke zwischen dem realistisch anzunehmenden Strombedarf und dem derzeit noch vorgesehenen Ausbaupfad für die regenerativen Erzeugungstechniken klafft. Von daher ist zu fragen, wie sich prognostizierter Strombedarf und prognostiziertes Stromangebot aus regenerativen Quellen auf die Balance im Stromnetz auswirken.

Simulation 2030:

Was sagen uns typische Einzeltage?

Wegen der tageszeitlich wie saisonal bedingten Schwankungen von Stromnachfrage und regenerativem Stromangebot reicht zur Beantwortung dieser Frage keine globale Betrachtung, sondern muss versucht werden, die Situation im Stromnetz im Jahr 2030 auf der Basis von Stundenwerten zu prognostizieren. Da naturgemäß keine Wetterdaten für das Jahr 2030 zur Verfügung stehen, kann dies nur auf der Basis historischer Daten erfolgen, die ein realistisches Bild der Angebots-, Nachfrage- und Preissituation im Stromnetz wiedergeben. Dementsprechend soll die nachfolgende Simulation auf der Basis der Daten 2024 erfolgen, für dies über die Fraunhofer Energy Charts detailliertes Datenmaterial mit Viertelstundenwerten zur Verfügung steht.34
In Abb. 2 ist im Überblick die Situation im Stromnetz 2024 nachzuvollziehen. Die schwarzen Kurven am oberen Bildrand geben die Last wieder, wobei die geringere Stromnachfrage an den Wochenenden sehr gut sichtbar ist. Die blauen und grünen Balken am unteren Bildrand stehen für die Stromerzeugung durch Wasserkraft und Bioenergie. Die fossilen Quellen (Braunkohle, Steinkohle, Gas) werden durch die bräunlichen Farben markiert, Sonne und Wind sind in Gelb- und Grüntönen gehalten.
Abb. 2
/ Stromsystem im Jahr 2024
© (2) Fraunhofer Energy Charts
Für die von uns durchgeführte Simulation sind die in Tab. 4 dargestellten Eingabeparameter verwendet worden, die aus den weiter oben dargestellten Werten für das Jahr 2030 resultieren.35
Tab. 4
/ Ausgangsparameter für die Simulation des Stromsystems 2030 in GW
 
Last
Solar
Wind an Land
Wind auf See
Wasserkraft
Biomasse
Pumpspeicher
Batteriespeicher
H 2-Elektrolyse
2024
462
98
63
9
6,5
9
10
2,2
0,15
2030
530
215
115
27
6,5
9
10
20
10
In einer ersten Simulation auf der Basis dieser Eckdaten soll ein Tag in der jahreszeitlichen Übergangszeit betrachtet werden, der als durchschnittlicher Tag mit jeweils einem mittleren Ertrag von Solar- und Windstrom betrachtet werden kann. Ein solcher durchschnittlicher Tag ist zum Beispiel der 17.5.2024 (Abb. 3).
Abb. 3
/ Stromsystem am 17.05.2024
© Novaro Energiesysteme
Der durchschnittliche Anteil regenerativer Energie an der Last lag am 17.05.2024 bei circa 65 % und damit etwas über dem Jahresdurchschnitt. Die Differenz zwischen der Last und der Erzeugung durch regenerativen Strom ist durch die Erzeugung mittels fossiler Brennstoffe und Stromimport ausgeglichen worden. Die Lastspitzen am Morgen und Abend sind durch die Pumpspeicherkraftwerke geglättet worden.
Am simulierten 17.05.2030 (Abb. 4) kann fast der gesamte Strombedarf durch die Erneuerbaren gedeckt werden. Lediglich am Abend und nachts ist verteilt auf 14 Stunden in der Summe ein Stromdefizit in Höhe von insgesamt 76 GWh gegeben (Tab. 5). Dieses Defizit kann bei einer maximalen Kapazität für den Stromimport von 10 GW problemlos importiert werden. Zugleich entsteht tagsüber durch den Solarstrom ein Überschuss in Höhe von 164 GWh. Davon können bei einer Kapazität von 10 GW für die Elektrolyse in den zehn Überschussstunden 87 GWh für die Wasserstofferzeugung genutzt werden, 62 GWh können bei einer Kapazität für den Stromexport von ebenfalls 10 GW problemlos exportiert werden. Ein verbleibender Überschuss von 16 GWh muss abgeregelt werden.36 Defizit- bzw. Überschussspitzen im Tagesablauf werden durch die Batteriespeicher geglättet, wobei ihre volle Kapazität nicht ausgenutzt werden kann, weil wegen der Überschussstunden nur ein Lade-/Entladezyklus möglich ist.
Abb. 4
/ Stromsystem am 17.05.2030
© Novaro Energiesysteme
Tab. 5
/ Simulation des Stromsystems für den 17.05.2030
 
Stunden
GWh
Großbatterien
Wasserstoff
Import/ Export
Kraftwerke
Abregelung
Stromdefizit GWh
14
76
-10
0
76
0
0
Stromüberschuss GWh
10
164
10
87
62
0
16
Was ergibt die Simulation nun für einen typischen sonnenreichen Tag im Sommer und einen typischen windreichen Tag im Winter? Ein typischer Sommertag ist zum Beispiel der 09.07.2024 mit einem großen Ertrag aus Solarenergie und einem recht geringen Anteil an Windenergie. Ein typischer Wintertag ist dagegen 24.01.2024 mit sehr geringem Solarertrag und einem hohen Aufkommen von Windstrom.
Am 09.07.2030 (Abb. 5) können im Durchschnitt 100 % des Strombedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden, wobei nachts, vormittags und abends eine deutliche Unterdeckung in Höhe von insgesamt 250 GWh gegeben ist. Diese Unterdeckung kann nur zum Teil durch Stromimport gedeckt werden, so dass Reservekraftwerke eingesetzt werden müssen. Zugleich entsteht im Tagesablauf ein Überschuss von 330 GW, von dem ein Teil für die Wasserstofferzeugung genutzt bzw. exportiert werden kann. Ein Teil des Überschussstroms muss abgeregelt werden. Der Anteil für Kraftwerke und Abregelung wäre noch höher, wenn nicht die Batteriespeicher im Tagesablauf einen Teil des Überschussstroms einspeichern und in den Defizitstunden wieder ausspeichern würden. Im Detail ergibt sich das in Tab. 6 dargestellte Bild.
Abb. 5
/ Stromsystem am 09.07.2030
© Novaro Energiesysteme
Tab. 6
/ Simulation des Stromsystems für den 09.07.2030
 
StUNdEN
GWh
Großbatterien
Wasserstoff
Import/ Export
Kraftwerke
Abregelung
Stromdefizit GWh
15
250
-16
0
125
125
0
Stromüberschuss GWh
10
330
16
89
79
0
162
Am 24.01.2030 (Abb. 6) wird durch die hohe Windkrafteinspeisung der Strombedarf zu 100 % aus erneuerbaren Quellen gedeckt. Es besteht für den kompletten Tag eine erhebliche Überdeckung, die nur durch eine umfangreiche Abregelung der Windkraftanlagen ausgeglichen werden kann. Die Batteriespeicher können keinen Beitrag leisten, weil wegen des hohen Stromüberschusses keine Möglichkeit zur Entladung besteht. Im Detail wird der Stromüberschuss, wie in Tab. 7 wiedergegeben, ausgeglichen.
Abb. 6
/ Stromsystem am 24.01.2030
© Novaro Energiesysteme
Tab. 7
/ Simulation des Stromsystems für den 24.01.2030
 
StUNdEN
GWh
Großbatterien
Wasserstoff
Import/ Export
Kraftwerke
Abregelung
Stromdefizit GWh
0
0
0
0
0
0
0
Stromüberschuss GWh
24
653
0
240
229
0
184

Wann ist das Stromsystem im Gleichgewicht?

Über die Betrachtung einzelner typischer Tage hinaus, ist es natürlich entscheidend, sich das Gesamtergebnis der auf Viertelstundenwerten basierenden Simulation für das Jahr 2030 anzusehen. Die wesentlichen Ergebnisse sind Tab. 8 zu entnehmen.
Tab. 8
/ Simulation des Stromsystems 2030 - Jahresergebnis
 
Strombedarf (Last)
Stromerzeugung
EE-Strom
Elektrolyse
Stromimport
Stromexport
Kraftwerke
Abregelung
TWh
532,8
548,1
477,9
-27,1
48,1
-17,9
70,2
-18,4
Anteil an Last
 
103 %
90 %
5 %
9 %
3 %
13 %
3 %
In der Summe werden insgesamt 15,3 TWh Strom mehr erzeugt als benötigt, das sind 3 % des Strombedarfs. Die Erneuerbaren tragen mit 90 % zur Deckung der Last in 2030 bei, 2024 waren es noch knapp 60 %. Zur Abdeckung der zeitweisen Unterdeckung werden 70,2 TWh aus fossilen Kraftwerken benötigt. Das ist mehr als die Hälfte weniger als in 2024.37 Die zeitweise bestehende Überlast wird durch Elektrolyse, Stromexport und Abregelung ausgeglichen. Stromdefizite werden neben den fossilen Kraftwerken mit einem Stromimport von 48,1 TWh gedeckt. Die Werte für Stromimport und -export liegen etwas höher als 2024, aber in der Größenordnung nicht wesentlich. Damit sind auch dies realisierbare Werte.
Die Abregelung in Höhe von 3 % (18,4 TWh) der Last ist erforderlich, um das Stromsystem im Ausgleich von Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht zu halten. Es ist noch einmal zu betonen, dass es sich hier nicht um pauschale Jahreswerte handelt, sondern um die aggregierten Viertelstundenwerte im Stromsystem, d.h. das Stromsystem ist in der Viertelstundenbetrachtung im Gleichgewicht.38

Wie entwickeln sich die Strompreise?

Die öffentlichkeitswirksamen negativen Strompreise und die Preisausschläge nach oben im Rahmen der Dunkelflauten zum Jahresende 2024 haben für jeden sichtbar gemacht, dass bei hohen Anteilen regenerativer Energie die Börsenstrompreise niedrig und bei geringen Anteilen von EE-Strom hoch sind. Tatsächlich liegt die Korrelation zwischen EE-Anteil und Börsenstrompreis bei -0,61 und zeigt damit einen starken Zusammenhang an. Dieser Zusammenhang soll genutzt werden, um die Börsenstrompreise für das Jahr 2030 zu simulieren.
Dafür sind für die Dezile der %-Anteile regenerativer Energie an der Last die jeweiligen Mittelwerte der Börsenstrompreise für das Jahr 2024 ermittelt worden. Den Ergebnissen für 2024 entsprechend, sind Durchschnittswerte für die erwarteten Börsenstrompreisen 2030 abgeleitet worden. Es zeigt sich das in Tab. 9 wiedergegebene Bild, wobei die Preise in Euro/MWh angegeben sind.39
Tab. 9
/ Prognose der Börsenstrompreise 2030
 
BÖrsenstrompreis EURO/MWh
Stunden
Anteil EE-Strom %
2024
2030
2024
2030
>= 100
-9,8
1,0
381
3.221
>= 90 < 100
11,4
10,0
436
908
>= 80 < 90
30,8
30,0
646
756
>= 70 < 80
51,2
50,0
948
773
>= 60 < 70
68,7
70,0
1.200
751
>= 50 < 60
82,7
90,0
1.268
711
>= 40 < 50
94,4
110,0
1.355
699
>= 30 < 40
102,0
130,0
1.307
572
>= 20 < 30
121,5
150,0
1.025
346
< 20
210,0
240,0
219
48
Wie aus Tab. 9 abzulesen, korrespondieren bei einem EE-Anteil zwischen 50% und 100% die für die Simulation verwendeten Preise für das Jahr 2030 mit den Werten von 2024 (in Preisen von 2024). Angesichts der deutlich größeren Anteile regenerativen Stroms in 2030 wird ein substanzieller Unterschied der Betriebsstunden sichtbar. Lag der Anteil von mindestens 50 % EE-Strom in 2024 noch bei 4.879 Stunden, sind es in 2030 schon 7.119 Stunden. In 3.221 Stunden decken die Erneuerbaren die Last zu 100 %.
Bei einem regenerativen Stromanteil von über 100 % liegt der Durchschnittspreis 2024 bei -9,8 Euro/MWh. In 2024 konnte überschüssiger Solar- bzw. Windstrom - wenn auch häufig zu negativen Preisen - exportiert werden. Im Jahr 2030 wird dies wegen der größeren Mengen vollumfänglich nicht mehr möglich sein, weil die Aufnahmekapazität der Nachbarländer überschritten wäre und der Strompreis ins Bodenlose fallen würde. Deshalb muss im Jahr 2030 Überschussstrom (oberhalb der Aufnahmekapazität von Großbatteriespeichern, Elektrolyse und Exportstrom) konsequent abgeregelt werden. Wenn aber kein Überschussstrom mehr vorhanden ist, müssten die Strompreise positiv bleiben. Entsprechend ist für die Preissimulation ein Wert von 1 Euro/MWh (0,1 Cent/kwh) für EE-Erzeugungsanteile oberhalb von 100 % angenommen.
Dieser Schwellenwert ist in der Stundenbetrachtung dann überschritten, wenn die Day-Ahead-Preise beginnen, negativ zu werden. Die Steuerungsfunktion für das Verhalten der Marktteilnehmer kann weiterhin der Preis übernehmen, indem bei negativen Preisen den Marktteilnehmern Strafzahlungen auferlegt werden.40 Dann ist es für sie günstiger, abzuregeln anstatt einzuspeisen.
Dagegen bestimmen bei einem Stromanteil der Erneuerbaren von unter 50 % in der Merit-Order die fossilen und wegen des Kohleausstiegs vor allem die Gaskraftwerke zunehmend den Preis. Die Kapazität bestehender Gaskraftwerke zu einem Angebotspreis von circa 110 Euro/MWh liegt bei etwa 20 GW.41 Bei einem Anteil der Erneuerbaren an der Last von unter 40 % ist diese Kapazität weitgehend ausgeschöpft. Dann prägen teurere Gaskraftwerke den Preis, u.a. auch neu gebaute Gaskraftwerke mit Stromgestehungskosten von mindestens 140 Euro/MWh.42
Bedingt durch den hohen EE-Anteil, sinken die Betriebsstunden für fossile Kraftwerke, zugleich steigen in der Merit-Order die Preise bei einem hohen Anteil von durch Gaskraftwerke erzeugtem Strom. Sind die Gaskraftwerke unter diesen Bedingungen noch wirtschaftlich zu betreiben? Hinweise für die Beantwortung dieser Frage liefert Tab. 10.
Tab. 10
/ Faktoren der Wirtschaftlichkeit von Gaskraftwerken 2024/2030
 
Strompreis Mittelwert EURO/MWh
Marktwert Gas EURO/MWh
KapazitÄt Gas GW
Volllaststunden
2024
79,6
99,5
36,7
1.320
2030
46,1
113,7
46,0
787
Im Ergebnis der Simulation liegt der durchschnittliche Börsenstrompreis 2030 um circa 60 % unter dem Wert für 2030. Zugleich steigt der mengengewichtete Durchschnittserlös (Markt-wert) der Gaskraftwerke bei gleichzeitig deutlich reduzierten Volllaststunden. Für bestehende Gaskraftwerke entsprechen die gestiegenen Marktwerte der aktuellen Merit-Order, doch wird es schwieriger, die vollen Stromgestehungskosten angesichts der reduzierten Volllaststunden weiterhin zu verdienen.43 Dementsprechend sieht das geplante Kraftwerkssicherheitsgesetz (KWSG) verschiedene Formen der Förderung des geplanten Zubaus vor.44

Wie wirtschaftlich ist die Wasserstoffelektrolyse?

Die vorgestellten Simulationsergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Wasserstoffelektrolyse insbesondere für den Ausgleich der saisonalen Schwankungen im Stromnetz. Doch lässt sich die Wasserstoffelektrolyse unter den skizzierten Bedingungen wirtschaftlich realisieren? Für den Jahreszeitraum II/2023 - I/2024 liefert eine vorangegangene Studie eine klare Antwort: Bei getaktetem Betrieb zu Zeiten mit mindestens 70 % regenerativem Strom im Netz (gleichbedeutend mit durchschnittlich 83 % Grünstrom) ist die Elektrolyse wirtschaftlich.45 Doch wie sieht dies unter den Rahmenbedingungen des Jahres 2030 aus?
Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist die Relation zwischen den Betriebsstunden des mit Grünstrom betriebenen Elektrolyseurs und dem in diesen Stunden relevanten Strompreis. Ein vollumfänglich netzdienlicher Betrieb der Elektrolyse liegt dann vor, wenn die Wasserstofferzeugung lediglich in Stunden mit 100 % und mehr regenerativem Strom erfolgt. Zu Vergleichszwecken soll aber auch geprüft werden, wie die Wirtschaftlichkeit bei einem Mindestanteil von 80 % Grünstrom und bei Dauerbetrieb aussieht (Tab. 11).46
Tab. 11
/ Wirtschaftlichkeitsberechnung der Wasserstoffelektrolyse 2030
Minimum Anteil GrÜnstrom
Mittelwert GrÜnstrom anteil %
Betriebsstunden
Strompreis EURO/MWh
Strombe- darf TWh
Erzeugter H 2 in t
Auslastungsgrad %
H 2-Preis EURO/MWh
H 2-Preis EURO/kg
>=100 %
132,9
3.221
1,0
27,1
565621
84
50
1,50 €
>=80 %
118,5
4.885
7,2
36,3
755550
70
60
1,80 €
Dauerbetrieb
89,5
8.784
46,1
87,8
1830000
100
100
3,00 €
Wie in der zitierten Studie für den Jahreszeitraum II/2023 - I/2024 ist für das Jahr 2030 der getaktete Betrieb mit hohen Grünstromanteilen wirtschaftlicher als ein Dauerbetrieb. Der prognostizierte Wasserstoffpreis von 50 Euro/MWh bzw. Euro 1,50/kg H 2 würde die Wasserstoffelektrolyse für eine Vielzahl von Anwendungen wirtschaftlich machen, für andere noch nicht.47 Etwas höher wäre der H 2-Preis bei einem Betrieb des Elektrolyseurs in den Stunden, in denen mindestens 80 % Grünstrom im Netz vorhanden sind.
Ein Dauerbetrieb von Elektrolyseuren wäre nicht nur weniger wirtschaftlich, sondern auch kontraproduktiv für den klimaneutralen Betrieb des Stromsystems. Denn die Elektrolyseanlagen müssten im Rahmen von PPA-Verträgen dann auch zu Zeiten betrieben werden, in denen im Stromnetz insgesamt nur relativ wenig regenerativer Strom zur Verfügung steht, das heißt sie würden andere regenerative Stromnachfrage verdrängen, die letztlich durch fossile Quellen ausgeglichen werden müsste.
Der gegenüber einem Dauerbetrieb ökonomisch wie ökologisch vorteilhaftere getaktete Betrieb der Elektrolyseure in Stunden mit hohen Grünstromanteilen ist kaum mit der alkalischen Elektrolyse (AEL), sondern aus technischen Gründen im Wesentlichen nur mit der PEM- bzw. der AEM-Elektrolyse realisierbar. Die PEM-Elektrolyse wird wegen des hohen Anteils seltener Edelmetalle voraussichtlich die notwendige Kostendegression bis 2030 nicht erreichen können, während die AEM-Elektrolyse u. E. das Potenzial für eine Kostensenkung auf die für die obigen Kalkulation notwendigen Investitionskosten von € 300 Euro/MW installierter Leistung hat.48
Weil bis 2030 nur ein (kleinerer) Teil des geplanten Wasserstoffnetzes und der notwendigen Wasserstoffspeicher zur Verfügung stehen wird49, werden die Standorte für die Elektrolyseure nahe bei den Betriebsstätten der Wasserstoffverwendung liegen müssen.50 Wegen der fehlenden Netzanbindung als Puffer wird deshalb nur ein partieller Betrieb mit grünem Wasserstoff in der Hochlaufphase möglich sein. Deshalb wäre sicherzustellen, dass die CO2-Gutschriften für den Grünwasserstoffanteil auch bei solchem Partialbetrieb gewährt werden.
Für eine zukünftige Rückverstromung von grünem Wasserstoff in Jahresstunden mit einem Grünstromanteil von unter 100 % sind auf Wasserstoffbetrieb umrüstbare Gaskraftwerke vorgesehen. Bei einem (für 2030 erreichbar erscheinenden) Wirkungsgrad der Elektrolyse von 70 % und der GuD-Kraftwerke von circa 60 % würden von dem in 2030 für die Elektrolyse aufgewendeten Grünstrom von 27,1 TWh wieder 11,4 TWh Wasserstoffstrom gewonnen werden können.51 Das entspräche einer Deckung von etwa 16 % des für 2030 errechneten durch Kraftwerke zu deckenden Strombedarfs.
Natürlich ließe sich ein höherer Rückverstromungsanteil (bzw. unabhängig von der Verwendungsvariante Rückverstromung) eine höhere produzierte Wasserstoffmenge erreichen, wenn man die Elektrolysekapazität über die für 2030 angestrebten 10 GW ausweitet. So ließen sich Abregelungen und Strom-export reduzieren. Die Simulation ergibt die in Tab. 12 dargestellten Werte:52
Tab. 12
/ Simulation 2030 für unterschiedliche Ausbaupfade der Elektrolysekapazität
Installierte H 2-Kapazität in GW
10
20
30
Strom für H 2-Produktion in TWh
27,1
45,0
55,6
Stromexport in TWh
17,9
10,6
5,3
Abregelung in TWh
18,4
7,8
2,5
H 2-Erzeugungseffizienz in TWh/GW
2,7
2,3
1,9
Auslastungsgrad Elektrolyseure in %
84
70
58
H 2-Preis in €/kg
1,50
1,80
2,10
Nicht überraschend sinkt bei steigender Kapazität der Elektrolyseure die notwendige Stromabregelung und könnte ganz gegen null gefahren werden. Zugleich sinkt mit steigender H 2-Erzeugungskapazität die Effizienz. Je größer die Kapazität, desto weniger können die Elektrolyseanlagen in Volllast gefahren werden. Entsprechend sinkt der durchschnittliche Auslastungsgrad und steigt entsprechend der H 2-Preis.
Bei dem errechneten für einen wirtschaftlichen Betrieb der Elektrolyse auskömmlichen Wasserstoffpreis zwischen 1,50 Euro und 3,00 Euro ist eine ausreichend große Wasserstoffnachfrage gegeben.53 Doch reicht dies aus, potenzielle Investoren jetzt davon zu überzeugen, in den Aufbau von Elektrolysekapazität zu investieren, damit sie 2030 (oder früher) zur Verfügung stehen? Der den Wasserstoffpreis wesentlich bestimmende Faktor ist der Strompreis. Zwar ist die weiter oben abgeleitete Preisannahme für verschiedene Grade regenerativen Stroms im Netz gut begründet und plausibel, aber nicht garantiert. Deshalb wird vorgeschlagen, als Anschubfinanzierung für den Betrieb der Elektrolyseanlagen Höchstpreise zu garantieren. Analog zu den EEG-Marktprämien würde den Anlagenbetreibern bei einem getakteten Betrieb mit einem Mindestanteil von 80 % bzw. 100 % Grünstrom im Netz die Differenz zwischen Börsenstrompreis und Höchstpreis erstattet, wenn der stündliche Börsenstrompreis über dem Höchstpreis liegt. Sollte das hier skizzierte Preisszenario zutreffen, wäre diese „Versicherung“ für die öffentliche Hand kostenneutral.

Gelingt der Kohleausstieg?

Trotz des großen Anteils von Sonne und Wind an der Stromerzeugung im Jahr 2030 wird ein Teil des Bedarfs in Höhe von 70,2 TWh durch konventionelle Kraftwerke gedeckt werden müssen. Dies sollen wegen des geringeren CO2-Ausstoßes vorrangig Gaskraftwerke sein, die sukzessive auf den Betrieb mit Wasserstoff vorbereitet werden. Derzeit stehen Gaskraftwerke mit einer Kapazität von 36 GW zur Verfügung, die durch Zubau bis 2030 um weitere 10 GW erweitert werden soll.
Zugleich sieht das Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) in § 4 vor, dass bis 2030 die Kapazität der Kohlekraftwerke von derzeit 31 GW auf 17 GW reduziert wird. Sofern Bedarf besteht können stillzulegende Kohlekraftwerke in die Kapazitätsreserve übergeführt werden. In Tab. 13 sind die Ergebnisse der Simulation für unterschiedliche Anteile des Einsatzes von Gaskraftwerken zur Deckung des jeweiligen Strombedarfs enthalten. In der Variante „Kohleausstieg“ wird gemäß den Zielwerten des KVBG's eine verbleibende Kapazität von 17 GW Kohlekraftwerke angenommen. Die „Mittlere Variante“ geht davon aus, dass bei perspektivisch sinkenden Gaspreisen sich die Kohleverstromung bei einer Kapazität von 10 GW einpendelt.54 Die Variante „Priorität Gas“ analysiert die Folgen einer kompletten Herausnahme der Kohlekraftwerke aus dem marktlichen Betrieb. Mit einem signifikanten Beitrag von Wasserstoffkraftwerken zur Rückverstromung wird wegen der Planungs- und Realisierungszeiträume und der hierfür notwendigen Verfügbarkeit des Wasserstoffnetzes erst für die Zeit nach 2030 gerechnet.
Tab. 13
/ Simulation 2030 für unterschiedliche Varianten des Kohleausstiegs
 
Variante
Kohleausstieg
Mittlere Variante
PrioritÄt Gas
  
Gas
Kohle
Gas
Kohle
Gas
Kohle
GW
Kapazität
46
17
46
10
46
9
TWh
Praduzierte Strommenge
36,2
34,0
42,0
28,2
70,0
0,2
Std
Betriebsstunden
4.146
4.146
4.146
4.146
4.446
67
GW
Mittelwert Leistung
8,7
8,2
10,1
6,8
16,9
3,3
GW
Maximalwert Leistung
37,9
17,0
44,9
10,0
46,0
9,0
In der „Variante Kohleausstieg“ wird die benötigte Strommenge von 70,2 TWh etwa hälftig von Gas- und Kohlekraftwerken bereitgestellt, wobei die maximale Kapazität der Gaskraftwerke noch nicht beansprucht wird, die der Kohlekraftwerke mit 17 GW aber schon. In der „Mittleren Variante“ werden bei Maximallast die Kapazitätsgrenzen bei beiden fossilen Quellen erreicht , aber ohne die Kapazitätsreserve beanspruchen zu müssen. In der Variante „Priorität Gas“ ist wegen der geringen Betriebsstunden ein wirtschaftlicher Betrieb der Kohleverstromung außerhalb der Kapazitätsreserve nicht möglich. Trotz der extrem geringen Zahl von 67 Stunden zur Spitzenlastdeckung müssten neun GW Kohlekraftwerke bereitgehalten werden, weshalb diese Variante aus ökonomischen Gründen auszuschließen ist.
Im nächsten Schritt soll noch ein kurzer Blick auf den CO2-Ausstoß geworfen werden. Im Jahr 2024 haben die fossilen Kraftwerke (Gas, Braun- und Steinkohle) insgesamt 143 TWh Strom erzeugt und dabei 129 Mio. t CO2 freigesetzt55 Daraus abgeleitet ergibt sich für die skizzierten Szenarien der in Tab. 14 genannte CO2-Ausstoß verbunden mit der Einsparung gegenüber 2024. Die CO2-Einsparung gegenüber 2024 ist erheblich und liegt in beiden Varianten über 55 %. Die Unterschiede zwischen den Varianten sind marginal.
Tab. 14
/ Simulation des CO2-Ausstoß für unterschiedliche Varianten des Kohleausstiegs 2030
 
Variante
Kohleausstieg
Mittlere Variante
  
Gas
Kohle
Gas
Kohle
TWh
Produzierte Strommenge
36,2
34,0
42,0
28,2
Mio. t
CO2-AusstoB
21,72
35,7
25,2
29,61
Mio. t
Reduktion zu 2024
71,58
74,19
%
Reduktion zu 2024
55,5 %
57,5 %
Insgesamt kann festgehalten werden, dass selbst bei einem nur leichten Zubau von Gaskraftwerken der Kohleausstieg in 2030 mit 17 GW Kohlekapazität umgesetzt werden kann.55a In der „Variante Kohleausstieg“ ist die derzeitige Ist-Kapazität in Höhe von 36 GW Gaskraftwerken in der Spitzenlast nur geringfügig überschritten. Mit der „Mittleren Variante“ wäre bei Erreichen des Ziels von 10 GW Gaskraftwerken ein weitergehender Kohleausstieg auf 10 GW Kohlekraftwerkskapazität möglich. Der Zugewinn an zusätzlicher CO2-Reduktion wäre angesichts der mit dem Ausbau der Gaskraftwerke verbundenen Kosten zwar relativ gering. Doch sind die wasserstofffähigen Gaskraftwerke mit Blick auf den Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft auf jeden Fall sinnvoll und notwendig.

Großbatteriespeicher: Ein gutes Geschäft?

Die Großbatteriespeicher spielen in der Planung für das Energiekonzept der Zukunft eine wichtige Rolle. Ihre Aufgabe liegt insbesondere im Ausgleich der täglichen Lastspitzen am Morgen und am frühen Abend zusätzlich zu den Pumpspeichern. Für die saisonale Langfristspeicherrung von Energie sind sie wegen der hohen Kosten nicht geeignet. Der Ertrag ergibt sich aus der Preisarbitrage zwischen hohen und niedrigen Börsenpreisen im Tagesverlauf und aus der Bereitstellung von Regelenergie.
Die wirtschaftlichen Erwartungen sind hoch, so dass schon von einer Goldgräberstimmung im Markt für Großbatteriespeicher gesprochen wird.56 Unsere eigenen Berechnungen führen zu einer etwas nüchterernen Betrachtung.57 Auch wenn die Batteriepreise deutlich gesunken sind, sind für die Renditeberechnung Standortkonkurrenz, Planungs- und Infrastrukturkosten, Netzanschluss und Baukostenzuschuss, der Gesamtwirkungsgrad im jeweiligen Lade- und Entladezyklus, ein Verlust an Batteriekapazität über die Lebensdauer etc. zu berücksichtigen. Unsere Simulation (Tab. 15) ergibt für das Jahr 2024 unter Berücksichtigung dieser Faktoren eine Rendite von 4,8 %.58
Tab. 15
/ Wirtschaftlichkeitsberechnung von Großbatteriespeichern 2024 und 2030
Jahr
Stunden EE>=1OO %
Batteriezyklen
Preis Laden €/MWh
Preis Entladen €/MWh
Preisdifferenz €/MWh
ErlÖs p.a. €/MW
Rendite %
2024
381
725
55,0
116,7
61,7
48.661
4,8
2030
3.221
535
48,2
71,7
23,5
19.991
negativ
Die Perspektive für das Jahr 2030 ist deutlich ungünstiger. Dies hängt einerseits mit dem erheblich größeren Anteil von regenerativem Strom im Netz zusammen. Im Jahr 2030 wird an 3.221 Stunden mehr als 100 % EE-Strom im Netz sein im Gegensatz zu 381 Stunden im Jahr 2024. Bei Überschussstrom ist der Einsatz eines Batteriespeichers unnötig und auch ökonomisch angesichts marginaler Preisdifferenzen nicht sinnvoll, so dass die nutzbare Anzahl von Batteriezyklen für die Preisarbitrage deutlich sinkt.
Wegen der notwendigen Abregelung eines Teils des Überschussstroms, reduzieren sich zudem die Preisausschläge. In unserer Simulation sinkt dadurch die für die Arbitrage wichtige Preisdifferenz der Durchschnittspreise für Laden und Entladen auf etwa 1/3. Auch unter Berücksichtigung der Zusatzerträge aus der Bereitstellung von Regelleistung ist die wirtschaftliche Perspektive für die Großbatteriespeicher bezogen auf das Jahr 2030 negativ.59
Für die installierte Kapazität an Großbatteriespeichern bis zum Jahr 2030 haben wir einen Wert von 20 GWh für 2030 angenommen (s. o.), was wir angesichts der hier dargestellten Überlegungen für optimistisch halten. Über die Großbatteriespeicher hinaus besteht grundsätzlich natürlich die Möglichkeit, auch die vielen kleinen Heimspeicher mit einer derzeitigen Gesamtkapazität von bereits knapp 15 GWh für den Ausgleich von kurzfristigen Schwankungen im Stromnetz nutzbar zu machen. Dieser Frage soll u. a. im nächsten Abschnitt nachgegangen werden.

Abregeln oder flexibilisieren?

Um bei zunehmendem Anteil von Solar- und Windstrom die Importkapazität der Nachbarländer nicht zu überschreiten und den Sturz negativer Strompreise ins Bodenlose zu verhindern, ist eine Abregelung des erneuerbaren Stroms in die Importschwelle überschreitenden Überschussstunden erforderlich (s. o). Deshalb wird man zumindest vorübergehend nicht auf weitergehende Abregelungen verzichten können.
Regional begrenzte Abregelungen von erneuerbarem Strom (insbesondere Windstrom) an Netzengpassstellen sind im Rahmen des Redispatchs tägliche Routine zur Stabilisierung des Stromnetzes.60 An dieser Stelle geht es deshalb nicht um das Netzengpassmanagement, sondern um die Abregelung globaler Strommengen, für die keine Abnahme vorhanden ist. Für diese Abregelung ist in unserer Simulation ein Wert von 18,4 TWh ermittelt worden, der sich auf 1.395h verteilt. Zum Vergleich: Im Jahr 2024 sind im Rahmen der Redispatch-Maßnahmen 9 TWh regenerativ erzeugter Strom abgeregelt worden, wobei knapp 8 TWh auf Windstrom und gut 1 TWh auf Solarstrom entfielen.61 Da wegen des weiteren Netzausbaus der engpassbedingte Redispatch sukzessive weniger werden dürfte, müsste die überstrombedingte Abregelung in der genannten Größenordnung durchaus handhabbar sein.62
Natürlich ist Flexibilisieren statt Abregeln die bessere Alternative. Auf der Nachfrageseite ist in puncto Flexibilisierung erst einmal an Industrie- und Gewerbekunden mit hohem Strombedarf zu denken mit dem Ziel, die Verbräuche verstärkt in solche Zeiten zu lenken, in denen Überschussstrom zu günstigen Konditionen verfügbar ist. Großverbraucher haben bereits heute die Möglichkeit, ihren Strom direkt über die Strombörse zum jeweils aktuellen Strompreis zu beziehen. Deshalb ist davon auszugehen, dass diese Potenziale schon recht weitgehend ausgeschöpft sind. Wo dies nicht erfolgt, stehen dem technische Produktionsbedingungen bzw. organisatorische Rahmenbedingungen entgegen.63
Wie sieht es mit der privaten Stromnachfrage aus? Zu welchen Zeiten werden Elektroautos geladen, Wärmepumpen betrieben, Wasch- und Spülmaschinen angestellt? Smart-Meter (inkl. Gateway) und Home-Energy-Management-Systeme (HEMS) können hier eine wirksame Verbindung eingehen: Das Elektroauto wird geladen, die Waschmaschine springt an usw., wenn Überschussstrom vorhanden ist und entsprechend die Preise gering sind. Die Kosten für Kauf und Installation dieser Systeme liegen im vierstelligen Bereich, was sie vor allem für Konstellationen relevant machen dürfte, in denen sowohl eine Solaranlage als auch ein Elektroauto und eine Wärmepumpe vorhanden sind.
In der Heizperiode im Winter laufen die Wärmepumpen 24 Stunden am Tag, wenn auch invertergesteuert mit unterschiedlicher Leistung. Hier könnte in Zeiten von Überschussstrom der Pufferspeicher über die übliche Vorlauftemperatur hinaus auf 50 - 60° C geladen und als Wärmepuffer genutzt werden (Power-to-Heat). Im Sommer ist es denkbar, dass in Zeiten von Überschussstrom der Warmwasserspeicher über die übliche Warmwassertemperatur auf ca. 65 - 70 °C geladen wird und über einen längeren Zeitraum als üblich entladen werden kann. In beiden Fällen wird es bei dieser Verschiebung der Stromnachfrage um nicht mehr als circa 2 - 3 h gehen können, ohne dass dies Auswirkung auf das Raumklima oder die Brauchwassertemperatur hätte. Das grenzt die Wirksamkeit dieser Maßnahmen deutlich ein.
Auch die privaten Solaranlagen mit angeschlossenen Batteriespeichern können zur Entzerrung von Überschuss- und Defizitstunden im Stromnetz beitragen. Die Solaranlagen sind so konfiguriert, dass nicht selbst verbrauchter Strom zuerst in den Batteriespeicher eingeladen wird. Erst wenn dieser vollständig aufgeladen ist, wird ins Netz eingespeist. Dies führt dazu, dass am frühen Vormittag der Batteriespeicher geladen und um die Mittagszeit bei hoher solarer Strahlungsenergie eingespeist und das Stromnetz mit Solarstrom geflutet wird. Für den Betrieb der Solaranlage ist es vollkommen unproblematisch, am frühen Vormittag einzuspeisen und erst später den Speicher aufzuladen.
Die E-Autos haben grundsätzlich ein sehr großes Potenzial für die Flexibilisierung. Die in dieser Studie unterstellten 7,5 Mio. Elektroautos im Jahr 2030 hätten eine Batteriekapazität von circa 450 GWh. Das ist die mehr als 20-fache Kapazität der hier bereits betrachteten Großbatteriespeicher. In welchem Umfang kann diese Kapazität für die Aufnahme von Überschussstrom genutzt werden? Zur Beantwortung dieser Frage ist es wichtig zu wissen, aus welchen Quellen der Überschussstrom in der Simulation für 2030 primär gespeist wird, was die in Tab. 16 dargestellte Aufstellung deutlich macht.
Tab. 16
/ Verteilung nicht abgenommenen Überschussstroms 2030 nach EE-Erzeugungstechniken
Stunden mit Überschussstrom insgesamt
Stunden mit Überschussstrom primÄr aus Solarenergie
Stunden mit Überschussstrom primÄr aus Windenergie
Stunden mit Überschussstrom mit Ähnlichen Anteilen
1.395
513
551
331
Mittelwert Überschussstrom je Stunde (MWh):
15.400
9.500
15.700
Zugleich zeigt sich erwartungsgemäß, dass der Überschussstrom aus solaren Quellen primär in den Sommermonaten im Zeitraum 10.00-16.00 Uhr entsteht. Der Überschussstrom aus Windenergie ist irregulär verteilt und tritt in Zeiträumen von mehreren Stunden bis mehreren Tagen auf.
Für eine Flexibilisierung der Stromnachfrage sind insbesondere die privaten Ladepunkte entscheidend. Aktuelle Studien zeigen, dass 70 % der E-Auto-Besitzer eine private Wallbox haben oder planen.64 Das private Laden findet überwiegend am späten Nachmittag oder Abend statt.65 Dies hat zur Folge, dass in Zeiten von solarem Überschussstrom nur ein kleinerer Teil der E-Autos über die Wallboxen mit dem Netz verbunden ist.66 Unterstellt man 20 % ans Netz angeschlossene Batteriekapazität im Zeitraum 10:00-16:00 Uhr und einen durchschnittlichen Ladestand von 50 % ergeben sich 45 GWh verfügbare Batteriekapazität. Bei durchschnittlich 13,7 GWh Überschussstrom in dem angesprochenen Zeitfenster lässt sich damit ein substanzieller Anteil des überschüssigen Stroms für die Ladung der E-Autos nutzen.
Bezogen auf den Überschussstrom aus Windenergieanlagen, würden bei Unterstellung der angenommenen 20 % Batteriekapazität mit 50 % Ladezustand als durchschnittliche ans Netz angeschlossene Ladekapazität die Batterien der E-Autos bei durchschnittlich 9,5 GWh Windstromüberschuss von mehreren Stunden ebenfalls ausreichen, die Überschüsse einzuladen. Bei mehrtägigem Windstromüberschuss wird dies voraussichtlich nicht vollständig gelingen.
Wie sieht es nun umgekehrt mit der Abgabe von Batteriestrom aus der E-Mobiliät in das öffentliche Stromnetz (V2G - Vehicle-to-Grid) bzw. private Heimnetz (V2H - Vehicle-to-Home) aus. Das Thema bidirektionales Laden ist technisch und regulatorisch komplex und bedarf noch weiterer Vorarbeiten und Regulierungen, um praktisch umsetzbar zu sein.67 In dem hier betrachteten Zeitraum bis 2030 wird dieses Potenzial über pilothafte Anwendungen hinaus nicht hinauskommen. Aber es hat in Zukunft durchaus Bedeutung für die Bedarfsdeckung in den Stunden, in denen Stromdefizite bestehen.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Maßnahmen zur Flexibilisierung der Nachfrage dazu führen können, dass in dem betrachteten Fünf-Jahreszeitraum die für die Stabilität des Stromnetzes erforderlichen Abregelungen sich schrittweise reduzieren lassen. Wegen der damit verbundenen Komplexität und Kosten sollte man aber von eher längeren Realisierungszeiträumen ausgehen.

Sind die Erneuerbaren noch rentabel?

Wegen des deutlich höheren Anteils erneuerbarer Energien ergibt die Simulation für 2030 einen durchschnittlichen Börsenstrompreis von 4,6 ct/KWh im Gegensatz zu 7,9 ct/KWh im Jahr 2024. “Produzieren viele erneuerbare Energiequellen zeitgleich, sinken die Strompreise (Merit-Order-Effekt). Die Strommarkteinnahmen der Anlagen kannibalisieren sich.“68 Konkret zeigt sich dies in der Entwicklung der technologiespezifischen Marktwerte und der damit verbundenen Capture-Rates (Tab. 17).69
Tab. 17
/ Marktwerte und Capture-Rates der Erneuerbaren 2024 und 2030
 
Marktwert IN CENT/KWH
Capture-Rate
 
2024
2030
2024
2030
Wind offshore
6,777
2,999
85%
65%
Wind an Land
6,293
2,346
79%
51%
Solar
4,624
1,270
58%
28%
Die Marktwerte sind die mengengewichteten Erlöse je Kwh, die Capture-Rates geben das Verhältnis von Marktwert und Börsenstrompreis an und machen damit deutlich, in welchem Umfang die jeweilige Erzeugungstechnik die Strompreise für ihren Erlös ausnutzen kann. Sowohl die Marktwerte als auch die Capture-Rates sinken in 2030 deutlich, am stärksten für die Photovoltaik, die wegen der hohen Überschussproduktion am Tag und im Sommer mit hohem Stundenanteil zum Nulltarif einspeist. Sind unter diesen Bedingungen die Erneuerbaren noch rentabel?
Zur Beantwortung dieser Frage hilft erst einmal ein Blick auf die Stromgestehungskosten, für die unterschiedliche Berechnungen vorliegen (Tab. 18).
Tab. 18
/ Stromgestehungskosten erneuerbarer Erzeugungstechniken
Werte in ct/KWh
Wind an Land
Solar FreiflÄche
Solar DachflÄche
Fraunhofer ISE 70
6,00
5,50
8,00
Windguard 71
6,20
  
Zentrum Solarenergie 72
 
6,80
 
Der Vergleich mit den in Tab. 17 für 2030 berechneten Marktwerten macht deutlich, dass unter aktuellen Kostenbedingungen die Rentabilität der Erneuerbaren nicht mehr gegeben ist. Für die zukünftigen Ausschreibungsrunden der im Direktvermarktungssegment liegenden Anlagen wird zwar ein gewisser Spielraum in der Senkung der Angebotspreise gesehen, da die Renditen in der Vergangenheit teilweise recht großzügig bemessen waren.73 Auch ist der gegenwärtige Verfall der Modulpreise der Photovoltaik noch nicht umfassend in der Berechnung der Stromgestehungskosten berücksichtigt. Doch wird dies nicht ausreichen, um den Verfall der Marktwerte zu kompensieren.
Über die Börsenstrompreise hinaus sind die EEG-Marktprämien für die Wirtschaftlichkeit der erneuerbaren Energien entscheidend. Im Folgenden sollen deshalb zwei Szenarien betrachtet werden. Szenario A betrachtet die Wirtschaftlichkeit unter der Bedingung des Fortdauerns der derzeitigen Gebotswerte bei den EEG-Ausschreibungen, Szenario B geht von einer Senkung um etwa 1/3 aus. Lassen Sie uns zuerst Szenario A (Tab. 19) betrachten:
Tab. 19
/ Szenario A: EE-Erlöse und EEG-Zahlungen bei Beibehalt der gegenwärtigen EEG-Vergütungen
Werte in cent/KWh
2024
2030
Wind auf See
Wind an Land
Solar - MarktprÄmie
Solar - FestvergÜ tung
Wind auf See
Wind an Land
Solar - MarktprÄmie
Solar - FestvergÜ tung
Anzulegender Wert
0,00
7,25
5,25
 
8,00
7,25
5,25
 
Börsenerlös
10,45
6,50
4,71
 
3,00
2,59
1,27
 
Marktprämie
6,82
1,00
5,27
 
5,00
4,85
3,98
 
Gesamterlös
17,27
7,50
9,98
24,42
8,00
7,44
5,25
15,00
EEG-Zahlungen Mio. Euro
1.752
1.108
1.260
8.757
3.853
8.893
2.609
9.833
Summe Mio. Euro 74
12.877
25.188
Die anzulegenden Werte als Eingangsparameter für 2024 entsprechen den derzeitigen Zuschlagswerten der durch die Bundesnetzagentur vorgenommenen Ausschreibungen.75 Auf dieser Grundlage werden die Börsenerlöse (dargestellt in Cent/KWh) ermittelt und die Marktprämien über die jeweiligen Monatsmarktwerte gemäß Anlage 1 zu § 23a EEG 2023 errechnet. Aus der Summe von Börsenerlös und Marktprämie ergibt sich der Gesamterlös. Die ermittelten Gesamterlöse für 2030 sind auskömmlich in Relation zu den dargestellten Stromgestehungskosten. Der gegenüber 2024 gesunkene Börsenerlös wird durch die höheren Marktprämien kompensiert. Die Investition in Wind und Solarenergie wäre unter den genannten Bedingungen weiterhin profitabel. Dies natürlich um den Preis der explodierenden Zahlungen für Marktprämien und Einspeisevergütung, die sich gegenüber 2024 verdoppeln würden.
Folgende Einzelheiten sind dabei zu beachten: Die Ausschreibungen für die Offshore-Windenergie hatten in den vergangenen Jahren einen anzulegenden Wert von 0,00, entsprechend refinanziert sich der Wind auf See ausschließlich über die Börsenerlöse. Dennoch wird in der Simulation eine Marktprämie von 6,82 Cent/KWh ausgewiesen. Dies ist auf die Finanzierung der Offshore-Windenergie vor 2020 mit anzulegenden Werten oberhalb von 15 Cent/KWh zurückzuführen, die sich in der Rechnung widerspiegeln. Ähnliches gilt auch für die in der Direktvermarktung befindlichen solaren Freiflächenanlagen. Die Werte für die in fester Einspeisevergütung betriebenen Photovoltaik-Anlagen sind aus den Jahresabrechnungen der Übertragungsnetzbetreiber ermittelt.76
Die errechnete Profitabilität der Erneuerbaren in Szenario A beruht auf den erhöhten Marktprämien. Dies wird dauerhaft nicht finanzierbar sein. Deshalb wird in Szenario B (Tab. 20) betrachtet, wie weit die anzulegenden Werte abgesenkt werden müssten, um die Höhe der EEG-Zahlungen gegenüber 2024 in etwa stabil zu halten. Dies wäre bei einer Reduktion der anzulegenden Werte um circa 1/3 der für 2024 zugrunde liegenden Rechenwerte der Fall. Für die mit Einspeisevergütung betriebenen (kleinen) Solaranlagen wird für 2030 zudem davon ausgegangen, dass ab II/2025 keine (oder nur eine geringe) Einspeisevergütung gezahlt wird, sondern sich die Neuanlagen aus den im Eigenverbrauch eingesparten Stromkosten finanzieren.77
Tab. 20
/ Szenario B: EE-Erlöse und EEG-Zahlungen bei Reduktion der gegenwärtigen EEG-Vergütungen um circa 1/3
Werte in ct/KWh
2024
2030
Wind auf See
Wind an Land
Solar - MarktprÄmie
Solar - FestvergÜ tung
Wind auf See
Wind an Land
Solar - MarktprÄmie
Solar - FestvergÜ tung
Anzulegender Wert
0,00
7,25
5,25
 
4,75
4,75
2,75
 
Börsenerlös
10,45
6,50
4,71
 
3,00
2,59
1,27
 
Marktprämie
6,82
1,00
5,27
 
1,75
2,35
1,56
 
Gesamterlös
17,27
7,50
9,98
24,42
4,75
4,94
2,83
10,00
EEG-Zahlungen Mio. Euro
1.752
1.108
1.260
8.757
1.349
4.310
1.020
6.555
Summe Mio. Euro 74
12.877
13.234
Im Ergebnis errechnen sich Gesamterlöse, unter denen u. E. weiterhin ein wirtschaftlicher Betrieb der jeweiligen Erzeugungsanlagen möglich ist. Es hat in der Vergangenheit Jahre gegeben, in denen die anzulegenden Werte unterhalb der jetzt ermittelten Gesamterlöse lagen. In den nächsten Jahren kann entsprechend die Bundesnetzagentur über die Festsetzung der Höchstpreise und die jeweils zustande kommenden Zuschlagsmengen den Ausbaupfad im Spannungsverhältnis zwischen Kosten und regenerativer Erzeugungskapazität flexibel steuern. Dies bedeutet eine Abkehr von einem rein mengengesteuerten Ausbaupfad hin zu einer Strategie, die ebenso an einer Deckelung des öffentlichen Finanzierungsaufwands orientiert ist.

Was ist nun zu tun?

Die in dieser Studie simulierten Ergebnisse werden natürlich nicht exakt im Jahr 2030 eintreten. Aber wir sind sicher, dass die skizzierten Entwicklungstendenzen in der Simulation eine substanzielle Basis haben. Die Eckpunkte der diskutierten Entwicklung sind durch das Auseinanderlaufen des nur langsam steigenden Strombedarfes einerseits und des weiterhin stark wachsenden Ausbaus der erneuerbaren Kapazitäten andererseits bestimmt. Um hier ein Absinken in negative Strompreise sowie explodierende EEG-Vergütungen zu vermeiden, sind u. E. eine Reihe von Maßnahmen sinnvoll, um auch in 2030 ein funktionierendes und zugleich bezahlbares Stromsystem auf dem Weg in die Klimaneutralität zu gestalten. Diese Impulse sollen hier noch einmal kurz zusammengefasst werden, wobei auf die Darstellung beschlossener oder auf dem Weg befindlicher Maßnahmen (Ausbau von Wasserstoffnetz und Wasserstoffspeichern, Bau flexibler und H 2-fähiger Gaskraftwerke usw.) verzichtet wird:
  • Konsequente Abregelung von überschüssigem EE-Strom, sobald der Day-Ahead-Börsenstrompreis unter 0 Cent/KWh fällt
  • Beschleunigter Ausbau der Wasserstoff-Elektrolyse, um den Umfang der notwendigen Abregelungen zu reduzieren
  • Garantie eines Höchstpreises für regenerativen Strom für die Wasserstoff-Erzeugung ab 2028/2030, um den Wasserstoff-Hochlauf abzusichern
  • Klare Definition für grünen Wasserstoff orientiert am stündlichen Anteil von erneuerbarem Strom im Netz, u. E. Mindestanteil > 80 %, ab 2030 > 90 %
  • Gewährleistung, dass auch bei einem gemischten Betrieb mit grauem und grünem Wasserstoff der grüne Anteil von der CO2-Bepreisung ausgenommen ist
  • Sukzessive Absenkung der zulässigen Höchstwerte von Geboten für neue Solar- und Windkraftanlagen in der Direktvermarktung mit dem Ziel einer Deckelung der zu leistenden EEG-Zahlungen
  • Aussetzen bzw. deutliche Reduktion der festen Einspeisevergütung für Solaranlagen, die sich in Kombination mit Batteriespeichern aus den eingesparten Stromkosten selbst finanzieren können
  • Verpflichtung der Betreiber von Solaranlagen mit Batteriespeicher zu einem netzdienlichen Betrieb in den Vormittagsstunden
  • Kopplung des Verzichts bzw. der Reduktion von Baukostenzuschüssen für Großbatteriespeicher an die Netzdienlichkeit der Standorte bzw. einen netzdienlichen Betrieb
  • Einsatz (ggf. Ausbau) der Kapazitätsreserve, um Windfall-Preisspitzen bei geringen EE-Anteilen im Netz entgegenzusteuern
  • Info-Kampagne zur Motivation für die Nutzung flexibler Stromtarife in Kopplung mit Smart-Metern und Home-Energy-Management-Systemen (HEMS)
  • Beschleunigung in der Regulierung und Markteinführung für bidirektionales Laden

Literatur:

[6]
zitiert nach ebenda
 
[7]
Bundesregierung: Anteil der Erneuerbaren Energien steigt, 13.9.2024, Online: https://​www.​bundesregierung.​de/​breg-de/​aktuelles/​faq-energiewende-2067498; Fraunhofer ISI u.a.: Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland, Folie 15, Online: https://​langfristszenari​en.​de/​enertile-explorer-wAssets/​docs/​LFS3_​T45_​Webinar_​Feb_​2024_​Dezentral_​final_​presented.​pdf
 
[8]
Vgl. E-Venture: Zukunft des deutschen Strommarktes, April 2023, Online: https://​e-vc.​org/​wp-content/​uploads/​e.​venture_​Point_​of_​View_​Strommarkt_​2040.​pdf ; sowie Prognos, Fraunhofer ISI, Öko-Institut: Entwicklung des Bruttostromverbrauchs bis 2030, 22.10.2021, Online: https://​www.​prognos.​com/​sites/​default/​files/​2021-11/​20211116_​Kurzpaper_​Bruttostromverbr​auch2018-2030.​pdf
 
[11]
AG Energiebilanzen e.V: Ausgewählte Effizienzindikatoren zur Energiebilanz Deutschland, S.8, Online: https://​ag-energiebilanzen.​de/​wp-content/​uploads/​2021/​09/​Effizienzindikat​oren_​2021_​V4.​pdf
 
[12]
Clemens Fuest: Das Energieeffizienzgesetz - ein Wachstumskiller?, IFO-Standpunkte, 16.5.2023, Online: fi-le:///C:/Users/drmue/Downloads/ifo-Standpunkt-2023-248-energieeffizienzgesetzt.pdf
 
[13]
Unter der Prämisse einer durchschnittlichen Fahrleistung von 15.000 km/Jahr und einem Verbrauch von 25 kwh/100 km (inkl. Ladeverlusten)
 
[15]
Deutscher Bundestag Drucksache 20/13092 vom 30.9.2024, S17, Online: https://​dserver.​bundestag.​de/​btd/​20/​130/​2013092.​pdf
 
[17]
 
[18]
Deutsche Bundesbank: Deutschland-Prognose der Bundesbank: Wirtschaft kämpft mit hartnäckigem Widerstand, 13.12.2024, Online: https://​www.​bundesbank.​de/​de/​presse/​pressenotizen/​deutschland-prognose-der-bundesbank-wirtschaft-kaempft-mit-hartnaeckigem-gegenwind-947514
 
[19]
Siehe Fußnote 11; anstatt der dort für die Vergangenheit ermittelten Effizienzsteigerung von 1,2 % p.a. soll hier sicherheitshalber von nur 1 % p.a. ausgegangen werden
 
[20]
Es wird davon ausgegangen, dass bis 2030 maximal die Hälfte der für 2030 ursprünglich geplanten 15 Mio. E-Autos erreicht werden kann; zur Berechnung des jährlichen Strombedarfs vgl. Fußnote 13)
 
[21]
Es wird davon ausgegangen, dass der jährliche Zubau von 200.000 Wärmepumpen für 2024 sich bei Näherrücken der verbindlichen Umstellungsfrist 2028 sukzessive beschleunigt; für die Berechnung des Strombedarfs sind 4.000 kwh-el je Wärmepumpe p. a. zugrundegelegt
 
[22]
Nationaler Wasserstoffrat, siehe Fußnote 16; vgl. auch EWI: Datengrundlage für E.ON H 2Bilanz 2024 2. Halbjahr, November 2024, S.11, Online: https://​www.​eon.​com/​content/​dam/​eon/​eon-com/​eon-com-assets/​documents/​hydrogen/​h2-bilanz/​2024/​EWI_​Datengrundlage_​Begleitdokument_​H2-Bilanz_​2024_​02.​pdf; für die Elektrolyseure wird von durchschnittlich 4.000 Betriebsstunden p .a. ausgegangen
 
[23]
Ähnliche Werte auch bei EWI: Mittelfristprognose zur deutschlandweiten Stromerzeugung aus EEG-geförderten Kraftwerken für die Kalenderjahre 2025 bis 2029, September 2024, S.31, Online: https://​www.​ewi.​uni-koeln.​de/​cms/​wp-content/​uploads/​2024/​10/​240927_​EEG_​Mittelfristprogn​ose_​2024_​sent.​pdf
 
[24]
EEG 2023, § 4 bzw. Windenergie-auf-See-Gesetz, § 1
 
[25]
Fraunhofer ISI: Stromerzeugung in Deutschland im Jahr 2024, 4.1.2025, S 91 und 96, Online: https://​www.​energy-charts.​info/​downloads/​Stromerzeugung_​2024.​pdf
 
[26]
RWTH Aachen: Battery Charts, Online: https://​battery-charts.​rwth-aachen.​de/​
 
[29]
Die EWI-Mittelfristprognose nimmt im oberen Pfad für 2029 eine installierte Kapazität von 90 GW an; vgl. Fußnote 23, S. 66
 
[30]
Deutsche Windguard: Status des Offshore-Windenergieausbaus in Deutschland, 15.7.2024, S. 4, unter: https://​www.​wind-energie.​de/​fileadmin/​redaktion/​dokumente/​publikationen-oeffentlich/​themen/​06-zahlen-und-fakten/​20240715_​Status_​des_​Offshore-Windenergieausba​us_​Halbjahr_​2024.​pdf; die EWI-Mittelfristprognose ist für 2029 hier erheblich zurückhaltender, vgl. Fußnote 23, S. 71
 
[31]
 
[32]
U.E. ist selbst der angenommene Wert von 20 GW noch optimistisch, weil bei fallenden Strompreisen die Rendite für den Einsatz von Batteriespeichern zunehmend schlechter wird; vgl. hierzu den Abschnitt über Batteriespeicher
 
[33]
Durch den zunehmenden Ausbau regenerativer Erzeugungskapazitäten wird auch das Stromsystem in den Nachbarländern zunehmend volatiler. Vgl. z.B.: Frankfurter Rundschau: Schweden und Norwegen kritisieren Habecks Energiepolitik, 14.12.2024, Online: https://​www.​fr.​de/​wirtschaft/​schweden-und-norwegen-kritisieren-habecks-energiepolitik-wegen-hoher-strompreise-93467075.​html
 
[34]
Fraunhofer Energie Charts: Öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland 2024, Online: https://​www.​energy-charts.​info/​charts/​power/​chart.​htm?​l=​de&​c=​DE&​interval=​year&​year=​2024&​legendItems=​2wgw4; ebenfalls über die Fraunhofer Energy Charts steht eine Simulationsfunktion zur Verfügung, mit der man selbst die Situation im Stromnetz auf der Basis bestimmter selbst eingestellter Parameter simulieren kann, unter: https://​www.​energy-charts.​info/​charts/​power_​simulated/​chart.​htm?​l=​de&​c=​DE
 
[35]
Für die Wasserkraft, Bioenergie und Pumpspeicher sind die Werte für das Jahr 2024 unverändert übernommen, weil hier keine substantielle Erweiterung zu erwarten ist. Stromerzeugung aus Müll, Grubengas, Deponiegas, Klärgas und Geothermie sind angesichts des jeweils sehr geringen Anteils an der Erzeugung in dieser Studie nicht berücksichtigt; berücksichtigt sind sie dagegen in der Mittelfristprognose von EWI, vgl. Fußnote 23
 
[36]
Sofern in dieser Studie von Abregelungen die Rede ist, geht es immer um Abregelung von globalem Überflussstrom; lokale Netzengpässe sind nicht berücksichtigt, weshalb bei noch nicht abgeschlossenem Netzausbau lokale Abregelungen zusätzlich erforderlich sind.
 
[37]
Die Erzeugung aus fossilen Quellen betrug im Jahr 2024 154,4 TWh; vgl. Fraunhofer Energy Charts, unter: https://​www.​energy-charts.​info/​charts/​energy/​chart.​htm?​l=​de&​c=​DE&​year=​2024&​interval=​year
 
[38]
Nicht berücksichtigt in diesen Berechnungen sind natürlich die weiteren engpassbedingten Abregelungen im Stromnetz, die von den Übertragungs- wie Verteilernetzbetreibern im Redispatch vorgenommen werden müssen.
 
[39]
Zur Prognose des Strompreises 2030 vgl. auch: EWI: Finanzierungsbedarfe in der Stromerzeugung bis 2030, 19.12.2023, S.14; Online: https://​www.​ewi.​uni-koeln.​de/​de/​publikationen/​finanzierungsbed​arfe-in-der-stromerzeugung-bis-2030/​; sowie EWI: Mittelfristprognose…,September 2024, siehe Fußnote 23, S. 35
 
[40]
„Um zu einer Verhaltensänderung bei den Anlagenbetreibern zu kommen, ..müsste die Einspeisung bei negativen Strompreisen entweder technisch unterbunden, oder den Einspeisern die durch den Abverkauf des Überschuss-Stroms entstehenden Kosten zusätzlich belastet werden. Von beiden Maßnahmen würde ein deutlicher Anreiz ausgehen, die Einspeisung in solchen Zeiten zu unterlassen…“ C. Bauer, TU Darmstadt: Auswirkungen der Maßnahmen aus der „Wachstumsinitiative“ der Bundesregierung auf die Häufigkeit negativer Strompreise im deutschen Kurzfristmarkt, 31.7.2024, S.2; Online: https://​www.​maschinenbau.​tu-darmstadt.​de/​media/​rsm/​news_​rsm/​2024_​14/​20240731-_​Bauer_​Kurzstudie_​Handelsblatt_​-_​Auswirkungen_​der_​Massnahmen_​aus_​der_​Wachstumsinitiat​ive_​der_​Bundesregierung_​auf_​die_​Haeufigkeit_​negativer_​Strompreise_​im_​deutschen_​Kur.​pdf
 
[42]
Vgl. Fraunhofer ISE: Kurzanalyse Stromgestehungskosten und Volllaststunden von flexiblen Kraftwerken, Januar 2025, Online: https://​www.​ise.​fraunhofer.​de/​de/​veroeffentlichun​gen/​studien/​studie-stromgestehungsk​osten-erneuerbare-energien.​html
 
[43]
Vgl. hierzu auch V. Grimm et.al.: Stromgestehungskosten von Erneuerbaren sind kein guter Indikator für zukünftige Stromkosten, Wirtschaftsdienst, Heft 6/2024; Online: https://​www.​wirtschaftsdiens​t.​eu/​inhalt/​jahr/​2024/​heft/​6/​beitrag/​stromgestehungsk​osten-von-erneuerbaren-sind-kein-guter-indikator-fuer-zukuenftige-stromkosten.​html, sowie: Energy Brainpool: Welchen Einfluss hat die neue Kraftwerksstrategie auf den konventionellen Kraftwerkspark?, 14.3.2024, Online: https://​blog.​energybrainpool.​com/​welchen-einfluss-hat-die-neue-kraftwerksstrate​gie-auf-den-konventionellen-kraftwerkspark/​#:​~:​text=​Ein%20​Gaskraftwerk%20​besitzt%20​bei%20​den,bei%20​etwa%20​65%20​EUR%2FMWh
 
[45]
Novaro Energiesysteme: Schöne neue Klimawelt - Gelingt der grüne Wasserstoffhochlauf?, 1.12.2024, Online: https://​www.​springerprofessi​onal.​de/​schoene-neue-klimawelt-gelingt-der-gruene-wasserstoffhochl​auf/​50365896
 
[46]
Zugrunde liegen folgende Prämissen für 2030: Kosten für den Elektrolyseur 300 Euro/KW-el. plus 25 % Installationskosten, Lebensdauer für den getakteten Betrieb (AEM-Elektrolyse) 50.000 Stunden bzw. für den Dauerbetrieb (AEL-Elektrolyse) 80.000 Stunden, 15 % (der Erlöse) jährliche Betriebskosten, 5 % Fremdkapitalzinsen, Auslastungsgrad entsprechend den tatsächlichen Betriebsstunden.
 
[47]
Vgl. die Break-Even-Preise für unterschiedliche Wasserstoffanwendungen bei EWI: Wasserstoff: Milliardenlücke in Klimaneutralitätsszenarien?, unter: https://​www.​ewi.​uni-koeln.​de/​de/​aktuelles/​wasserstoff-milliardenluecke​-in-klimaneutralitae​tsszenari-en/​#:​~:​text=​CO2%2Darmer%20​Wasserstoff%20​spielt,Euro%20​kommen%2C%20​zeigt%20​das%20​EWI; zu unterschiedlichen Prognosen des Wasserstoffpreises für 2023 vgl. auch: EWI: Finanzierungsbedarfe in der Stromerzeugung bis 2030, S.14; siehe Fußnote 39)
 
[48]
Vgl. die Studie unter Ziff. 45)
 
[49]
Vgl. FNB Gas: Wasserstoffnetz 2030: Aufbruch in ein klimaneutrales Deutschland, Online: https://​fnb-gas.​de/​wasserstoffnetz/​h2-netz-2030/​; EWI: Die Bedeutung von Wasserstoffspeichern, März 2024, unter: https://​www.​ewi.​uni-koeln.​de/​cms/​wp-content/​uploads/​2024/​03/​EWI_​Die-Bedeutung-von-Wasserstoffspeic​hern.​pdf
 
[50]
Je weiter das Wasserstoffnetz und die Wasserstoffspeicher verfügbar sind, umso mehr sollte die Standortwahl unter Gesichtspunkten der Netzdienlichkeit getroffen werden, vgl. hierzu auch EWI: Standortbewertung für systemdienliche Elektrolyseure, 12.7.2024, unter: https://​www.​ewi.​uni-koeln.​de/​cms/​wp-content/​uploads/​2024/​07/​20240712_​EWI_​EON_​Thuega_​Abschlussbericht​_​final.​pdf
 
[51]
Wenn Gaskraftwerke in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden, liegt der Brennstoffwirkungsgrad der Rückverstromung bei ca. 85 %.
 
[52]
Die dargestellten Daten beruhen auf einem getakteten Betrieb des Elektrolyseurs; die Relation zwischen reduzierter Abregelung und geringerem Export hängt von den jeweiligen stündlichen Bedingungen im Stromnetz ab und kann dementsprechend von den dargestellten Rechenwerten abweichen. Die im Fokus stehende Betrachtung von Elektrolysekapazität und Wasserstofferzeugung wird davon nicht berührt.
 
[53]
Vgl. EWI: Wasserstoff: Milliardenlücke in Klimaneutralitätsszenarien?, siehe Fußnote 47)
 
[54]
In 2024 trugen die Gaskraftwerke zu gut einem Drittel und die Kohlekraftwerke zu knapp zwei Dritteln zur fossilen Erzeugung bei. Für 2030 wird angenommen, dass in den ersten beiden Varianten sie jeweils hälftig an der Erzeugung beteiligt sind. Zu den Erwartungen tendenziell sinkender Gaspreise vgl. auch: EWI: Finanzierungsbedarfe in der Stromerzeugung bis 2030, 19.12.2023, S. 11; siehe Fußnote 39)
 
[55]
Fraunhofer Energy-Charts, Online: https://​www.​energy-charts.​info/​charts/​energy/​chart.​htm?​l=​de&​c=​DE&​year=​2024&​interval=​year; sowie:​ https://​www.​energy-charts.​info/​charts/​co2_​emissions/​chart.​htm?​l=​de&​c=​DE; aus diesen Daten abgeleitet sind der Berechnung des CO2-Ausstoßes folgende Werte zugrundgelegt: Gas: 0,6 Mio. t CO2 je TWh Strom; Braun- und Steinkohle als Durchschnittswert: 1,05 Mio. t CO2 je TWh Strom [55a] Dies wird teilweise auch anders gesehen: „Wir Übertragungsnetzbetreiber haben berechnet, dass Deutschland für einen Kohleausstieg bis 2030 etwa 21 Gigawatt (GW) an zusätzlicher gesicherter Leistung braucht.“ FAZ: Der Solarstromausbau ist völlig ungesteuert, siehe Fußnote 1); die Diskrepanz ist u.E. darauf zurückzuführen, dass immer noch erheblich zu hohe Prognosen für den Stromverbrauch in 2030 zugrunde liegen.
 
[56]
Tagesspiegel-Background: Ampel-Aus bremst Batterie-Tsunami, 2.1.2025, Online: https://​background.​tagesspiegel.​de/​energie-und-klima/​briefing/​ampel-aus-bremst-batterie-tsunami; aus der Goldgräberstimmung droht ein (die Sinne vernebelndes) Goldfieber zu werden: FAZ: Rollt ein „Batterie-Tsunami“ auf uns zu?, 1.3.2025; Online: https://​www.​faz.​net/​aktuell/​wirtschaft/​klima-nachhaltigkeit/​rollt-ein-batterie-tsunami-auf-uns-zu-110306868.​html
 
[57]
Einen kleinen Hinweis auf diese Skepsis liefert auch die derzeitige Diskussion über die Zahlung von Baukostenzuschüssen beim Anschluss von Batteriegroßspeichern. Hinweise hierzu im Urteil des OLG Düsseldorf, Az. 3 Kart 183/23; die Bundesnetzagentur hält weiterhin an der Erhebung von Baukostenzuschüssen fest, flexibilisiert ihre Berechnung aber mit Blick auf die Netzdienlichkeit; Online: https://​www.​bundesnetzagentu​r.​de/​DE/​Beschlusskammern​/​BK08/​BK8_​04_​InfoRundschr/​43_​Leitfaeden/​Downloads/​Positionspapier_​DL.​pdf?​_​_​blob=​publicationFile&​v=​7
 
[58]
Die Berechnung erfolgt auf Grundlage eigener Marktrecherche mit folgenden Betriebsparametern: Investitionskosten von 230.000 Euro/MW, Betriebskosten von 7,5 % der Erlöse, 95 % Nutzungsgrad der Netto-Speicherkapazität, 85 % Wirkungsgrad zwischen Laden und Entladen (unter Berücksichtigung der Landeverluste und des energetischen Betriebsaufwandes für Kühlung, PCS, Transformator usw.), Lebensdauer von 7.500 Batteriezyklen, 2 % jährlicher Verlust an Batteriekapazität über die Lebensdauer, 5 % Verzinsung. Bei Verzicht auf die Baukostenzuschüsse könnte die Rendite in der Kurzfristbetrachtung auf ca. 8 % steigen. Der Ermittlung der Baukostenzuschüsse liegen als Beispiel die derzeitigen Regularien der Westnetz GmbH als dem derzeit größten Verteilernetzbetreiber in Deutschland zugrunde; Online: https://​www.​westnetz.​de/​content/​dam/​revu-global/​westnetz/​documents/​energie-verbrauchen/​netznutzungsbedi​ngungen/​05-preisregelung-nav-v1805.​pdf
 
[59]
Die Simulation beruht auf zwei vollen Lade-/Entladezyklen pro Tag in 4 vordefinierten Zeitfenstern entsprechend dem typischen täglichen Lastverlauf. Der Ladevorgang erfolgt im jeweiligen Zeitfenster zu den jeweils geringsten viertelstündigen Day-Ahead-Preisen, der Entladevorgang im jeweiligen Zeitfenster zu den jeweiligen höchsten Day-Ahead-Preisen. Die weiteren Erlöse aus den stärker fluktuierenden Intraday-Preisen und der Bereitstellung von Regelleistung werden durch Zuschlagsfaktoren auf der Basis von Erfahrungswerten aus dem Jahr 2024 berücksichtigt.
 
[60]
Zum aktuellen Umfang vgl. Bundesnetzagentur: Netzengpassmanagement im 3. Quartal 2024, 16.1.2025; Online: https://​www.​smard.​de/​page/​home/​topic-article/​211784/​215774
 
[61]
Zahlen für 10/23 - 9/24
 
[62]
Kleineren Solaranlagen werden sich durch die Verteilnetzbetreiber kaum ferngesteuert abregeln lassen. Deshalb erscheint es sinnvoll, sie zumindest kostenmäßig an den Abregelungen zu beteiligen, indem bei Stromüberschuss keine Einspeisevergütungen mehr gezahlt werden.
 
[63]
Z.B. wird es kaum möglich sein, in einem sowieso schon für den Lebensrhythmus belastenden Schichtsystem auch noch variabel zu den sehr unterschiedlichen Stunden arbeiten zu sollen, in denen günstiger Strom zur Verfügung steht.
 
[64]
ADAC E-Studie: Trotz Förderstopp, Kaufbereitschaft für Elektroautos bleibt stabil, 22.4.2024, Online: https://​www.​adac.​de/​fahrzeugwelt/​magazin/​e-mobilitaet/​elektroauto-studie/​?​utm_​source=​chatgpt.​com
 
[65]
 
[66]
75 % des Überschussstroms fällt im Zeitfenster 10.00 bis 16:00 Uhr an.
 
[67]
Ein kompaktes Video mit Darstellung der noch zu lösenden Herausforderungen findet sich online unter: https://​www.​youtube.​com/​watch?​v=​FpEfz9K-vHA
 
[68]
EWI: Finanzierungsbedarfe in der Stromerzeugung bis 2030, S.15; vgl. Fußnote 39)
 
[70]
Fraunhofer ISE: Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien, Juli 2024, Online: file:///C:/Users/drmue/Downloads/DE2024_ISE_Studie_Stromgestehungskosten_Erneuerbare_Energien.pdf
 
[71]
Deutsche Windguard: Kostensituation der Windenergie an Land Stand 2024, 2.12.2024; Online: https://​www.​bmwk.​de/​Redaktion/​DE/​Downloads/​Energie/​eeg-eb-wal-kostensituation-2024.​html
 
[72]
Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung: Stromgestehungskosten von Photovoltaikanlagen (Freiflächenanlagen), Oktober 2024; Online: https://​www.​bmwk.​de/​Redaktion/​DE/​Downloads/​Energie/​stromgestehungsk​osten-photovoltaikanla​gen-freiflaechenanla​gen.​pdf
 
[73]
Wenn manche Windparks bei einer Förderdauer von 20 Jahren ihre Amortisation bereits nach 6 Jahren erreichen, ist dies ein deutlicher Hinweis darauf.
 
[74]
Die dargestellte Summe der EEG-Zahlungen enthält lediglich die Zahlungen für die genannten 4 Erzeugungstechniken; weitere Zahlungen für Bioenergie, Wasserkraft usw. sind hier nicht enthalten. Die für 2024 simulativ berechneten Beträge für die anfallenden Marktprämien korrespondieren mit den durch die Übertragungsnetzbetreiber zu zahlenden Ist-Beträgen.
 
[75]
Die anzulegenden Werte sind an den Ergebnissen der Ausschreibungen 2024 orientiert, vgl: Durchschnittliche jährliche Zuschlagswerte: Bundesnetzagentur, Online: https://​www.​bundesnetzagentu​r.​de/​DE/​Fachthemen/​Elektrizitaetund​Gas/​Ausschreibungen/​Wind_​Onshore/​BeendeteAusschre​ibungen/​start.​html
 
[76]
Der Durchschnittswert für die in Festvergütung betriebenen Solaranlagen ist aus den Ist-Werten der gezahlten Einspeisevergütungen durch die Übertragungsnetzbetreiber für das Jahr 2023 abgeleitet; ebenso der Anteil der Festvergütungsanlagen zu den in Direktvermarktung betriebenen Anlagen mit einer Relation von 0,6 zu 0,4 für 2024 und 0,5 zu 0,5 für 2030; vgl. EEG Jahresrechnung 2023, Online: https://​www.​netztransparenz.​de/​de-de/​Erneuerbare-Energien-und-Umlagen/​EEG/​EEG-Abrechnungen/​EEG-Jahresabrechnung​en/​EEG-Jahresabrechnung​en; zu den Vermarktungs- und Festvergütungsanteilen im Zeitablauf vgl. auch: Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V.: Negative Strompreise - Wie viele Anlagen erneuerbarer Energien fahren durch?, 21.10.2024,; Online: https://​www.​ffe.​de/​veroeffentlichun​gen/​negative-strompreise-wie-viele-anlagen-erneuerbarer-energien-fahren-durch/​
 
[77]
Der überwiegende Teil von kleineren Solaranlagen unter 40 KW wird mittlerweile mit Batteriespeicher installiert; für die Gesamtrendite spielen die derzeitigen Einspeisevergütungen in Höhe von ca. 7 ct/KWh in Relation zu den vermiedenen Stromkosten für den selbst erzeugten Strom nur eine kleinere Rolle; zur Entwicklung der Einspeisevergütungen im Zeitablauf vgl. Online: https://​www.​heider-energie.​de/​elektrizitaetswe​rk/​eeg-kwk-g/​verguetungssaetz​e
 

Dr. Axel Müller

leitet Novaro Energiesysteme in Köln
info@novaro.de

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Metadaten
Titel
Stromsystem 2030: Fallende Preise, steigende Kosten?
verfasst von
Axel Müller
Publikationsdatum
01.04.2025
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
Zeitschrift für Energiewirtschaft / Ausgabe Sonderheft 1/2025
Print ISSN: 0343-5377
Elektronische ISSN: 1866-2765
DOI
https://doi.org/10.1007/s12398-025-1315-7